Das Grand Hotel Les Trois Rois ist nicht nur eines der ältesten Hotels der Schweiz, es gehört zweifelsfrei auch zu den bekanntesten Hotelikonen des Landes. 2004 übernahm der Basler Industrielle Thomas Straumann das Nobelhotel von der Richemont-Gruppe und liess mit grossem Aufwand den Zustand von 1844 wiederherstellen. Ein Haus mit einer bewegten Vergangenheit und einer dynamischen Zukunft.

Unternehmer, Mäzen, Pferdenarr

Den Namen Straumann verbinden viele mit Zahnimplantaten. Auf dem Gebiet ist die vom Grossvater von Thomas Straumann gegründete Firma Weltmarktführerin. Das Unternehmertum hat Thomas Straumann also gewissermassen in den Genen. Der 58-Jährige ist neben der Straumann-Gruppe und dem Grand Hotel Les Trois Rois an weiteren Unternehmen beteiligt, etwa der Medtech-Gesellschaft Medartis. Vor dem Trois Rois war Straumann bereits Besitzer des Gstaader Nobelhotels Bellevue, das er 2012 an Daniel Koetser und Rudolf Maag verkaufte. Der vielseitig interessierte Familienvater, der zu den reichsten Schweizern zählt, ist zudem Präsident des Pferdesport-Events CHI Classics Basel. Straumann wohnt mit seiner Frau Ursula in Riehen.

Herr Straumann, vor zwei Monaten hat das Grand Hotel Les Trois Rois angekündigt, es werde Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen. Wie ist der Stand der Dinge?

Wir sprechen von ukrainischen Gästen. Das ist uns ganz wichtig – auch für die Angestellten. Obwohl die ukrainischen Gäste in einem separaten Haus leben, gibt es eine gewisse Durchmischung mit den regulären Gästen. Wir wollen mit dem Ausdruck auch unsere Wertschätzung für sie zeigen. Das wurde intern gut aufgenommen.

Wie viele ukrainische Gäste leben denn momentan im «Trois Rois»?

Aktuell leben bei uns 27 Erwachsene und 11 Kinder. Wir haben 14 Doppelzimmer zur Verfügung plus den Ballsaal.

Wie funktioniert das im Alltag?

Der Alltag funktioniert ganz normal – ausser, dass vielleicht manchmal ein paar Velos vor dem separaten Eingang stehen. Unsere beiden Gebäude sind zwar verbunden, verfügen aber über zwei separate Eingänge. Natürlich kommen die ukrainischen Gäste manchmal auch durch den Haupteingang oder stellen dem Concierge Fragen. Das ist ganz normal. Man sieht den Leuten ja auch nicht an, dass sie fliehen mussten. Das sind gebildete Leute, die sich hier extrem gut integrieren, dankbar sind und auch ihrerseits Hilfe anbieten.

Sprachbarrieren gibt es keine?

Wir haben grosses Glück: Ein ukrainischer Gast war in seiner Heimat Concierge, Chef Clefs d’Or. Er spricht perfekt Englisch und ist das Bindeglied zwischen der Gruppe und unserem Team. Aber auch die anderen sprechen gut Englisch. Die Kinder gehen seit Ende April in die Schule. Die Zusammenarbeit mit den Behörden funktionierte einwandfrei.

Wie stark absorbiert das alles den Betrieb?

Vor allem zu Beginn, bei der Ankunft der ukrainischen Gäste, fiel ein gewisser Initialaufwand an. Inzwischen haben sich die Abläufe eingespielt, und der Aufwand ist nicht mehr unbedingt grösser wie bei einer 70- bis 80-Prozent-Auslastung des Hotels.

Ein Thema ist, die Leute aus der Ukraine im Gastgewerbe zu beschäftigen. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Der erwähnte Concierge hat Interesse an einer Festanstellung bei uns. Wir klären das momentan ab. Die anderen Gäste sind hilfsbereit und möchten gerne etwas machen. Dann schauen wir, ob sie zum Beispiel in der Floristik oder so mithelfen können. Aber wir sagen nicht: Ihr habt ja jetzt Zeit, packt doch mal mit an. Wir helfen ihnen lieber, in ihren angestammten Berufen einen Job zu finden. Dafür müssen sie aber zuerst Deutsch lernen. Und da finden aktuell Kurse statt.

Sie verzichten auf das Geld vom Staat, das Ihnen eigentlich für die Unterbringung zustünde. Weshalb?

Weil ich finde, der Staat kann dieses Geld auch anderweitig einsetzen – sei es für die Ausbildung der Ukrainer oder für Schulen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir uns das leisten können. Wir wollen helfen und nicht primär unsere Zimmer füllen. Gleichzeitig ist es aber vollkommen legitim, wenn ein Betrieb dafür Geld annimmt.

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Böse Zungen könnten sagen, es sei kein gutes Zeichen, wenn im «Trois Rois» so viele Zimmer leer stünden, dass man gratis ukrainische Gäste aufnehme.

Die Auslastung ist sicher nicht dort, wo sie sein sollte. Deshalb haben wir uns gesagt: Es kann nicht sein, dass wir ein halbes Hotel schliessen, weil die Zimmer leer sind, während andere dringend ein Dach über dem Kopf brauchen. Es motiviert auch die Angestellten, wenn sie etwas Sinnvolles leisten können.

Was sind die Gründe für die tiefe Auslastung?

Neben der Pandemie gibt es Basel-spezifische Themen. Zum einen die Messen: Die Basel World gibt es nicht mehr, die Mustermesse auch nicht. Der Messestandort muss sich neu erfinden, neue Produkte entwickeln und neue Formate nach Basel holen. Zum anderen die Industrie: Das Homeoffice bleibt Teil der neuen Arbeitswelt. Als Folge finden mehr Sitzungen und Seminare digital statt. Wir stärken deshalb künftig den Leisure-Bereich. Da spielt in Basel die Kultur eine wesentliche Rolle. Diese Zusammenarbeit versuchen wir, noch auszubauen – zum Beispiel mit unserem «Arts & Culture»-Package, einer Kooperation mit drei anderen Hotels sowie zwei führenden Museen. Und wir müssen offen sein für die Zusammenarbeit mit anderen Hotels oder Städten, damit die Stadthotellerie wieder auf die Beine kommt.

Wie gut läuft es mit dem Wechsel von Geschäfts- zu Freizeitkunden?

Daran arbeiten wir schon länger, weil wir es haben kommen sehen. Gleichzeitig sind wir im Leisure-Bereich etwas eingeschränkt, weil wir weder über ein Spa noch ein Schwimmbad verfügen. Um Erfolg zu haben, müssen wir über die Kantonsgrenzen hinausdenken. Basel hat zum Beispiel eine Topverbindung nach Paris. Das ist ein unglaubliches Potenzial an kulturinteressierten Gästen, die wir nach Basel holen könnten.

Meinen Sie damit die Pariser oder eher Touristen, die in Paris sind?

Sowohl als auch. Ich glaube, man muss komplett offen sein: ein offenes Ohr haben, zuhören, die Bedürfnisse der Kunden kennen und auch mal Neues wagen. Was letztlich daraus wird, wird sich zeigen. Aber man muss den Mut haben, neue Wege zu beschreiten.

«Man muss ein offenes Ohr haben, zuhören, die Bedürfnisse der Kunden kennen und Neues wagen.»

Die Hotelbranche hat den Ruf, bei Kooperationen eher zurückhaltend zu sein. Wie erleben Sie das?

Ich stelle eine grundsätzliche Bereitschaft fest, über solche Themen zu reden. Wenn es dann um die Umsetzung geht, ist es manchmal etwas schwierig. Am Ende hat jeder Betrieb immer dringlichere Probleme zu lösen. Das ist in anderen Branchen nicht anders. Da braucht es eine gewisse Hartnäckigkeit.

Wie läuft die Gastronomie?

Die läuft sehr gut – sowohl Bar, Brasserie als auch Cheval Blanc. Peter Knogl hat gerade sein 15-Jahr-Jubiläum bei uns gefeiert. Er ist quasi ein kleines Unternehmen im Hotel und hat eine extrem treue Stammkundschaft. Wir sind gerade dabei, gemeinsam ein paar neue Ideen zu entwickeln. Das ist aber noch nicht spruchreif. Wir möchten zwei, drei neue Produkte schaffen, die ein jüngeres Publikum ansprechen. Cheval Blanc, Brasserie und Bar liegen derzeit klar über Budget.

Und verglichen mit vor der Pandemie?

Insgesamt sind die Zahlen in dem Bereich wieder wie vor der Pandemie.

«Wir sind aktuell vielleicht etwas zu sehr Grand Hotel im traditionellen Sinne.»

Die Stadthotellerie setzt vermehrt auf Tagesgäste.

Da machen wir uns auch Gedanken. Der Seminarbereich war bei uns immer eher klein. Trotzdem haben wir beschlossen, noch mehr vom Seminarbereich wegzukommen. Künftig werden wir uns wohl auf eine Kombination aus Business und Bankett konzentrieren und an grösseren Seminaren nicht mehr festhalten. Dafür sind wir eh falsch aufgestellt. Stattdessen wollen wir die Brücke bauen zwischen der Geschichte des Hotels und einer jungen Generation – ganz nach unserem Claim: «Rich in history, young at heart.» Nach 17 Jahren unterziehen wir das Haus demnächst einem Refreshment.

Was haben Sie vor?

Das «young at heart» soll besser zur Geltung kommen. Wir wollen mit Farben arbeiten und die Dekoration etwas neu ausrichten. Den Kopfbau B2 werden wir komplett umgestalten, das Haupthaus etwas auffrischen. Wir sind aktuell vielleicht etwas zu sehr Grand Hotel im traditionellen Sinne und haben uns gefragt: Wie würde man heute die Grandhotellerie neu definieren? An der Umsetzung arbeiten wir noch.

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Was macht für Sie persönlich ein gutes Luxushotel aus?

Dass ein Hotel die Bedürfnisse des Gasts kennt, bevor er sie ausspricht. Dazu braucht es ein gutes Briefing, damit die Mitarbeitenden proaktiv auf die Gäste zugehen können. Das finde ich übrigens nicht nur im 5-Sterne-Bereich wichtig.

Das bedingt aber auch mehr Personal. Dabei sagt uns die Statistik, dass der Personalaufwand in der 5-Sterne-Hotellerie schon heute immens ist. Liegt da eine Steigerung noch drin?

Der Personalaufwand sollte nicht über 40, 45 Prozent liegen. Wenn er auf gegen 50, 60 Prozent steigt, wird es ganz schwierig. Wir haben 101 Zimmer und hatten vor der Pandemie über 200 Mitarbeitende. Das sind gewaltige Personalkosten. Gleichzeitig haben wir in Basel nicht die Zimmerpreise wie in Zürich oder Genf. Während der Pandemie haben wir den Betrieb mit deutlich weniger Personal aufrechterhalten. Das hat man aber bei der Qualität gemerkt. Nun fahren wir wieder subtil hoch, aber werden vermutlich einen Mittelweg finden müssen.

Die Branche klagt über fehlende Fachkräfte. Kennt ein Flaggschiff wie das «Trois Rois» dieses Problem auch?

Mit der nötigen Geduld finden wir Leute, aber es ist aufwändig. Wir haben deshalb ein neues Projekt im Kopf, mit dem wir die Leute wieder für die Arbeit in unserem Gewerbe begeistern wollen. Wir planen den Aufbau eines eigenen Bereichs, in dem wir aus- und weiterbilden. Dieser Bereich – nennen wir ihn mal Academy – kann eine vom Haupthaus unabhängige Vision, eine eigene Strategie haben.[RELATED]

Wird das eine Art Schwesterbetrieb?

So weit sind wir noch nicht. Wir spinnen aktuell ein paar verrückte Ideen, aber die sind noch vage.

Die Medien bezeichnen Sie gerne als Unternehmer und Mäzen. Ist das Hotel eher Investment oder Mäzenatentum?

Es ist eine Kombination. Als reines Investment hätte ich das nicht gemacht. Der Betrieb muss wenigstens die tagtäglichen Kosten und Investitionen selbst erwirtschaften. Aber die Kosten grösserer Umbauten wird das Hotel nicht selbst erwirtschaften können. Da braucht es mich, mein Herzblut für die Hotellerie und meine Freude, Basel etwas zu erhalten. Meine Frau und ich haben viel Geld und Zeit in dieses Haus investiert und mitgestaltet.

Sie sind quasi Quereinsteiger in der Hotellerie und kommen eigentlich aus der Medtech-Branche. Was könnte die Hotellerie von der Medtech lernen?

Die Hotellerie sollte einmal auf gewisse alte Zöpfe wie Beförderungen et cetera verzichten. In der Industrie wird seit 20, 30, 40 Jahren nicht mehr befördert. Da reden wir von Funktionsanpassungen und fragen: Welche Aufgaben hat jemand und welche Kompetenzen braucht er, damit er diese Aufgaben erfüllen kann? Die Industrie musste Lehrgeld bezahlen und hat Chancen verpasst, weil die Strukturen lange Zeit zu verkrustet waren. Wer das geändert hat, hat profitiert.

Messen

Basel setzt auf hybride Anlässe und Kunst

Der Messeplatz Basel müsse sich etwas einfallen lassen, fordert Thomas Straumann, Besitzer des Luxushotels Les Trois Rois. Einst lockte die Mustermesse Hunderttausende nach Basel. Doch 2019 war für das frühere Aushängeschild Schluss. Auch die internationale Strahlkraft der Uhren- und Schmuckmesse Baselworld fehlt seit ein paar Jahren. Wie sich die MCH Group künftig im Luxusgütersegment positionieren will, wird derzeit evaluiert. Das Live-Marketing-Unternehmen prüft generell neue Ansätze, um auf die Veränderungen am Messemarkt zu reagieren. So sollen etwa vermehrt hybride Formate zur Anwendung kommen – also eine Mischung aus physischer und digitaler Veranstaltung –, wie MCH-Geschäftsführer Beat Zwahlen im Frühling an einem Mediengespräch erklärte. Für Erleichterung dürfte in Basel gesorgt haben, dass der Grossaktionär James Murdoch Anfang Monat im Interview mit der «NZZ am Sonntag» dem Verkauf der Kunstmesse Art Basel eine Absage erteilte.

BEA und Luga setzen ein positives Zeichen
Nicht nur die Muba, auch andere Publikumsmessen wurden in den letzten Jahren eingestellt. Sie galten als Auslaufmodell. Doch möglicherweise leben Totgesagte auch im Messewesen länger: Die BEA in Bern, die am 8. Mai zu Ende gegangen ist, hat über 300 000 Besucherinnen und Besucher empfangen und damit das Ergebnis von 2019 klar übertroffen. Am Eröffnungswochenende wurde die Messe förmlich überrannt. «Ich habe noch nie einen so hohen Umsatz in den ersten vier Tagen erlebt wie hier an der BEA. Wir haben einen Rekordumsatz erzielt», wird Hans Zaugg vom Aussteller Reitsport.ch in einer Mitteilung zum Abschluss der Messe zitiert. Auch die Luga in Luzern, die Ende April stattfand, hat mit über 120 000 Besucherinnen und Besuchern den Wert von 2019 egalisiert. Nach zwei Jahren Pandemie habe das die Erwartungen übertroffen, zieht Messeleiterin Luzia Roos in einem Communiqué Fazit: «Wir haben gespürt, dass unsere Besuchenden die Luga vermisst haben. Das Bedürfnis, wieder etwas erleben zu können, war gross.»

Olma organisiert 2023 eine Hospitality-Messe
Für die Verantwortlichen der Olma, der beliebtesten Publikumsmesse der Schweiz, sind die Zahlen aus Bern und Luzern gute Nachrichten. «Die Besucherzahlen der BEA und der Luga freuen uns sehr, denn sie belegen, was wir immer wieder betonen: Menschen wollen sich begegnen und gemeinsam etwas erleben», sagt Manuela Fürer, Messeleiterin Olma. Für die Olma 2022, die Mitte Oktober losgeht, sei sie optimistisch: «Die Vorbereitungen laufen wunschgemäss, und der Anmeldestand der Aussteller ist erfreulich.» Fürer ist überzeugt, dass Publikumsmessen nach wie vor gefragt sind, sie sich aber laufend weiterentwickeln müssen. Mit welchen Neuerungen die diesjährige Olma aufwarten wird, will sie erst im Sommer verraten. Gleichzeitig setzt die Genossenschaft Olma Messen St. Gallen wie die meisten Messeanbieter auch auf Fachmessen: «Schon im kommenden Jahr führen wir erstmals eine für die Hospitality-Branche durch», sagt Fürer. Weitere Fachmessen seien in Planung. (stü)