Fall 1 - Schnuppertage

Wir haben eine Stelle im Service ausgeschrieben und möchten nun drei Bewerbende schnuppern lassen, damit wir die Arbeitsqualität besser beurteilen können. Wir sehen für diesen Tag keine Lohnzahlung vor, die Bewerbenden dürfen im Gegenzug gratis essen. Ist dies korrekt?
Im Kommentar zu Art. 5 L-GAV steht: «Von der Probezeit zu unterscheiden sind sogenannte Probe- oder Schnuppertage, die dem gegenseitigen Kennenlernen dienen. Sofern diese Probe- oder Schnuppertage vom Arbeitgeber verlangt wurden und der Mitarbeiter an diesem Tag vollwertige Arbeit leistet, ist diese mit entsprechender Lohnzahlung zu vergüten.» Schnuppertage sind dazu da, einander kennen zu lernen. Sofern der Bewerber die Mitarbeitenden bei der Arbeit lediglich beobachtet, ist kein Lohn geschuldet. Da aber die Arbeitsqualität beurteilt werden will, muss davon ausgegangen werden, dass vollwertige Arbeit geleistet wird und der Schnuppertag entschädigt werden muss.

Fall 2 - 13. Monatslohn

Wir haben den Vertrag mit einem Mitarbeiter in der Probezeit aufgelöst. Wir haben jedoch im gegenseitigen Einvernehmen vereinbart, dass der Mitarbeiter noch drei Monate länger beschäftigt ist. Ist es richtig, dass wir den 13. Monatslohn nicht bezahlen müssen?
Gemäss Art. 12 L-GAV ist der 13. Monatslohn nicht geschuldet, wenn das Arbeitsverhältnis während der Probezeit gekündigt wird. Dauert die Probezeit beispielsweise bis am 20. März und wurde eine dreitägige Kündigungsfrist vereinbart, wird der Vertrag spätestens am 23. März während der Probezeit enden. Endet der Vertrag zu einem späteren Zeitpunkt, ist der 13. Monatslohn geschuldet, auch wenn die Kündigung während der Probezeit ausgesprochen wurde.

Fall 3 - Bildungsurlaub

Mein Mitarbeiter hat die höhere Fachprüfung nicht bestanden. Hat er trotzdem Anspruch auf den Bildungsurlaub und die sechs zusätzlich bezahlten arbeitsfreien Tage zur Prüfungsvorbereitung? Er möchte die Prüfung nächstes Jahr wiederholen – besteht der Anspruch auf sechs Tage ein zweites Mal?
Der Anspruch auf Bildungsurlaub und arbeitsfreie Tage zur Vorbereitung auf eine Berufsprüfung oder höhere Fachprüfung besteht auch dann, wenn die Prüfung nicht bestanden wurde. Die bezogenen Tage können im Nachhinein nicht zurückgefordert werden. Für das Nachholen der Prüfung im Folgejahr besteht kein Anspruch mehr.

Fall 4 - Trinkgeld

Wir überdenken die Auszahlung der Trinkgelder an unsere Mitarbeitenden. Gibt es Guidelines?
Es besteht keine gesetzliche Regelung, jedoch darf das Trinkgeld nicht zweckentfremdet werden (bspw. für Kassenmanko usw.). Ohne gegenteilige Vereinbarung oder anderslautende Anweisung des Gastes gehört das Trinkgeld dem Mitarbeiter, der das Trinkgeld in Empfang nimmt. Das Trinkgeld stellt auch keinen Lohnbestandteil dar (vgl. Art. 9 L-GAV). Explizite, allgemeingültige Richtlinien zum Umgang mit Trinkgeldern gibt es nicht.

Fall 5 - Neue Mindestlöhne

Wir sind ein Saisonbetrieb mit 43,5-Stunden-Woche, die Hälfte der Mitarbeitenden sind Jahresangestellte. Ab wann sind wir verpflichtet, für Jahresangestellte die neu geltenden Mindestlöhne zu erhöhen?
Für Mitarbeitende, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis angestellt sind, gelten die neuen Mindestlöhne grundsätzlich ab dem 1. Januar. Für Mitarbeitende, welche mit einem befristeten Saisonvertrag in einem Saisonbetrieb arbeiten, gelten die bisherigen Mindestlöhne für die laufende Wintersaison weiterhin, sofern der Stellenantritt vor dem 31. Dezember erfolgt ist. In diesem Fall müssen die Löhne erst ab der Sommersaison angepasst werden. Die Wintersaison darf jedoch längstens bis am 30. April des Folgejahres dauern. Dauert die Wintersaison länger, müssen ab Mai die neu geltenden Mindestlöhne bezahlt werden.

Kompensation Guthaben

Während des Arbeitsverhältnisses bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Kompensation von Guthaben. Gilt dies auch, wenn die Mitarbeiterin während der Kündigungsfrist freigestellt ist? Und muss die Mitarbeiterin mit einer Freistellung einverstanden sein?
Die Freistellung ist eine einseitige Willenserklärung, der Arbeitgeber verzichtet auf die Arbeitsleistung der Mitarbeiterin. Die Mitarbeiterin muss damit nicht einverstanden sein. Gestützt auf die Bestimmungen des L-GAV darf der Arbeitgeber über die Art des Ausgleichs (Auszahlung oder Kompensation) entscheiden. Dies gilt auch während der Freistellung. (vgl. Kommentar zu Art. 15 L-GAV). Nach Möglichkeit sollten Guthaben immer kompensiert werden. Wenn eine Kompensation aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, können die Guthaben bei Vertragsende ausbezahlt werden.