Für das Hotel ist ein Gast, der an der Réception eincheckt, eine Alltäglichkeit. Doch wenn er dies im Auftrag der Leading Quality Assurance (LQA) macht, nicht. Die Firma bietet Qualitätssicherung in der Luxushotellerie an. So auch im «The Dolder Grand» in Zürich, das Mitglied der The Leading Hotels of the World ist. Die Vereinigung lässt die Qualität ihrer Mitgliedsbetriebe über LQA prüfen. Die Testperson reist inkognito an und beurteilt alles. Von der Buchung bis zur Abreise. Geprüft werden im LQA-Test bis zu 800 verschiedene Positionen. Dabei werden Bereiche wie die Infrastruktur, Angebot und Nachhaltigkeit ebenso beleuchtet wie weiche Faktoren in Form der Guest Experience und der Emotional Experiences. Nach der Abreise erhält der Betrieb einen ausführlichen Report. «Der Bericht wird geprüft und Mass-nahmen abgeleitet, wobei diese auch gewichtet werden», erklärt Stefan Aerni, Quality & Sustainability Manager im Zürcher «The Dolder Grand». Punkte, die einfach und schnell umgesetzt werden können, werden priorisiert, und Themen, die grössere Investitionen benötigen, werden auf einen Investitionsplan genommen.

Neuerungen

Vereinfachte Klassifizierung

An einer Klassifikationskonferenz wurde über die gesamte Erfassung der Klassifizierungsdaten informiert. Sie ist neu digital. Mit dem Portal «MyClassification» vereinfacht HotellerieSuisse die Administration.

Kriterien «Seminars» und «Congresses»
Die Kriterien dieser Spezialisierungskategorien wurden den neuen Gästebedürfnissen angepasst. Zudem wurden die Anforderungen auf das Wesentliche konzentriert.

htr.ch/business

Schulung und Rollenspiele für einen besseren Gästeumgang
So oder so werden Massnahmen eingeleitet. Wenn beispielsweise im Bericht auffällt, dass die Gäste oft nicht mit Namen angesprochen wurden, dann werden entsprechende Schulungen geplant, durchgeführt und der Erfolg mit weiteren Mystery- Checks geprüft. Am anspruchsvollsten ist es, das Verständnis der Mitarbeitenden, wie der Gast emotional abgeholt und ein antizipierender Service gewährleistet werden kann, zu verbessern. Dies wird unter anderem in Rollenspielen trainiert.

Die Hoteliers sehen sehr wohl, was im Betrieb funktioniert und was nicht. Doch ist es manchmal schwierig, sich bei den Mitarbeitenden Gehör zu verschaffen. «Manche Mitarbeitende haben das Gefühl, dass der Chef sie piesacken möchte und deshalb immer reklamiert», sagt die Lead-Auditorin Monique Moretti. Aber das stimme nicht. «Weil Gäste bei Kleinigkeiten nicht reklamieren, erhalten die Mitarbeitenden zu schlecht gemachten Betten keine Rückmeldungen», sagt sie. Die negativen Erfahrungen nehmen die Gäste nach Hause, erzählen diese erwiesenermassen sechsmal öfter als das Positive. Manche Gäste kehren nicht mehr zurück. Mit einer professionellen Aussensicht können die Hoteliers ihre Qualitätsansprüche bei den Mitarbeitenden besser durchsetzen.»

Manche Mitarbeitende haben das Gefühl, dass der Chef sie piesacken möchte.
Monique Moretti, Lead-Auditorin HotellerieSuisse

Es gibt verschiedene Mystery-Check-Formen: Kontrollen durch Berufskollegen auf volontärer Basis, professionelle Anbieter wie die erwähnte Leading Quality Assurance (LQA) und neu das Verfahren vom Verband, den «Mystery Check by HotellerieSuisse». Dieser Check bildet eine Ergänzung zum Klassifikationsaudit und zur Gästebewertung und ist eine Momentaufnahme von Fachleuten. Die Checks werden von den Lead-Auditoren durchgeführt, welche die Kassifikation der Hotels vornehmen. «Unsere Erfahrung ist gross, denn jeder Lead-Auditor klassiert im Durchschnitt jährlich 250 Betriebe und schläft an 120 Nächten pro Jahr in Hotelbetten», sagt Lead-Auditorin Monique Moretti. Dazu kommt, dass sich die Lead-Auditoren vor dem Aufenthalt mit dem Hotelkonzept und der direkten Konkurrenz auseinandersetzen, damit sie das Erlebte richtig einordnen. Genau diese Professionalität unterscheidet den Mystery-Check des Verbands von anderen.

Für alle Hotels, die sich weiterentwickeln wollen
Entwickelt wurde der Mystery-Check unter der Leitung von Daniel Beerli, Leiter Klassifikation bei HotellerieSuisse. Er erklärt, dass das Angebot von den Mitgliedern als zusätzliche Leistung gebucht werden könne. Die Kosten richten sich nach der Hotelgrösse und bewegen sich zwischen 1200 und 1600 Franken pro Check. In der Privatwirtschaft kostet er bis zu 6000 Franken, ist aber auch detaillierter. «Wir wollen mit den Mystery-Checks ein bezahlbares und handliches Qualitätstool anbieten», sagt Daniel Beerli.

Das Angebot von HotellerieSuisse wurde an vier Betrieben getestet. Unter ihnen das «Seehotel Waldstätterhof» in Brunnen. Besitzer Aloys von Reding, der schon mit diversen Anbietern zusammengearbeitet hat, findet einen Testpunkt besonders wertvoll. «Es wird auch geprüft, ob das Hotel das Versprechen einlöst, das es den Gästen im Kommunikationsauftritt abgibt.» Der «Waldstätterhof» hat die Menükarte aufgrund von Corona stark reduziert, wirbt aber noch immer mit einer ausgezeichneten Küche. Aufgrund dieser Rückmeldungen des Mystery-Checks soll die Karte wieder erweitert werden.


Überprüfung Publikation

HotellerieSuisse holt Sterne vom digitalen Himmel
Insgesamt 380 Hotels listet HotellerieSuisse unter der Kategorie Swiss Lodge, einer Hotel-Klassifikation ohne Sterne. Erstmals hat der Verband die Publikationen dieser Hotels ganzheitlich überprüft. Dabei hat er festgestellt, dass 90 Betriebe online Sterne publiziert haben, obwohl sie keine haben. Die Verstösse wurden auf Booking.com, bei Switzerland Travel Center und auf der eigenen Website festgestellt. Als Grund sieht Roberto Pensa von HotellerieSuisse den internationalen Wettbewerb: «Die Sterne gelten neben den Gästebewertungen als Kompass.» Nach der Aufforderung zur Korrektur haben die meisten Hotels reagiert. «Entgegen unseren Erwartungen gab es keine Diskussionen», sagt er. Das Argument «fairer Wettbewerb» habe gewirkt. HotellerieSuisse hat die Überprüfung der Sternepublikation erstmals systematisch durchgeführt. «Das ist Fleissarbeit und braucht viel Zeit», erklärt Pensa. Den Zeitpunkt habe man gewählt, weil die Kategorie Swiss Lodge in den vergangenen Jahren grösser geworden sei.

Diverses Portfolio
Das Portfolio der Swiss Lodges ist divers. Es beinhaltet Hotels mit einem vergleichbaren Standard von keinem bis vier Sternen. Viele von ihnen möchten sich nicht Sterne-klassieren, weil sie sich mit einem innovativen Konzept von der Konkurrenz abheben wollen. Andere erfüllen die Zustandsanforderungen für die Sternevergabe nicht.

Die systematische Kontrolle der Sternepublikation wird weitergeführt, und zwar bei den 1600 Hotels, die mit Sternen kategorisiert sind. 

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