Die Schweiz blieb während etwa dreier Jahrzehnte von breitflächiger Inflation verschont. Darum kennen viele von uns sowohl als Konsumentinnen und Konsumenten wie auch als Unternehmerinnen und Unternehmer das Phänomen von länger andauernden, deutlichen Preissteigerungen nicht aus eigener Erfahrung. Im Prinzip ist aber eine mässige Inflation im Rahmen von 1 bis 2 Prozent in der Wirtschaft etwas «Normales», das auch positive Effekte haben kann. Preissteigerungen bei gewissen Gütern wie aktuell bei der Energie sind wichtige Signale für Wirtschaft und Konsumenten. Es ist nicht sinnvoll, diese über politische Massnahmen wie Preisobergrenzen auszuschalten. Denn damit passen die Wirtschaftssubjekte ihre Handlungen nicht in genügendem Ausmass an, etwa indem sie Einsparungen treffen oder Alternativen suchen.

Hoteliers können hierzulande sogar an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.Aktuell gibt es bezüglich Inflation keinen politischen Handlungsbedarf.
Nicole Brändle

Von daher sehen wir zum aktuellen Zeitpunkt in Bezug auf die Inflation nicht die Politik in der Pflicht. Dies könnte sich ändern, wenn die Situation aus dem Ruder liefe und Konsumenten und Unternehmer finanziell in die Bredouille gerieten. Von diesem Zustand sind wir in der Schweiz aber glücklicherweise weit entfernt. Auch in diesem Fall wäre eine gezielte Unterstützung über finanzielle Transfers derjenigen, die es wirklich nötig haben, deutlich sinnvoller als ein Eingriff in den Markt via Preisobergrenzen.

Es ist primär die Aufgabe der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Inflation mit geeigneten Massnahmen zu begrenzen. Sowohl historisch wie auch aktuell ist die SNB dabei im internationalen Vergleich äusserst erfolgreich. Die eigene Währung kommt ihr hier zupass. Durch die Aufwertung des Frankens hat die Schweiz bisher nicht die hohen und zunehmend problematischen Preissteigerungen erlebt, wie sie im Moment in praktisch all unseren Nachbarländern beobachtet werden können. Für die Hoteliers heisst dies, dass sie im Vergleich zum Ausland sogar an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen dürften, da das touristische Gesamterlebnis im Ausland von grösseren Kostensteigerungen für den Gast betroffen ist, etwa wegen höherer Preise für Übernachtung oder Verpflegung.

Die höhere Inflation im Ausland führt dazu, dass der reale Wechselkurs des Frankens gegenüber dem Euro im Moment gar nicht so stark aufgewertet hat. Es ist vor allem der nominelle Wechselkurs, über welchen sich aktuell viele beklagen. Dieser ist aber weniger relevant als der preisbereinigte, also reale Wechselkurs, welcher angibt, wie viel ich für meine Schweizer Franken im Ausland tatsächlich an Gütern und Dienstleistungen kaufen kann. Wenn der Franken sogenannt handelsgewichtet betrachtet wird, also nicht nur der Euro, sondern auch beispielsweise der US-Dollar oder der chinesische Renminbi berücksichtigt werden, sieht die Situation sogar nochmals deutlich weniger dramatisch aus.

Es geht nicht darum, die aktuelle Situation schönzureden, sondern gewisse Fakten ins richtige Licht zu rücken. Es ist klar, dass die hohe Inflation im Ausland die Schweizer Hotellerie in Zukunft stark treffen kann, wenn nach dem pandemiebedingten Schub an Reiselust die Budgets der Konsumenten enger werden und zunehmend Abstriche beim Reisen gemacht werden. Zahlreiche weitere Risiken könnten die Branche negativ beeinflussen – von der drohenden Energiekrise über den Fachkräftemangel bis hin zu einer möglichen Rückkehr der Pandemie. Bei all diesen Themen ist HotellerieSuisse vor und hinter den Kulissen aktiv, um mit adäquaten Forderungen und Massnahmen zum richtigen Zeitpunkt bereit zu sein.

Nicole Brändle leitet den Bereich Arbeit, Bildung, Politik bei HotellerieSuisse.