Heute steht die Klimaneutralität im Fokus. Wie stellt sich Ibex dazu?
Dazu leistet das Ibex-Programm einen sehr grossen Beitrag. Schliesslich messen wir den Ressourcenverbrauch. Wir ermitteln, wie viel fossile Energie, Wasser, Abwasser et cetera ein Betrieb verbraucht, und rechnen es um in den Verbrauch pro Dienstleistungseinheit. So lassen sich Betriebe vergleichen. Regionalität ist eine der fünf Dimensionen des Labels, auch kurze Transportwege helfen, Emissionen zu reduzieren. Klimaschutz ist somit ein wichtiger Teil. Wir sind aber nicht ein reines Ökolabel, sondern es geht auch darum, die Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Nachhaltigkeit ist mehr als «öko». Seit der Rio-Konferenz vor mehr als 30 Jahren gehören auch ökonomische und soziale Aspekte dazu.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Hoteliers, was ihnen die Ibex-Zertifizierung bringt?
Unter anderem bei der Rekrutierung von Fachkräften und anderen Mitarbeitenden merken die Hoteliers, dass die aktuelle Generation von Arbeitnehmenden grossen Wert legt auf einen glaubhaften Nachweis der Nachhaltigkeit. Für Hotels im MICE-Segment ist es mittlerweile praktisch obligatorisch geworden, zertifiziert zu sein. Und seitdem Gäste auf Booking.com und auf immer mehr Buchungsplattformen Hotelangebote hinsichtlich Nachhaltigkeit filtern können, bringt es auch online Vorteile.

Wie hat sich das Interesse der Gäste an Nachhaltigkeit in den letzten Jahren entwickelt?
In der klassischen Hotellerie kam es in den letzten Jahren zu einer enormen Beschleunigung. Der Klimawandel, die Schonung von Ressourcen und nun jüngst das Thema Energiekosten sind Katalysatoren für die Nachhaltigkeit als Wert in der Beherbergungsbranche. Seit drei bis vier Jahren ist es für Hotels im Seminar- und Kongressbereich fast schon Pflicht, einen Nachhaltigkeitsnachweis zu erbringen. Denn viele Unternehmen, die Seminare, Geschäftsanlässe und Kongresse durchführen, verlangen vom Hotel ein Nachhaltigkeitszertifikat.

Wie positionieren Sie sich innerhalb des Label-Dschungels?
Wir treten immer wieder gegen billige Ökolabels an. Diese kann man sehr günstig haben. Da es aber nicht um überprüfbare Nachhaltigkeit geht, sind sie nicht viel mehr als Greenwashing. Sie haben auch nicht die Tiefe unseres Labels, es geht oft nur um öko. Im Rahmen unserer Zertifizierung treffen Betriebe viele kleine Massnahmen, die nicht viel kosten, aber in der Summe doch einen starken Beitrag zur Nachhaltigkeit ergeben. Man muss also nicht viel Geld in die Hand nehmen, um viel zu erreichen. So wie wir Nachhaltigkeit verstehen, bedeutet es eine Kultur der gelebten Nachhaltigkeit. Es geht somit um einen Kulturwandel, um eine andere Unternehmenskultur. Es ist nicht nur ein technischer Prozess.

Warum können Hotels beim Zertifizierungsprozess selbst wählen, in welchem Mass sie nachhaltig sein wollen?
Der Vorteil unserer Zertifizierung ist, dass wir zunächst die aktuelle Performance in den fünf Dimensionen Ökologie, Ökonomie, Soziales, Regionalität und Management messen. Aufgrund der Gesamtpunktzahl steigt man auf einem bestimmten Level ein: Bronze, Silver, Gold oder Platinum. In den Rezertifizierungen nach zwei und danach nach jeweils drei Jahren kann man sich verbessern. Die Hotelbetriebe wählen somit selbst, wie weit sie kommen wollen.[RELATED] 

Ibex Fairstay blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung zurück. Als Sie damals begonnen haben, wie gross war das Interesse in der Hotellerie am Label?
Am Anfang war das Interesse sehr klein. Es waren nur echte Überzeugungstäter für die Sache zu gewinnen. Zu Beginn waren es 15 Betriebe, die sich dem Label angeschlossen hatten. Es waren oftmals Nischenbetriebe in der ökologischen Ecke. Die meisten haben nicht überlebt. In der klassischen Hotellerie dachten damals nur sehr wenige Betriebe langfristig.

Wie hat sich das Label seither weiterentwickelt?
Während mehr als zehn Jahren war ich der einsame Rufer in der Wüste. Zunächst zeigten viele zwar Interesse, waren aber nicht bereit, in die Zertifizierung einzusteigen. Nach und nach haben die Betriebe erkannt, dass ein Qualitätsmanagement wichtig ist, so konnten wir immer mehr Hoteliers überzeugen. Als weiteren wichtigen Schritt konnten wir die Jugendherbergen gewinnen. Bis Ende Jahr werden wir rund 100 Mitglieder haben.