Die Teuerung zieht an, und die Gastronomen stehen vor einem Dilemma: Sollen sie jetzt die Preise anpassen und damit riskieren, nach Corona die Gäste bereits wieder zu vergraulen?

Eine Kette, die bereits reagiert hat, ist der amerikanische Branchenriese Starbucks. Man habe die Preise etwas angehoben, bestätigt eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Sie erklärt: «Mehrere Faktoren beeinflussen unsere Preisgestaltung. Die veränderten Marktbedingungen haben aber eine Rolle gespielt.»

Nicht nur bei den Ketten, auch bei den kleinen Cafés und Restaurants spürt man die Teuerung. Ein Zürcher Szenegastronom, der lieber anonym bleiben möchte, erklärt, dass er die Inflation vor allem bei den Energiepreisen spüre.

Auch das Bier sei im Einkauf teurer geworden, ansonsten hielten sich die Preisausschläge glücklicherweise noch in Grenzen. Bisher habe er die Preise noch nicht erhöht, doch ziehe er einen solchen Schritt derzeit auf jeden Fall in Erwägung.

Frage nach Erhöhung stellt sich
Ähnlich wie in der Deutschschweiz sieht es auch in der Westschweiz aus. Bei den Restaurants der Kette Francesca, die in der Schweiz vier italienische Restaurants betreibt, hat man die Preise zwar noch nicht erhöht, wie Firmenchef Antoine Arbogast auf Anfrage erklärt. Doch werde sich die Frage spätestens am Ende des Jahres erneut stellen – je nachdem, wie sich die Preise im Einkauf weiter entwickeln.

Arbogast befürchtet ausserdem, dass die Inflation die Kunden vom Restaurantbesuch abschrecken könnte, die bereits wegen des Homeoffice weniger zahlreich seien als vor der Krise, auch wenn er selbst die Preise nicht erhöht. «Die Konsumenten wollten wohl am ehesten beim Benzin sparen bei einer Fahrt ins Restaurant», sagt er. Denn Restaurantbesuche seien Vergnügungsausgaben und damit die ersten Sparmassnahmen der Menschen, wenn das Geld knapp werde.

Teuerung beschleunigt sich
Derzeit zieht die Teuerung europaweit vor allem in der Eurozone stark an. Doch auch hierzulande hatte sich die Inflation im Mai weiter beschleunigt - wenn auch auf tieferem Niveau. Die Konsumentenpreise sind in der Schweiz im Jahresvergleich um 2,9 Prozent gestiegen, während in der Eurozone die Inflation mit 8,1 Prozent galoppierte.

Allerdings haben in der Schweiz die Preise für importierte Waren (+7,4 Prozent) deutlich stärker aufgeschlagen als für einheimische Lebensmittel (+1,5 Prozent). Im Subindex für Hotels und Restaurants kletterten die Preise um 1,0 Prozent.

Die Teuerung war bei einigen Lebensmitteln stärker ausgeprägt, so bei Kaffee (+7,4 Prozent), Früchte und Gemüse sowie Glacé (jeweils +5,5 Prozent), frischem Fisch (+4,3 Prozent), Wein (+3 bis 7 Prozent) und Bier (+3,7 Prozent).

Mitte Juni erhöhte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Teuerungsprognose für das laufende und die beiden folgenden Jahre. Sie rechnet nun für 2022 mit einer Inflation von 2,8 Prozent, gegenüber 2,1 Prozent bislang. (sda/stü)