Der Vertrauensverlust nach der Subventionsaffäre schmerze. Mit viel Dialog und hoher Transparenz in der Rechnungstellung will Christian Plüss, als neuer Chef der PostAuto das Vertrauen in die Traditionsmarke wiederherstellen.

Sinnbildlich für den noch etwas unaufgeräumten Zustand von PostAuto begann die Orientierung über den neuen Mann an der Spitze in einem der unfertigen Kreativräume der Post Immobilien in Bern. Er sei aber beeindruckt, was in den vergangenen neun Monaten bereits alles erreicht worden sei und wie hoch die Motivation in der Führungsetage trotz der Krise sei, sagte Plüss vor den Medien.

Dessen Einstieg ins krisengeschüttelte Unternehmen quasi vorgespurt hat seit dem 6. Februar Thomas Baur. Er hatte sich als Interimsleiter drei Ziele gesteckt: den laufenden Betrieb sicherzustellen, die Rückzahlung der ertrogenen Subventionen an die Kantone aufzugleisen und das neue Rechnungsmodell auszuarbeiten.

Der Prozess sei noch nicht abgeschlossen, aber auf guten Wegen, sagte Baur am Medientermin. Am 21. September habe man den Rahmenvertrag für die Rückzahlungen unterzeichnet. Bisher habe es positive Rückmeldungen von zehn Kantonen und dem Bundesamt für Verkehr gegeben. Er sei zuversichtlich, dass bis Mitte Dezember auch die restlichen Kantone noch zustimmen würden.

«Hier wird aufgeräumt»
Nach der «tiefen, tiefen Enttäuschung», die er vor allem bei den Leuten an der Front erlebt habe, sei es ihm in den vergangenen neun Monaten darum gegangen, zu zeigen: «Hier wird aufgeräumt». So werden – ausser PostAuto France und Publibike – alle regionalen Unternehmen neu in eine Aktiengesellschaft zurückgeführt. Aus einer regionalen werde eine funktionale Organisationsstruktur.

Der grösste Teil der neuen Kadermitarbeitenden ist laut dem neuen Leiter Christian Plüss bereits rekrutiert. Fast alle Kader mussten sich auf die neuen Stellen bewerben. Er warb zugleich um Verständnis, dass er an seinem ersten Arbeitstag noch keine inhaltlichen Akzente setzen könne. Seit seiner Wahl im Juni wurde er jedoch bereits in wichtige Entscheide zur Neuausrichtung von PostAuto einbezogen, schreibt das Unternehmen in einer Medienmitteilung.

In den kommenden Wochen will Plüss mit allen Stakeholdern in den Regionen Gespräche führen, um das angeschlagene Vertrauen in die PostAuto-Direktion zurückzugewinnen. Sein persönlicher Eindruck sei, dass das Vertrauen bei den Kunden am wenigsten gelitten habe.

Eine neue Rechnungsstellung ohne offene Fragen soll mithelfen, Transparenz und Vertrauen wiederherzustellen.

Unbelasteter Neuanfang
Plüss stösst vom Stromkonzern Alpiq zu PostAuto. Der Verwaltungsrat hatte ihn Ende Juni gewählt. Als neuer Leiter PostAuto ist Plüss auch Mitglied der Konzernleitung. Der Verwaltungsrat der Post erhofft sich mit Plüss einen unbelasteten Neuanfang.

Der promovierte Geophysiker verfügt über langjährige Führungserfahrung in verschiedenen Schweizer und internationalen Unternehmen. Plüss war unter anderem Direktor des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie und bekleidete Führungsposten bei den SBB und Erdgas Ostschweiz.

Der Wechsel an der Spitze von PostAuto geht auf den aufgedeckten Subventionsbetrug zurück. Der frühere Leiter Daniel Landolf musste seinen Posten Anfang Februar räumen. Die acht verbliebenen Mitglieder der PostAuto-Geschäftsleitung wurden am 11. Juni freigestellt.

Ungelöste Fälle anpacken
Die Gewerkschaft Syndicom erinnerte den neuen PostAuto-Chef am Donnerstag in einer Mitteilung an die «ungelösten Fälle, die dringend angepackt werden müssen». Dazu gehörten die Rückzahlungen von verweigerten Spesen und Zulagen ans Fahrpersonal in Millionenhöhe.

Weiter muss Plüss laut Syndicom die Mitwirkung des Personals verstärken und die Gleichstellung des gesamten PostAuto-Fahrpersonals durchsetzen, egal ob das Fahrpersonal bei Subunternehmen oder direkt bei PostAuto angestellt sei. (sda)