Schon wieder ist es passiert! Sylvia Locher hat im Ferienhotel ein Einzelzimmer erhalten, das einer Besenkammer gleicht. Möbliert ist es mit einem 90-Zentimeter-Bett, einem kleinen Schrank und einem Schreibtisch. Nach Norden gerichtet, fällt kein direktes Sonnenlicht ins Zimmer. Ein Balkon fehlt.

1,5 Millionen Menschen leben allein
Das Potenzial von Alleinreisenden ist riesig. Immer mehr Menschen möchten unabhängig und selbstbestimmt leben. Das drückt sich auch in den Wohnformen aus. 17 Prozent der Schweizer Bevölkerung leben alleine, Tendenz steigend. Das sind insgesamt 1,5 Millionen Menschen.

«Für Alleinreisende gibt es immer bloss Notlösungen, im Zimmer wie auch im Restaurant. Das ist fast nicht zum Aushalten», beschwert sich die Präsidentin von Pro Single Schweiz. Dabei würde es sich lohnen, Alleinreisenden ein schönes Zimmer zu geben, denn sie verreisen in der Zwischensaison und leisten sich gerne etwas. Studien zeigen, dass nicht nur Singles alleine reisen, sondern auch Menschen, die in einer Paarbeziehung leben. Besonders gross ist der Boom bei den Best Agern, 50 plus, vor allem im DACH-Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz).

Single-Hotel kommuniziert Preis für Einzelbelegung
Im Gegensatz zu den Seminarhotels wurde das Potenzial von Alleinreisenden in Ferienhotels grossmehrheitlich noch nicht erkannt. Mancherorts werden Alleinreisende sogar als Störfaktor angesehen, weil sie bei fast gleich viel Aufwand für die Übernachtung weniger bezahlen als Paare und im Restaurant Tische alleine besetzen, wo zwei bis vier Personen konsumieren würden.

Sie gönnen sich gerne ein schönes Zimmer, ein gutes Abendessen und einen Ausflug.

Patrick Jäger, Hotel Eden in Spiez BE

Die Preisgestaltung ist denn auch die grösste Herausforderung, wenn es um die Einzelbelegung der Zimmer geht. Lange publizierten Hotels die Preise pro Person pro Zimmer. Einzelreisende hatten auf diesen Preis einen Einzelzimmerzuschlag zu zahlen. «Manchmal macht der Einzelzimmerzuschlag ein Viertel meines Reisebudgets aus», sagt Locher, «dann fühle ich mich bestraft.»

Vom Einzelzimmerzuschlag kommen immer mehr Hotels ab. Der Grund: Aufschläge können selten elegant kommuniziert werden und stossen deshalb oft auf Unverständnis. Heute verlangen die meisten Hotels einen fixen Zimmerpreis, egal wie viele Personen darin übernachten. Entsprechend werden weitere Leistungen wie Frühstück oder Abendessen separat verrechnet.

Dass Alleinreisende ein erfolgreiches Geschäftsmodell sein können, beweist das Hotel Eden in Spiez BE. Dort macht ihr Anteil rund 25 Prozent der Logiernächte aus. Das «Eden» publiziert seine Preise pro Einzelbelegung des entsprechenden Zimmers. Sobald sich Paare anmelden, wird für die zweite Person ein Aufpreis verrechnet. Damit macht das Hotel gute Erfahrungen, wie Direktor Patrick Jäger sagt. Er betont, dass Alleinreisende selten auf den Preis schauten. «Sie gönnen sich gerne ein schönes Zimmer, ein gutes Abendessen und einen Ausflug.»

In der Nebensaison Reisende mit schmalem Portemonnaie
Auch Sylvia Locher hofft, dass die Hoteliers in der Preisgestaltung kreativer werden, weil nicht alle Alleinreisenden ein grosses Budget haben. Da viele Einzelreisende nicht auf Schulferien achten müssen, können sie in der Nebensaison reisen. Statt die Zimmer dann leer stehen zu lassen, weil wenig los ist, soll der Einzelzimmerzuschlag weggelassen werden. In dieser Idee wird sie von fachkundiger Seite unterstützt. Orlando Steiner von der Innovations- und Entwicklungswerkstatt Quant in Flims GR sagt: «Spezialangebote in der Nebensaison sind sinnvoll, weil Hotels nicht kosten-, sondern ertragstreibend sind. Die Menge der Übernachtungen macht es aus.» Wichtig sei, das Angebot für Singles nicht losgelöst zu gestalten, sondern in direktem Bezug zur gewählten Positionierung beispielsweise als Wander- oder Skihotel.

Alleinreisende verursachen nahezu gleich hohe Kosten wie Paare. Das Zimmer muss gereinigt und die Tischdecke gewaschen werden. Deshalb empfiehlt der «Eden»-Direktor, das Zimmer entsprechend der Belegung herzurichten – ein Bademantel und ein «Bettmümpfeli» –, um wirtschaftlich zu bleiben.


So machen Gastgeber Alleinreisende glücklich

Alleine reisen liegt im Trend. Bei Singles ebenso wie bei Menschen, die in einer Beziehung leben. Es gibt einiges, das der Hotelier tun kann, damit Alleinreisende zu Stammgästen werden. Das zeigen Tipps der Innovations- und Entwicklungswerkstatt Quant aus Flims, der Hotels Eden in Spiez BE und Fravi in Andeer GR sowie von Pro Single Schweiz.

 

[IMG 2]
Komfortable Zimmer mit Aussicht
Einzelzimmer auf der Nordseite sind out. Alleinreisende möchten in gemütlichen und grosszügigen Zimmern wohnen. Wenn möglich mit schöner Aussicht und Balkon. Stellen Sie die Zimmer nur für eine Person bereit, damit der Gast das Gefühl hat, es fehle niemand an seiner Seite: ein Bademantel, ein Tee-Set, ein Duvet. Das macht auch wirtschaftlich Sinn.

 

[IMG 3]
Aktivferien sind besonders beliebt
Die Motivation für Reisen ohne Begleitung liegt im Wunsch nach Unabhängigkeit. Man möchte eigene Träume verwirklichen. Alleinreisende haben Lust auf Abenteuer und Action, Erholung, Gesundheit, Wellness und Achtsamkeit. Schnüren Sie Angebote für Aktivferien. Geführte Schneeschuh- und Wandertouren, Aktivtage, E-Bike-Tage, Kirchenexkursionen, Tanzweekends oder Qigong. Alleinreisende lassen sich das auch gerne etwas kosten. Kommunizieren Sie bestehende Angebote als Inspiration für Alleinreisende.

 

[IMG 5]
Auf den Gästemix kommt es an
Viele Alleinreisende möchten neue Leute kennenlernen und interessante Gespräche führen. Ein guter Gästemix macht den Hotelbetrieb lebhafter und die Gespräche interessanter. Berücksichtigen Sie bei den Reservationen gleichzeitig Alleinreisende, Paare und Familien.

 

[IMG 4]
Alleine oder in Gemeinschaft essen
Kümmern Sie sich aufmerksam um Alleinreisende. Fragen Sie sie beispielsweise im Voraus, ob sie alleine oder in Gesellschaft essen möchten. Denn viele mögen die Gesellschaft am Esstisch. Wie alle Gäste schätzen sie einen Tisch an einem ruhigen Standort mit schönem Blick. Alleinreisende geben für ein gutes Essen gerne etwas mehr aus.

 

 

Best Practice ist Graubünden Ferien mit einer eigenen Landing Page

Alleinreisende im Bündnerland