Martin von Moos, der Zürcher Hotelierverein hat eine detaillierte Studie zur Zukunft des Zürcher Hotelmarkts verfassen lassen. Warum?

In den letzten zwei bis drei Jahren wurden wir von Investoren, Betreibern und der öffentlichen Hand sehr oft zur Entwicklung des Zürcher Hotelmarktes befragt, wie sich das enorme Zimmerwachstum auf die Hotellerie auswirken wird. Nun gibt es eine fundierte Antwort, an die sich alle halten können.

Die Antwort der Studie scheint klar: Mehr Zimmer bedeuten auch bei gleich starkem Nachfragewachstum weniger Auslastung und damit weniger Gewinn. Bis anhin hat der Zuwachs an Logiernächten jedoch mit dem Zuwachs an Zimmern immer Schritt gehalten.

Aktuell weisen Zürcher Hotels einen guten Revpar und eine gute Auslastung aus. Wir können aber in Zukunft nicht von einem gleich starken Wachstum ausgehen. Auch der Städtetourismus wird nicht in gleichem Ausmass weiterwachsen. Die Klima-Diskussion kann zusätzlich einer der Bremser sein. Wenn ein Betreiber oder eine Hotelkette erfahren, dass in Zürich in den nächsten drei Jahren 3400 neue Betten entstehen, überlegen sie sich dreimal, ob sie wirklich ein neues Hotel in Zürich eröffnen wollen. [IMG 2]

Ist nicht eher der Investor als die Hotelkette der Treiber für den neuen Hotel-Boom?

Ja, grundsätzlich ist der Investor das Entscheidende. Dieser hat heute nicht mehr viele Alternativen. Büros, Retail oder Gewerbe bringen nicht mehr genug Rendite. Das tiefe Zinsniveau macht Hotels für einen Investor wiederum attraktiv. Umgekehrt gehen aber auch die Ketten gezielt auf die Investoren zu, wenn sie erfahren, an welchem Standort ein Hotel eröffnet werden kann.

Dann werden Sie die Studie auch bei Investoren aktiv vertreiben.

Das werden wir tun.

Möchte die Zürcher Hotellerie mit der Studie Investoren und Betreiber vor einem Engagement in Zürich warnen – oder sogar davon abhalten?

Wenn die Studie einen solchen Effekt hat, ist das auch gut.

Wieso überlässt die Zürcher Hotellerie den Hotelketten so einfach das Wachstumsfeld?

Die Zürcher Hotellerie hat wenig Einfluss, wer wo investiert. Aber es ist klar, dass Projekte mit 150 Zimmern und mehr nicht von der Individualhotellerie betrieben werden können. Dafür braucht es eine Kette mit einem starken Reservationssystem und Marketingpower.

Dann erachten Sie den Schritt vom «Kursaal» in Bern zu Accor und vom «Palace» Luzern zu Mandarin Oriental als sinnvoll?

Absolut. Das sind zwei starke Marken, die ziehen. Ich hätte gern ein «Mandarin Oriental» in Zürich. Für Luzern ist das ein Glücksfall.

Das «Atlantis» in Zürich steht zum Verkauf. Wie geht es der Zürcher Luxushotellerie?

Gemäss unserem STR-Report haben die 5-Sterne-Hotels in der Belegung am meisten zugelegt. Zudem konnten die Preise gesteigert werden. Preislich unter Druck kommen zur Zeit 3- und 4-Sterne-Hotels. Zürich hat nicht zu viele 5-Sterne-Hotels. Ein oder zwei starke Brands in diesem Segment würde ich begrüssen.

Rund ein Drittel der neuen Zimmer entsteht in Serviced Apartments. Mit dem «Joyn» an der Thurgauerstrasse sogar der grösste Zürcher Beherbergungsbau. Haben Sie Angst, dass Zürcher Hotels einträgliche Langzeitgäste verliert?

Serviced Apartments sind für uns gerade im Corporate Business eine Konkurrenz. Und da dieses Segment in den letzten Jahren eh unter Druck geraten ist, wird es für die Hotels in diesem Geschäft zusätzlich härter werden.

Die Konkurrenz erwächst vor allem in Zürich Nord, dort sind die meisten Zimmer geplant, nicht in der Stadt. Entspannt das die Lage etwas?

Ja, der Angebotsdruck entsteht vor allem im Norden der Stadt. Gemäss der Studie steigt die Nachfrage nach Büroräumlichkeiten im Zentrum wieder an. Dadurch sinkt die Attraktivität von Hotels für die Investoren. Ich denke, dass nach dem dieses Jahr eröffneten «Citizen M» und dem «Ruby» im 2021 in der City erst mal etwas Ruhe einkehren wird.

Studie zeigt die Fakten auf
Der Zürcher Hotelier Verein hat beim renommierten internationalen Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) eine Studie zum rasanten Hotelwachstum im Raum Zürich in Auftrag gegeben. Die Studie zeigt die Fakten, die Effekte und verschiedene Handlungsmöglichkeiten für Hoteliers auf.
hotelleriesuisse.ch/hotelboom

Gudrun SChlenczek