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Dossier: Fit für Fachkräfte
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Fit für Fachkräfte

publié le 12. juin 2022

Fit für Fachkräfte

Nachwuchs- und Fachkräftemangel stellt die Schweizer Hotellerie v…
publié le 11. octobre 2022

Was Mitarbeitende wirklich wollen

Im Coaching lernen Arbeitgeber, wie sie mit Employer-Branding für…
publié le 16. août 2022

Die Hotelbranche macht sich fit für die Wintersaison

Das Sommergeschäft boomt. Arbeitgeber wie Angestellte sind geford…
publié le 15. juillet 2022

Hohe Zahl an Arbeitslosen, grosser Mangel an Personal: Ein Widerspruch?

Hotellerie und Gastronomie haben enorm Mühe, vakante Stellen zu b…
publié le 31. mai 2022

So werden Arbeitgeber zum Magneten für gute Fachkräfte

Innovative und neuzeitlich orientierte Arbeitgeber schaffen es du…
publié le 25. mai 2022

«Lebenserfahrung ist wichtig, aber frisches, neues Denken ebenso»

Wie sollen Hotelbetriebe junge Arbeitnehmende für den eigenen Bet…
publié le 20. mai 2022

Wie Hotels besser rekrutieren können

Was kann die Hotellerie im Recruiting besser machen, um an die Fa…
publié le 11. mai 2022

Wie sieht zeitgemässe Führung aus?

Der Fachkräftemangel zwingt die Hoteliers zum Umdenken. Im Interv…
publié le 27. avril 2022

Das Gastgewerbe ist und bleibt ein Schmelztiegel der Kulturen

Im Gastgewerbe treffen Menschen unterschiedlichster Herkunft aufe…
publié le 10. mars 2022

Millionen für die Mitarbeitenden

Damit Fachkräfte vor Ort bleiben und junge Talente überhaupt erst…
publié le 10. mars 2022

Eine schöne Wohnung macht Mitarbeitende glücklich

Führende Betriebe haben erkannt, dass sie mit attraktiven Unterkü…
publié le 15. février 2022

Nun steigen die Löhne – und dann die Preise

Der Fachkräftemangel in der Gastronomie führt zu höheren Löhnen. …
publié le 14. février 2022

Drei freie Tage pro Woche kommen bei Angestellten gut an

Im letzten November haben einige Hotelbetriebe die 4-Tage-Woche e…
publié le 01. février 2022

Es mangelt nicht nur an Fachkräften

Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Doch wo fehlen überhaupt…
publié le 21. janvier 2022

Fehlendes Personal macht der Hotellerie zu schaffen

Eine Umfrage von HotellerieSuisse verdeutlicht den Fachkräftemang…
publié le 21. décembre 2021

Gut für die Angestellten und die Hotelauslastung

Fringe Benefits machen Arbeitgeber attraktiver. Doch oft halten s…
publié le 08. novembre 2021

Die 4-Tage-Woche macht Schule

Drei Tage frei bei einem Vollzeitpensum? Doch, das geht. Um dem F…
image : 123RF/Montage htr

Dossier: Fit für Fachkräfte

Fit für Fachkräfte

Nachwuchs- und Fachkräftemangel stellt die Schweizer Hotellerie vor grosse Herausforderungen. Die htr beleuchtet die Problematik in einer losen Artikelserie und zeigt Lösungen auf.

Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchten wir die Thematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln und zeigen Möglichkeiten auf, wie die Branche Fachleute gewinnen und halten kann.

Was Mitarbeitende wirklich wollen

Im Coaching lernen Arbeitgeber, wie sie mit Employer-Branding für Fachkräfte interessant werden. Was Betriebe von einem Seco-finanzierten Coaching erwarten können, erklären die Coaches Bettina Bülte und Rolf Fröhlicher.
Blanca Burri
Wenn Mitarbeitende im Freundeskreis positiv von der Arbeit erzählen, hilft das dem Hotel.
Wenn Mitarbeitende im Freundeskreis positiv von der Arbeit erzählen, hilft das dem Hotel.
Wenn Mitarbeitende im Freundeskreis positiv von der Arbeit erzählen, hilft das dem Hotel. image : iStockphoto
image : iStockphoto

Damit ein Hotel läuft, braucht es gute und zufriedene Mitarbeitende. Sie sind wertvoll. Und wenn sie zufrieden sind, bleiben sie dem Betrieb treu. Ein bewusstes Employer-Branding hilft, gute Fachkräfte zu finden und zu halten. Hotels, die eine Employer-Branding-Strategie umsetzen möchten und ins Coaching-Programm aufgenommen werden, können an einem individuellen Coaching-Programm von HotellerieSuisse mit Unterstützung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) teilnehmen. Die beiden Coaches Bettina Bülte und Rolf Fröhlicher erklären, was es für das Coaching braucht und worauf man sich einlässt.

Coaching-Programm
HotellerieSuisse hat mit Unterstützung des Seco ein Coaching-Programm für die Beherbergungsbranche lanciert, damit die Betriebe fit für die Zukunft werden.
Hier finden Sie mehr Informationen und können sich anmelden.

Das Eigenbild stimmt mit dem Fremdbild oft nicht überein
Wenn sich ein Hotelier für ein Coaching entscheidet, muss er vor allem Zeit mitbringen und die Bereitschaft, im Betrieb etwas verändern zu wollen. Das Coaching dauert mindestens vier Monate und ist in verschiedene Phasen unterteilt: kennenlernen, analysieren, Strategie entwerfen, einzelne Massnahmen umsetzen.

In der Analyse wird eruiert, mit welchen Herausforderungen das Hotel zu kämpfen hat. Es kann sein, dass sich zu wenig Fachkräfte für den Betrieb interessieren, die Fluktuation zu hoch ist, Personal fehlt oder sich die falschen Personen bewerben. Je nach Erkenntnis braucht es unterschiedliche Massnahmen. Wenn sich die falschen Personen bewerben, müssen Formulierung und Gestaltung des Stelleninserates oder auch Publikationsform und Medium überprüft werden.

Wenn aber die Fluktuation hoch ist, sollten die Bedürfnisse der Mitarbeitenden erfragt und die Benefits entsprechend angepasst werden. Dies ist meist der Teil, der am meisten Mut braucht, denn die Analyse zeigt nicht selten auf, dass das Eigenbild des Hoteliers nicht mit dem Fremdbild zusammenpasst. «Einige Hoteliers erschrecken ein wenig, wenn sie erfahren, was Mitarbeitende von der Mitarbeiterführung halten», sagt Fröhlicher. Manchmal finden die Angestellten ein System veraltet, das der Hotelier als zeitgemäss einstuft. Heute reichen eine angemessene Entlöhnung, eine Einladung zum Weihnachtsessen und ein Weihnachtsgeschenk nicht mehr aus, um Mitarbeitende glücklich zu machen.

Mitarbeitende möchten partnerschaftlich behandelt werden.

Viele Softfaktoren wie Wertschätzung, Entwicklungsmöglichkeiten, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, Fehlerkultur, Wochenenddienst, Anstellungsprozente und Weiteres führen zur Zufriedenheit der Arbeitnehmenden in einem Betrieb. «Sind sie zufrieden, erzählen sie im Freundeskreis davon, und es wird einfacher, neue Fachkräfte zu finden», sagt Bettina Bülte.

Eine Strategie entwerfen, umsetzen, hoffen
Bülte entkräftet die weitverbreitete Meinung, dass das tiefe Lohnniveau in der Hotellerie für eine hohe Fluktuation verantwortlich sei. «Der Lohn ist ein Hygienefaktor, der ein Fass zum Überlaufen bringt, aber selten der Hauptgrund.»

Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotelrevue das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt verschiedene Ansätze auf, wie die Branche das Problem angeht. Ganz nach dem Motto: Fit für Fachkräfte.
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Um eine Strategie entwerfen zu können, muss erst erarbeitet werden, wie das Team aussehen soll: jung oder erfahren? Flippig oder klassisch? Denn unterschiedliche Hotelkonzepte verlangen nach unterschiedlichen Menschentypen. In einem Trendlokal können interessante Quereinsteiger bei den Gästen gut ankommen. Im Gault-Millau-Restaurant erwarten sie Fachpersonal mit Ausbildung, Erfahrung und Ehrgeiz. Die Zielgruppe der Mitarbeitenden bestimmt die Art der Stellenausschreibung und die Benefits. Bei einem Familienvater ist vielleicht eine Viertagewoche oder eine Parkmöglichkeit neben dem Betrieb angezeigt. Bei einem Gault-Millau-Koch, dass Restaurantbesuche bei Konkurrenten zu Analyse- und Inspirationszwecken bezahlt werden.

Damit ein Employer-Branding tatsächlich gelingt, müssen die Führungspersonen etwas verändern wollen. Denn es braucht Mut, sich auf die Wünsche der Mitarbeitenden einzulassen. Ebenfalls sind strategisches Denken und Feingefühl gefragt. Was ist man bereit einzugehen, und wo will man weiterfahren wie bisher? Rolf Fröhlicher sagt, was viele Mitarbeitende sich wünschen: «Sie möchten partnerschaftlich behandelt werden.» Man müsse sie ernst nehmen, ihnen zuhören und ihre Ideen umsetzen lassen. Partnerschaftlich heisse auch, dass man transparent über aktuelle Zahlen, Pläne und Herausforderungen informiere und Erfolge gemeinsam feiere. Fröhlicher rät sogar dazu, selbst etwas kürzerzutreten. Damit beweise man Vertrauen.


Tipps für zufriedene Mitarbetende

Wertschätzung und Anerkennung zeigen
Der Wunsch, gesehen und wahrgenommen zu werden, ist menschlich. Die goldene Regel besagt: Lobe fünfmal, kritisiere einmal. Deshalb gilt es, die Leistung der Mitarbeitenden zu beobachten und zu loben. Erfolge werden ganz grundsätzlich mit dem ganzen Team geteilt und gefeiert.

Bedürfnisse kennen und ernst nehmen
Jeder Mitarbeitende hat andere Bedürfnisse: Weiterentwicklungsdrang, Beförderungswunsch, mehr Freizeit, höherer Lohn, bessere Kinderbetreuung, Anerkennung, regelmässige Freizeit und so weiter. Nicht nur zuhören, sondern bei der Umsetzung Hand bieten.

Weiterentwicklung und Training für alle
Den Mitarbeitenden aller Hierarchiestufen den Zugang zu interner und externer Bildung ermöglichen. Crosstraining einführen (Servicemitarbeitende arbeiten einen Tag in der Küche und umgekehrt).

Die Mitarbeitenden sind Partner
Mitarbeitende möchten heute als Partner behandelt werden. Transparent sein, Zahlen offenlegen, Erfolge und Herausforderungen kommunizieren, Verantwortung abgeben und als Hotelier einen Schritt zurücktreten.

Wie steht es mit der Fehlerkultur?
Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Deshalb braucht es eine Fehlerkultur: 1. Häufige Fehler entdecken. 2. Ursachen finden. 3. Diesen Arbeitsschritt verbessern. 4. Relevante Mitarbeitende informieren. 5. Veränderung überprüfen und nachjustieren.

Blanca Burri

Fachkärftemangel

Die Hotelbranche macht sich fit für die Wintersaison

Das Sommergeschäft boomt. Arbeitgeber wie Angestellte sind gefordert, die vorhandenen Ressourcen richtig einzuteilen. Wie lässt sich eine neuerliche Personalnot im kommenden Winter verhindern?
Nora Devenish
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Mit guter Planung, Mut und innovativen Lösungen lässt sich die nächste Wintersaison, hier in Zermatt, auch in Zeiten des Fachkräftemangels erfolgreich stemmen.
Mit guter Planung, Mut und innovativen Lösungen lässt sich die nächste Wintersaison, hier in Zermatt, auch in Zeiten des Fachkräftemangels erfolgreich stemmen.
Mit guter Planung, Mut und innovativen Lösungen lässt sich die nächste Wintersaison, hier in Zermatt, auch in Zeiten des Fachkräftemangels erfolgreich stemmen. image : iStockphoto
image : iStockphoto

Punkt Mittag am 1. August stand im Hotel Carlton-Europe in Interlaken alles still. Das Team fuhr den Betrieb gänzlich herunter und stiess gemeinsam auf den Nationalfeiertag an.

«Warum sollte es sich die Hotellerie nicht auch einmal erlauben, eine spontane Pause einzulegen oder geregelte Öffnungszeiten zu haben wie andere KMU?», sagt Carlton-Europe-Hoteldirektor Stephan J. J. Maeder. Und: «Etwas vom Allerwichtigsten ist es jetzt, den Angestellten die nötige Wertschätzung für ihre Arbeit entgegenzubringen.»

Noch laufe sein Team zur geschäftigen Sommerhalbzeit zwar nicht am Anschlag, sei aber doch an allen Fronten gefordert, so Maeder. Gerade deshalb dürfe, ja müsse die Branche auch einmal Mut zur Lücke beweisen, auch wenn dies bedeute, nicht 24/7 für den Gast verfügbar zu sein.

Warum sollte es sich die Hotellerie nicht auch einmal erlauben, eine spontane Pause einzulegen oder geregelte Öffnungszeiten zu haben wie andere KMU?

J. J. Maeder, Direktor Hotel Carlton-Europe Interlaken

In Destinationen mit starken saisonalen Schwankungen wie Interlaken war es immer schwierig, Fachkräfte für die Küche oder das Frontoffice zu finden. Eine Situation, wie sie sich gegenwärtig bietet, hat Maeder während seiner 22-jährigen beruflichen Laufbahn noch nie erlebt. «Dass wir sogar Schwierigkeiten haben, Hilfskräfte zu akquirieren, ist neu.»

Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotelrevue das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt verschiedene Ansätze auf, wie die Branche das Problem angeht. Ganz nach dem Motto: Fit für Fachkräfte.

Aktuell ist Maeders Team fast komplett. Der Hoteldirektor setzt alles daran, dass dies auch in der kommenden Wintersaison so bleibt. Die Zwischensaison will er für Renovationen in seinem Hotel nutzen. Hierfür setzt er, wann und wo möglich, seine Angestellten ein. «Es gibt jeweils Umbauarbeiten, die man mit dem vorhandenen Team durchaus selbst stemmen kann. Das ist Teambildung pur, bringt eine Identifikation mit dem Betrieb und hält die Arbeitnehmenden an Bord bis zur nächsten Saison.»

Weg vom Zweisaisonbetrieb, hin zur Vertragsverlängerung
Auch im Kanton Graubünden sehen sich Hotels mit einer starken saisonalen Fluktuation konfrontiert. Um die Mitarbeitenden rechtzeitig für die nächste Hochsaison an den Betrieb zu binden, bieten immer mehr Betriebe Jahres- oder Zehnmonatsverträge an.

Für Florian Walther, General Manager im Hard Rock Hotel Davos, bewährt sich diese Lösung bereits seit 2019. «Ich sah einfach keinen Sinn mehr, das Hotel im November zu schliessen. Ein Break-even ist immerhin besser als ein Verlust.»

Dass seine Mitarbeitenden im Winter Richtung besser bezahlte städtische Betriebe abspringen, befürchtet er nicht. «Muss ich mich bis zu einem gewissen Punkt anpassen? Ja! Muss ich der Höchstbietende sein? Nein!», sagt Walther. Das Hard Rock Hotel Davos hat die Mitarbeiterorganisation überdacht. Walther hat wo möglich das interdisziplinäre Jobsharing eingeführt und gibt dem bestehenden Team bereits bei der Rekrutierung neuer Teamkolleginnen und -kollegen ein Mitspracherecht.

Durch längere Arbeitsverträge zeigen wir unseren Mitarbeitenden unsere Wertschätzung.

Marc Eichenberger, Direktor Grand Hotel Kronenhof, Pontresina

Auch das Grand Hotel Kronenhof in Pontresina, bisher ein klassischer Zweisaisonbetrieb, öffnet seine Pforten seit diesem Jahr durchgehend zehn Monate, vom 23. Juni bis zum 10. April. Das Feedback der Angestellten wie der Gäste auf die Änderung falle durchwegs positiv aus, sagt Hoteldirektor Marc Eichenberger.

«Für unsere langjährigen Mitarbeitenden ist die Umstellung von je zwei viermonatigen Arbeitsverträgen auf einen mindestens zehnmonatigen Vertrag zwar erst mal ungewohnt gewesen, bietet so aber den Vorteil, ein gesichertes Arbeitsverhältnis zu haben.» Während der ruhigeren Phasen werden im Kronenhof künftig vermehrt interne Schulungen durchgeführt, längere Ferien werden den Mitarbeitenden jeweils im Frühling ermöglicht.

Für Marc Eichenberger stellt die Neuerung einen doppelten Mehrwert dar. «Zum einen erleben unsere Gäste das Engadin in der zusätzlichen Zeit von einer neuen Seite. Zum anderen zeigen wir unseren Mitarbeitenden durch längere Arbeitsverträge noch stärker unsere Wertschätzung.»

Nicht nur Mitarbeitenden-, sondern auch Gästebindung
Im Hotel Castell in Zuoz macht sich Hoteldirektorin Christine Abel ebenfalls Gedanken zur Saison- und Vertragsverlängerung. «Wir beginnen bereits jetzt aktiv, bestehende Mitarbeiter durch Anbieten von Zehnmonatsverträgen ab Sommer 2023 zu behalten und guten Mitarbeitern den Saisonvertrag in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umzuwandeln.» Während der Zwischensaison können nach wie vor Überzeit kompensiert oder Ferien bezogen werden. Das Risiko, dass Teammitglieder zwischenzeitlich in ein Arbeitszeitminus fallen, nimmt Christine Abel in Kauf.

Um das Team während der laufenden Sommersaison zu entlasten, bietet das Hotel Castell den Gästen aktiv an, freiwillig auf eine Zimmerreinigung zu verzichten. Auch im Restaurant wurden Massnahmen erfolgreich umgesetzt. «Wir kontaktieren die Gäste im Vorfeld telefonisch, erkundigen uns nach speziellen Wünschen, um diese zeitnah und vor der Anreise noch zu takten und um die Tischreservierung für den Abend und die Wunschuhrzeit vereinbaren zu können.»

Dies erleichtere die Dienstplangestaltung in erster Linie für den Mitarbeitenden und für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. Aber auch die Gäste schätzten die Massnahme, so Abel: «Unsere Gäste finden es sogar sehr charmant, vor den Ferien kontaktiert zu werden, um den einen oder anderen Wunsch noch bekannt zu geben. Die persönliche Beziehung zum Gast wird dadurch gefördert.»

Bergbahnen müssen bei Saisonverlängerung mitspielen
Im Oberengadin spielen die Bergbahnen mit der verlängerten Saison in der Hotellerie mit. Sie sind teilweise ganzjährig geöffnet und die Skipisten bereits Mitte oder Ende Oktober präpariert. Die Walliser Hotellerie sieht sich gemäss Markus Schmid, Präsident des Walliser Hoteliervereins, diesbezüglich noch an einem anderen Punkt. «Die Bahnen sind der Ansicht, dass sich eine verlängerte Saison umsatzmässig nicht lohnt.»

Auch Schmid zweifelt an der Nachfrage, im April noch Ski zu fahren. Für den Gastgeber im Wellnesshotel Salina Maris in Breiten ist angesichts des Fachkräftemangels eine Optimierung des Hotelangebots sinnvoller: «Es geht nicht darum, was der Gast bereit ist zu akzeptieren, sondern darum, was er bereit ist zu zahlen.»


Diese Tipps gilt es für Arbeitgeber zu beachten

Mitarbeitendenbetreuung von A bis Z
Der Employee Journey hört nie auf. Das Mitarbeitendenverhältnis muss vom Eintritt bis nach dem Austritt aus dem Betrieb gepflegt werden. Der regelmässige Kontakt, auch mit ehemaligen Mitarbeitenden, führt zu relevanten Feedbacks und zur künftigen erfolgreichen Teamakquise.

Motivation am Arbeitsplatz
Lohn und Arbeitszeiten können nicht laufend angepasst werden. Die Atmosphäre am Arbeitsplatz, der Umgang mit- und untereinander, die Kultur und Wertschätzung im Unternehmen hingegen schon. Dazu gehören auch Tätigkeitsmitgestaltung durch die Mitarbeitenden, ihre Weiterbildung und Selbstverwirklichung.

Tue Gutes und sprich darüber
Kaum eine Branche hat so viel zu bieten wie der Tourismus. Die Vorzüge müssen ins rechte Licht gerückt werden. Die Flexibilität und die Dynamik der Branche müssen nach aussen kommuniziert werden.  kohl-partner.ch

Nora Devenish

Arbeitslosigkeit

Hohe Zahl an Arbeitslosen, grosser Mangel an Personal: Ein Widerspruch?

Hotellerie und Gastronomie haben enorm Mühe, vakante Stellen zu besetzen. Zugleich ist aber die Arbeitslosigkeit in der Branche hoch. Wie kann das sein?
Abt Ueli
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Der Branche fehlen die Arbeitskräfte – tief ist die Arbeitslosenquote deswegen nicht.
Der Branche fehlen die Arbeitskräfte – tief ist die Arbeitslosenquote deswegen nicht. image : keystone
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Rund eine Viertelmillion Stellen sind in der Schweiz derzeit unbesetzt. Auf Platz zwei der von Personalmangel am stärksten betroffenen Branchen liegen Hotellerie und Gastronomie mit über 13 000 offenen Stellen – gleich hinter dem Gesundheitswesen (14 360). Zu diesem Ergebnis kam kürzlich der «Jobradar» des Personalunternehmens x28.

Wenn es in der Branche so sehr an Fach- und Hilfskräften mangelt, müssten dann nicht fast alle Arbeitnehmenden eine Stelle haben?

Ein Blick in die Statistik zeigt allerdings: In der Branche suchen Tausende einen Job. 6766 Personen aus dem Gastgewerbe waren laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im Juni 2022 als arbeitslos gemeldet – diese Zahl beinhaltet Arbeitnehmende aus Beherbergung und Gastronomie. «Die Arbeitslosenquote ist in der Branche weiterhin überdurchschnittlich», bestätigt Seco-Sprecherin Livia Willi auf Anfrage – dies gelte trotz deutlicher Erholung nach der Covid-Krise. So war beispielsweise die Arbeitslosenquote bei Köchen in den letzten Monaten (Januar bis Mai) mit 4,4 Prozent fast doppelt so hoch wie jene über alle Berufe betrachtet (2,4 %). Auch in Berufen wie Hotelfachmann/-fachfrau EFZ (4,3 %) oder Restaurantfachmann/-fachfrau (5,8 %) war die Arbeitslosenquote gemäss Statistik in diesem Zeitraum überdurchschnittlich.

Vergleichbare Situation in den Kantonen
Was für die gesamte Schweiz gilt, stellen auch die Regionalen Arbeitsvermittlungzentren (RAV) der Kantone fest: Im Gastgewerbe war die Arbeitslosenquote (ALQ) jüngst jeweils mindestens annähernd doppelt so hoch wie im Schnitt über alle Berufe gesehen, so etwa in Luzern (ALQ total: 1,3 % / ALQ Beherbergung: 2,4 %, ALQ Gastronomie: 2,8 %), Basel (ALQ total: 3 % / ALQ Gastgewerbe: 6,9 %), Zürich (1,7 % / 3,3 %). Auch der Kanton Bern weist eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote in der Branche auf (1,5 % / 3,1 %).

Was aber könnten die Gründe sein für die erhöhte Anzahl Arbeitsloser bei gleichzeitigem Mangel an Fach- und Hilfskräften? «Es ist zu vermuten, dass ein bedeutender Teil der arbeitssuchenden Personen die Branche verlassen will», teilt Generalsekretärin Beatrice Meyer vom Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt auf Anfrage mit. «Dies wird gestützt durch die Berichte von Branchenverbänden, Arbeitgebern wie auch der subjektiven Beobachtungen der Personalberatenden des RAV.»

Überstunden nicht ausbezahlt bekommen
Eine der Personen, die der Branche den Rücken kehren wollen, ist Claudia Lang (richtiger Name der Redaktion bekannt). Die 27-Jährige arbeitete zuletzt als Betriebsassistentin in einem Restaurant einer Kette in der Zentralschweiz. In ihrer Funktion war sie unter anderem im Service tätig. Warum ihr noch in der Probezeit gekündigt worden sei, habe der Arbeitgeber nicht begründet. Dass sie die Arbeitsbedingungen kritisiert hatte, könnte aus ihrer Sicht mindestens eine Rolle gespielt haben. «Ich musste manchmal 12 oder 13 Stunden arbeiten, erhielt die Überzeit aber nicht ausbezahlt.» Einmal habe sie drei freie Tage am Stück gewünscht, was ihr zwar gewährt worden sei. Dann aber habe sie in zwei folgenden Wochen nur einen freien Tag erhalten. Unzufrieden machte sie auch der tiefe Lohn von rund 5000 Franken brutto.

Lang hat 14 Jahre Erfahrung in Hotellerie und Gastronomie. Es sei immer das Gleiche gewesen: Gemessen an den Anforderungen war die Arbeit aus ihrer Sicht stets unterbezahlt.

Fit für Fachkräfte
Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotelrevue das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt verschiedene Ansätze auf, wie die Branche das Problem angeht. Ganz nach dem Motto: Fit für Fachkräfte.

Aktuell schreibe sie circa sieben Bewerbungen – pro Tag. Das RAV habe ihr eine Mindestzahl von zehn Bewerbungen im Monat vorgegeben. Die gebürtige Deutsche hofft, künftig entweder in einem Hotel oder ausserhalb der Branche in der Altenpflege oder als Verkäuferin im Aussendienst eine Anstellung zu finden.

«Bedeutender Teil will Branche verlassen»
Doch auch Arbeitnehmende, die im Gastgewerbe bleiben wollen, passen nicht automatisch auf jede offene Stelle. Laut Beatrice Meyer ist denn auch das «Matching» zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden ein grosses Problem: «Nachgefragte und angebotene Kompetenzen sind sowohl bezüglich der Grundausbildung als auch der Spezialisierung oft nicht übereinstimmend.» Auch würden die Vorstellungen zu den Arbeitsbedingungen – Gehalt, Arbeitszeiten etc. – auseinandergehen. Die RAV würden aus dem Bestand der stellensuchenden Personen an die Arbeitgeber vermitteln. «Wir stellen fest, dass die verfügbaren Profile der Stellensuchenden oft nicht zu den Anforderungen der Arbeitgeber passen.»

Gastronomie als Sprungbrett für gering Qualifizierte
Das Seco nennt auf Anfrage eine Reihe von Gründen für die Situation in der Branche. «Für eine erfolgreiche Rekrutierung spielen bei jeder Arbeitsmarktlage auch die Arbeitsbedingungen eine grosse Rolle, da das Gastgewerbe bei den Stellensuchenden mit anderen Branchen im Wettbewerb steht», teilt Sprecherin Livia Willi auf Anfrage mit.

Eine Herausforderung für das Gastgewerbe dürfte zudem laut Seco die regionale Verteilung der Beschäftigung sein, da besonders im Tourismus viele Stellen abseits der Ballungszentren angeboten würden. Auch dies könnte die Rekrutierung im Vergleich zu anderen Branchen erschweren. Eine Rolle könnte laut Seco ausserdem spielen, dass das Gastgewerbe im Vergleich mit anderen Branchen mehr Stellen mit relativ tiefem Qualifikationsniveau anbietet. In diesem Stellensegment sei das Gastgewerbe attraktiv für einen Einstieg beziehungsweise eine vorübergehende Tätigkeit für Personen, die aufgrund ihres beruflichen Profils ein höheres Arbeitslosenrisiko hätten.

Postulat zur Erfassung des Fachkräftmangels eingereicht
Dass die hohe Zahl an Arbeitslosen nicht automatisch das Problem des Fach- und Hilfskräftemangels löst, soll nun auch in der Bundespolitik ein Thema werden. Mit einem Mitte Juni eingereichten Postulat will Nationalrat Fabio Regazzi (TI/Mitte) den Bundesrat beauftragen, «eine praxistaugliche Erfassungsmethode für den Fachkräftemangel zu erarbeiten und in einem Bericht das tatsächliche Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage im Arbeitsmarkt für KMU zu ermitteln». Aktuell würden zur Bezifferung des Fachkräftemangels die Arbeitslosenzahlen den offenen Stellen gegenübergestellt, führt Regazzi in der Begründung des Postulats aus. Dabei finde eine irreführende Verzerrung statt. Denn es werde nicht unterschieden, ob jemand qualifiziert sei oder bloss in der Branche gearbeitet habe. Es gehe an der Realität von KMU-Betrieben vorbei, die Arbeitslosen als ein grosses Reservoir an Fachkräften zu sehen, die man nur rekrutieren müsse.


Nachgefragt

Tim Schneider (richtiger Name der Redaktion bekannt) war während sieben Jahren als Réceptionist in einem Boutique-Hotel in der Zentralschweiz tätig. Nach seiner Kündigung mit Austritt per Ende Mai meldete sich der 30-Jährige am 21. Juni beim RAV.[DOSSIER]

In der Branche ist Personal gefragt wie nie. Fliegen Ihnen die Angebote nicht zu?
Ich bin zuversichtlich, dass ich bald eine neue Stelle finden werde. Ich habe erste Bewerbungen geschrieben, bin von einigen Betrieben kontaktiert worden, und wir haben Interviews abgemacht. Wie es herauskommt, weiss man nie. So habe ich mich sicherheitshalber dennoch beim RAV angemeldet.

Sie haben selbst gekündigt, ohne neuen Job. Was meint das RAV dazu?
Ich wollte einmal einen Monat Pause machen, um herunterfahren zu können. Ich bin noch am Abklären, ob das RAV die Kündigung meinerseits dennoch als gerechtfertigt sieht. Die Gewerkschaft Unia hilft mir dabei. Möglicherweise werde ich während einiger Tage keine Arbeitslosengelder erhalten.

Was hat Sie zur Kündigung bewogen?
Kürzlich änderte das Management, alles war weniger gut organisiert und strukturiert. Der Arbeitgeber hat weniger Personal eingestellt, um Kosten zu sparen. Die Belegschaft musste mehr Aufgaben übernehmen. Unsere Arbeit wurde dadurch stressiger. Wir hatten auch viele personelle Wechsel. Ich musste jeden Monat neue Mitarbeitende einarbeiten.

Welche Rolle spielte der Lohn?
Noch im Januar bin ich zum Assistenten des Frontmanagers befördert worden. Ich habe mehr Lohn gewünscht, zunächst wurde das nur teils erfüllt. Nach einem weiteren Anlauf erhielt ich schliesslich den Lohn gemäss meinen Vorstellungen. Ich befürchtete aber, dass die Arbeit zu gesundheitlichen Problemen führen würde. So habe ich schliesslich dennoch gekündigt.

Wie sehen Sie die Rolle des RAV?
Ich bin zum ersten Mal beim RAV. Sie haben uns erklärt, wie alles funktioniert. Ich habe erfahren, was es heute für eine gute Bewerbung braucht – wie man zum Beispiel einen Lebenslauf am besten formatiert. Das fand ich sehr positiv. Dass das RAV zugleich auch sicherstellen will, dass ich mich um eine neue Arbeit bemühe, verstehe ich.

Verhalten der Arbeitgeber «unverständlich»
Ein kritisches Fragezeichen hinter die Klagen über den Fach- und Hilfskräftemangel in der Branche setzt Raymond Schauss, der auf der Suche nach einer neuen Arbeitstätigkeit schlechte Erfahrungen gemacht hat. Mit 65 sei er zwar «nicht mehr der Jüngste», wie er sagt. Doch er fühle sich topfit. Nach Jahren in der Gastronomie und Hotellerie könne er viel Erfahrung einbringen. Allerdings seien seine Bemühungen, eine neue reguläre Arbeit zu finden – bis auf einige zeitlich befristete Hilfseinsätze – erfolglos geblieben. Mehr noch: Auf seine Anfragen habe er oft nicht einmal eine Antwort erhalten. «Das Verhalten der Arbeitgeber ist für mich unverständlich. Wenn schon Tausende Stellen unbesetzt sind, müssten doch erfahrene Berufleute willkommen sein. Es wäre ja ein Leichtes, mindestens per E-Mail kurz eine Antwort zu geben, wenn es vom Stellenprofil her nicht passt», sagt Schauss. Zuletzt führte er von 2013 bis 2020 zusammen mit seiner Frau als Hotelier-Paar das Schloss Salavaux. Er sei gelernter Metzger und Koch und habe eine gastronomische Ausbildung absolviert. «Ich war selbst auch Arbeitgeber», sagt Schauss. Angestellte hätten ihm erzählt, sie hätten ebenfalls schon erlebt, dass andere Betriebe Jobanfragen schlicht ignorierten. Und diverse Seniorenplattformen für Freiwilligeneinsätze zeigten, dass er nicht der Einzige sei, der sich weiter engagieren wolle. Schauss sagt, er könne sich vorstellen, die Geschäftsführung eines Hotels zu übernehmen. «Ich habe ein Leben lang gearbeitet. Nun fehlt einfach etwas.» ua

Fachbeitrag

So werden Arbeitgeber zum Magneten für gute Fachkräfte

Innovative und neuzeitlich orientierte Arbeitgeber schaffen es durchaus, qualifizierte Mitarbeitende anzuziehen. Stichworte dazu sind Sinnhaftigkeit, Positionierung und Attraktivität der Destination.
Frank Reutlinger
Die Qualifikationen und Leidenschaften von Mitarbeitenden gilt es in die Unternehmensstrategie zu integrieren.
Die Qualifikationen und Leidenschaften von Mitarbeitenden gilt es in die Unternehmensstrategie zu integrieren. image : iStock
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Effizienz, Produktivität und Profitabilität sind wichtig, natürlich. Sie stehen aber keinesfalls alleine als Erfolgsfaktoren im Zentrum. Stichworte wie Attraktivität, Integration, Sinnhaftigkeit und Erfüllung am Arbeitsplatz haben mindestens denselben Stellenwert beziehungsweise sind dem wirtschaftlichen Erfolg vorgelagert.

Wo Mitarbeitende die Zukunft des Betriebes mitgestalten
Doch wie entsteht für Mitarbeitende Sinnhaftigkeit? Zum Beispiel indem sie nicht nur ausführende Organe sind, sondern mit dem Gast und der Geschäftsleitung auf Augenhöhe interagieren. Anstatt per Powerpoint-Präsentation einstudierte Standards oder aufgesetzte Begrüssungsfloskeln möchten motivierte Fachkräfte ihren eigenen Stil einbringen. Vielleicht ist ein Teammitglied ja ein wahrer Profi in Sachen Berg- oder Mountainbike-Touren? Oder ist im Dorf besonders gut vernetzt? Kann hervorragend und konstruktiv mit Reklamationen umgehen? Interessiert sich stark für Innovationen? Von diesem Talent sowie Know-how können und sollten Betrieb und Gast zwingend profitieren.

Qualifikationen und Leidenschaften Einzelner sollten sogar ganz bewusst in die Unternehmensstrategie integriert werden. Je stärker das Gefühl von Identifikation und Zugehörigkeit, desto höher sind Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft. Wie motivierend wäre es wohl für einen langjährigen Mitarbeiter, wenn er sogar in die Strategieplanung miteinbezogen würde? Dort, wo Mitarbeitende an der Zukunftsgestaltung des Betriebs teilhaben und an einem Ort wirken können, wo gemeinsam Neues geschaffen wird, passiert das sogenannte Work-Life-Blending, das Verschmelzen von beruflicher und privater Motivation. Was kann einem Betrieb Besseres passieren?

Als Arbeitgeber für etwas stehen (nicht für alles)
4-Tage-Woche, keine fixen Wochenstunden, die Arbeitszeit als flexibles Kontingent, Anpassung an individuelle Lebensphasen, Work-Life-Balance – das bieten immer mehr Betriebe im Tourismus, in der Hotellerie und Gastronomie. Und das ist auch gut so. Doch um den Bekanntheitsgrad als Arbeitgeber zu steigern, die eigene Unternehmens-Marke zu schärfen und sich gegenüber den Mitbewerbenden abzugrenzen, braucht es mehr: den Aufbau und die Optimierung eines Employer Brandings. Und dies ist ein ganzheitlicher, fortlaufender Prozess, der niemals stillsteht.

Zentrale Frage: Wie findet man zu einer Positionierung, die das eigene Angebot von anderen unterscheidbar macht? Der Schlüssel liegt dabei nicht nur in der Analyse von Trends, Marktumfeld und Konkurrenz. Entscheidend sind die DNA des Gastgebers und wiederum die persönlichen Stärken seines Teams. Nur wenn die Positionierung auf den Inhaber, die Unternehmensleitung und die langjährigen Mitarbeitenden ausgerichtet ist, kann sie authentisch sein. Eventuell unterscheidet sich die aktuell passende Positionierung – gerade bei Nachfolgen – auch massgeblich von der früheren Ausrichtung des Hauses. Diese Möglichkeit wird leider zu häufig ignoriert. Ebenso wie die Tatsache, dass man sich für eine Positionierung entscheidet und damit gegen eine andere.

Ist der Auftritt jugendlich und witzig, sollte auch ein junges (oder jung gebliebenes), humorvolles Team dahinterstehen.

Wer ein Bikehotel, ein Hundehotel, ein digital ausgerichtetes Zukunftshotel oder ein durch und durch analoges Traditionshotel sein möchte, der muss dies auch mit Haut und Haaren verkörpern – in Sachen Hardware und in Sachen Soft Skills. Dasselbe gilt für all die Werte, für die man laut Website und Firmenphilosophie steht und die über alle Kanäle des Unternehmens, der Stakeholder und idealerweise der Mitarbeitenden und Gäste in die Welt hinausgetragen werden. Ist der Auftritt jugendlich und witzig, sollte auch ein junges (oder jung gebliebenes), humorvolles Team dahinterstehen. Sonst kommen nicht nur die «falschen» Gäste, sondern auch die «falschen» Mitarbeitenden, und es entstehen falsche Erwartungen.

Der Hotelier als Trainer, Coach und Sparringpartner für seine Mitarbeitenden. Das tönt ganz wunderbar. Doch ein Betrieb kann noch so vorbildlich agieren, es nützt wenig, wenn das Drumherum nicht stimmt – sprich: die Attraktivität der Destination. Die Zeiten, da der Tourismusbetrieb die Ersatzfamilie war, man zusammen in den Ausgang, zum Essen und zum Sport ging und damit zufrieden war, sind vorbei. Anspruchsvolle Mitarbeitende erwarten etwas von ihrem Arbeitsumfeld, von ihrem Lebensraum (auf Zeit). Was nützt es einer jungen Fachperson, wenn sie eine spannende Stelle mit 4-Tage-Woche hat, zur Gestaltung der drei freien Tage aber keine oder nur überteuerte Angebote für sie verfügbar sind? Wenn sie aus dem Ausland kommt, es aber kein soziales Umfeld gibt, weil die meisten Arbeitskollegen wegen des fehlenden oder viel zu teuren Wohnraums ausserhalb wohnen?

Möchte ich in dieser Destination arbeiten und leben?
Hier gilt es, das Bewusstsein für die Lebensqualität der Tourismusmitarbeitenden auch auf Destinationsseite zu schärfen, konkrete Projekte zur Steigerung der Attraktivität des Lebensraums zu definieren und die Kommunikation über die DMO zu steuern – und da gibt es bereits sehr gute Beispiele in der Schweiz. Je abgeschiedener die Region, desto zentraler ist diese Aufgabe. Ideal – aber leider nicht selbstverständlich – ist es dabei, wenn Destination und Gemeinde an einem Strick ziehen!

Wir befinden uns aktuell in einer Zeit des Übergangs. Lösungen werden erstellt, getestet und umgesetzt. Doch weil wir zu lange in alten Strukturen verhaftet waren, bedarf es nun einiger Anstrengung, um die Lücken zu schliessen. Dabei hilft auch eine neue Sichtweise auf das Thema Neueinstellungen. Wer kann, sollte Leute anstellen, wenn sie auf dem Markt sind, und nicht erst, wenn sie gebraucht werden. «Always recruiting» lautet das Stichwort. Und wer flexible Modelle nutzt, wird auch hier auf der Gewinnerseite stehen.

Der Autor, Frank Reutlinger, ist Inhaber und Geschäftsführer der Kohl & Partner Schweiz AG. Das international tätige Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt im alpinen Raum ist spezialisiert auf die Hotel- und Destinationsentwicklung und verfügt aktuell über ein Netzwerk aus acht Büros in vier Ländern sowie ein Beraterteam von über vierzig Experten.

Frank Reutlinger (53) ist gelernter Koch, Dipl. Hotelier HF/SHL, Betriebsökonom mit einem Executive MBA, amtete in diversen Kaderpositionen in der Gastronomie, der Luxushotellerie und im Tourismus und ist Präsident der Schweizer Jugendherbergen.

www.kohl-partner.ch

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Nächste Generation

«Lebenserfahrung ist wichtig, aber frisches, neues Denken ebenso»

Wie sollen Hotelbetriebe junge Arbeitnehmende für den eigenen Betrieb gewinnen? Chiara Gemperle ist das Tiktok-Gesicht für Engadin Tourismus und weiss auch sonst, wie die Jungen ticken.
Abt Ueli
Chiara Gemperle während einer Produktion für Engadin Tourismus.
Chiara Gemperle während einer Produktion für Engadin Tourismus.
Chiara Gemperle während einer Produktion für Engadin Tourismus. image : zvg
image : zvg

Wer zur Generation Z gehört, wurde in eine digitale Zeit hineingeboren. Die 23-jährige Chiara Gemperle weiss, was Menschen wichtig ist, die in den Jahrzehnten vor und nach 2000 geboren wurden: Als Mitarbeiterin der hybriden Beratungs- und Marketingagentur Zeam produziert sie Tiktok-Videos für Engadin Tourismus. Zudem arbeitet sie als Production Coordinator für die CH Media TV AG. Ihre Karriere startete sie einst mit der KV-Lehre in einem Hotel.

Chiara Gemperle, wie können Personalverantwortliche in der Hotellerie junge Arbeitnehmende besser erreichen?

Stellen in der Hotellerie und auch der Gastronomie werden für junge Arbeitnehmende attraktiv, wenn es gelingt, aufzuzeigen, was man in einem solchen Job bewirken und bewegen kann und was das Ziel des Ganzen ist. Der Tourismus ist wirtschaftlich sehr bedeutend in der Schweiz. Hotel- und Gastrobetriebe sind ein Teil davon. Hoteliers sollten aufzeigen: Es ist nicht nur Servieren, der Job ist Teil von etwas Grösserem.

Worauf kommt es bei der Stellenausschreibung an?

Die Generation Z erreicht man am besten über soziale Medien. Voll im Trend ist zurzeit die Plattform Tiktok. Da kann man coole Eindrücke vom Hotel und vom Team vermitteln und zeigen, dass das Arbeiten im Betrieb Spass macht. Mit den Inhalten kann ein Betrieb sichtbar machen, dass er innovativ ist und kreative Ideen hat. Dann wollen Junge auch eher dort arbeiten. Mit bewegten Bildern weckt man das Interesse junger Leute. Eventuell kann ein Lehrling den Tiktok-Kanal des Betriebs betreuen und so direkt mit Gleichaltrigen kommunizieren. Junge Menschen inspirieren junge Menschen. Einem 50-Jährigen würden sie das Gleiche nicht abkaufen.

«Es ist nicht nur Servieren, sondern Teil von etwas Grösserem.»

Chiara Gemperle

Heute arbeiten Sie Vollzeit im Medienbereich. Auf Linkedin sprechen Sie von einer beruflichen 180-Grad-Wende...

Mit 16 habe ich eine Berufslehre begonnen, wie viele andere auch. In der Arbeitswelt waren alle Abläufe schon festgelegt. Es war eine Art fixes System, das bereits bestand. Oftmals können junge Menschen mit ihren Vorstellungen und Ideen nicht so viel bewirken, wie sie gerne möchten. Denn es heisst meistens: «Das haben wir schon immer so gemacht, daran ändern wir jetzt nichts.» Bei Zeam arbeiten wir ganz anders. Wir wagen Neues und probieren viel aus. Nun sehe ich: Es geht eben doch anders. Das gilt definitiv für die Generation Z: Junge Menschen wollen ernst genommen werden, sich einbringen und beweisen können. Man muss ihnen zuhören. Lebenserfahrung ist auch wichtig, aber frisches, neues Denken ebenso. Der Mix ist entscheidend.

Wie könnte es ein Arbeitgeber in der Hotellerie fertigbringen, Sie zurück in die Branche zu holen?

Gute Frage... Es hat mir ganz gut gefallen, die Hotellerie macht vieles schon richtig. An erster Stelle gefiel mir der Zusammenhalt. Diesen bauen sich Angestellte auf, weil ihr Sozialleben aufgrund der Arbeitszeiten etwas leidet. Das könnten Betriebe noch etwas mehr nach aussen tragen. Es würde junge Leute motivieren.

Welche Arbeitsbedingungen braucht die Generation Z, damit sie mit den Nachteilen des Jobs leben kann?[DOSSIER]

Es ist nicht so, dass die Generation Z pausenlos nur online sein will. Wir machen auch gern einmal etwas anderes! Wenn klar wird, wie cool und sinnstiftend die Arbeit ist, spielt es keine Rolle, was es ist. Die Hotellerie und Gastronomie ist mit viel harter Arbeit verbunden. Wenn man den Mitarbeitenden in gewissen Bereichen mehr Freiheit, Spielraum und vor allem Vertrauen schenkt, macht man die Arbeit automatisch gerne und sorgfältig. Wenn man sogar Leidenschaft entwickeln kann, sind die Nachteile zweitrangig.

Nächste Generation

Wie Hotels besser rekrutieren können

Was kann die Hotellerie im Recruiting besser machen, um an die Fachkräfte heranzukommen? Den Verantwortlichen ist klar: Leere Versprechungen sind nicht nachhaltig.
Abt Ueli
«Mit einem Augenzwinkern den verstaubten Bewerbungsprozess auflockern» – Eldar Hernández von der Krafft Gruppe im Gespräch mit einer Bewerberin.
«Mit einem Augenzwinkern den verstaubten Bewerbungsprozess auflockern» – Eldar Hernández von der Krafft Gruppe im Gespräch mit einer Bewerberin. image : Susanne Keller
image : Susanne Keller

«Du bist echt gut drauf» – «Jetzt gehts ans Eingemachte» – «Der langweilige Teil ist schon durch» – «Ready?»: So heisst es unter anderem in einem Fragespiel im Stil eines psychologischen Tests der Krafft Gruppe. Zu dieser gehören das gleichnamige Hotel, das «Nomad» und Gastrobetriebe im Basel.

Es gilt, ein paar Fragen zu beantworten: Welches Tier wärst du? Was machst du, wenn alle Gäste gleichzeitig nach dir rufen? Und: «In dieser Sauce würdest du schwimmen.» Wer sich durch die mit Emojis dekorierten Fragen auf der Karriereseite der Website der Gruppe klickt, erhält am Ende eine Einschätzung, zu welchem der Betriebe er wohl am ehesten passt.

Fit für Fachkräfte
Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotelrevue das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt verschiedene Ansätze auf, wie die Branche das Problem angeht. Ganz nach dem Motto: Fit für Fachkräfte.

«Mit einem Augenzwinkern wollen wir den verstaubten Bewerbungsprozess bewusst auflockern», sagt Eldar Hernández, verantwortlich fürs Marketing bei der Krafft Gruppe. Seit Ende November ist das Spiel online. Die Krafft Gruppe hat es mit einer Social- Media-Kampagne, einem Print-Inserat, auf der Job-Website und per Newsletter bekannt gemacht und an Jobmessen sowie am Career Day der Hotelfachschule SHL präsentiert.

Mögliche neue Mitarbeitende als Kunden betrachten
Der Fachkräftemangel zwingt Hotels dazu, bei der Personalrekrutierung neue Wege zu gehen. Die von der htr hotelrevue im Rahmen einer kurzen Umfrage kontaktierten Verantwortlichen fürs Recruiting sind sich einig: Wo doch Betriebe längst um die Gunst einer limitierten Anzahl von Bewerbenden buhlen, ist es zentral, dass sich Hotels durch geschicktes sogenanntes Employer Branding als attraktive Arbeitgeber profilieren.

Das könnte zunächst über soziale Medien geschehen. Beispiel 25 hours Hotels: Das mit zwei Zürcher Hotels in der Schweiz vertretene deutsche Unternehmen gewährt unter anderem auf Instagram mit dem Format «25 hours People» einen Blick hinter die Kulissen und zeigt damit, «wie es ist, bei uns zu arbeiten», so die HR-Verantwortliche Melanie Argast.

Mitarbeidende als Kunden
Employer Branding sei wichtig als Teil des Massnahmenmixes, betont Thomas Haase vom Dübendorfer Beratungsunternehmen HR-Campus. «Ein Unternehmen sollte aufzeigen, was das Haus speziell macht und womit es heraussticht – und dabei verschiedene Kanäle und Medien nutzen.» Damit könne man vielleicht auch jene erreichen, die gar nicht aktiv auf Stellensuche seien, sich mit dem aktuellen Arbeitgeber aber nicht oder nur wenig identifizierten.

Hotels betrachten auch die verschiedenen Elemente des Bewerbungsprozesses zunehmend als Begegnungspunkte mit den möglichen neuen Mitarbeitenden, die es bewusst zu gestalten gilt. «Ganz generell muss man heute eine authentische ‹Candidate Experience› bieten: die potenziellen Mitarbeitenden als Kunden betrachten, die man für sein Unternehmen gewinnen möchte», sagt Florian Senn, Head Recruiting SV Group. Konkret bedeute das unter anderem, dass man bereits in Stellenausschreibungen die Du-Form wähle, entsprechend der Du-Kultur des Unternehmens. Der Beziehungsaufbau sei zudem sehr wichtig und stehe bei einem ersten Gespräch im Vordergrund.

Schnelle Reaktion wichtig
Verantwortliche von 25 hours Hotels achten darauf, schnell zu antworten, wenn sich Kandidaten bewerben – per E-Mail oder auch per Telefon. «Wenn wir schnell reagieren, können mehr Einstellungen zustande kommen», sagt Argast. Auch wenn der Job nicht mehr vakant sei, gelte es, eine Rückmeldung zu geben. «Selbst wenn es nicht zu einem Gespräch kommt, bleiben wir so in Erinnerung.»

Arbeitnehmende müssen das attraktive Klima und die Bedingungen tatsächlich vorfinden, die Hotels in Aussicht stellen. So etwa im Fall der Krafft Gruppe. Sie garantiert temporären Mitarbeitenden des saisonal konstant gut ausgelasteten Krafft Hotels im Sommer die Einsätze. Und bietet unbefristeten Angestellten die 4-Tage-Woche an.

Auch durch Offenheit und Flexibilität versuchen Hotels, Stellen einfacher besetzen zu können. Laut Senn von der SV Group ist das Unternehmen offen für ungewöhnliche Lebensläufe: Man folge nicht mehr starr einem Anforderungsprofil – um nicht geeignete Menschen zu übersehen. Ein Quereinsteigerprogramm als Teil der Arbeitsmarktstrategie sei in Arbeit.

Neuen Job geschaffen, der besser auf Bewerber passte
«Wir schaffen einen neuen Job, wenn wir sehen, dass ein Kandidat zwar nicht auf das ausgeschriebene, dafür umso besser auf ein anderes Profil passt, das bislang bei uns noch nicht existiert», so Hernández von der Krafft Gruppe. Ein Beispiel: Jemand hatte sich als Chef de Rang beworben, im Gespräch haben sich dessen organisatorische Fähigkeiten gezeigt. So hat die Gruppe neu eine Stelle Food & Beverage Management geschaffen. «Wir wollen noch mehr auf den Menschen schauen.»

Entsprechend achten Hotels bei Inseraten darauf, Kandidatinnen und Kandidaten nicht mit einer langen Liste von Anforderungen förmlich zu erschlagen. «Konkret beschränken wir uns auf fünf Anforderungen und fünf Aufgaben. Früher waren es viel mehr», sagt Senn von der SV Group.[DOSSIER]

Sorgfältige Prüfung der Kandidatinnen und Kandidaten bleibt wichtig
HR-Experte Haase warnt allerdings davor, die Anforderungsschwelle zu senken und Herausforderungen der Stelle oder im Team zu beschönigen. Schliesslich sei Fluktuation immer teurer, als noch einen Monat länger auf die Stellenbesetzung zu warten. Als Beispiel aus seiner Beratungstätigkeit nennt Haase einen tüchtigen und geschätzten Abteilungsleiter, der aber einen eher militärischen Führungsstil pflegte. «Wir rieten zur Transparenz bereits im Bewerbungsprozess.»

Die befragten Hotels sehen diesbezüglich klar: Angestellte müssen ihre Aufgabe meistern können, ins Team und als Menschen zum Betrieb passen. Bei der Krafft Gruppe heisst das laut Hernández: «Wir fragen das Dossier ab, es gibt ein oder zwei Gespräche, die Person kommt zum Probearbeiten, und mittags essen wir alle, abteilungsübergreifend, gemeinsam an einem Tisch und lernen uns noch besser kennen.»

Denn so ganz spielerisch wie im lockeren Fragespiel geht es beim gesamten Recruiting selbst bei der Krafft Gruppe nicht zu und her. Allerdings hat es dem Unternehmen nach eigenen Angaben viel Aufmerksamkeit gebracht. Über 1700-mal haben sich User bislang bis zum Schluss durchgeklickt. Die Zahl der Bewerbungen habe sich seither im Vergleich zu Vorperioden verdoppelt. Das sei aber nicht mit der Zahl an Einstellungen gleichzusetzen.

Als Betrieb um Junge werben
Im Rahmen des NextGen.Hospitality Camp 2021 von HotellerieSuisse haben sich junge Teilnehmende damit auseinandergesetzt, wie Betriebe für Berufseinsteigende attraktiv werden können. In einem Folgeprojekt haben sie sich auch mit dem Thema Rekrutierung befasst. «Der Grundgedanke war, dass nicht nur wir uns beim Betrieb bewerben, sondern der Betrieb sich auch bei uns», sagt Lael Hänni, die zusammen mit anderen die Problemstellung bearbeitete. Junge Jobanwärter wollten auf zeitgemässen Kanälen von Jobmöglichkeiten erfahren, so etwa auf Linkedin, Tiktok oder Instagram. Und: «Das Gespräch sollte nicht 08/15 sein – es könnte zum Beispiel in einem Hotelzimmer oder im Restaurant stattfinden.» Wünschenswert sei zudem, dass auch das Team einbezogen werde, etwa in einer Vorstellungsrunde beim Kaffee. «Mitarbeitende sollten die Vakanzen im Betrieb kennen, wer eine erfolgreiche Rekrutierung vermittelt, erhält eine Belohnung», hat sich die Gruppe laut Hänni weiter überlegt. Und Betriebe könnten Bewerberinnen und Bewerber zum Essen oder gar Übernachten in den Betrieb einladen. Hotels sollten zudem die deklarierten Werte leben. ua

Tipps für besseres Recruiting
Das Portal Superhotelier.com gibt Tipps für ein erfolgreiches Recruiting in Zeiten des Fachräftemangels. Eine Auswahl:
Active Sourcing: Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber auf Job-Netzwerken wie Linkedin oder Xing aktiv ansprechen! Laut Superhotelier.com sind viele Mitarbeitende an neuen Jobangeboten interessiert.
Recruiting-Apps: Wie Tinder, aber mit Jobs: Kandidatinnen und Kandidaten swipen, um Interesse beziehungsweise Desinteresse an einem Job zu bekunden.
Guerilla-Recruiting: Ungewöhnliche Massnahmen ausserhalb der gängigen Norm erwecken mehr Aufmerksamkeit – rechtliche Grenzen beachten!
Talent-Pool: Wenn eine spontane Bewerbung auch gerade nicht passt: Es lohnt sich, interessante Dossiers unter Einhaltung des Datenschutzes zu sammeln.
Internes Recruiting: Viele Mitarbeitende wechseln den Arbeitgeber, weil sie keine Entwicklungsperspektive im Unternehmen sehen. Durch die Förderung der Mitarbeitenden können Betriebe wichtige Stellen einfacher besetzen und so auch das Personal motivieren. ua

Future Hospitality

Wie sieht zeitgemässe Führung aus?

Der Fachkräftemangel zwingt die Hoteliers zum Umdenken. Im Interview reflektieren Jonas Gass (34) vom «Nomad» in Basel und Matthias Sutter (60) vom «Glockenhof» in Zürich ihre Führungskultur.
Nora Devenish
Der Basler Hotelier Jonas Gass vertraut dem Branchennachwuchs.
Der Basler Hotelier Jonas Gass vertraut dem Branchennachwuchs. image : Susanne Keller
image : Susanne Keller
Der Zürcher Hotelier Matthias Sutter lebt seine Berufung.
Der Zürcher Hotelier Matthias Sutter lebt seine Berufung. image : Ueli Abt
image : Ueli Abt

Im Gastgewerbe zu arbeiten, war damals eine Berufung.

Matthias Sutter, Direktor Glockenhof, Zürich

Matthias Sutter, um welche Fähigkeit beneiden Sie die jüngere Hoteliergeneration?[IMG 3]
Junge Hoteliers sehen die Aufgabe mit einer grösseren Distanz. Im Bereich IT ist ein junger Hotelier sicher im Vorteil. Ich höre nicht auf zu lernen. In den 80er-Jahren war ich übrigens einer der Ersten, die mit einem «nationalen Autotelefon», Natel, unterwegs waren.

Wie sieht das Hotel als Arbeitsplatz von morgen aus?
Roboting und Automatisierung schreiten immer schneller voran, das ist auch gut so. Aber Menschen mit Herz wird es in der Dienstleistungsbranche immer brauchen.

Zur Person
Matthias Sutter (60) durchlief die klassische Hotelierkarriere. Seine Ausbildung zum Servicefachangestellten und Koch führte ihn über Zusatzausbildungen in leitende Postitionen, unter anderem bei Mövenpick, Feller Gastronomie und den Flughafenrestaurants Zürich. Seit 2006 ist er Direktor und Gastgeber im «Glockenhof» Zürich.
www.glockenhof.ch

Was wünschen Sie sich von Ihren Angestellten?
Ich bin glücklich, wenn die Mitarbeitenden pünktlich gemäss Arbeitsplan zur Arbeit kommen. Das ist vielleicht wenig, aber wichtig! Unsere Branche hat noch keine gleitenden Arbeitszeiten.

Wie viel Mitspracherecht haben Ihre Mitarbeitenden?
Unsere Mitarbeitenden haben jederzeit die Möglichkeit mitzuwirken, mitzureden und mitzuentscheiden. Letztendlich muss aber der Auftrag laut Vorgaben erfüllt sein. Der Weg dazu ist relativ offen.

War früher alles besser?
Früher war nichts besser, es war einfach anders. Wir hatten mehr Berufsstolz. Im Gastgewerbe zu arbeiten, war damals eine Berufung. Heute fehlt es an Durchhaltewillen. Die Energie wird oft für Aktivitäten ausserhalb des Berufslebens eingesetzt. Die Prioritäten liegen etwa bei Ferien, Freizeit, Ausgang, Lohn, Freunden und Familie.

Welcher Führungsstil führt die Branche zum Erfolg?
Manchmal braucht es einen Chef mit Visionen, der alle klar zum Ziel führt. Manchmal braucht es einen Chef, der durchgreift. Meistens sind die Firmen am erfolgreichsten, in denen die Teams gut zusammenarbeiten, wo eine positive Arbeitsatmosphäre herrscht und die Mitarbeitenden Verantwortung tragen und sich einbringen können.


Wieso sollte ich mein Team nicht mitreden lassen?

Jonas Gass, Direktor Nomad Design & Lifestyle Hotel Basel

 

[IMG 2]Jonas Gass, was bedeutet für Sie «zeitgemässe Führungsstruktur»?
Vertrauen zu schenken, Verantwortung zu teilen, junge Menschen früh mitzunehmen, ihnen Chancen zu geben und sie zu fördern. Heute ist es wichtig, auf die Bedürfnisse der Einzelnen einzugehen, aufrichtig zu fragen und zuzuhören.

Wer sind die Hotelangestellten von heute? Wie unterscheiden sie sich gegenüber früher?
Unsere jungen Talente sind sehr offen, brauchen viel Austausch und Rückmeldung. Sie sind sehr bedacht auf das «Life» bei «Work/Life». Anders als früher sind der tiefere Sinn der Arbeit und auch die Freizeit wichtiger als der Lohn und der schnelle berufliche Aufstieg.

Zur Person
Jonas Gass (34) führt das Nomad Design & Lifestyle Hotel in Basel seit 2017 als Direktor. Seit 2021 ist er Mitbesitzer der Krafft Gruppe, zu der nebst dem Hotel Nomad auch das Hotel Krafft am Rhein sowie die Consum Weinbar und die Craft-Beer-Brauerei Volta Bräu gehören. 2019 erhielt er den Milestone-Nachwuchspreis.
www.nomad.ch

Klassische Hierarchien werden vom Anspruch nach mehr Partizipation und Verantwortung abgelöst. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie?
Ich sehe nur Vorteile. Wieso sollte ich mein Team nicht mitreden lassen, wieso sollte ich Verantwortung nicht teilen? Wenn dem so wäre, müsste ich mich doch fragen, wovor ich Angst hätte.

Was haben Ihre Branchenvorgänger richtig gemacht?
Sie haben so vieles richtig gemacht! Dass Innovation bereits seit den Zeiten von Johannes Badrutt ein wichtiger Teil der Hotellerie und des Tourismus ist, ist grandios. Unser Berufsstolz, die Passion für Dienstleistung dürfen niemals verschwinden.

Welche Forderungen stellen Sie als Vorgesetzer an Ihr Team?
So vertrauensvoll und fördernd ich bin, so fordernd kann dies für einen Arbeitnehmenden sein. Ich fordere einiges an Commitment von unseren jungen Talenten, mitzudenken und Initiative zu zeigen.

Wie wird das Hotel ein attraktiver Arbeitsplatz?
Ein wertschätzender, familiärer Arbeitsplatz zieht gute Mitarbeitende an, minimiert die Fluktuation und bringt Erfolg. Wenn wir aufhören zu lamentieren, aber innovative Arbeitsplätze kreieren, wird die Hotellerie von morgen den Hotelièren und Hoteliers von heute danken.

Attraktiv in die Zukunft
Um die Branche fit für die Zukunft zu machen, müssen Veränderungen stattfinden. Unter dem Jahresmotto «Future Hospitality» fördert HotellerieSuisse die Attraktivität der Branche als Arbeitgeber. Gemeinsam mit seinen Mitgliedern präsentiert der Verband durchs Jahr Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele zu den sechs Themenfeldern «Aus- und Weiterbildung fördern», «Weitere Potenziale erschliessen», «Zeitgemässe Führungskultur schaffen», «Vereinbarkeit erhöhen», «Vergütungssysteme verbessern» und «Rahmenbedingungen im Auge behalten».
www.futurehospitality.ch


Nachgefragt bei Claude Meier, Direktor HotellerieSuisse

Wie gewinnen Branchenarbeitgeber glückliche Mitarbeitende?
Es geht um zeitgemässe Führungskulturen, um die bessere Vereinbarkeit von Arbeits- und Freizeit oder um Optimierungen in den Vergütungssystemen, um so attraktive Gesamtpakete für Mitarbeitende zu schaffen. Viele Betriebe haben diese Chancen bereits erkannt und generieren über Investitionen in die Unternehmenskultur, die Unternehmenswerte und die Führungsarbeit einen unternehmerischen Erfolg.[DOSSIER]

Die Umsetzung liegt bei den Betrieben. Sind der Wille und die Kapazität dafür vorhanden?
Ja, der Wille ist vorhanden. Die Betriebe wissen, dass die Mitarbeitenden ihr wertvollstes Kapital darstellen. Oftmals fehlt jedoch im hektischen Tagesgeschäft schlicht die Zeit, um sich dezidiert mit der Frage auseinanderzusetzen. Wir zeigen auf, dass auch kleine Massnahmen Wirkung entfalten können und Future Hospitality primär eine Frage des Mindset ist.

Wünschten Sie sich mehr Proaktivität innerhalb der Branche?
Jeder Betrieb muss für sich selbst entscheiden, wie und wo er ansetzt, um seine Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt zu steigern. Wichtig ist, dass er sich bei Bedarf an den Hilfestellungen und Informationen von HotellerieSuisse orientieren kann. Zahlreiche Betriebe machen bereits einen hervorragenden Job, ohne dass sie dabei auf unsere Hilfsmittel und Inputs angewiesen waren. Wir versuchen, hier ergänzend zu wirken und gute Beispiele aus unseren Mitgliederbetrieben auch bekannt zu machen.


Unter dem Motto «Wir sind Future Hospitality!» lanciert HotellerieSuisse eine 6-teilige Videoreihe, in der Hoteliers und Hotelièren aufzeigen, mit welchen Massnahmen sie als Arbeitgeber attraktiv bleiben wollen. Den Anfang macht Pascal Küttel, Direktor des Hotels Continental in Lausanne, zum Thema «Zeitgemässe Führungskultur schaffen».

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Nora Devenish

Fit für Fachkräfte

Das Gastgewerbe ist und bleibt ein Schmelztiegel der Kulturen

Im Gastgewerbe treffen Menschen unterschiedlichster Herkunft aufeinander. Sie sind für die Arbeitgeber wichtige Fachkräfte – sofern die Chefs es schaffen, Vorbehalte abzubauen, und so eine Integration ermöglichen.
Nora Devenish
Fachkräfte aus dem Ausland haben schon immer das Rückgrat des Schweizer Gastgewerbes gebildet.
Fachkräfte aus dem Ausland haben schon immer das Rückgrat des Schweizer Gastgewerbes gebildet. image : iStock
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Zamani Zia, Verantwortlicher Frontbereich La Cultina Bern
Zamani Zia, Verantwortlicher Frontbereich La Cultina Bern image : zvg
image : zvg

Was wären Hotellerie und Gastronomie ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus aller Welt? Menschen mit Migrationshintergrund bilden das Rückgrat des Schweizer Tourismus. Die Beherbergungs- und die Gastronomiebranche widerspiegeln das Gesellschaftsbild und den Kulturwandel wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig. Der Ausländeranteil aller Beschäftigten im Gastgewerbe betrug 2020 um die 46 Prozent.

Daraus ergibt sich mit Blick auf den aktuellen Fachkräftemangel und die Flüchtlingskrise eine einmalige Chance für Arbeitgeber und Arbeitnehmer; vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen.

Chancen nutzen, Vorbehalte überall abbauen
Vielerorts bleibt man skeptisch: Während Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger aller Altersklassen bereits heute eine beliebte Rekrutierungsquelle sind, werden die Potenziale von Arbeitslosen, von Geflüchteten oder von Menschen mit Handicap noch immer zurückhaltend beurteilt.

Zu diesem Schluss kommt der Analysereport «Der Wettbewerb um Fachkräfte in der Beherbergung: Wie ist die Situation?» von Ecoplan im Auftrag von HotellerieSuisse. Entsprechend will man verbandsintern gemeinsam mit den Sozialpartnern weiterhin Programme zur Integration von arbeitslosen, anerkannten Geflüchteten oder Menschen mit Handicap fördern.

Eine Bedingung dafür ist, dass die Arbeitgeber Vorbehalte gegenüber der Arbeitsmarktfähigkeit dieser Gruppen überwinden, ihnen Chancen geben und sie aktiv bei der Integration unterstützen.

Best-Practice-Beispiele liefern immer wieder Zwischenerfolge. So auch dank der Riesco-Integrationsvorlehre von Hotel & Gastro Formation Schweiz. Seit 15 Jahren ist es das Ziel dieser Basisqualifikation, auch geflüchteten und vorläufig aufgenommenen Personen den Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt oder eine berufliche Grundausbildung zu ermöglichen. Nach erfolgreicher Ausbildung erhalten die Teilnehmenden ein gesamtschweizerisch anerkanntes Zertifikat von Hotel & Gastro Formation Schweiz.[DOSSIER]

Gäste in der Pflicht
Max Züst, Direktor von Hotel & Gastro Formation Schweiz, registriert branchenintern kaum Vorbehalte, Riesco-Abgänger anzustellen. «Wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Praktika reüssieren, sind die Arbeitgeber grundsätzlich offen.» Auch bürokratische Hürden gebe es erfreulicherweise immer weniger.

Vielmehr sieht Züst auch die Bevölkerung und damit die Gäste in der Pflicht, Bedenken und Misstrauen gegenüber Angestellten mit Migrationshintergrund abzubauen. «Die Diskussion um Integration im Gastgewerbe ist eine gesamtgesellschaftliche und nicht nur branchenspezifisch.»

Bekanntes und Fremdes unter einem Dach zu beherbergen, ist eine der wichtigsten Aufgaben des Gastgewerbes.

Hugo Köppel, Präsident Trägerverein Schulrestaurant La Cultina, Bern

Bereicherung für Branche und Gesellschaft
Auch das Schulrestaurant La Cultina in Bern öffnet Menschen mit Migrationshintergrund seine Türen. Seit über 20 Jahren bietet es Fachkurse im Gastronomiebereich für im Kanton Bern wohnhafte vorläufig aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge an.

Über die Jahre absolvierten um die 750 Menschen aus der ganzen Welt den Fachkurs Gastgewerbe im «La Cultina». Rund 70 Prozent blieben auf ihrem weiteren Berufsweg der Branche treu und arbeiten heute in rund 160 Betrieben.

Fit für Fachkräfte
Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotelrevue das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt verschiedene Ansätze auf, wie die Branche das Problem angeht. Ganz nach dem Motto: Fit für Fachkräfte.

«Integration und Gastgewerbe sind untrennbar. Bekanntes und Fremdes unter einem Dach zu beherbergen, ist eine der wichtigsten Aufgaben des Gastgewerbes», sagt Hugo Köppel, Präsident des Trägervereins Schulrestaurant La Cultina.

Er stellt die soziale Verantwortung des Gastgewerbes in den Vordergrund. Die Ausbildung ist das eine, die Möglichkeit, täglich in Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung zu treten, das andere. «Wie systemrelevant die Gastronomie ist, zeigte nicht zuletzt die Pandemie», sagt Köppel.

Nicht nur das Gastgewerbe profitiere von der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, sagt Köppel: «Sie alle tragen dazu bei, dass nicht nur unser kulinarischer Alltag interessant und bereichernd erlebt wird, sondern auch das Leben in unserer Gesellschaft.»


Nachgefragt

Woher kommen Sie ursprünglich und weshalb sind Sie in der Schweiz?
Ich stamme aus Afghanistan. 2008 bin ich aus meiner Heimat geflüchtet. Grund waren der Krieg und die politische Situation. [IMG 2]

Haben Sie in Afghanistan eine Ausbildung gemacht?
2010 habe ich den Fachkurs Gastgewerbe im «La Cultina» gemacht. Davor hatte ich keine Gelegenheit, eine Ausbildung zu machen.

Was hat Ihnen Ihre Ausbildung im Gastgewerbe gebracht?
Der Fachkurs hat meine Deutschkenntnisse und mein Wissen in der Küche und im Service erweitert. Ich habe festgestellt, dass ich den Kontakt mit Menschen aus aller Welt mag, und habe so meinen Beruf in der Gastronomie gefunden.

Wie kann Integration im Gastgewerbe in der Schweiz gefördert werden, von Arbeitgebern und Gästen?
Mit Toleranz und Akzeptanz gegenüber fremdländischen Menschen und Flüchtlingen. Aber auch mit Geduld, wenn nicht alles auf Anhieb klappt. Ich wünsche mir mehr Vertrauen in fremde Kulturen. Auch ein freundliches Gegenüber wäre wünschenswert.

Wie sehen Ihre weiteren beruflichen Pläne aus?
Ich will mein Wissen in der Gastronomie vertiefen und mich weiterbilden.

Personalunterkünfte

Millionen für die Mitarbeitenden

Damit Fachkräfte vor Ort bleiben und junge Talente überhaupt erst kommen, investieren Hotels grosse Summen in Personalhäuser mit modernen und teils luxuriösen Wohnungen. Sie sind überzeugt, diese Ausgaben wirken sich auch auf den Gast aus.
Natalia Godglück
Ein Doppelzimmer der Personalunterkunft des Hotel Badrutt's Palace in St. Moritz.
Ein Doppelzimmer der Personalunterkunft des Hotel Badrutt's Palace in St. Moritz. image : zvg
image : zvg
Ein Studio der Belvedere Gruppe in Scuol.
Ein Studio der Belvedere Gruppe in Scuol. image : Ralph Feiner
image : Ralph Feiner
Ein Doppelzimmer des Hotel Kulm in St. Moritz.
Ein Doppelzimmer des Hotel Kulm in St. Moritz. image : zvg
image : zvg
Ein Blick in eine Wohnung der Mitarbeiterresidenz Stanglwirt im Tirol.
Ein Blick in eine Wohnung der Mitarbeiterresidenz Stanglwirt im Tirol. image : Jolly Schwarz
image : Jolly Schwarz

Knapp beheizte Mansarden und dunkle Zimmerchen mit alten Möbeln und Etagenduschen? Für heutige Fachkräfte ist das ein No-Go. Führende Betriebe locken Talente mit attraktiven Unterkünften und haben somit ein Ass im Ärmel beim Kampf um Fachkräfte. Denn insbesondere in Tourismusregionen werden bezahlbare Unterkünfte immer rarer. Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Zweitwohnungen verstärkt, die Preise klettern unaufhaltsam. Bei dieser Ausgangslage liegt es auf der Hand, dass qualifiziertes Personal eine Anstellung mit Unterkunft bevorzugt.

Das Grand Resort Bad Ragaz etwa bietet seinen Mitarbeitenden insgesamt 173 Wohneinheiten verteilt auf 12 Häuser in unmittelbarer Nähe und investiert kontinuierlich in deren Ausbau. Dazu CEO Patrick Vogler: «Personen, die nicht in der Region verwurzelt sind, kommen so einfach zu einer Unterkunft. Wir sind überzeugt, dass eine gute Infrastruktur für Mitarbeitende unsere Attraktivität als Arbeitgeber weiter steigert.»

Hotelbetriebe investieren bis zu 21 Millionen Franken
«Gäste finden wir schneller als Mitarbeitende», sagt Thomas Vogt, Gastgeber vom Valbella Resort Lenzerheide. Die Lösung sieht er, wie andere Mitbewerber auch, in einem neuen Personalhaus. Auch die Umstellung vom Saison- zum Ganzjahresbetrieb soll seine Attraktivität als Arbeitgeber steigern. So muss das alte Personalhaus einer neuen Immobilie weichen. Bis Ende Jahr entstehen 46 Wohneinheiten, darunter Einzel- und Doppelzimmer sowie 2 Wohnungen für Wohngemeinschaften. «Schön wohnen ist Mitarbeitenden heute wichtiger als ein hoher Lohn. Und das am liebsten direkt im Tourismusort», sagt Vogt. Die Investitionskosten fürs Personalhaus möchte er nicht nennen.

Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft. In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotel revue das Thema aus unterschiedlicher Perspektive und zeigt mögliche Lösungsansätze auf.

Hört man sich in der Branche um, erfährt man jedoch schnell, dass die Beträge vielerorts in die Millionen gehen. Das Kurhaus Bergün investierte 4,3 Millionen Franken in das 2015 eröffnete Personalhaus. Je 9 und 10 Millionen setzten das Hotel Olden in Gstaad und der «Lenkerhof» in Lenk 2016 ein. Die Belvédère-Hotel-Familie in Scuol investierte über 14 Millionen in ihre zwei Personalhäuser in den Jahren 2013 und 2017 sowie in 18 weitere Wohneinheiten im Dorf. Spitzenreiter ist das Kulm Hotel St. Moritz, das 21 Millionen für seine zwei Personalhäuser ausgibt. Das erste mit 74 Einheiten wurde auf die Wintersaison 2021/22 eröffnet, die Zahlen für das zweite Haus liegen noch nicht vor.

«Zufriedene Mitarbeitende führen zu glücklichen und treuen Gästen»
Auf die Frage, ob solch hohe Beträge nicht für Erneuerungen im Hotel fehlen, geben die Betriebe unterschiedliche Antworten. «Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir in den letzten Jahren gut gewirtschaftet haben und somit beides möglich ist», lässt das Kulm Hotel St. Moritz verlauten. Auch die Belvedere-Familie verneint. Inhaber Kurt Baumgartner ist zudem überzeugt, dass «eine gute Mitarbeiterinvestition sich positiv auf die Gäste auswirkt. Zufriedene Mitarbeitende führen zu glücklichen und treuen Gästen», sagt er. «Jein», sagt Christof Steiner vom Kurhaus Bergün. «Die Investition war zwar Teil der Unternehmensstrategie. Hätten wir das Projekt jedoch nicht realisiert, hätten wir uns nicht zusätzlich verschuldet.»

Nur wenige Betriebe können so grosse Aufwände aus dem laufenden Betrieb finanzieren wie etwa das Luxushotel Kulm St. Moritz. Viele nehmen Hypotheken und Darlehen auf. Um Restlücken zu füllen, klopfen einige bei der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) an. «Ist die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewährleistet, ergänzen wir die Finanzierung. Wir geben aber keine A-Fonds-perdu-Beiträge», betont Giles Zollinger von der SGH. Den Bedarf an Personalhäusern spüre auch die SGH deutlich, und man sei «sehr bereit, solche Projekte zu unterstützen». Die Richtlinien sind die gleichen wie für eine Hotelinvestition. Und achtet man auf Nachhaltigkeit, gibt es günstigere Zinssätze.[RELATED]

Ausstattung und Leistungen sind nach oben offen
Gut haben es Betriebe, deren Eigentümer sich grosszügig zeigten. Dies war bei den beiden Personal-Chalets des «Lenkerhof» der Fall. Und beim Hotel Olden in Gstaad. Dessen Personalhaus ist sowieso ein besonderer Fall. Als der Platz der alten Zentralwäscherei frei wurde, bauten die Nobelhotels Olden, Palace, Alpina und Bellevue ein Haus mit 88 Personalwohnungen.

Ein gänzlich anderer Weg ist es, die Immobilie über einen Hospitality- oder Immobilienfonds zu bauen. Das «Badrutt’s Palace» in St. Moritz liess so 160 Wohneinheiten erstellen und unterschrieb im Gegenzug einen 30-jährigen Mietvertrag. Da es kaum noch bezahlbares Bauland gibt, kaufen oder mieten Hotels Wohnungen in der Nähe, renovieren sie und geben sie vergünstigt an die Mitarbeitenden weiter. Geld verdient kein Betrieb mit Personalunterkünften, die meist um die 700 bis 800 Franken kosten. Im besten Fall ist es ein Nullsummenspiel. Während einige Hoteliers ihre Studios in der Zwischensaison leer stehen lassen, versuchen andere, sie als Ferienwohnungen zu vermieten.

Auch kleinere Betriebe investieren in Personalhäuser
Anbieter von Personalwohnungen zeigen ihren Arbeitnehmenden, dass sie ihnen etwas wert sind. Diese Wertschätzung ist in der Ausstattung und bei den Zusatzleistungen nach oben offen. Moderne Küchen und Badezimmer, schnelles Internet und Flachbild-TV sind heute Standard. Hinzu kommen Angebote wie wöchentlicher Bettwäschewechsel und Putzservice, die Nutzung des hoteleigenen Fitness- und Wellnessbereichs oder sogar ein eigener Fitnessraum, Skipass-Tickets inklusive, Kitaplätze und vieles mehr.

Haben bislang vor allem Nobelhotels in attraktive Personalstudios investiert, ziehen nun auch kleinere Betriebe nach. So etwa das Boutique Hotel Bären im appenzellischen Gonten. «Qualifizierte Bewerber haben sich gegen eine Anstellung bei uns entschieden, weil wir ihnen keine Unterkunft anbieten konnten», sagt Gastgeber Johannes Sommer. Mit den fünf gemieteten und neu eingerichteten Wohneinheiten will sich der Hotelier von anderen Betrieben abheben. Der 35-Jährige fordert ferner ein Umdenken in der Branche. «Nur wenn wir jetzt handeln, werden wir als Arbeitgeber wieder attraktiv.»[DOSSIER]


Ein Blick über die Grenze

Neue internationale Benchmark

Die neue Mitarbeiterresidenz Stanglwirt könnte auch als Erweiterung des gleichnamigen 5-Sterne-Hotels in Going bei Kitzbühel im Tirol durchgehen. Sie liegt direkt neben dem Areal des Bio- und Wellnessresorts. «Der Komfort und die Ausstattung unserer Unterkünfte entsprechen der 4-Sterne-Superior-Hotelkategorie», sagt Eigentümer Balthasar Hauser. Rund 20 Millionen Euro hat die Besitzerfamilie für den energieeffizienten und mit Erdwärme betriebenen Holzbau aufgewendet und sendet damit ein starkes Signal: grosse Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden.

Für Einzelpersonen und Pärchen stehen 154 Wohneinheiten mit jeweils rund 30 Quadratmetern bereit. Sie sind hochwertig ausgestattet mit Küche, begehbarem Kleiderschrank, Holzdecke, Bad mit Regendusche, grosszügigem Boxspring-Bett, WLAN Flatscreen-TV, Balkon oder Garten und Aussicht in die Natur.

Zahlreiche Annehmlichkeiten für alle Mitarbeitenden
Die monatliche Miete für die Mitarbeitenden beträgt 200 Euro inklusive Nebenkosten. «Unsere Lehrlinge erhalten während ihrer Ausbildung einen Sonderpreis», merkt Hauser an. Die Residenz wurde im November 2021 eröffnet und war im Nu ausgebucht. «Unsere Mitarbeitenden sollen sich rundum wohlfühlen, da spielt die Unterkunft eine wesentliche Rolle.» [IMG 4]

Weitere Annehmlichkeiten sind kostenfreie Vollpension im Mitarbeiterrestaurant sowie monatliche kostenfreie Reinigung der Unterkunft. Ausserdem gibts Vergünstigungen in allen Stanglwirt-Outlets, Kinderbetreuung auf dem hoteleigenen Kinderbauernhof und die Übernahme von 50 Prozent des Mitgliederbeitrags bei heimischen Vereinen, um die Bindung zwischen Mitarbeitenden und Region zu fördern.

Neben weiteren Benefits stellt das Hotel seinem Personal zusätzlich drei bezahlte Tage im Jahr für gemeinnützige Arbeit zur Verfügung. «Wir verbessern ständig unsere Qualität als Arbeitgeber und freuen uns, wenn uns das durch langjährige Treue gedankt wird. Das Glück des Lebens ist das Glück des Gebens», sagt Hauser über seine Aufgabe als Gast- und Arbeitgeber. Der Erfolg gibt dem «Stanglwirt» und seiner Philosophie recht. god

Personalunterkünfte

Eine schöne Wohnung macht Mitarbeitende glücklich

Führende Betriebe haben erkannt, dass sie mit attraktiven Unterkünften bessere Karten auf dem Arbeitsmarkt haben. Mit Investitionen in Millionenhöhe zeigen sie den Mitarbeitenden gleichzeitig ihre Wertschätzung.
Natalia Godglück
image : Visualisierungen Studio C Architektin
image : Visualisierungen Studio C Architektin
image : Albertin Architekten
image : Albertin Architekten
image : Albertin Architekten
image : Albertin Architekten
Gregor und Nina wohnen zusammen in einer Wohnung der Mitarbeiterresidenz Stanglwirt in Going in Tirol.
Gregor und Nina wohnen zusammen in einer Wohnung der Mitarbeiterresidenz Stanglwirt in Going in Tirol.

Die heutigen Mitarbeitenden legen grossen Wert auf Work-Life-Balance. Dazu gehören auch moderne und attraktive Unterkünfte – am liebsten in Gehdistanz vom Arbeitgeber. Solch Investitionen sind für die Gäste im ersten Moment nicht sichtbar. Der Faktor Mensch ist in der Hotellerie jedoch entscheidend für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. [RELATED]

Deshalb sind alle Betriebe überzeugt, dass ihre Investitionen in Mitarbeitende positive Auswirkungen auf Arbeitsleistung, Motivation und Herzlichkeit haben. «Das wird das Gästeerlebnis positiv beeinflussen. Happy staff make happy guests», sagt General Manager Heinz E. Hunkeler vom Luxushotel Kulm St. Moritz. Eine Auswahl von Hotels, die kürzlich oder in den letzten Jahren in Personalhäuser und -wohnungen investiert haben:

Hotel Badrutts Palace, St. Moritz

Form: Neubau durch Immobilienfonds, Mietvertrag mit 30 Jahre Laufzeit
Investition:  Keine Angabe
Eröffnung:  November 2021
Einheiten:  160
Kategorien:  Einzel- und Doppelstudios, 6 grössere Einheiten
Miete:  700 bis 800 Franken inkl. Nebenkosten
Besonderes:  Wäsche wird wöchentlich gewechselt. Personalhaus nicht direkt beim Hotel, aber es gibt einen Shuttleservice. Im Winter sind alle Wohnungen ausgebucht, im Sommer werden die Unterkünfte auch an Externe als Ferienwohnungen vermietet.

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Hotel Kulm St. Moritz, St. Moritz

Form: Umbau zweier Personalhäuser
Investition: Total 21 Mio. Franken
Eröffnung:  1. Haus November 2021, 2. Haus noch unbekannt
Einheiten:  74, noch unbekannt
Kategorien:  Studios, Einzel- und Doppelzimmer
Miete: ab 570 Franken inkl. NK
Besonderes:  Wohnungen wenige Gehminuten vom Hotel

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Kurhaus Bergün, Bergün

Form: Neubau Personalhaus
Investition: 4,3 Mio. Franken
Eröffnung:  September 2015
Einheiten:  11
Kategorien:  Studios und Wohnungen (2,5 bis 5,5 Zimmer)
Miete: ab 700 bis 2320 Franken inkl. Nebenkosten
Besonderes: Bau nachhaltig und ökologisch, wenige Gehminuten vom Hotel, Wohnungen auch für Pärchen und Familien, für Mitarbeitende und für Einheimische. Garten zur Allgemeinbenutzung, Innenparkplätze.

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Hotel Olden, Gstaad

Form: Neubau Personalhaus «Fox Farm»
Investition: 9 Mio. Franken (20 Mio. total)
Eröffnung:  2016
Einheiten:  45 gekauft (88 total)
Kategorien:  Studios, Doppel- und Einzelzimmer
Miete: ab 580 (Doppelbenutzung) bis 850 Franken. inkl. Nebenkosten
Besonderes: Smart TV, Internet, Küche mit allen Utensilien. Zimmer werden wöchentlich gereinigt, Bettwäsche und Badtücher gewechselt. Für den Neubau haben sich die Zentralwäscherei Gstaad und 4 Hotels zusammengeschlossen: Olden, Palace, The Alpina, Bellevue. Jeder Betrieb hat einen Anteil Wohnungen gekauft.

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Grandhotel Giessbach, Brienz

Form: Sanierung Personalhaus «Teamhotel am Giessbach»
Investition: Rund 4,5 Mio. Franken
Eröffnung: Frühling 2023
Anzahl Wohnungseinheiten: 41
Kategorien: Einzel- und Doppelzimmer, Studios, Familienwohnungen (31 EZ, 3 DZ, 5 Studios, 2 Wohnungen)
Miete: 345 bis 1400 Franken. inkl. Nebenkosten
Besonderes: historischer Giessbach-Keller als Team-Beiz mit Billard, Tischfussball und Dart, Wiederinbetriebnahme der originalen historischen Kegelbahn, Fitnessraum, Gemeinschaftswaschküche

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Hotel Maistra 160, Pontresina

Form: Neubau Personalhaus
Investition: Rund 6 Mio. Franken
Eröffnung:  Sommer 2023
Einheiten:  19
Kategorien:  Einzelzimmer, Studios für 1 und 2 Personen, 3,5 Zimmerwohnungen
Miete: Noch nicht bekannt
Besonderes:  Gemeinschaftsraum mit Küche, Lounge, Fitness, TV und Garten im EG, Waschküche und Raucherbalkon auf jedem Stock, 10 Minuten Fussweg zur Arbeit, Garagenplätze und E-Ladestationen, Velo- und Skiraum.

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Valbella Resort, Lenzerheide

Form: Neubau Personalhaus
Investition: Keine Angabe
Eröffnung:  Ende 2022
Einheiten:  46 Einheiten
Kategorien:  Einzel- und Doppelzimmer mit Kochmöglichkeiten, Wohngemeinschaften
Miete: Voraussichtlich zwischen 500 und 800 Franken inkl. NK.
Besonderes:  Personalhaus ist 300m vom Resort entfernt, Modulbau in Holz mit Tiefgarage

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Grand Resort Bad Ragaz, Bad Ragaz

Form: 40 Wohnungen und Studios werden komplett renoviert und neu ausgestattet
Investition: Keine Angabe
Eröffnung:  April 2022
Einheiten: 173 Einheiten, verteilt auf 12 Personalhäuser
Kategorien:  Zimmer, Studios, Wohnungen, Einfamilienhaus (57 Zimmer, 76 Studios, 39 Wohnungen mit 2,5 und 3,5 Zimmern, 1 Einfamilienhaus)
Miete: von 355 bis 1550 Franken inkl. Nebenkosten
Besonderes:  Sämtliche Personalhäuser befinden sich in unmittelbarer Nähe des Resorts und grenzen an den Kurpark des Grand Resorts. Die meisten Erneuerungen in den Häusern werden durch die hauseigene Infrastruktur und Technik realisiert. Je nach Personalhaus gibt es wöchentlichen oder täglichen Putzservice in den Gemeinschaftsräumen.

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Belvedere Hotel Familie, Scuol

Form: Neubau Personalhaus, Renovation Personalhaus, weitere Unterkünfte im Dorf
Investition: 14,1 Mio. Franken
Eröffnung:  2013 und 2017
Einheiten: 63
Kategorien:  Einzel- und Doppelstudios, Wohnungen, Direktionswohnung
Miete: Studios von 420 (2er-Belegung) bis 850 Franken., Wohnungen von 800 bis 2300 Franken (Direktionswohnung)
Besonderes: Das Unternehmen gehört zu den ersten, das grosszügig in moderne Unterkünfte für seine Mitarbeitenden investiert hat. Zusätzlich zu den zwei Personalhäusern hat es in Scuol Studios gemietet und Wohnungen gekauft, die ans Personal vermietet werden.

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Hotel Lenkerhof, Lenk

Form: Neubau 2 Personalhäuser
Investition: 10 Mio. Franken
Eröffnung:  2016
Einheiten: 56
Kategorien: Studios, Wohnungen (48 Studios, 8 Zweizimmer-Wohnungen)
Miete: 680 bis 1350 Franken inkl. TV/Internet. Lernende erhalten Subventionen.
Besonderes: Die Chalets wurden im traditionellen Berner-Oberland-Stil gebaut und haben Minergiestandard. Für den Bau wurden ausschliesslich umwelt- und entsorgungsfreundliche Baumaterialien verwendet. Die Unterkünfte sind hochwertig ausgestattet, entsprechen der 3-Sterne-Superior- bis 4t-Serne-Hotelkategorie und haben alle einen Balkon. Die Chalets befinden sich in Gehdistanz zum Hotel. In der Zwischensaison werden leere Wohnungen auch an Externe vermietet.

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Stanglwirt, Going am Wilden Kaiser, Tirol

Form: Neubau Mitarbeiterresidenz
Investition: 20 Mio. Euro
Eröffnung:  November 2021
Einheiten: 154
Kategorien: Alle Unterkünfte sind knapp 30 Quadratmeter und eignen sich auch für Paare.
Miete: 200 Euro inkl. Nebenkosten (Miete wird Mitarbeitenden direkt vom Lohn abgezogen).
Besonderes: Unterkunft entspricht 4-Stern-Superior-Hotelkategorie: hochwertig ausgestattet mit eigener Küche, begehbarem Kleiderschrank, heimeliger Holzdecke, modernem Bad mit Regendusche, grosszügigem Boxspring-Bett, Flatscreen-TV und W-LAN, Balkon oder Garten. In der Residenz hat es ein top ausgestattetes Fitness-Studio inklusive Panoramaverglasung. Den Mitarbeitenden steht ferner ein Seminarraum für Weiterbildungen, Yoga, Meditation und Feierlichkeiten zur Verfügung. Die Waschküche ist mit einer App steuerbar und in der Tiefgarage für Autos und Fahrräder hat es E-Ladestationen. Direkt nebenan ist ein Sportplatz.

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Fachkräftemangel

Nun steigen die Löhne – und dann die Preise

Der Fachkräftemangel in der Gastronomie führt zu höheren Löhnen. Die Folgen? Teurere Restaurants, ein verändertes Angebot und eine Branche, die umgekrempelt wird.
Mischa Stünzi
Zahlen, bitte! Die Zahlungsbereitschaft sei hoch, wenn die Qualität stimme, sind sich die angefragten Gastronomen einig.
Zahlen, bitte! Die Zahlungsbereitschaft sei hoch, wenn die Qualität stimme, sind sich die angefragten Gastronomen einig. image : iStockphoto
image : iStockphoto

Bis zu 36 Prozent mehr Lohn: Das neue Tarifwerk des Gastgewerbeverbands im Bundesland Rheinland-Pfalz – eine Reaktion auf den akuten Fachkräftemangel – sorgte kurz vor Weihnachten für Aufregung. In den deutschen Medien war von Preiserhöhungen zwischen 5 und 20 Prozent für den Restaurantbesuch die Rede. Und wie sieht es in der Schweiz aus?

«Du musst mindestens 5500 Franken im Monat verlangen – 6000, wenn du Führungsverantwortung hast.» Diesen Rat gibt Tom Christen, Gastgeber im Landhaus Liebefeld, seinen Köchen mit auf den Weg. Gute Köche seien derzeit so gefragt, dass solche Löhne drinlägen.

Mehr noch: «Wir müssen faire Löhne bezahlen, sonst können wir noch lange Nachwuchs ausbilden», meint der passionierte Gastronom. Die Lohnunterschiede beispielsweise zu Bürojobs seien derzeit zu krass. «Logisch sagt sich mancher: Ich bin fleissig, belastbar, kann gut mit Menschen umgehen. Da bin ich sicher auch in anderen Branchen gefragt.» Christen selbst hat im Landhaus eben erst zwei Köche aus Italien angestellt. Ihnen bezahle er im Monat 200 bis 300 Franken mehr, als früher üblich gewesen sei.

Der Lohn ist wichtig, aber nicht alles
Für Ruedi Stöckli, der bis letztes Jahr während 34 Jahren das Landgasthaus Strauss in Meierskappel geführt hat, ist klar: Die Löhne im Gastgewerbe steigen. «Die Fachkräfte können heute auswählen, wo sie arbeiten wollen», sagt der Präsident des luzernischen Wirteverbands Gastro Luzern, «da gehst du als Koch oder Restaurationsfachfrau vermutlich lieber zu dem Betrieb, der dir den höheren Lohn bietet». Arbeitgeber könnten nur noch Mitarbeitende akquirieren, wenn sie Löhne bezahlten, die höher seien als der Mindestlohn.

«Die Tendenz zu höheren Löhnen wird in den nächsten Jahren bestehen bleiben.»

Bruno Lustenberger
Präsident Gastro Aargau und Vizepräsident Hotel & Gastro Formation

Auch Bruno Lustenberger, Gastgeber in den Hotels Bahnhof und Krone Aarburg und Präsident von Gastro Aargau, ist überzeugt, dass der Fachkräftemangel zu höheren Löhnen führen wird – nicht nur bei Neuanstellungen, sondern auch bei Angestellten, die man unbedingt halten wolle. Wegen der prekären Situation bei den Lernenden – als Vizepräsident von Hotel & Gastro Formation bekomme er hautnah mit, dass immer weniger Junge eine Lehre im Gastgewerbe machten – rechnet Lustenberger damit, dass der Fachkräftemangel und damit die Tendenz zu höheren Löhnen der Branche die nächsten Jahre erhalten bleiben.[RELATED]

Bisher keinen Lohnwettbewerb stellt dagegen Marc Tischhauser in Graubünden fest. Für den Geschäftsführer von Gastro Graubünden stehen beim Thema Fachkräftemangel so oder so die Wertschätzung und der Einbezug der Angestellten im Vordergrund – und nicht der Lohn. Das sei nicht nur betriebswirtschaftlich interessanter, sondern auch nachhaltiger. «Die Mitarbeitenden bleiben einem Betrieb eher treu, wenn sie sich wohlfühlen, als wenn sie nur einen guten Lohn bekommen.»

Die Gäste zahlen mehr, wenn die Qualität stimmt
Die höheren Löhne haben Folgen für die Preise auf der Speisekarte. «Klar», sagt der Luzerner Ruedi Stöckli. Schliesslich müsse ein Betrieb die Marge halten, wenn er überleben wolle. Letztlich gehe es auch um den Unternehmerlohn, der oft vergessen gehe. Der erfahrene Wirt rechnet damit, dass es in Zukunft, wenn sich das Gastgewerbe erholte hat, vermehrt zu Preiserhöhungen kommen wird: «In den aktuell schwierigen Zeiten traut sich womöglich mancher nicht, die Preise anzuheben.»

Und wie steht es um die Zahlungsbereitschaft der Gäste? Da sind sich die Gastronomen einig: Solange die Qualität hoch ist, sind die Gäste auch bereit, etwas mehr dafür zu bezahlen. Qualität sei heute wichtiger denn je, findet Lustenberger, gerade auch im Service. «Das günstigste Mittagsangebot in der ‹Krone› wird heute kaum mehr nachgefragt.» Das sei wohl eine Folge der Pandemie, meint er: «Die Leute haben viel Zeit zu Hause verbracht und wollen sich jetzt etwas gönnen und sich verwöhnen lassen.»

Dass hohe Qualität nicht unbedingt Hummer an Champagnersauce oder Kobe-Rind mit Foie gras heisst, beweist ein Beispiel aus dem Landhaus Liebefeld: Gemäss Christen hat der Hackbraten im Gasthaus vor vier Jahren 19.50 Franken gekostet. Heute sind es 26.50 Franken – «und der läuft sehr gut».

Steigende Löhne könnten einen grundlegenden Wandel bewirken
Höhere Löhne werden die Branche womöglich grundlegend verändern. Lustenberger rechnet etwa damit, dass noch mehr Restaurants ihr Angebot beschränken werden. So brauche ein Betrieb weniger Köche und könne diese dafür besser bezahlen. Speisekarten, die von Pizza über Schnipo bis asiatisch alles böten, hätten endgültig ausgedient.

Und Christen erwartet, dass die Lohn- und Preisdiskussion zu einer Zweiteilung der Branche führen wird. Auf der einen Seite die gehobene Gastronomie – egal, ob modern oder traditionell –, die dank hoher Löhne und hoher Preise Spitzenpersonal anzieht und damit Topleistung abliefert. Auf der anderen Seite einfache Lokale wie Kebab-Stände und Pizzerias, die mit tieferen Preisen und dank dem Geschäft mit der Masse überleben. Für die Betriebe dazwischen werde es wohl schwierig, prognostiziert der Gastronom.

Auch die Hotelzimmerpreise steigen
Interessant ist die Frage, welchen Einfluss der Fachkräftemangel auf die Preise der Hotellerie hat. Reisetopia.de hat unlängst festgestellt, dass in Deutschland die Preise für Hotelübernachtungen «in extreme Höhen gestiegen» seien. Bis zu 40 Prozent teurer als vor einem Jahr sei manches Zimmer. Als Hauptgrund dafür nennt das Portal den Personalmangel. Hotels könnten nicht mehr mit voller Kapazität planen und müssten mit weniger Zimmern die Kosten decken.

«Die Ferienhotels im Kanton Graubünden sind derzeit ausgebucht.»

Marc Tischhauser
Geschäftsführer von Gastro Graubünden

Auch in der Schweiz sind die Preise im Vergleich zu vor der Pandemie gestiegen – in gewissen Ferienregionen wie dem Tessin, dem Berner Oberland und um den Vierwaldstättersee sogar um zweistellige Prozentwerte. Das sei aber keine Folge des Fachkräftemangels, ist der Bündner Marc Tischhauser überzeugt, sondern der hohen Nachfrage geschuldet. «Die Ferienhotels in Graubünden sind derzeit ausgebucht.»

[DOSSIER]

Mischa Stünzi

4-Tage-Woche

Drei freie Tage pro Woche kommen bei Angestellten gut an

Im letzten November haben einige Hotelbetriebe die 4-Tage-Woche eingeführt. Erste Erkenntnisse und weitere Zukunftspläne.
Lucie Machac
Direktor Philipp Albrecht (zweiter von rechts) und das Küchernteam des Park Hotels Winterthur.
Direktor Philipp Albrecht (zweiter von rechts) und das Küchernteam des Park Hotels Winterthur. image : Corine Glanzmann
image : Corine Glanzmann

Der Startschuss fiel am 30. November 2021. Seither arbeitet das Küchenteam des Park Hotel Winterthur nur noch 4 Tage in der Woche – bei gleichem Lohn, gleicher Wochenarbeitszeit, aber mit einem zusätzlichen Tag frei. Für das Pilotprojekt musste Direktor Philipp Albrecht allerdings erst alle Arbeitsprozesse anpassen oder gar neu denken. «In der Praxis hat das meiste sehr gut geklappt, lediglich bei ein paar Absprachen zwischen den Schichtteams mussten wir nachjustieren.»

«Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv, besonders der Wegfall der Zimmerstunde wurde gelobt, weil dadurch für alle gefühlt mehr Freizeit entsteht»
Philipp Albrecht, Direktor Park Hotel Winterthur

Gleichzeitig räumt Albrecht ein, dass der Pilot pandemiebedingt in eine ruhige Betriebszeit fiel. Der Dezember ging ohne Bankette und Grossveranstaltungen über die Bühne, und im Januar waren die sieben Küchenmitarbeitenden in Kurzarbeit. «Deswegen können wir noch kein definitives Fazit ziehen», so Albrecht. Aber: Die 4-Tage-Woche sei beim Team grundsätzlich gut angekommen. [RELATED]

Jeder soll die Wahl haben
«Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv, besonders der Wegfall der Zimmerstunde wurde gelobt, weil dadurch für alle gefühlt mehr Freizeit entsteht», resümiert der Hotelier. Tatsächlich haben sich denn auch einige neue Fachkräfte genau deswegen bei ihm beworben. «Wir hatten aber auch Kandidatinnen und Kandidaten, die sich eine Zimmerstunde wünschten.» In Zukunft werde das Park Hotel Winterthur die verschiedenen Arbeitsmodelle deshalb flexibel auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abstimmen. «Wichtig ist, dass jeder die Wahl hat», findet Albrecht.

Aufgrund der guten Erfahrungen wird das Pilotprojekt bis Ende Jahr verlängert – und auf andere Abteilungen wie Réception, Service und Housekeeping ausgeweitet. Den definitiven Härtetest muss die 4-Tage-Woche dann im Frühsommer bestehen, wenn das Park Hotel Winterthur seine Terrasse öffnet und wieder mehr Gäste eintreffen.[DOSSIER]

3 freie Tage am Stück
Im Radisson Blu Hotel Zürich Airport ist man ebenfalls daran, die 4-Tage-Woche mit 20 Küchenmitarbeitenden zu testen. Natürlich mussten die Abläufe auch hier erst neu definiert und ein paar skeptische Stimmen überzeugt werden. Nach fast drei Monaten Testphase zieht Daniel Twerenbold, Regionaldirektor der Radisson Hotel Group, ein «positives erstes Fazit».

Die Tagesschichten seien mit 10,5 Stunden zwar länger als früher, aber die Aufgaben der Mitarbeitenden dafür vielfältiger, weil zum Beispiel der Frühstückskoch neu bei der Zubereitung des Mittagessens helfe. «Am meisten aber freut sich das Team über die drei freien Tage am Stück. Allen ist relativ schnell bewusst geworden, wie viel Lebensqualität sie dadurch gewinnen», sagt Twerenbold.

«Kommt das Arbeitsmodell an, werden wir die 4-Tage-Woche im Frühsommer schweizweit einführen.»
Daniel Twerenbold, Regionaldirektor Radisson Hotel Group

Da die 4-Tage-Woche beim Personal offenkundig auf Anklang stösst, wird sie nun in vier weiteren Radisson Hotels in der Schweiz getestet. Nicht nur in der Küche, sondern in je einem Hotel auch im Service, an der Réception und in der Abteilung Meetings & Events. Anfang März soll es losgehen, Ende März will der Regionaldirektor bereits eine erste Auswertung vornehmen.

Entscheidend wird sein, ob die Mitarbeitenden mit den Arbeitsbedingungen zufrieden sind, ob sich allenfalls Flüchtigkeitsfehler einschleichen, wenn die Tagesschichten länger sind, und natürlich, ob die 4-Tage-Woche Marktvorteile bei der Rekrutierung von Fachkräften bringt. «Kommt das Arbeitsmodell an, werden wir die 4-Tage-Woche im Frühsommer schweizweit einführen.»

Fit für Fachkräfte

Es mangelt nicht nur an Fachkräften

Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Doch wo fehlen überhaupt welche Arbeitskräfte? Und weshalb?
Mischa Stünzi
Besonders in der Gastronomie fehlen die Arbeitskräfte.
Besonders in der Gastronomie fehlen die Arbeitskräfte. image : Unsplash/Carlos Aranda
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image : Pablo Tys
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image : Pablo Tys

Mehr als zwei Drittel der Hotels hatten letztes Jahr Mühe, offene Stellen zu besetzen. Das zeigt eine letzte Woche veröffentlichte Umfrage zum Fachkräftemangel von HotellerieSuisse. Besonders in der Gastronomie fehlen die Leute (siehe Grafiken unten). Zudem geht der Mangel mittlerweile über die Fachkräfte hinaus. 85 Prozent der Betriebe meldeten dem Verband, es sei schwieriger oder eher schwieriger geworden, Hilfskräfte zu finden.

Fit für Fachkräfte

Der Fachkräftemangel in der Gastro- und Beherbergungsbranche hat sich während der Pandemie akut verschärft.

In einer losen Artikelserie beleuchtet die htr hotel revue das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt verschiedene Ansätze auf, wie die Branche das Problem angeht. Ganz nach dem Motto: Fit für Fachkräfte.

Sämtliche Beiträge finden Sie hier.

Die Erhebung des Verbands deckt sich mit Daten des Bundesamts für Statistik. Gemäss diesen hatten seit 2004 noch nie so viele Unternehmen im Gastgewerbe Schwierigkeiten, ungelernte Hilfskräfte zu finden wie aktuell. Für die Fachkräfte mit Lehrabschluss, weiterführender Berufsbildung oder Hochschulabschluss sind die Zahlen ebenfalls nahe den Höchstständen.

Obwohl sich weder die Logiernächtezahlen noch die Umsätze des Gastgewerbes normalisiert haben, ist der Fachkräftemangel bereits wieder so akut wie vor Corona. Denn seit der Pandemie sind deutlich weniger Fachkräfte aus dem Ausland gekommen. 2019 wanderten 31 636 Ausländerinnen und Ausländer ein, um im Gastgewerbe zu arbeiten, 2020 waren es noch 22 966. Zudem haben Fachkräfte die Branche verlassen. Gemäss einer Umfrage des Personalvermittlers Coople haben fast zwei Drittel der Angestellten im Gastgewerbe, die nach einem Stellenverlust einen neuen Job gefunden haben, die Branche gewechselt.

Kritik gibts vor allem für die Führungskräfte und die Arbeitszeiten
Weshalb fühlen sich viele Angestellte in der Branche offenbar nur bedingt wohl? Und gibt es diesbezüglich Unterschiede zwischen den Berufsgruppen? Auf der Suche nach den Gründen erfährt man Aufschlussreiches. Zwar ist der Fachkräftemangel nicht in jeder Berufsgruppe gleich stark ausgeprägt. Mit anderen Worten: Es scheint im Gastgewerbe tatsächlich Berufe zu geben, die attraktiver sind als andere. Trotzdem unterschieden sich die Sorgen des Personals je nach Beruf kaum. «Auch wenn die Berufe an sich ziemlich unterschiedlich sind, stellen wir in den Gesprächen mit den Lernenden fest, dass sie im Berufsalltag ähnliche Sorgen haben», heisst es seitens Team Bildungsmarketing von HotellerieSuisse.

Auch den meisten ausgebildeten Berufsleuten drückt der Schuh an ähnlichen Punkten: vor allem bei der fehlenden Wertschätzung und den Arbeitszeiten. Das zeigen verschiedene Quellen, etwa die Kritiken auf Kununu.com, einem Portal, bei dem Angestellte ihre Arbeitgebenden bewerten. Dort ist in einer Stichprobe von Hunderten Kommentaren zu über 20 gewichtigen Unternehmen der Branche besonders häufig von «fehlendem Lob», «Druck auf die Mitarbeitenden», «Überstunden» und «Mobbing» die Rede. Eindeutige Unterschiede zwischen den Unternehmen aus der Gastronomie und jenen aus der Beherbergung lassen sich bei den Bewertungen nicht feststellen.

Umfrage identifiziert den Wunsch nach höherem Lohn als Hauptgrund für Wechsel
Und was ist mit dem Lohn? Einige Indizien sprechen dafür, dass er nur eine untergeordnete Rolle spielt. Interessanterweise kommt der Lohn etwa in den Kununu-Kommentaren nur selten zur Sprache. Im Lehrlingsbarometer liegt er ebenfalls nur auf Rang fünf der wichtigsten Gründe für einen Branchenwechsel. Zudem ist die Rate der Lernenden, die ihren Lehrvertrag auflösen, im Gastgewerbe deutlich höher als in anderen Berufen – obschon die Lehrlingslöhne dort zu den höchsten zählen.[DOSSIER]

Daraus zu schliessen, das Gehalt spiele keine Rolle, wäre allerdings fatal. In der Coople-Umfrage zum Beispiel wurde der «Wunsch nach besserer Bezahlung» am häufigsten als Beweggrund für einen Wechsel aus dem Gastgewerbe genannt. Und auf Kununu erreichen die ausgewerteten Branchengrössen in der Kategorie «Karriere/Gehalt» im Schnitt eine schlechtere Note als bei «Unternehmenskultur» und «Arbeitsumgebung». Vermutlich manifestieren sich die Klagen über hohe Arbeitsbelastung und schlechte Arbeitszeiten auch deshalb, weil die Jobs unterdurchschnittlich entlöhnt werden.

Küche

3324
offene Stellen gab es Ende Jahr in Schweizer Küchen – 2241 davon betrafen Köchinnen und Köche. Zum Vergleich: In Küchen arbeiten insgesamt um die 76 000 Personen. Quelle: bfs

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Die drei Hauptgründe, die gegen eine Zukunft im Beruf sprechen:

1. Fehlende Planbarkeit des Privatlebens
2. Fehlende Wertschätzung durch Vorgesetzte
3. Arbeitszeiten

Quelle: Lehrlingsbarometer 2020; HGU

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Service

3716
offene Stellen gab es Ende Jahr im Service – 1559 davon betrafen Servicefachkräfte. Zum Vergleich: Im Service arbeiten insgesamt um die 90 000 Personen. Quelle: bfs

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Die drei Hauptgründe, die gegen eine Zukunft im Beruf sprechen:

1. Fehlende Planbarkeit des Privatlebens
2. Fehlende Wertschätzung durch Vorgesetzte
3. Arbeitszeiten

Quelle: Lehrlingsbarometer 2020; HGU

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Empfang

283
offene Stellen gab es Ende Jahr im Bereich Hotelempfang – 270 davon betrafen Réceptionistinnen und Réceptionisten. Zum Vergleich: Am Empfang arbeiten um die 10 000 Personen. Quelle: bfs

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Die drei Hauptgründe, die gegen eine Zukunft im Beruf sprechen:

1. Fehlende Planbarkeit des Privatlebens
2. Arbeitszeiten
3. Fehlende Wertschätzung durch Vorgesetzte

Quelle: Lehrlingsbarometer 2020; HGU

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Housekeeping

884
offene Stellen gab es Ende Jahr im Housekeeping – 681 davon betrafen Reinigungspersonal und Hilfskräfte. Zum Vergleich: In dem Bereich arbeiten insgesamt fast 100 000 Personen. Quelle: bfs

Die Frage, wie stark der Fachkräftemangel beim Housekeeping zu spüren ist, hat HotellerieSuisse in der Lageeinschätzung im Herbst nicht gestellt. Rückmeldungen aus der Branche lassen den Schluss zu, dass er dort zwar nicht derart ausgeprägt ist wie bei den Gastroberufen, aber nicht unterschätzt werden darf. Die Tatsache, dass bei den Hilfskräften der Personalmangel in der zweiten Jahreshälfte 2021 deutlich geworden ist (im Housekeeping werden derzeit – anders als in den sonstigen Bereichen – vor allem Hilfskräfte gesucht), unterstreicht diese Rückmeldungen. Gleichzeitig ist die Zahl der offenen Stellen im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich sowohl bei den Fach- als auch den Hilfskräften aber vergleichsweise niedrig.

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Die drei Hauptgründe, die gegen eine Zukunft im Beruf sprechen:

1. Beruf gefällt nicht
2. Lohn
3. Fehlende Wertschätzung durch Vorgesetzte

Quelle: Lehrlingsbarometer 2020; HGU

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Mischa Stünzi

Umfrage

Fehlendes Personal macht der Hotellerie zu schaffen

Eine Umfrage von HotellerieSuisse verdeutlicht den Fachkräftemangel in der Branche. Zwei Drittel der Hotels in der Schweiz haben Mühe, offene Stellen zu besetzen. Die Situation führt auch zu einem massiven Hilfskräftemangel.
Die Coronapandemie verstärkt den den Fachkräftemangel in der Schweizer Hotellerie.
Die Coronapandemie verstärkt den den Fachkräftemangel in der Schweizer Hotellerie. image : 123RF/auremar
image : 123RF/auremar

Die Umfrage, welche HotellerieSuisse bei den Mitgliedern zwischen dem 8. bis 11. Januar durchgeführt hat, zeigt deutlich auf, welche gravierenden Folgen die Coronapandemie auf den Fachkräftemangel in der Branche hat. Obwohl die Zahl der Logiernächte im Jahr 2021 noch um ein Viertel niedriger war als 2019, haben inzwischen mehr als zwei Drittel der Betriebe Mühe, alle Vakanzen zu besetzen.

Noch höher (70 %) ist dieser Anteil in den alpinen Gebieten, die von der Coronakrise insgesamt weniger betroffen waren. Der Verband geht davon aus, dass mit der Rückkehr der ausländischen Gäste nach der Krise, der Bedarf an Fachkräften noch weiter steigen wird.

«Future Hospitality» – Branchenattraktivität fördern
Um gezielt gegen den Fachkräftemangel vorzugehen entwickelt HotellerieSuisse Gegenstrategien. Der Verband rückt im laufenden Jahr unter dem Motto «Future Hospitality» die Branchenattraktivität in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Mit verschiedenen Themenfeldern sollen Impulse gesetzt werden, die zu allgemeinen Verbesserungen im Bereich der Fachkräftesicherung führen, um die Mitglieder des Verbandes mit konkreten Massnahmen dabei zu unterstützen, die Fachkräfte im Betrieb und in der Branche zu halten.

Starke Auswirkungen auf Betriebsführung und Umsatz
Durch die Pandemie verschärft sich der Fachkräftemangel in der Hotellerie zusätzlich. Über 10 Prozent der betroffenen Betriebe mussten Teil- oder sogar vorübergehende Komplettschliessungen vornehmen. 26 Prozent der Betriebe sahen sich gezwungen, Abstriche bei der Qualität der Dienstleistungen vorzunehmen. Rund 43 Prozent der Hotels, welche Schwierigkeiten hatten alle Stellen zu besetzen, mussten keine Anpassungen vornehmen.

Insgesamt sind 68 Prozent der Hotelbetriebe vom Fachkräftemangel betroffen und erwarten dadurch im Durchschnitt Umsatzeinbussen von mehr als 40'000 Franken. Auf das Jahr 2021 hochgerechnet entspricht das bei rund 4'500 Hotelbetrieben in der Schweiz einem Gesamtverlust von rund 122 Millionen Franken. Der durch den Fachkräftemangel verursachte Schaden werde sich laut Verband zudem noch verstärken, wenn sich die Nachfrage wieder erholt hat.

Fehlende Hilfskräfte verschärfen das Problem
Und die Situation droht sich an einer weiteren Front zu verschärfen. Die Mehrheit der Betriebe (85%) gibt an, dass es zudem immer schwieriger wird, Hilfskräfte zu rekrutieren.

Unternehmen, die ihren Fachkräftemangel bisher zumindest teilweise mit Hilfskräften kompensieren konnten, werden in Zukunft immer weniger auf diese Ressource zurückgreifen können. Es droht ein veritabler «Hilfskräftemangel», befürchtet HotellerieSuisse. (htr)

Zu den Auswertungen der Umfrage


Mitdiskutieren am «HS-Talk»

Die einschneidenden Massnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Hotellerie erfordern auch auf politischer Ebene ein starkes Engagement. Mit welche Massnahmen und Forderungen HotellerieSuisse auf politischer Ebene die Herausforderungen in der Corona-Pandemie im 2022 angehen will, zeigen Vertreterinnen und Vertreter des Verbandes im Rahmen des ersten «HS-Talk» des Jahres auf.

Darum geht es: Die Coronakrise hat mit Aufkommen der Omikron-Variante eine erneute Wendung genommen und laut Expertinnen und Experten steht der Höhepunkt erst noch bevor. Die 2G-plus-Regel in Hallenbädern und im Wellnessbereich hat die Beherbergungsbranche hart getroffen. Auch die Homeoffice-Pflicht, die bis Ende Februar verlängert wurde, hat indirekt schwere wirtschaftliche Auswirkungen. Deshalb fordert HotellerieSuisse bei einer Verbesserung der Lage, die Massnahmen so rasch als möglich aufzuheben.
 
Weiter hat der Bundesrat die neue Härtefallverordnung in Konsultation geschickt. Somit besteht für die Betriebe auch 2022 die Möglichkeit, Härtefallentschädigung zu beziehen. Aber auch hier muss der Bundesrat nachbessern. Deshalb hat sich HotellerieSuisse in der Konsultation entsprechend für die Interessen der Branche eingesetzt.


Im «HS-Talk» von HotellerieSuisse  werden diese Themen und Anstrengungen sowie politischen Forderungen des Verbands erläutert und diskutiert.  Fragen können bereits im Vorfeld per E-Mail eingereicht werden.

Termin HS-Talk: Dienstag, 25. Januar 2022, 14.00 bis 15 Uhr (zweisprachig d/f)
 
Teilnehmende seitens HotellerieSuisse: Andreas Züllig, Präsident, Marie Forestier, Mitglied der Verbandsleitung, Nicole Brändle Schlegel, Leiterin Arbeit, Bildung, Politik. Moderation: Claude Meier, Direktor

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Fit für Fachkräfte

Gut für die Angestellten und die Hotelauslastung

Fringe Benefits machen Arbeitgeber attraktiver. Doch oft halten sich kleine Betriebe mit solchen Angeboten zurück. HotellerieSuisse will das ändern.
Mischa Stünzi
Wenn wegen Kurzarbeit das Trinkgeld mager ausfällt, verschärft das den Fachkräftemangel im Gastgewerbe. Fringe Benefits können helfen, Gegensteuer zu geben.
Wenn wegen Kurzarbeit das Trinkgeld mager ausfällt, verschärft das den Fachkräftemangel im Gastgewerbe. Fringe Benefits können helfen, Gegensteuer zu geben.

Dass Angestellte im Gastgewerbe selten Spitzenverdiener sind, ist kein Geheimnis. Gerade in Zeiten von Kurzarbeit hat das Thema Lohn aber akut an Bedeutung gewonnen: Wer auf einmal mit nur 80 Prozent des eh schon tiefen Gehalts und dazu noch mit weniger Trinkgeld auskommen muss, kommt finanziell rasch an seine Grenzen. Aus der Branche ist zu hören, das habe den Fachkräftemangel deutlich verschärft.

Ein Mittel, um dem entgegenzuwirken und die Gesamtvergütung der Angestellten zu verbessern, sind Lohnnebenleistungen – auf Neudeutsch: Fringe Benefits. Dazu gehören etwa vergünstigte Personalwohnungen, Gratisessen im Betrieb oder Rabatte bei Lieferanten und Kooperationspartnern.

Kleine Betriebe finden: Zu kompliziert, zu teuer
Doch gerade kleine Betriebe schrecken oft davor zurück, Fringe Benefits anzubieten. Sie halten diese für zu kompliziert oder zu teuer, wie eine Analyse zum Thema Fachkräfte zeigt, die das Büro Ecoplan 2018 im Auftrag von HotellerieSuisse erstellt hat.

Die Autoren kommen darin zum Schluss: «Um das Potenzial von Fringe Benefits auszuschöpfen, sind sowohl der Verband als auch die einzelnen Betriebe gefordert.» Die Betriebe sollten vor allem an ihrer Kommunikation arbeiten. Denn viele bekundeten Mühe, die gebotenen Leistungen und deren Vorzüge den Angestellten gegenüber richtig zu verkaufen. Derweil solle HotellerieSuisse beim Entwickeln und Einsetzen von Fringe Benefits helfen, so der Report.

Nun hat der Verband gleich zwei Fringe-Benefits-Programme lanciert.

Mehr Geld auf dem Konto der Angestellten
Erstens hat HotellerieSuisse die Fringe-Benefits-Plattform Swibeco als Premium Partner gewonnen. Das Unternehmen aus Lausanne übernimmt für seine Kunden etwa das Verhandeln und Pflegen von Vergünstigungen. Weil es das für zig Kunden macht, schlägt es dabei in der Regel bessere Konditionen heraus als ein einzelnes KMU.

Die Plattform ist eine White-Label-Lösung, und die Kunden können sie mit dem eigenen Logo und eigenen Bildern versehen. Zudem: Wenn eine Hotelière oder ein Hotelier bereits selber Vergünstigungen ausgehandelt hat, zum Beispiel die Angestellten beim Weinlieferanten oder im befreundeten Restaurant vis-à-vis 10 Prozent Rabatt geniessen, können diese auf der Plattform integriert werden.

Aktuell bietet Swibeco Vergünstigungen bei rund 150 Partnerunternehmen – darunter Migros, Coop, Zalando und Galaxus. Die gewährten Rabatte reichen je nach Anbieter von 5 bis 35 Prozent. Diese sind steuer- und sozialabgabenfrei.

Der Arbeitgeber bezahlt pro registrierte Person eine Nutzungsgebühr. Wie hoch diese ist, hängt von der Zahl der Angestellten und der gewählten Vertragsdauer ab. Laut Swibeco kann ein KMU mit jährlichen Gebühren pro Person von ungefähr 100 Franken rechnen. Die Plattform steht allen offen, HotellerieSuisse-Mitglieder erhalten aber 25 Prozent Rabatt auf die Gebühren.

Das kann zu wertvoller Mund-Propaganda verhelfen
Zweitens hat der Hotelverband auf Anregung der Association Romande des Hôteliers die «Staff-Deals» initiiert. Das Konzept: Hotels lassen die Angestellten anderer Hotels vergünstigt bei sich übernachten.

Das Interesse daran ist gross: Schon vor der offiziellen Lancierung am Mittwoch haben sich laut HotellerieSuisse über 160 Betriebe gemeldet. Einer davon ist das Hotel Europe in Zermatt. Dessen Direktorin Corinne Julen hat in der Vergangenheit selber vergleichbare Aktionen durchgeführt und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

«Hotelangestellte sind interessante Gäste, weil sie dann frei haben, wenn in der Hotellerie nicht viel los ist.»

Corinne Julen
Direktorin Hotel Europe, Zermatt

Gemäss Julen profitieren nicht nur die Angestellten. Auch für das Hotel sieht sie Vorteile. Beispielsweise seien Hotelangestellte interessante Gäste, weil sie dann frei haben, wenn in der Hotellerie nicht viel los ist – in der Nebensaison oder unter der Woche. Und weil sie in der Regel ihre Arbeitspläne kurzfristig erhalten, buchen sie kurzfristig. Zudem könnten sie zu wertvoller Mund-Propaganda verhelfen, «wenn zum Beispiel einer meiner Gäste nach Zürich weiterreist und bei uns am Empfang nach einem guten Hotel dort fragt». [DOSSIER]

Der Ablauf von Staff-Deals ist simpel: Der interessierte Betrieb meldet sich beim Verband und wird auf der Website aufgeschaltet. Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bei ihm übernachten möchte, wird er per Mail kontaktiert. Um Missbrauch zu verhindern, müssen die Angestellten für ihre Anfrage die geschäftliche Mailadresse verwendet und die HR-Verantwortlichen oder jemanden aus der Direktion ins CC nehmen. Der gewährte Rabatt beträgt 50 Prozent. Das kontaktierte Hotel kann die Anfrage allerdings auch ablehnen.

Im Sommer will HotellerieSuisse mit den Betrieben ein erstes Fazit ziehen und allfällige Nachbesserungen vornehmen.

Fachkräftemangel

Die 4-Tage-Woche macht Schule

Drei Tage frei bei einem Vollzeitpensum? Doch, das geht. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, testen Betriebe wie das Park Hotel Winterthur zeitgemässe Arbeitsmodelle.
Lucie Machac
Das Küchenteam des Park Hotel Winterthur ist bereit für die 4-Tage-Woche (v.l.): Selina Flaim, Küchenchef Angelo Zarbo, Susana Alves da Costa, Tommy Heider, Hoteldirektor Philipp Albrecht und Dede Onu Afamefana.
Das Küchenteam des Park Hotel Winterthur ist bereit für die 4-Tage-Woche (v.l.): Selina Flaim, Küchenchef Angelo Zarbo, Susana Alves da Costa, Tommy Heider, Hoteldirektor Philipp Albrecht und Dede Onu Afamefana. image : Corinne Glanzmann
image : Corinne Glanzmann

Die Nachricht war ein Paukenschlag: Die 25 hours Hotels in Hamburg testen ab November die 4-Tage-Woche, um dem Fachkräftemangel  entgegenzuwirken. Endlich also bewegt sich etwas, die Beherbergungsbranche schärft ihr Image als attraktive Arbeitgeberin. Die deutsche Fachpresse schwärmte sogar von einem «Gamechanger» – durchaus zu Recht. Denn: In den Hamburger 25 hours Hotels kann man statt 40 Stunden lediglich 36 Stunden in der Woche bei einem 100-Prozent-Pensum und gleichem Lohn arbeiten. Das sind neun Stunden an vier Tagen. «Die vier Stunden, die pro Woche übrig bleiben, sollen als Puffer für Überstunden genutzt werden. Wenn das Modell funktioniert, sollten diese aber nur im Worst Case gebraucht werden», sagt Kathrin Gollubits, HR-Leiterin bei 25 hours.

Die Vorteile:
USP auf dem Arbeitsmarkt: Wer eine 4-Tage-­Woche anbietet, gilt als attraktiver Arbeitgeber.
Weniger Fluktuation: Die 4-Tage-Woche ist ein Trumpf bei der Mitarbeiterbindung. 
Gefühlt mehr Freizeit: Auch wenn man bei einer 4-Tage-Woche 42 Stunden arbeitet, fühlt sich ein zusätzlicher freier Tag wie «dazugewonnen» an.
Fokussierte Arbeitsweise: Wenn die Zimmerstunde wegfällt, ist der Tag weniger zerstückelt, und man ist konzentrierter.
Mehr Sozialleben: Ein freier Tag und vor allem ein freier Abend mehr pro Woche bedeutet mehr Zeit für Freunde und Familie.

Fällt dennoch Überzeit an, weil zum Beispiel eine Extraschicht eingelegt werden muss, kommen die Stunden auf ein Überzeitkonto, das am Ende des Kalenderjahres jedoch auf null gesetzt wird. «Geleistete Überstunden sind dann im Lohn enthalten, ungenutzte Überstunden sind für die Work-Life-Balance der Mitarbeitenden gut.» Ist das Pilotprojekt erfolgreich, plant 25 hours, die 4-Tage-Woche ab 2022 in allen Hotels einzuführen. Bald könnte also auch in den beiden Zürcher Hotels eine verkürzte Arbeitswoche der Normalfall sein.

Arbeitsprozesse anpassen
In der Schweiz ist die 4-Tage-Woche ebenfalls ein viel diskutiertes Thema – allerdings in einer abgespeckten Variante: Die 42-Stunden-Woche soll nicht mehr auf fünf, sondern bloss noch auf vier Tage verteilt werden, mit dem Resultat, dass ein Arbeitstag in der Regel 10 Stunden hätte. Roger Jutzi, Direktor des Zürcher Hotel Krone Unterstrass und Befürworter von zeitgemässen Arbeitsmodellen, sieht in der Schweiz wenig Chancen, die 42-Stunden-Woche wie in Deutschland zu reduzieren: «Man müsste insbesondere in der Küche und im Service entweder mehr Vollzeitstellen schaffen oder die Teilzeitstellen ausbauen, die das Stundendefizit ausgleichen.» Laut Jutzi würde sich das kaum rechnen.

Der Hotelier hat in seinem Betrieb bereits vor acht Jahren moderne Arbeitszeiten eingeführt, indem er die Zimmerstunde abschaffte. Die Angestellten arbeiten am Nachmittag durch, die Überstunden können sie kumulieren und als Freitage kompensieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Jutzis Mitarbeitende haben gefühlt mehr Freizeit, sie können ihre sozialen Kontakte besser pflegen, ausserdem ist es ökologischer und günstiger, den Arbeitsweg nur einmal statt zweimal am Tag zurückzulegen.

Mitarbeitende haben gefühlt mehr Freizeit, ausserdem ist es ökologischer und günstiger, den Arbeitsweg nur einmal statt zweimal am Tag zurückzulegen.

Allerdings bedurfte bereits die Abschaffung der Zimmerstunde vieler Veränderungen in den Arbeitsprozessen. «Wir mussten unsere Abläufe in der Küche neu denken und betriebliche Anpassungen machen.» So bleibt zum Beispiel das Restaurant am Samstagmittag geschlossen, Gäste empfängt das Hotel Krone Unterstrass erst am Abend.

Ein zusätzlicher Tag frei
Branchenkollege Philipp Albrecht, Direktor des Park Hotel Winterthur, geht noch einen mutigen Schritt weiter: Ab Dezember testet er in der Küche zwei Monate lang die 4-Tage-Woche. Das heisst: Seine sieben Mitarbeitenden werden vier Tage in der Woche 10,5 Stunden arbeiten – mit einer Stunde Pause. Dafür haben sie einen zusätzlichen Tag frei.

«Gesetzlich ist das möglich», sagt Annette Rupp, Fachspezialistin Rechtsdienst bei HotellerieSuisse. Die Höchstarbeitszeit im Gastgewerbe beträgt 14 Stunden pro Tag, bei Nachtarbeit höchstens 9. Wird mehr als 9 Stunden pro Tag gearbeitet, muss eine Pause von einer Stunde gewährleistet sein und eine Nachtruhezeit von 11 Stunden eingehalten werden.

«Der Küchenchef ist Feuer und Flamme für das Pilotprojekt der 4-Tage-Woche.»

Philipp Albrecht, Direktor Park Hotel Winterthur

«Uns war klar, wir müssen handeln», sagt Albrecht. «Corona hat den Fachkräftemangel derart verstärkt, dass wir unsere Öffnungszeiten anpassen mussten. Deshalb haben wir beschlossen, die Arbeitszeiten attraktiver zu gestalten.» Die Rückmeldungen aus dem Küchenteam, ob man sich eine 4-Tage-Woche überhaupt vorstellen könne, seien sehr positiv gewesen. «Der Küchenchef war zwar anfangs etwas skeptisch, nachdem wir aber mehrere Einsatzszenarien und Prozessanpassungen durchgegangen sind, ist er nun Feuer und Flamme für das Pilotprojekt», sagt Albrecht.[DOSSIER]

Ein USP auf dem Jobmarkt
Der Hotelier verspricht sich von der 4-Tage-Woche einige Vorteile: Das zeitgemässe Modell ist derzeit ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Schweizer Stellenmarkt. Zudem hofft Albrecht, dass er die Mitarbeitenden dank attraktiven Arbeitsbedingungen auch zum Bleiben animieren und die Fluktuation in seinem Betrieb reduzieren kann. «Die Mitarbeitenden haben zwar längere Arbeitstage, aber einen zusätzlichen Tag und vor allem auch am Abend frei, um sich mit Freunden zu treffen oder bei der Familie zu sein.»

Klar, haben inzwischen auch andere Player das Potenzial erkannt und die 4-Tage-Woche bereits auf dem Radar, wie eine kleine Umfrage ergab. The Living Circle zum Beispiel hat eine Taskforce gebildet, die sich mit dem Thema auseinandersetzt. Bei den Sunstar Hotels ist man sehr interessiert daran, «die Arbeitsmodelle neu zu denken» und ab 2022 allenfalls Änderungen vorzunehmen. Die SV Group wiederum schliesst nicht aus, «die 4-Tage-Woche in Zukunft konkret zu prüfen». Es bleibt also spannend.

Gute Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche in Österreich
Was andere erst angehen, setzt das Hotel Aviva in Ober­österreich bereits seit 2018 erfolgreich um. Im mittelgrossen Ganzjahresbetrieb, der sich auf Single-Reisende spezialisiert hat, gilt für alle, die es möchten, die 4-Tage-Woche – mit 10 Stunden pro Tag. «So arbeiten bei uns alle Abteilungen ausser dem Housekeeping, da hat sich das Team selbst dagegen entschieden», sagt Geschäftsführer und Miteigentümer Christian Grünbart.
Sein Fazit nach knapp vier Jahren: «Das Team ist motivierter und ausgeruhter, weil sich ein zusätzlicher freier Tag wie ein Kurzurlaub anfühlt.» Zudem sparen die Angestellten Zeit und Fahrtkosten, weil sie keine lange Arbeitsunterbrechung am Nachmittag mehr haben. Obwohl die Arbeitstage länger sind, erlebt Grünbart sein Team als produktiver. «Die Leute machen weder mehr Fehler, noch sind sie öfter krank.» Seither habe man im Betrieb auch weniger Fluktuation. Damit sich die Mitarbeitenden im neuen Arbeitsmodell wohlfühlen, mussten jedoch erst die Arbeitsprozesse verändert, vereinfacht oder digitalisiert werden.
So bekommt der Gast seine «Morgenpost» zum Beispiel nicht mehr auf Papier, sondern automatisch generiert per App. «Die Mitarbeitenden der Réception sparen dadurch zwei Stunden Arbeitsaufwand», so Grünbart. «Beim Frühstück und Abendessen wiederum bereitet das Team vieles vor, sogar zwei bis drei Tage im Voraus.» An seine Grenzen stösst das System vor allem im Service: «Da müssen wir gut schauen, dass die Leute nicht zu viele Überstunden anhäufen, und wenn jemand kurzfristig ausfällt, ist es organisatorisch oft eine Herausforderung.»