X
x
Dossier & Studien
Vous lisez :
Dossier: 130 Jahre Jubiläum
Dossier sur le thème :

130 Jahre Jubiläum

publié le 24. février 2022

Seit 1892 Jahren am Puls der Zeit

Seit dem 12. März 1892 berichtet die htr hotelrevue über touristi…
publié le 07. octobre 2022

Wo die Meinung der Gäste nicht wurst ist

Plattform für Ideen, Reklamationen und Netzwerk: Mit Social Media…
publié le 20. septembre 2022

Der Vergleich mit Trump war ein Kompliment

Manches, was 1992 alltäglich war, löst aus heutiger Sicht Kopfsch…
publié le 14. septembre 2022

Das EWR-Nein rüttelte die Branche durch

Der Entscheid aus dem Jahr 1992 wirkt bis heute nach. Die htr hot…
publié le 30. août 2022

Ein Hoch auf die Schweizer Hotellerie!

1982 feierte der Schweizer Hotelier-Verein sein 100-jähriges Best…
publié le 27. août 2022

Der Pan-Am-Chef wollte eine Super-Concorde bauen

Einiges, was 1982 alltäglich und normal war, erscheint aus heutig…
publié le 18. août 2022

Viel Knatsch um ein Stück vom Reise-Kuchen

In den 1970er-Jahren boomte der Tourismus, es kamen Pauschalreise…
publié le 10. août 2022

Als die Schweiz beinahe zur Atommacht wurde

Einiges, was 1962 alltäglich und normal war, erscheint aus heutig…
publié le 22. juillet 2022

Als Hotels noch vom Staat bewilligt wurden

Die sogenannte Bedürfnisklausel machte Hotelneubauten von einer b…
publié le 13. juillet 2022

Verklärte Italiener, verpönte Autobahnen, verschmähte Arbeit, versteckte Forellen

Warum sich Italien für fremde Gäste schmückte, dann aber doch nic…
publié le 09. juillet 2022

1942: Erfinderisch durch die Kriegsjahre

Die Grenzen sind zu, die Lebensmittel sind rationiert, der Strom …
publié le 27. juin 2022

Alte Spam-Masche, ausgerüstete Hotelgaragen und bunte Strassen

Manches, was im Jahr 1932 Alltag war, erscheint aus heutiger Sich…
publié le 23. juin 2022

Als Datenschutz noch ein Fremdwort war

Weniger Gäste, höhere Warenpreise: Die weltweite Wirtschaftskrise…
publié le 31. mai 2022

Abaisser les tarifs pour mieux redémarrer

Au sortir de la première guerre, nombreux sont les hôtels déficit…
publié le 29. mai 2022

Diskriminierende Fahrverbote, schimmliges Brot, viel Kopfschütteln

Manches, was im Jahr 1922 Alltag war, erscheint aus heutiger Sich…
publié le 18. mai 2022

Fehlende Herren, beschwipster Sommer, überraschender Buchtipp

Manches, was im Jahr 1912 Alltag war, erscheint aus heutiger Sich…
publié le 13. mai 2022

Stinkende, lärmende, gefährliche Ungetüme

Seit 130 Jahren berichtet die htr hotelrevue über Tourismusthemen…
publié le 29. avril 2022

Der erbitterte Kampf wegen der Reklame

Seit 130 Jahren berichtet die htr hotelrevue über Tourismusthemen…
publié le 25. avril 2022

Kalte Züge, blumige Butter und muskulöse Putzkräfte

Manches, was im Jahr 1902 Alltag war, erscheint aus heutiger Sich…
publié le 09. avril 2022

Pyromanische Angestellte, tyrannische Hoteliers und destruktive Nobelgäste

Manches, was im Jahr 1892 Alltag war, erscheint aus heutiger Sich…
publié le 07. avril 2022

Die htr hotel revue, ein Mehrwert für die Branche als Ganzes

Seit 130 Jahren mit Leib und Seele im Dienst der Tourismusbranche…
publié le 07. avril 2022

Brauchen Angestellte wirklich einen Ruhetag?

Seit 130 Jahren berichtet die htr hotel revue über Tourismustheme…

Dossier: 130 Jahre Jubiläum

Seit 1892 Jahren am Puls der Zeit

Seit dem 12. März 1892 berichtet die htr hotelrevue über touristische Themen. Die Fachzeitung hat in den vergangenen 130 Jahren manchen Branchenwandel überstanden und begleitet. Was hat die Branche früher bewergt? – Wir blicken zurück.

Die 1892 erstmals erschienene Hotel-Revue feiert ihr 130-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass picken wir aus dem Archiv die interessantesten und unterhaltsamsten Themen und Geschichten, ordnen sie ein und spiegeln sie an aktuellen Geschehnissen.

Impressionen aus 130 Jahren - Rückblick mit historischen Bildern

130 Jahre hotelrevue

Wo die Meinung der Gäste nicht wurst ist

Plattform für Ideen, Reklamationen und Netzwerk: Mit Social Media löste man vor zehn Jahren in der Gastronomie und Hotellerie auch Probleme.
Blanca Burri
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Die Gäste konnten online ihre Meinung zu den Biersorten im neuen Lokals «Wurst und Moritz» in Zürich abgeben.
Die Gäste konnten online ihre Meinung zu den Biersorten im neuen Lokals «Wurst und Moritz» in Zürich abgeben. image : Screenshot Facebook
image : Screenshot Facebook

Wir schreiben das Jahr 2012, es ist das Jahr, in welchem die Facebook-Nutzer die Milliardengrenze knacken, obwohl das Vernetzungsportal erst achtjährig ist. Im Vergleich dazu ist Instagram noch ein Baby. Auf dem erst zweijährigen Portal sind 2012 gerade mal 30 Millionen User registriert. Heute sind es 1,48 Milliarden. Wie sollte der Tourismus mit den relativ neuen Medien umgehen?

Keine Wurstidee
Eine clevere Idee hatten die Gründer der Würstchenbude «Wurst und Moritz» in Zürich. Die Fans konnten sich während sieben Monaten auf der Facebook-Page von «Wurst und Moritz» zum neuen Lokal am Escher-Wyss-Platz einbringen. «Die Comunity hat uns sehr geholfen. Als wir fragten, welche Biersorten wir anbieten sollten, gab's innerhalb von drei Stunden  20 spannende Vorschläge», sagte Samuel Manz.

Samuel Manz bildete zusammen mit Beat Otzenberger und Patrick Schneebeli das Leitungsteam des Restaurants, das sich der deutschen Currywurstkultur verschrieben hat. Doch nicht nur bei der Bierauswahl machte die Community Vorschläge: «Wie wäre es mit ein paar Wilhelm-Busch-Motiven an den Wänden?», fragte ein User. Oder ein anderer: «Wird es auch eine Vegi-Wurst geben?» Wer das Restaurant «Wurst und Moritz» in Zürich besuchte, konnte am Steh­tisch eine Vegi-Wurst aus Quorn essen und sich dabei Comics an den Wänden anschauen. Die Umfrage inspirierte die Unternehmer also offensichtlich, dem Restaurant eine verspielte und zukunftsorientierte Note zu verleihen.

Wie mit Onlinereklamationen umgehen?
Die htr hotel revue, wie sich diese Zeitung vor zehn Jahren schrieb, veröffentlichte im Januar desselben Jahres ein mehrseitiges Dossier zum Beschwerdemanagement. Eine ganze Seite widmete es den Reklamationen in den sozialen Medien. «Im Internet können Beschwerden schnell in Stürme der Entrüstung ausarten», hiess es einleitend. Deshalb liess die Zeitung Expertin Gabriele Bryant von der Firma Blum Bryant in einem Interview zu Wort kommen. Sie erklärte, wie auf Onlineportalen mit Beschwerden umgegangen werden sollte, denn eine Besserung sei wirklich nötig. Sie sei immer wieder entsetzt darüber, wie wenig die Hoteliers unternähmen, um zu erfahren, welche Meinungen im Internet über sie kursierten, sagte sie. Die nächste Frage lautete: «Können Sie ein bestimmtes Vorgehen empfehlen?» Darauf antwortete Bryant: «Wichtig ist, dass man das Monitoring in Social Media als Teil seines Arbeitsalltags ansieht.»

Gabriele Bryant riet, öfters einen Spaziergang im Web zu unternehmen, um zu lesen, was die Besucher über das Restaurant oder Hotel denken. Manchmal sei die Meinung der Gäste nicht mit derjenigen der Hotelbesitzer identisch. Bryant gab den Rat, rasch Reaktionen zu beantworten. Sie empfahl sogar, öffentlich kundzutun, wenn das Problem behoben sei. «Der Hotelier hat ein Problem erkannt und behoben. Der Gast denkt: Das finde ich cool, da gehe ich hin.» Denn es gebe nichts Sympathischeres, als wenn jemand Fehler zugebe und man ihm verzeihen könne. Ignorieren von Reklamationen hingegen sei unverzeihlich.

130 Jahre htr hotelrevue

Der Vergleich mit Trump war ein Kompliment

Manches, was 1992 alltäglich war, löst aus heutiger Sicht Kopfschütteln aus. Drei amüsante Anekdoten aus der hotel + tourismus revue von damals.
Donald Trump: vom angesehenen Geschäftsmann zur kontroversen Figur.
Donald Trump: vom angesehenen Geschäftsmann zur kontroversen Figur. image : Library of Congress
image : Library of Congress

Donald Trump, heute der Poster Boy der Rechtsnationalisten, war 1992 noch ein angesehener Geschäftsmann. Sein Imperium stand für Erfolg und Pomp. Hotels, Casinos, Golfplätze: ein beeindruckendes Portfolio. Es erstaunt nicht, dass die hotel + tourismus revue (der damalige Name des Blattes erklärt das heute geläufige htr) dem umgebauten Hotel Seehof in Davos schmeicheln wollte, als es dieses als «hochalpines Mini-Trump im Prättigau» betitelte. «Da funkelt und spiegelt und glitzert es, dass man meinen könnte, das Haus sei als Feriendomizil für Donald Trump konzipiert worden.» Kurze Zeit später musste Trump Anteile an seinen Casinos verkaufen, um die Insolvenz abzuwenden. Heute würde sich die Redaktion hüten, ein Hotel in die Nähe des Ex-Präsidenten zu rücken. Zu gross wäre die Sorge vor einer Klage wegen übler Nachrede.

Eine eigene Kapellbrücke für die Japaner
Den Japanern wird nachgesagt, sie seien Weltmeister im effizienten Bereisen eines Landes. Am Morgen über die Kapellbrücke, Mittagessen auf dem Jungfraujoch, Fotostopp beim Zytglogge-Turm und abends den Jet d’eau bestaunen: die Schweiz in einem Tag. Das müsste doch noch effizienter gehen, sagten sich 1992 Investoren und planten zwischen Tokio und Nagano eine Sammlung der Schweizer Highlights auf 300 Hektaren. Dort hätten jährlich 1,2 Millionen Japanerinnen und Japaner die Schweiz in kompakt erleben sollen: Von der Tellskapelle zum Schloss Chillon wäre es nur ein kurzer Spaziergang über die Kapellbrücke gewesen. Swiss Paradise hiess das Projekt. Dass die Website www.theswissparadise.com heute auf ein urchiges Ferienhaus im Nidwaldner Weiler Wirzweli verweist, sagt einiges über den Erfolg des geplanten japanischen Schweiz-Plagiats aus.

Was bloss fängt eine Frau mit einem Weinberg an?
Die Frage «Was macht eine Frau im schönen Tessin, wenn sie einen Weinberg erbt?» hielt man 1992 noch für angebracht. Dass sie ihn bewirtschaften könnte, war für den zuständigen Redaktor damals kaum denkbar. Weil sie es trotzdem tat und erst noch viel Geld in den Ausbau des Weinguts investierte, stellte die Zeitung ihr die Frage: «Wäre es nicht viel einfacher gewesen, den Boden zu verkaufen und damit ein schönes Leben zu führen?» Gefolgt von: Sind Sie eine «Emanze», und was sagt Ihr Ehemann dazu? Am Ende räumte besagter Beitrag immerhin ein, die Jungwinzerin sei «eine Frau, die weiss, was sie will und wie sie sich durchsetzen kann». Sie zeige auf, «wie sich eine Frau behaupten kann, ohne ihre Weiblichkeit zu verleugnen».

[DOSSIER]

130 Jahre htr hotelrevue

Das EWR-Nein rüttelte die Branche durch

Der Entscheid aus dem Jahr 1992 wirkt bis heute nach. Die htr hotelrevue setzte sich damals – wie praktisch die gesamte Tourismusbranche – für den Beitritt ein.
Mischa Stünzi
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
6. Dezember 1992: Die Schweiz stimmt über den EWR-Beitritt ab und sagt hauchdünn Nein - zur Ernüchterung der Tourismusbranche.
6. Dezember 1992: Die Schweiz stimmt über den EWR-Beitritt ab und sagt hauchdünn Nein - zur Ernüchterung der Tourismusbranche. image : ETH-Bibliothek/Comet Photo AG
image : ETH-Bibliothek/Comet Photo AG

Das Votum über den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) am 6. Dezember 1992 gehört zweifelsfrei zu den Abstimmungen mit den weitreichendsten Folgen. Kein Wunder, beschäftigte das Thema auch die hotel + tourismus revue, wie diese Zeitung damals hiess. Sowohl die Publikation als auch der herausgebende Hotelverband bezogen klar Stellung für ein Ja – wie auch praktisch alle anderen touristischen Verbände (einzig der Wirteverband, heute Gastrosuisse, hatte die Nein-Parole gefasst).

In seinem Leitartikel vor der Abstimmung fand der Chefredaktor Andreas Netzle:

Die Schweiz konnte sich lange «wegen» Europa profilieren. Heute kann sie es nur noch «mit» Europa, das heisst mit den gleichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie unsere Hauptexportländer. Dafür sorgt der EWR. Es wäre geradezu unverantwortlich, unserer Wirtschaft den Zugang zum grössten Binnenmarkt der Welt zu verbauen oder doch so zu erschweren, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig ist.

Die Zeitung war aber keinesfalls einseitig, sondern machte auch auf die negativen Folgen eines EWR-Beitritts aufmerksam. Sie berichtete etwa darüber, dass sich viele Hoteliers vor Massen ausländischer Arbeitskräfte fürchteten. Sie schrieb über die Brennereien, denen die ausländische Billigkonkurrenz Bauchweh bereitete (und empfahl einen Schluck Kirsch gegen den Schmerz). Sie liess den Hotelier und EWR-Gegner Gion Schwarz zu Wort kommen, der ein Nein als «Zeichen unserer Offenheit mit der ganzen Welt» bewarb.

Selbst Tourismusgemeinden sagten Nein
49,7 Prozent Ja, 50,3 Prozent Nein: Am Ende behielten die Gegner die Überhand. Die Tourismusvertreter mussten ernüchtert feststellen, dass sie die Basis nicht erreicht hatten. In mehreren wichtigen Tourismusgemeinden war die Vorlage sang- und klanglos untergegangen, wie die hotel + tourismus revue festhielt – Zermatt: 66,5 Prozent Nein, Grindelwald: 78 Prozent Nein, St. Moritz: 57,5 Prozent Nein, Flums: 81 Prozent Nein. Von den 16 im Blatt aufgeführten Tourismusgemeinden hatten nur Montana und Saas-Fee Ja gestimmt.

In der Ernüchterung stellten sich viele Fragen: Droht der Zusammenhalt der Schweiz zu bröckeln? Wie kann man nun gemeinsam mit Europa die Fernmärkte umwerben? Kommt es zum Schulterschluss im Tourismus? Und wie lässt sich das ramponierte Image der Schweiz im Ausland wieder ins Lot rücken? Einige reagierten mit Galgenhumor: Ein Tourismusdirektor plädierte für den Werbespruch «Warum in die Karibik? Jetzt ist auch die Schweiz eine Insel.». Eine Hotelière sprach sich für schön gestaltete Reisevisa aus, um die Touristen weiterhin in die Schweiz zu locken.[DOSSIER]

Gleichzeitig spürt man in den Zeilen von damals die grosse Hoffnung, die Schweiz werde aus dem Schock lernen und sich doch noch Europa zuwenden:

Wahrscheinlich wird dieses [...] Szenario nie Wirklichkeit, weil wir – geläutert – schon bald wieder über Europa abstimmen werden.

Die Branche malte den Teufel deshalb nicht an die Wand, obschon die Wettbewerbsfähigkeit «kurzfristig erheblich beeinträchtigt» werde. Jacques Dallinges, Präsident des Waadtländer Hotelierverbands, fasste die Stimmung treffend zusammen: «Sicherlich wird die Hotellerie nicht morgen früh die negativen Auswirkungen der EWR-Ablehnung zu spüren bekommen. Dennoch ist über kurz oder lang mit einer langsamen und schädlichen Erosion der Hoteleinnahmen zu rechnen.» Vor allem im grenzüberschreitenden Wettbewerb befürchtete die Branche Rückschläge. Das Gastrounternehmen Eurest, heute Teil der Compass-Gruppe, sagte etwa, grenzüberschreitende Geschäfte seien nur noch «mit grossen Schwierigkeiten» realisierbar.

Mit Blick auf aktuelle Herausforderungen wie Energieversorgung und Fachkräftemangel wäre es heute von Vorteil, die Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa hätten sich in den 30 Jahren seit 1992 endgültig geklärt. Stattdessen begleitet uns das Thema vermutlich noch weitere Dekaden.

103 Jahre hotelrevue

Ein Hoch auf die Schweizer Hotellerie!

1982 feierte der Schweizer Hotelier-Verein sein 100-jähriges Bestehen. Die hotelrevue ehrte den Jubilar mit einem Sonderheft. In seiner Grussbotschaft mahnte Zentralpräsident Peter-Andreas Tresch zu Qualität und Sorge.
Nora Devenish
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Am 24. und 25. Mai 1982 feierte der Schweizer Hotelier-Verein sein 100-jähriges Bestehen im Casino Bern.
Am 24. und 25. Mai 1982 feierte der Schweizer Hotelier-Verein sein 100-jähriges Bestehen im Casino Bern.
Am 24. und 25. Mai 1982 feierte der Schweizer Hotelier-Verein sein 100-jähriges Bestehen im Casino Bern. image : htr
image : htr

Am 12. Februar 1982 jährte sich die Gründung des Schweizer Hotelier-Vereins (SHV), seit 2002 HotellerieSuisse, zum 100. Mal. Das runde Jubiläum wurde vom Verband gebührend gefeiert. An der Jubiläums-Delegiertenversammlung im Casino Bern wurde am 25. Mai 1982 nebst einer gediegenen Berner Platte mit Rippli und Rindszunge auch das Sonderheft der hotelrevue serviert, gespickt mit Gratulationen aus Politik und Wirtschaft.

Der damalige SHV-Zentralpräsident Peter-Andreas Tresch stellte in seiner Grussbotschaft das kollektive Handeln der Branche in den Vordergrund. Zum 100-jährigen Bestehen lancierte der SHV sein neues Verbands-Leitbild und setzte darin ein Hauptmerk auf die Qualität – laut Peter-Andreas Tresch nach wie vor das massgebende Gütesiegel der Branche. «Jeder Betrieb, gleich welcher Kategorie, muss auf seine Art Qualität anbieten. Die Bewältigung der Zukunft kann nur auf der Basis höchster Qualität geschehen.»

Qualität habe aber selbstverständlich auch ihren Preis, so Tresch. «Die Schweiz soll nicht Preisunterbietungspolitik, sondern Qualitätsüberbietungspolitik betreiben, was mitunter auch Mut zu hohen Preisen bedeuten kann.» Das angestrebte Sollbild der Schweizer Hotellerie könne schliesslich nur erreicht werden, wenn die Gesamtertragslage der Betriebe gesteigert werde.

Jeder Betrieb, gleich welcher Kategorie, muss auf seine Art Qualität anbieten. Die Bewältigung der Zukunft kann nur auf der Basis höchster Qualität geschehen.

Peter-Andreas Tresch, ehemaliger SHV-Präsident anlässlich der SHV-100-Jahr Feier 1982

Sorge zu Angestellten, Partnern und Natur
Der Erfolg der Schweizer Hotellerie stehe und falle mit der Qualität und der Quantität der Mitarbeitenden, so der SHV-Zentralpräsident. Auch die ausgeklügeltste Technik könne den Menschen in Sachen Gastfreundschaft, Atmosphäre, persönliche Betreuung und Erfüllung von individuellen Bedürfnissen nicht ersetzen. In diesem Zusammenhang nahm Tresch auch den SHV in die Pflicht: «Als Berufsverband kann und muss der SHV dem Mitarbeiterproblem mit einer fortschrittlichen Arbeitgeberpolitik begegnen.» [DOSSIER]

Für ihr Gedeihen sei die Hotellerie aber auch auf die Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern, insbesondere der Schweizer Bevölkerung, angewiesen. «Die Hotellerie kann es sich nicht leisten, bei der einheimischen Bevölkerung auf Widerstand zu stossen.» Deshalb unterstütze der SHV jene Tourismuspolitik, welche die Interessen der Einheimischen und ihre kulturelle Eigenart berücksichtige, so Tresch.

Schliesslich rief der SHV-Zentralpräsident 1982 zu mehr Verantwortung gegenüber der Umwelt auf. Die Grenzen der Landschaftsbelastung seien annähernd erreicht: «Die Hotellerie muss sich für eine umweltfreundliche und landschaftsschonende Tourismuspolitik einsetzen, deren Hauptinhalt nicht die weitere Ausdehnung, sondern die Verbesserung des Bestehenden sein soll.»

Nora Devenish

130 Jahre htr hotelrevue

Der Pan-Am-Chef wollte eine Super-Concorde bauen

Einiges, was 1982 alltäglich und normal war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Drei skurrile Anekdoten aus der Hotel-Revue von früher.
Mischa Stünzi
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Eine Concorde der Air France im Jahr 1977.
Eine Concorde der Air France im Jahr 1977. image : US Navy
image : US Navy

Stützlisex sorgt in Basel für Aufregung
Die Generation Internetpornografie weiss vermutlich nicht, was Stützlisex ist. Deshalb kurz eine Erklärung: Beim Stützlisex – auch Peepshow genannt – bezahlen Besucher eine Gebühr, zum Beispiel einen Franken (eben ein Stützli), um für kurze Zeit freie Sicht auf eine nackte oder strippende Frau zu haben. Das Geschäftsmodell war einst so lukrativ, dass sogar diese Zeitung darüber schrieb. Besonders in der Stadt Basel sorgte das Geschäft für Schlagzeilen. Das Polizeidepartement lehnte damals ein Betriebsgesuch ab. Doch die Sache liess sich damit nicht aus der Welt schaffen: Nicht nur zog der Unternehmer den Entscheid ans Gericht weiter und bekam dort recht, das Stadtgespräch brachte gleich noch weitere Basler auf die Idee, mit Stützlisex das schnelle Geld zu machen. Und so lagen schon bald weitere Gesuche auf dem Tisch der Behörden.

Pan-Am-Chef will Super-Concorde bauen lassen
Das Überschallflugzeug Concorde hatte seine Hoch-Zeit Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre. Der Hype um die Technologie war so gross, dass die US-Fluggesellschaft Pan Am ebenfalls einen Superjet konstruieren lassen wollte. 300 Personen sollten an Bord dieses Überfliegers Platz haben, der dreimal so schnell sein sollte wie die Concorde. Den gigantischen Treibstoffverbrauch, den das zur Folge gehabt hätte, wollte Pan-Am-Chef Edward Acker «durch die bessere Leistung und mögliche Einsparungen ausgleichen». Es kam anders: Der Jet wurde nie gebaut, Pan Am ging einige Jahre später bankrott, und die Concorde wurde 2003 aus dem Betrieb genommen.

Kampf um die Fluglinie Zürich–Nürnberg
Nürnberg war 1982 offenbar der Place to be. Zumindest war zwischen den Schweizer Airlines Crossair und Swissair ein Streit um die Direktverbindung Zürich–Nürnberg entbrannt. Der Zank schaffte es sogar auf die Front der hotelrevue, die ihr Unverständnis für das Vorgehen der Swissair ausdrückte. Unverständnis löst der Krach auch aus heutiger Sicht aus. Wer aktuell von Zürch nach Nürnberg fliegen will, dem bietet die Swiss die Reise via Frankfurt, München oder Wien an.

130 Jahre Hotelrevue

Viel Knatsch um ein Stück vom Reise-Kuchen

In den 1970er-Jahren boomte der Tourismus, es kamen Pauschalreisen auf, der Markt florierte. Doch wer sollte die Angebote bewerben und verkaufen? Und Verantwortung übernehmen? Das gab viel zu diskutieren.
Claudia Langenegger
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Das «Luftreisebüro» der Swissair in den 1970er-Jahren in Lausanne.
Das «Luftreisebüro» der Swissair in den 1970er-Jahren in Lausanne. image : ETH-Bildarchiv Zürich/Swissair
image : ETH-Bildarchiv Zürich/Swissair

Vor 50 Jahren boomte der Tourismus. Mehr und mehr Leute konnten es sich leisten, in die Ferien und in die Schweiz zu fahren. Wo ein neuer Markt entsteht, herrscht oft Wildwuchs, und schnell gibts Zwist. So liefen 1972 die Diskussionen rund um Zuständigkeiten und Verantwortung im Reisebusiness heiss: Wer sollte den Incoming-Tourismus ankurbeln? Wer sollte die Reisen verkaufen – die Verkehrsvereine selbst oder einzig die Reisebüros?

1972 enervierte sich die hotelrevue gewaltig, dass Fremdenverkehrsvereine es wagten, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen und eigene Arrangements zu entwickeln. Es sei bei den Vereinen eine Verkaufswut ausgebrochen, diese sollten doch um Himmels willen bei ihren Aufgaben bleiben.

Viel Aktivismus in den lokalen Verkehrsbüros
Der Autor beschwerte sich, es gäbe regionale Verkehrsvereine, welche «die Initiative an sich reissen und den Markt selbst beeinflussen» und positionierte sich klar: Es sei besser, die Initiative «professionellen Reiseveranstaltern zu überlassen», die Angebote verkaufen und entwickeln sollten, weil sie auf die Märkte zugeschnitten sein müssten. Und davon hätten lokale Verkehrsbüros keine Ahnung. «Auf dieser Klaviatur muss man zu spielen verstehen.»

Überliesse man dies örtlichen Fremdenverkehrsvereinen, könne es sein, dass ein Ort wie Feldis – ein schöner Ort im Domleschg, aber kein touristischer Hotspot – versuchen würde, Überseetouristen für eine Woche in sein Dorf zu locken – weit weg von Eiger, Mönch, Jungfrau, Zermatt und Luzern. So bestünde die Gefahr, dass sie komplett unsinnige Angebote entwickeln würden.

Fehlende Incoming-Agentur
Doch offenbar fehlte es in der Branche an Engagement, ausländische Touristen anzulocken. Die hotelrevue bemängelte, dass sich in der Schweiz niemand genügend für den Incoming-Tourismus einsetzte, denn es sei halt einfacher, Reisen ins Ausland zu verkaufen.

Sie regte die Gründung einer schweizerischen Incoming-Gesellschaft an und die Produktion eines Katalogs zum Reiseziel Schweiz. Sie mahnte, dass Hotels und Reisebüros besser zusammenarbeiten müssten. Ganz untätig war die Branche aber nicht. Bald darauf präsentierte das Blatt den neuen Prospekt des Reisebüros Hotelplan: «Ferien in der Schweiz».

Die Fluggesellschaft ging hops: So schnell blieben Touristen auf der Insel sitzen
In Sachen Tourismus schielte die Schweiz Anfang der 70er-Jahre gerne auf ihren grossen Nachbarn: Deutschland war das Land der Reisegiganten, der Markt wuchs schnell, stand aber auf wackligen Füssen: Debakel wie das Swissair-Grounding gab es schon damals.

Innerhalb eines Jahres gingen in Deutschland vier Fluggesellschaften in Konkurs. 40'000 bis 80'000 Reisende blieben daraufhin im Ausland sitzen. Verantwortlich wollte niemand sein.

 «Panik-Air» und «Air Kopfschmerz»
Das brachte das Blatt in Rage: Es sei an den Verbänden, die Touristen zu schützen. Der Deutsche Reisebüro-Verband habe «peinlich versagt». Der Autor enervierte sich ebenso, dass die Branche zwar die schwarzen Schafe kenne und sie als «Panik-Air» oder «Air Kopfschmerz» verspotte, ihre Namen aber nicht preisgebe und stattdessen weiterhin ihre Produkte kaufe und verkaufe.

In der Schweiz will man nicht in die Fallen des Massentourismus tappen. Der Schweizerische Fremdenverkehrsverband werfe anlässlich seiner GV denn auch substanzielle Fragen auf, lobte die hotelrevue. So frage man sich etwa: «Wie gross ist die Zahl der Touristen, die bestenfalls in der Schweiz Platz finden? Wie kann man den optimalen Ausbau eines Ferienortes oder einer Region bestimmen? Sind neue Kurorte erwünscht?» Ziel sei nicht die Expansion um jeden Preis: Man wolle nicht unbedacht expandieren! Qualität vor Quantität – das Credo gilt auch 50 Jahre später noch im Schweizer Tourismus.

Claudia Langenegger

130 Jahre htr hotelrevue

Als die Schweiz beinahe zur Atommacht wurde

Einiges, was 1962 alltäglich und normal war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Drei skurrile Anekdoten aus der Hotel-Revue von damals.
Mischa Stünzi
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
1962 sprach sich die Hotel-Revue gegen ein Verbot von Atomwaffen in der Schweiz aus.
1962 sprach sich die Hotel-Revue gegen ein Verbot von Atomwaffen in der Schweiz aus. image : Wikimedia
image : Wikimedia

Atomwaffen für die Schweiz? Keine schlechte Idee, fand die Hotel-Revue 1962 im Zusammenhang mit der bevorstehenden Abstimmung über die Atomwaffenverbotsinitiative. Die Zeitung sprach sich laut und deutlich für ein Nein zur Initiative aus. Nur pazifistische Tagträumer und überzeugte Kommunisten seien dafür, dass sich die Schweizer Armee keine Atomwaffen besorge, so der Tenor des Leitartikels. Der PdA gehe es doch nur darum, die Armee zu schwächen, um den Russen den Einmarsch in die Schweiz zu erleichtern. Übrigens: Die Initiative scheiterte, und wenige Jahre später stand die Schweiz tatsächlich kurz davor, eine Atommacht zu werden (Atomtests in der Schweiz waren bereits abgesegnet worden). Endgültig gestoppt wurde das Kernwaffenprogramm der Schweiz erst 1988.

Als ein Gericht ein Saufgelage anordnete
Ein Test an einem Gericht in Bonn, der «die Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit und damit die generelle Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrern bei einem Blutalkohol von 0,8 Promille» beweisen sollte, sei kläglich gescheitert, schrieb die Hotel-Revue. Es habe kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der getrunkenen Menge Alkohol und dem Promillewert festgestellt werden können. Die Testperson, die in der Untersuchung genau den Schwellenwert von 0,8 Promille und somit den damals geltenden gesetzlichen Alkoholgrenzwert erreicht hat, hatte übrigens innerhalb von zwei Stunden eineinhalb Flaschen Weisswein getrunken und dazu zwei Brötchen gegessen. In dem Zustand würde ich vermutlich nicht einmal mehr Fahrrad fahren. Doch das richterlich verordnete Saufgelage ging sogar noch weiter: Einige Probanden, so steht es in der Zeitung, hätten die ihnen vorgesetzte Menge Alkohol nicht einmal bewältigen können.

Als die wirklich wichtigen Fragen beantwortet wurden
Der Hotel-Revue war es stets ein Anliegen, den Leserinnen und Lesern unter anderem wertvolle Tipps, Hilfestellungen und Ratschläge auf den Weg zu geben. 1962 beschäftigte sich die Redaktion mit einer der zentralen Fragen der Branche: Wie füttere ich Vögel richtig? Die Fachzeitung bewies ein Herz für Tiere und wartete mit so wertvollen Tipps auf wie: «Wenn man keinen automatischen Futterapparat sein Eigen nennt oder beschaffen kann, dann wird man entweder zwei Seiten des [Futter-]Häuschens, der Windseite entgegen, mit Brettern schützen, oder noch besser, mit Fichten-, Tannen- oder Kiefernreisig umstecken.» Die Leserschaft erfuhr weiter, dass es ein Mythos sei, Vögel kämen ohne Wasser aus, wobei Kernenfresser mehr Wasser tränken als Insektenfresser.

130 Jahre htr hotelrevue

Als Hotels noch vom Staat bewilligt wurden

Die sogenannte Bedürfnisklausel machte Hotelneubauten von einer behördlichen Bewilligung abhängig und war als Hilfsmassnahme für die krisengeschüttelte Branche gedacht. 1952 kam die mögliche Abschaffung vors Volk.
Abt Ueli
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Der Landesring der Unabhängigen (LdU) bekämpfte die Bedürfnisklausel – Parteigründer Gottlieb Duttweiler (Blick zur Kamera) im Nationalrat.
Der Landesring der Unabhängigen (LdU) bekämpfte die Bedürfnisklausel – Parteigründer Gottlieb Duttweiler (Blick zur Kamera) im Nationalrat. image : wikimedia /creative commons
image : wikimedia /creative commons

Mit dem Ersten Weltkrieg schlitterte die Schweizer Hotellerie in eine Krise. Die sogenannte Bedürfnisklausel war eine von mehreren Hilfsmassnahmen für die Hotellerie: Ab 1915 war eine behördliche Bewilligung für neue Hotels vorgeschrieben. Dies sollte verhindern, dass ein Überangebot an Hotelbetrieben die Krise noch verstärkte.

Der Bundesrat hatte die Bedürfnisklausel immer wieder verlängert. So auch für die Zeit von 1949 bis 1951. Auch für die folgenden vier Jahre wollte er die Bewilligungspflicht beibehalten. Der Landesring der Unabhängigen (LdU) war allerdings dagegen. Er unterlag in den Räten und ergriff daraufhin das Referendum. Der LdU bezeichnete die Verlängerung als «Verewigung des Vollmachtenregimes» und als «schädlichen Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit». Dieser hemme die Entwicklung einer modernen, innovativen Hotellerie. Die Schweiz sei unter der Ägide des «Hotelbauverbots» zu einem eigentlichen «Hotelmuseum und Antiquariat» verkommen.[RELATED]

«Anpassungsprozess in geordnete Bahnen lenken»
Die Schweizer Hotel-Revue, wie die htr hotelrevue damals hiess, befürwortete die Verlängerung der Klausel. Die wichtigste verfassungsmässige Voraussetzung, «die Gefährdung unseres Wirtschaftszweigs in seinen Existenzgrundlagen», sei gegeben, hiess es in einem Artikel vom Januar 1952. «Man kann den Hotelhilfsmassnahmen die Anerkennung nicht versagen, dass es dank ihnen gelungen ist, grosse Teile der Hotellerie durch drei Jahrzehnte Krieg und Krise am Leben zu erhalten.» Damit sei es gelungen, einen «Anpassungsprozess in geordnete Bahnen» zu lenken. Andernfalls wären zahllose Hotelunternehmungen in den Konkurs getrieben worden. Zahlreiche Hotelbauten würden dadurch nutzlos, hiess es in dem Beitrag weiter. Und: «Ein finanzieller Zusammenbruch der Hotellerie in den Fremdenverkehrsregionen hätte zu einer Erschütterung des Kreditsystems führen müssen, deren Wellen sich auf die ganze Volkswirtschaft fortgepflanzt hätten.»

Doch das Stimmvolk entschied am 2. März 1952 anders: Knapp 54 Prozent lehnten die Bedürfnisklausel ab, die Stimmbeteiligung lag unter 40 Prozent.

Am 6. März 1952 kommentierte die Hotel-Revue: «Das Mehr von 43 000 Stimmen ist nicht überwältigend für eine Vorlage, die – freilich nicht der Wahrheit entsprechend – mit dem Odium des Verbotscharakters behaftet war und gegen die vom Landesring und der Migros mit – gelinde gesagt – wenig wählerischen Mitteln gekämpft wurde.»

Die Schweizer Hotel-Revue hatte das Ergebnis erwartet
«Im Moment, da einzelne kantonale Parteien Stimmfreigabe oder gar Verwerfung beschlossen hatten, haben wir ein negatives Resultat erwartet», fuhr die Hotel-Revue fort. «Dass die verwerfende Mehrheit nicht grösser ausfiel, war für uns eher eine Überraschung.» Nun befürchtete die Hotel-Revue, dass weitere Hilfsmassnahmen für die Hotellerie unter Beschuss geraten könnten. So hielt sie vorsorglich fest, der Bundesfiskus sei in 29 Jahren durch Interventionen zur Sanierung von in Not geratenen Hotels lediglich mit 9,5 Millionen Franken belastet worden. Das sei im Verhältnis zum Erfolg nicht ungebührlich.[DOSSIER]

130 Jahre htr hotelrevue

Verklärte Italiener, verpönte Autobahnen, verschmähte Arbeit, versteckte Forellen

Warum sich Italien für fremde Gäste schmückte, dann aber doch nicht zufrieden war, als diese ankamen. Eine von vier skurrilen Anekdoten aus dem Jahr 1942.
Mischa Stünzi
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Reist nach Italien: Ausschnitt aus einem Werbeplakat für die Region Amalfi aus dem Jahr 1920.
Reist nach Italien: Ausschnitt aus einem Werbeplakat für die Region Amalfi aus dem Jahr 1920. image : Wikimedia
image : Wikimedia

Manches, was im Jahr 1942 Alltag war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Vier skurrile Anekdoten aus der Hotel-Revue von früher.

Vergesst den Weltkrieg, reist nach Italien
Italien hielt sich 1942 für derart unwiderstehlich, dass das Fremdenverkehrsamt des Landes meinte, selbst ein tobender Weltkrieg halte die Touristen nicht aus dem Bel Paese fern. Während sich die italienische Armee am Afrikafeldzug der Achsenmächte beteiligte, war der Ente Nazionale italiano per il turismo mit einer Grossoffensive der anderen Art beschäftigt: Mit neuen Broschüren warb er für das Land – und weil Italien zu dem Zeitpunkt Teile Sloweniens und Kroatiens besetzt hielt, druckte man auch gleich Werbemittel für die jungen Provinzen Lubiana und Dalmazia. Zudem waren die regionalen Verkehrsorganisationen angehalten, «dem Unterhalt der öffentlichen Anlagen und deren Blumen- und Sträucherschmuck nach wie vor die grösste Aufmerksamkeit zu schenken». Nur Monate später kamen tatsächlich Engländer und Amerikaner in Sizilien an. Das passte Rom dann aber auch nicht.

Autobahnen in der Schweiz? Niemals!
Nicht nur Italien lag mit seiner Prognose ziemlich daneben, auch die früheren Kollegen bei der Schweizer Hotel-Revue, wie diese Zeitung damals hiess, verschätzten sich gewaltig. «Autobahnen? Bundesstrassen? Keines von beiden!», schrieben sie 1942: Man werde bestimmt nicht dem ausländischen Vorbild folgen und Autobahnen quer durchs Land ziehen. Stattdessen müsse man die Hauptstrassen so ausbauen, «dass sie auch noch in einigen Dezennien dem Automobilverkehr gerecht werden» – was für die Hotel-Revue bedeutete: vierspurig mit separatem Radweg und Trottoir. Immerhin dauerte es gut ein Dezennium, ehe 1955 die erste Autobahn der Schweiz eingeweiht wurde. Heute haben wir übrigens das dichteste Autobahnnetz der Welt.

Fachkräftemangel: Seit 80 Jahren ein Dauerthema
Der Fachkräftemangel stellt die Branche nicht erst seit ein paar Jahren vor Herausforderungen. Schon 1942 klagte sie über das «Fehlen genügender Haus- und Küchenmädchen». Der Grund dafür sei bekannt: «Das Gefühl, Gemüse zu putzen sei unwürdig, und Teller waschen sei unter jedem Rang.» Dabei seien die Anstellungsbedingungen ja nicht mehr wie früher; das Dienstpersonal habe auch mal am Abend oder am Nachmittag frei und regelmässig die Möglichkeit zu baden. Und das bei einem Monatslohn für ein Küchenmädchen von 80 Franken. Zum Vergleich: Eine Sekretärin verdiente damals monatlich rund 300 Franken.

Forellen im Hotelkeller
Wenn heute ein Gast im Restaurant etwas aus dem Keller bestellt, ist das in der Regel eine Flasche Wein. 1942 war es dagegen durchaus üblich, im Hotelkeller Fische zu züchten. Das konnte allerdings ungeahnte Herausforderungen zur Folge haben. Ein Hotelier wandte sich an die Hotel-Revue mit der Frage, was er bitteschön gegen die Plätschergeräusche unternehmen könne, die seit dem Einbau der Forellenzucht in den Hotelzimmern zu hören seien.

130 jahre hotelrevue

1942: Erfinderisch durch die Kriegsjahre

Die Grenzen sind zu, die Lebensmittel sind rationiert, der Strom ist knapp. Im Kriegsjahr publiziert das Kriegsernährungsamt laufend strengere Vorschriften und die Hotel-Revue hilft mit Ratschlägen aus.
Claudia Langenegger
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Die Anbauschlacht ist 1942 voll im Gange: Der Zürcher Sechseläutenplatz wird zum Kartoffelacker umgepflügt
Die Anbauschlacht ist 1942 voll im Gange: Der Zürcher Sechseläutenplatz wird zum Kartoffelacker umgepflügt image : Hans Staub / Fotostiftung Schweiz
image : Hans Staub / Fotostiftung Schweiz
Ohne Lebensmittelmarken gibts kein Essen.
Ohne Lebensmittelmarken gibts kein Essen. image : Landesmuseum Zürich
image : Landesmuseum Zürich

Die Hotellerie komme dank der Bundesgelder recht gut durch die Krise, konstatiert die Schweizer Hotel-Revue, wie sich die Zeitung damals nannte, zu Beginn des Jahres 1942. Die Küchenkosten in Hotels seien seit Kriegsbeginn jedoch um satte 57 Prozent gestiegen.

Die Lebensmittel sind teuer und knapp, vieles ist rationiert, etwa Zucker, Reis, Teigwaren, Mehl, Kakao, Kaffee und Speiseöle. Auch Strom muss man sparen: So ist in Hotels die Warmwasserzubereitung nur noch beschränkt erlaubt und die Aussenbeleuchtung verboten.

Die Hotel-Revue gibt Tipps
Die Not macht erfinderisch: So erfahren wir in der Hotel-Revue, dass man Kaffee mit getrockneten Apfelschalen strecken kann und dass sich Kaffeepulver zweimal verwenden lässt: nach Gebrauch im Ofen trocknen lassen, nochmals leicht anrösten – et voilà: einfach wieder in die Kaffeemaschine einfüllen.

Und niemand Geringeres als Harry Schraemli – sein Büchlein «Der Meistermixer» ist ein Standardwerk – klärt auf, wie man trotz Mangel an Eiern und Zucker jeden Drink zubereiten kann: mit Eipulver und mit Sacharin statt Zucker – aber nicht zu viel, das Getränk werde sonst bitter. Rahm für die «Damencocktails» erhalte man durch Mixen von Vollmilchpulver mit Milch. Auch Konserven sind ein Thema: Das Blatt klärt auf, wie man sicher konserviert und wie man Vergiftungen durch Konserven vermeidet.

Situation spitzt sich zu
Je weiter das Jahr voranschreitet, umso häufiger ist die grosse, fette Überschrift «Kriegswirtschaftliche Massnahmen und Marktmeldungen» zu lesen. Hier sind die neusten Bestimmungen des Kriegsernährungsamtes abgedruckt.

Die Situation wird von Monat zu Monat drastischer, vor allem ringusm in Europa: Im Mai erobern die deutschen Truppen Charkow (Ukraine!) und setzen zur Sommeroffensive an, die in der Einkesselung in Stalingrad endet. Längst ist in der neutralen Schweiz die Anbauschlacht im Gange, mitten in der Stadt werden Plätze umgepflügt, um Kartoffeln und Getreide wachsen zu lassen.

Schlachtverbot und steigende Gästezahlen
Im März 1942 wird das Fleisch rationiert und an drei «fleischlosen Tagen» auf den Speisekarten verboten. Die Hotel-Revue empfiehlt, kleinere Portionen aufzutischen. Im Sommer druckt sie einen vegetarischen Wochen-Menüplan ab, denn im Juli ist Fleischsperre: Die Schlachtung von Tieren wird für mehrere Wochen verboten.

Über die Beschlüsse von Bundesbern solle man indes nicht jammern, denn «wie schon bei der Einführung der Rationierung anderer Produkte hat auch diesmal das Kriegsernährungsamt die gastgewerblichen Organisationen bei der Regelung der Fleischrationierung zur Mitarbeit herangezogen».

Es werden nun auch Seifen und Waschmittel, eingemachte Früchte und Honig, Milch und Brot rationiert. Dem Gastgewerbe werden die Lebensmittel stetig gekürzt, es gibt Vorschriften zur Höchstzahl von Menüs, gewisse Speisen sind verboten: «So kamen bekanntlich Pommes frites und Schlagrahm unter das Rad der Kriegswirtschaft.»

Bescheidenheit pflegen statt unangebracht zu prassen
Die Zeitung mahnt, es sei nicht angebracht, zu prassen, wenn ringsum Krieg herrsche, und fordert dazu auf, die Vorschriften zu befolgen. Als aber im November die Verdunkelung auf 20 Uhr vorverlegt wird, bringt sie ihren Unmut zum Ausdruck. Diese zusätzliche Einschränkung sorge im Gastgewerbe für Einbussen von bis zu 50 Prozent.

Bei all den Katastrophenmeldungen gibt es kleine Lichtblicke: Die Hotel-Revue vermeldet, dass die Gästezahlen in den Bergen im Vergleich zum Vorjahr angestiegen seien und die Hotels im November so viel Warmwasser zubereiten dürften, wie sie wollten: Dank reichlich Niederschlägen gebe es vorübergehend wieder genug Strom.

130 Jahre htr hotelrevue

Alte Spam-Masche, ausgerüstete Hotelgaragen und bunte Strassen

Manches, was im Jahr 1932 Alltag war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Und manches sorgte schon damals für Kopfschütteln. Drei skurrile Anekdoten aus der Hotel-Revue von früher.
Mischa Stünzi
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
In solchen Postautos wurden bis in die 30er-Jahre nicht nur Passagiere, sondern auch Postsendungen transportiert. Dann wurden die Wagen ausgemustert. Postkarte aus dem Jahr 1920.
In solchen Postautos wurden bis in die 30er-Jahre nicht nur Passagiere, sondern auch Postsendungen transportiert. Dann wurden die Wagen ausgemustert. Postkarte aus dem Jahr 1920. image : ETH Bibliothek
image : ETH Bibliothek

Das Spam-Mail kommt per Briefpost
Es ist die wohl bekannteste Spam-Masche der Welt: der «nigerianische Prinz», der sein Vermögen aus dem Land schaffen möchte und zu diesem Zweck per E-Mail einen vertrauenswürdigen Helfer im Ausland sucht, dem er eine fürstliche Belohnung in Aussicht stellt. Es ist nicht nur eine bekannte, sondern auch eine ziemlich alte Masche: Schon 1932 warnte die Hotel-Revue vor Schwindelbriefen aus Spanien. Darin melde sich ein Señor, der unschuldig im Gefängnis sitze und deshalb seinen mit zwei Millionen Franken gefüllten Koffer nicht selber entgegennehmen könne. Der Inhaftierte bittet um Hilfe und verspricht als Gegenleistung ein Drittel des Kofferinhalts. Versuchter Betrug war damals ein Knochenjob: Statt wie heute per Knopfdruck Tausende Mails zu verschicken, griffen die Spammer zu Stift und Papier und liessen sich die Nachricht sogar noch eine Briefmarke kosten.

Zündkerzen und Autopneus im Hotelshop
Eine Garage gehörte 1932 zum modernen Hotel. Doch was heute als Hotelgarage durchgeht – nämlich praktisch jeder überdachte Autoparkplatz –, genügte den damaligen Ansprüchen bei weitem nicht. Die Aufzählung, was eine gut ausgerüstete Hotelgarage alles beinhaltet, umfasste nicht etwa nur Druckluft für die Pneus und frisches Wasser für den Kühler. Zu einer Garage gehöre alles, was der Gast «zum Unterhalt seines Wagens benötigt», heisst es in der Schweizer Hotel-Revue, wie diese Zeitung damals hiess. Es brauche eine eigene Tankstelle und einen Ort, wo die Gäste einen Ölwechsel durchführen könnten. Zudem müsse das Hotel Ersatzteile wie Zündkerzen und Pneus verkaufen. Dem Gast sollten weiter Waschplätze und Werkzeuge wie Wagenheber und Fettpressen zur Verfügung gestellt werden. Und das sei nur das Minimum, betonten die Redaktoren.

Die farbigen Strassen von Frankreich
Das Auto war das aufstrebende Verkehrsmittel der 1930er-Jahre. In der Schweiz hatte sich der Fahrzeugbestand innert zehn Jahre auf knapp 125 000 verfünffacht. Der Boom brachte die Franzosen auf eine Idee: An der für Ausfahrten beliebten Riviera wollten sie Farben für die verschiedenen Strassentypen – Hauptstrassen rot, Nebenstrassen grün oder gelb. «Und was, bitte schön, soll daran bizarr sein?», werden Sie sich fragen. «Das haben wir doch heute auch: Autobahnen sind grün, Hauptstrassen blau, Nebenstrassen weiss.» Ja, aber an der Riviera wollten die Franzosen nicht die Strassenschilder, sondern den Belag einfärben – rot, gelb oder grün. So sollten sich herumliegende Gegenstände und die Verkehrszeichen am Strassenrand besser abheben.

[DOSSIER]

130 Jahre htr

Als Datenschutz noch ein Fremdwort war

Weniger Gäste, höhere Warenpreise: Die weltweite Wirtschaftskrise bekamen auch die Schweizer Hotelbetriebe zu spüren. Ein Blick zurück ins Jahr 1932.
Abt Ueli
Geben Sie uns Feedback zum Artikel
Die Weltwirtschaftskrise begann sich ab 1930 auf die Schweiz auszuwirken – städtische Krisenhilfe in Zürich (1936).
Die Weltwirtschaftskrise begann sich ab 1930 auf die Schweiz auszuwirken – städtische Krisenhilfe in Zürich (1936).
Die Weltwirtschaftskrise begann sich ab 1930 auf die Schweiz auszuwirken – städtische Krisenhilfe in Zürich (1936). image : Sozialarchiv
image : Sozialarchiv

Nach dem New Yorker Börsencrash 1929 schlitterte die Weltwirtschaft in eine jahrelange Krise. 1932 schlug sich das auch in der Berichterstattung in der Schweizer Hotel-Revue nieder, wie die htr hotelrevue damals hiess. Anfang des Jahreszog ein Artikel nach einem Beschluss einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung des Schweizer Hotelier-Vereins vom November 1931 Bilanz. Die Delegierten hatten dannzumal die Herabsetzung von Hotelpreisen im Sinne einer Notstandsmassnahme beschlossen. Dabei hatten die Hoteliers laut dem Artikel gehofft, dass «in unserem Lande eine allgemeine Senkung der Warenpreise eintrete».

Wie die Schweizer Hotel-Revue nun ernüchtert feststellte, war nichts davon eingetreten – «bis auf eine kleine Fahrpreisreduktion» der Bahnen. Das Gastgewerbe sei mit seinem Preisabbau «allein geblieben auf weiter Flur». Was staatliche Massnahmen betreffe, so habe sich die Lage sogar noch verschlimmert.

Die hohen Warenpreise seien zusammen mit dem Rückgang des Reiseverkehrs die wichtigsten Gründe, warum der Ertrag der Hotellerie auf ein Minimum gesunken sei und kaum noch die Selbstkosten decke. Die Hotellerie sehe sich genötigt, gegen die neue Entwicklung der Einfuhr- und Zollpolitik «Verwahrung einzulegen». «Noch ein Schritt weiter auf dieser Bahn, und die Hotellerie wird hart am Rande des Abgrundes stehen!», schrieb die Hotel-Revue weiter.

Bad nicht benutzt, Gast verweigert Aufpreis für Zimmer mit Bad
Wie einem Artikel in der Ausgabe 8 vom 25. Februar 1932 zu entnehmen ist, sahen sich die Hotels in der damaligen Zeit zunehmendem Preisdruck seitens ausländischer Reisender oder auch Reisevermittler ausgesetzt. «So laufen aus Mitgliederkreisen Tag für Tag Meldungen ein, dass viele Gäste aus dem Ausland den Hotels die Preise geradezu diktieren möchten.» So habe beispielsweise ein Gast «Zimmer mit Bad bestellt» und nachträglich einen höheren Preisansatz verweigert, weil er angeblich das Bad nicht benutzt habe.

In Adressliste wie in einem offenen Buch gelesen
Die wirtschaftlich angespannte Lage machte aber auch ein Problem sichtbar, das mindestens indirekt wirtschaftlich bedeutsam war: mangelnder Datenschutz.[DOSSIER]

Damals war es üblich, dass Touristiker an Fremdenverkehrsorten öffentlich einsehbare Listen führten, auf denen Besucher aus dem Ausland mit Name und Adresse aufgeführt waren. Gemäss einem Bericht der Schweizer Hotel-Revue vom 21. Januar 1932 hatte eine «grosse ausländische Reisefirma» festgestellt, dass unbekannte Personen regelmässig in diese Listen schauten. «Ihre Bureaux erhalten fast täglich Besuch von Leuten, welche die dort aufliegenden Fremdenlisten durchsehen und sich gewisse Namen und Adressen genau notieren. Zur Rede gestellt, entfernen sich diese Leute mit nichtssagenden Entschuldigungen oder Ausreden, weshalb die Vermutung besteht, es handle sich um dubiose Elemente, die entweder im Auftrage der Steuerbehörden oder anderer Organisationen Kundschaftsdienste leisten oder aber die Abwesenheit gutsituierter Familien zu Diebstählen in deren Wohnungen ausnutzen wollen.»

Klar war, dass die Angelegenheit ausländische Reisende abschrecken könnte. Die Schweizer Hotel-Revue empfahl den Fremdenorten, «im Interesse ihrer Besucher bis zur Wiederkehr besserer Wirtschaftsverhältnisse keine Fremdenlisten mehr zu publizieren.»

[DOSSIER]

Ueli Abt

130 ans hotelrevue

Abaisser les tarifs pour mieux redémarrer

Au sortir de la première guerre, nombreux sont les hôtels déficitaires en Suisse. La question des tarifs hôteliers se situe au cœur des débats en cette année 1922.
Laetitia Grandjean
En 1922, la nuit dans un hôtel de luxe coûte 19 fr., soit 52% plus chère qu'en 1914. Ici, le lobby du Montreux Palace au début des années 1920.
En 1922, la nuit dans un hôtel de luxe coûte 19 fr., soit 52% plus chère qu'en 1914. Ici, le lobby du Montreux Palace au début des années 1920.
En 1922, la nuit dans un hôtel de luxe coûte 19 fr., soit 52% plus chère qu'en 1914. Ici, le lobby du Montreux Palace au début des années 1920. image : Fairmont Le Montreux Palace
image : Fairmont Le Montreux Palace

En 1922, les hôteliers suisses subissent le contre-coup de la guerre de 14-18. Selon la Société fiduciaire suisse pour l'hôtellerie, 65% des hôtels ont bouclé leur exercice sur un déficit. Les voyageurs manquent à l'appel. Les hôteliers pâtissent de la conjoncture internationale et de la force du franc suisse. Après avoir connu une hausse massive durant la guerre, les prix des denrées diminuent, mais lentement. En 1922, la nuitée coûte entre 7 francs pour les hôtels de IIIe rang (5,50 fr. en 1914) et 19 francs (12,50 fr. en 1914) pour l'hôtellerie de luxe.

L'hôtellerie fait face à de constantes demandes et critiques afin de baisser à son tour ses tarifs et de revenir à ceux d'avant-guerre. La «Revue suisse des hôtels» consacre de nombreux articles à cette thématique brûlante en début d'année.

«La baisse du coût de l'existence est encore beaucoup trop faible pour que l'industrie hôtelière ait le devoir moral et économique de participer au mouvement de recul», lit-on dans l'édition du 12 janvier 1922. Le coût de la vie aurait baissé de 23% entre octobre 1920 et octobre 1921. Pour beaucoup, revenir aux tarifs d'avant-guerre serait une erreur. On estime que l'hôtellerie suisse travaillait, avant la guerre, à des prix «beaucoup trop bas» par rapport à la concurrence étrangère. «Les prix n’ont pas été convenablement adaptés au renchérissement; ils n’augmentèrent que de 60 à 70% dans une période où le coût général de l’existence était de 150% et plus au-dessus du niveau des années d’avant-guerre», lit-on dans ce même numéro. La «Revue suisse des hôtels» n'hésite pas à parler «d'abus d'avant-guerre», comme on peut le lire le 26 janvier 1922. 

«Avant la guerre, alors que les tarifs d'hôtel étaient d'une modicité plus qu'imprudente, alors que l'hôtellerie pratiquait une politique des prix qui devait, même sans la guerre, la conduire peu à peu à la ruine, la clientèle ne tarissait pas d'éloges sur notre compte, en se racontant d'un air satisfait tout ce qui était fourni dans telle ou telle maison pour tel ou tel prix.»

Cette question de la réglementation des prix figure d'ailleurs à l'ordre du jour de l'assemblée extraordinaire des délégués le 9 février 1922. Contre toutes attentes, l'assemblée accepte finalement de baisser ses tarifs de 10% sur les prix minimum des pensions et des repas, dès le 1er mars 1922. «De toutes parts, il est aujourd'hui question de baisse. De gré ou de force, il s'agit maintenant de répondre à cet appel général, dans l'espoir qu'une réduction aura une heureuse influence en Suisse aussi bien qu'à l'étranger», relève-t-on dans l'édition du 16 février 1922.

Pour justifier la modestie du geste, des voix rappellent régulièrement que le coût de biens de consommation reste élevé, tout comme les charges. On évoque le prix des denrées alimentaires, de la main d’œuvre, du mobilier, des réparations et constructions, du combustible ainsi que les impôts et les taux d'intérêt. Dans son édition du 4 mai, la «Revue suisse des hôtels» conseille d'ailleurs aux hôteliers de montrer les tarifs «aux clients ronchonneurs».

Fortement opposé à cette baisse qu'il juge prématurée, M. Angst, représentant des hôteliers de St-Moritz et des Grisons, doute de l'efficacité de la mesure. «Croyez-vous peut-être qu'une baisse de 10% vous amènera une clientèle plus nombreuse, qu'elle engagera le public à voyager davantage et à visiter de préférence notre pays de Suisse?», interroge-t-il dans un discours longuement retranscrit dans les éditions des 9 et 16 mars.[DOSSIER]

Pour ou contre la baisse de prix, une chose est sûre: l'hôtellerie suisse affirme sa volonté de retrouver le chemin de la prospérité et de devenir rentable. «L'hôtellerie consent à se contenter d'un gain très minime, mais elle ne peut pas travailler à perte», annonce l'organisation le 4 mai 1922.

«Il faut faire ressortir que les prix actuels sont encore trop bas pour que l'hôtellerie puisse réellement réaliser des bénéfices qu'elle méritait cependant, étant donné la somme de travail, de prestations et de risques qu'elle est obligée d'assumer.»

En juillet 1922, la «Revue suisse des hôtels» rapporte des plaintes de voyageurs à l'encontre d'hôtels s'écartant des prix officiels. Elle met les hôteliers en garde contre «le danger d'abuser des hauts prix pour les extras» et leurdemande de se conformer aux tarifs du Guide des hôtels.

Laetitia Grandjean

130 Jahre htr hotelrevue

Diskriminierende Fahrverbote, schimmliges Brot, viel Kopfschütteln

Manches, was im Jahr 1922 Alltag war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Und manches sorgte schon damals für Kopfschütteln. Drei skurrile Anekdoten aus der Hotel-Revue von früher.
Mischa Stünzi
Das Auto war auch im Jahr 1922 nicht überall gern gesehen. Kantone erliessen im Kampf gegen den motorisierten Individualverkehr teils skurrile Vorschriften.
Das Auto war auch im Jahr 1922 nicht überall gern gesehen. Kantone erliessen im Kampf gegen den motorisierten Individualverkehr teils skurrile Vorschriften. image : Bundesarchiv
image : Bundesarchiv

Fahrverbot für Fremde
Neulich berichteten wir hier, dass das Automobil 1912 in der Hotelbranche auf wenig Gegenliebe stiess. Auch 1922 war die Schweiz noch kein Autoland. So war beispielsweise Ausserkantonalen im Kanton Glarus sonntags das Autofahren untersagt. Die Strassen waren dann den Einheimischen vorbehalten. Im Kanton Nidwalden durften zwar jederzeit ausserkantonale Autos herumkurven. Das kostete allerdings Eintritt. Fünf Franken betrug «die Taxe für die Einfahrt in den Kanton an Sonn- und Feiertagen», drei Franken an Werktagen, heisst es in der Schweizer Hotel-Revue, wie diese Zeitung 1922 hiess. Und im Kanton Obwalden, der ein generelles Sonntagsfahrverbot kannte, stellte die Polizei «auf besonderes Gesuch hin Ausnahmebewilligungen für Automobilfahrten nach Obwalden auch an Sonntagen» aus – der «Fremdenindustrie» zuliebe.

Der Schimmelpilz isst mit
Brot kann je nach Lagerung recht schnell Schimmel ansetzen. Davor warnte die Hotel-Revue ihre Leser in Ausgabe 17 – aber nicht etwa, weil der Schimmel ein gesundheitliches Problem darstellt oder er schlicht unappetitlich ist. «Vor einiger Zeit sah ich in einer Wirtschaft, wie ein Bauer seelenvergnügt feuchtes, ganz dick verschimmeltes Schwarzbrot ass; dazu trank er allerdings tüchtig Branntwein», schrieb der Redaktor dazu. Weiter schlimm sei das allerdings nicht, schliesslich wisse man aus Versuchen, dass «die eigentlichen Schimmelpilze weder auf Tiere noch auf Menschen schädigende oder gar giftige Wirkungen ausüben». Dass die Hotel-Revue trotzdem vor Schimmel warnte, hatte einen anderen Grund: «Wohl zu beachten ist, dass durch Verschimmeln das Brot eine sehr erhebliche Gewichtsverminderung erleidet. Bei genügend raschem Wachstum können die Schimmelpilze mehr als die Hälfte der Nährsubstanz aufzehren [...]. Durch diese chemische Zersetzung wird schimmelndes Brot qualitativ und quantitativ erheblich geschädigt.»

Als es die Polizeistation einer US-Kleinstadt in die Zeitung schaffte
Kein anderes Jahr führte bei den Recherchen zu mehr Kopfschütteln als 1922. Etwa als die Hotel-Revue über Nebensächliches wie einen Riss in der Strandmauer des Ostseebads Rerik oder eine Alkoholkontrolle in der Polizeistation von Youngstown, Ohio, schrieb. Oder als sie sich offen rassistisch zeigte, indem sie etwa einen Witz abdruckte, bei dem ein schwarzer Sklave erdrosselt wird, oder sich über einen Juden enervierte, der Messwein importierte. Oder als man der Leserschaft mitteilte, weshalb ein Hotelbesuch für das weibliche Geschlecht erholsamer sei: «Denn auf dessen schwachen Schultern lastet ja der ganze mechanische Apparat eines gut geregelten eigenen Heims.» Oder man Alkohol als «eines der besten Heilmittel» anpries. Oder, oder, oder.

[DOSSIER]

130 Jahre htr Hotelrevue

Fehlende Herren, beschwipster Sommer, überraschender Buchtipp

Manches, was im Jahr 1912 Alltag war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Und manches sorgte schon damals für Kopfschütteln. Drei skurrile Anekdoten aus der Hotel-Revue von früher.
In Long Beach an der US-Westküste kam es 1912 zum Aufstand junger Touristinnen. Ihnen mangelte es an männlichen Begleitern.
In Long Beach an der US-Westküste kam es 1912 zum Aufstand junger Touristinnen. Ihnen mangelte es an männlichen Begleitern. image : Wikimedia/Charles C. Pierce
image : Wikimedia/Charles C. Pierce

Herrenmangel am Strand von Kalifornien
Wo bloss bekommt man auf die Schnelle mehrere Hundert standesgemässe junge Herren her? Diese Frage stellten sich 1912 die Hoteliers in den kalifornischen Seebädern. Denn zur Empörung der jungen Damen, die mit ihren Eltern an der amerikanischen Westküste Urlaub machten, gab es dort damals einen Mangel an jungen Männern, «die sich bereit finden, ihre Kavalierspflichten beim Baden, Tennis- und Golfspielen, Automobilfahrten und Tanzunterhaltungen zu erfüllen». Die weiblichen Gäste drohten den Hoteliers gar mit der Abreise, sollte dieser Mangel nicht schleunigst behoben werden. Mit Schleuderpreisen für «beste Zimmer und erstklassige Verpflegung» lockten die Gastgeber junge Männer nach Long Beach (im Bild). Ob sie damit Erfolg hatten oder die Damen vorzeitig von dannen zogen, darüber ist der Schweizer Hotel-Revue, wie die Zeitung damals noch hiess, leider nichts zu entnehmen.

Warnung vor dem Wasser als Durstlöscher
Was ist der optimale Durstlöscher im Sommer? Wasser? Auf keinen Fall! Fortwährendes Wassertrinken fordere den Durst erst recht heraus, so die Hotel-Revue 1912. Die Zeitung warnte ihre Leserschaft sogar vor der schwächenden Wirkung von H₂O, hatte aber auch einen praktischen Tipp auf Lager: «Wenn man dennoch aus Durstgefühl, Mangels eines andern Getränkes genötigt ist, Wasser zu trinken, so mische man diesem stets einige Tropfen guten Rhum, Cognac, Kirsch etc. bei.» Eigentlich gebe es nur einen einzigen richtigen Weg, den Durst zu stillen: mit Obstwein. Apfel- oder Birnenwein seien die idealsten Getränke im Sommer. Zwar war man sich schon damals durchaus bewusst, dass Alkohol letztlich ein Gift ist und «in grösseren Dosen [...] auf die Arbeitsleistung hemmend einwirkt», doch verglichen mit Wein und Bier sei der Alkoholgehalt von Obstwein ja nicht so gross. Auch aus «völkischer» Perspektive sei Obstwein dem Bier vorzuziehen. Denn Bier werde entweder importiert oder in der Schweiz durch überwiegend ausländische Fachkräfte hergestellt.

Die Redaktion empfiehlt ein wahres Wunderbuch
Buchtipps sind seit jeher eine beliebte Rubrik in vielen Zeitungen. 1912 empfahl die Redaktion der Hotel-Revue regelmässig interessanten Lesestoff – unter anderem in Ausgabe 30 jenes Buch, «das den Beifall der Handels-, Industrie- und Gewerbekreise finden dürfte». Dieses fülle eine vielfach empfundene Lücke, und die Vorteile einer Anschaffung «wiegen die geringe Ausgabe [Fr. 7.–] für dessen Ankauf völlig auf». Der Name dieses Wunderbuchs? Das schweizerische Telephonbuch – mit sämtlichen 80 000 Abonnenten des schweizerischen Telephonnetzes. Das Grossartige an diesem literarischen Werk, frohlockte die Hotel-Revue: «Die Namen der Ortschaften und Telephoninhaber sind alphabetisch eingeordnet, wodurch im Bedarfsfalle eine rasche Orientierung gegeben ist.» stü

130 Jahre htr hotelrevue

Stinkende, lärmende, gefährliche Ungetüme

Seit 130 Jahren berichtet die htr hotelrevue über Tourismusthemen. Was hat die Branche früher bewegt? Ein Blick zurück ins Jahr 1912.
Mischa Stünzi
Hoteliers fürchteten 1912, Automobilisten würden mit Lärm, Staub und Gestank die Gäste vertreiben. Bild um 1910.
Hoteliers fürchteten 1912, Automobilisten würden mit Lärm, Staub und Gestank die Gäste vertreiben. Bild um 1910. image : Schweizerisches Nationalmuseum
image : Schweizerisches Nationalmuseum

Die Klimajugend von heute kann sich ein Stückchen abschneiden vom Eifer, mit dem die Schweizer Hotel-Revue, so der damalige Name dieser Zeitung, in den frühen 1910er-Jahren gegen Benzinschleudern anschrieb. In seiner Heimat, meinte etwa ein Korrespondent aus Tirol, seien rund 2000 von insgesamt 3400 Wirten und Hoteliers veritable Autohasser, die sich «jedes am liebsten dorthin wünschen, wo Heulen und Zähneknirschen herrscht». Sie fürchteten, das Automobil vertreibe durch «Staub und Gestank, durch Lärm und Unsicherheit» die Hotelgäste. Dagegen beteten rund 50 – naja, er wolle nobel sein: 100 – Gastgeber das Automobil an und betrachteten es als Heilbringer.

Die Behörden hätten es verschlafen, das aufkommende Verkehrsmittel rechtzeitig zu regulieren, wetterte die Hotel-Revue in ihrer zweiten Ausgabe 1912.

Jetzt, wo es engelebt, ertönen von beiden Seiten die Klagen über bedeutende Schädigungen und der Staat mag niemanden wehe tun, muss aber nolens volens doch an die Frage herantreten und sie  f e s t  a n g r e i f e n.

Schweizer Hotel-Revue vom 13. Januar 1912

Das Automobil war zu dieser Zeit gerade auf dem Land auch bei der Bevölkerung nicht gern gesehen. Autofahrer mussten damit rechnen, mit Gülle und Mistgabeln angegriffen zu werden. Ein Autofahrer und Leser beschwerte sich darüber in der Hotel-Revue:

Jeder Bauernlümmel darf uns mit den gemeinsten Schimpfworten traktieren und wir Fahrer müssen die Faust im Sack machen, sonst gibts Mord und Totschlag.

Schweizer Hotel-Revue vom 6. Juli 1912

Eigentliche Autogegner waren die Redaktoren von damals aber keineswegs. Sie erkannten durchaus die Vorteile des individuellen Reisens für den Fremdenverkehr. Der Volkszorn gelte nicht dem Auto an sich, meinten sie, sondern dessen hässlichen Eigenschaften: der Schnelligkeitswut, dem Gestank und all dem Odium, der dem Vehikel anhafte.

Die Forderungen, die die Hotel-Revue daraus ableitete, könnten aus heutiger Sicht glatt dem Parteiprogramm der Grünen entstammen. Erstens: «An Sonntagen darf nirgends mit höherer Geschwindigkeit als 25 Km. in der Stunde gefahren werden.» Kantonen sei es gar erlaubt, dieses Geschwindigkeitslimit noch zu verschärfen. Und zweitens: «In den Monaten Mai, Juni, Juli, August und September darf mit Motorwagen und Motorvelos von morgens 10 bis abends 6 Uhr auf öffentl. Strassen nicht gefahren werden.»

Darauf folgte eine Lobpreisung des Elektroautos, denn «ruhige Fahrer auf elektrischem Motor» seien gern gesehene Gäste:

Ein anderer grosser Vorteil erwächst aber unserer Industrie durch den elektrischen Betrieb der Autovehikel. Der Umschwung vollzieht sich glücklicherweise gerade im Moment, wo unsere grossen Elektrizitätswerke im ganzen Lande anfangen, recht leistungsfähig zu werden. Durch einen ungewohnten Aufschwung wird damit die schweizerische elektrische Industrie alimentiert. Eine grosse Zahl Akkumulatorenstalionen im ganzen Lande werden den Verkehr für die gesamte Landesgegend befruchten. Die Zahl der Automobile wird bedeutend zunehmen, weil mancher bisherige Gegner des lärmenden, stinkenden und gefahrdrohenden Fahrzeuges sich mit dem ruhigen und geruchlosen elektrischen Automobil rasch befreunden wird. Andere Staaten werden sich gern dem von vielen Belästigungen befreienden neuen Fahrzeuge anschliessen. Wenn auch die Schnelligkeit in diesem lange nicht so gross ist, so ist das ja nur ein Glück für Fahrer und Publikum.

Schweizer Hotel-Revue vom 13. Januar 1912

Um 1912 begann ein grosser Umbruch im Tourismus. Bis dahin war die Eisenbahn unangefochten das Verkehrsmittel Nummer eins. Sie hatte das Reisen zum Massenphänomen gemacht: «So aber haben wir heute einen Reisendenaustausch von Land zu Land, eine kontinuierliche Völkerwanderung, im Vergleich zu deren Ausdehnung die historische Völkerbewegung verschwinden muss.» Doch ob es den Kollegen von damals passte oder nicht: Sie erlebten den Anbruch des Automobilzeitalters, genauer des Benzinerzeitalters.

Mischa Stünzi

130 Jahre htr hotelrevue

Der erbitterte Kampf wegen der Reklame

Seit 130 Jahren berichtet die htr hotelrevue über Tourismusthemen. Was hat die Branche früher bewegt? Ein Blick zurück ins Jahr 1902.
Mischa Stünzi
Schrille Werbung, wie sie die US-Zirkusunternehmer Barnum und Bailey machten, war den Schweizer Hoteliers 1902 suspekt.
Schrille Werbung, wie sie die US-Zirkusunternehmer Barnum und Bailey machten, war den Schweizer Hoteliers 1902 suspekt. image : Wikimedia
image : Wikimedia

Marketing – und als Teil davon die Werbung – ist aus der modernen Hotellerie nicht mehr wegzudenken. Die Marketingkosten machen je nach Hotelkategorie zwischen 1,6 (2-Sterne-Hotels) und 8,5 Prozent (5-Sterne-Hotels) des Gesamtertrags aus. Bei den Kollegen vor 120 Jahren wären solch hohe Auslagen auf Unverständnis gestossen. Reklame galt als Mittel, zu dem eigentlich nur erfolglose Hotels greifen mussten. Ein gutes Hotel spreche für sich.

Selbstredend war der US-amerikanische Zirkuspionier Phineas Taylor Barnum, der für seine schrillen, marktschreierischen Werbestrategien bekannt war, der Schweizer Hotel-Revue, wie sich die Zeitung 1902 nannte, suspekt. Als «König des Humbugs» wurde er deswegen im Blatt verunglimpft.

Zeitung wettert gegen «Parasit»
Um die Werbefrage entbrannte sogar ein veritabler Kleinkrieg, der ein aus heutiger Sicht unvorstellbares Ausmass annahm. Ihren Anfang nahm die Fehde in den 1890er-Jahren:

Es liessen sich hunderte von Reklame-Unternehmen aufzählen, die sich ihre Annoncen mit schwerem Gelde bezahlen lassen, ohne dafür auch nur die geringste Garantie zu bieten, dass das Geld gut angelegt ist.

Schweizer Hotel-Revue vom 15. Januar 1898

Im Artikel wurde auch eine gewisse «The English Mail» erwähnt. Anfangs kritisierte die Hotel-Revue nur die exorbitanten Preise dieser Publikation aus Frankfurt. Im Jahr 1902 aber drehte sich alles um die Frage, wie gross denn die Zahl der Abonnenten der «English Mail» eigentlich sei. Denn: «Es ist bekannt, dass Inserenten auf die hohe Auflage eines Blattes, in welchem sie inserieren sollen, grossen Wert legen.» Der Hotel-Revue war kein Aufwand zu gross, nachzuweisen, dass der Verleger, Herr Felbermann – von der Redaktion auch als «Parasit» tituliert –, die Reichweite seiner Zeitung geschönt hatte.

Man telefonierte etwa reihenweise die Hotels auf den Abonnentenlisten des «Herrn F.» ab, und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland. Dabei stellte die Redaktion etwa fest: 32 Hotels in Cannes waren gar nicht Abonnenten. Als sich Herr Felbermann in der «Wochenschrift», dem Organ des Internationalen Vereins der Gasthofbesitzer, rechtfertigen durfte, warf die Hotel-Revue der deutschen Zeitung Komplizenschaft vor. Diese wiederum beklagte die «ehrenrührige Beleidigung» und drohte mit einem Gerichtsprozess.

«Ein letztes Wort in Sachen der ‹English Mail›» - von wegen!
In Ausgabe 23 des Jahres 1902 – nach mehrmaligem Hin und Her zwischen den Zeitungen und dem Verleger – erschien der Beitrag «Ein letztes Wort in Sachen der ‹English Mail›». Mit einer flächendeckenden Umfrage unter den Mitgliedern des Schweizer Hotelier-Vereins wollte die Hotel-Revue die Angelegenheit ein für alle Mal klären:

Mit diesen Ausführungen [...] betrachten wir die Angelegenheit der „English Mail", ohne dass wir unserseits noch etwas beifügen, als erledigt, es sei denn, dass Herr Dr. Felbermann auch jetzt noch nicht zu der Einsicht gelangt, dass er besser gethan hätte, auf den ersten Angriffnicht zu reagieren, und er uns durch weitere Repliken zwingt, noch deutlicher zu sprechen. In diesem Falle werden wir von seinem Blatt auf seine Person übergehen, die er in der „Wochenschrift" vom 8. März so „über alles erhaben" hinzustellen versteht. A hon entendeur salut.

Schweizer Hotel-Revue vom 7. Juni 1902

Die Sache war damit gegessen? Weit gefehlt! Auch zehn Jahre später warnte die Hotel-Revue noch, Dr. Felbermann versuche «trotz aller Warnungen, die Schweizer Hotels [...] hineinzulegen». Beeindruckend, diese Hartnäckigkeit.

[DOSSIER]

130 Jahre htr hotelrevue

Kalte Züge, blumige Butter und muskulöse Putzkräfte

Manches, was im Jahr 1902 Alltag war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Und manches sorgte schon damals für Kopfschütteln. Drei skurrile Anekdoten aus der htr hotelrevue von früher.
Mischa Stünzi
Im Jahr 1902 mussten Züge in der Schweiz erst ab einer Aussentemperatur von unter 5° Celsius beheizt werden.
Im Jahr 1902 mussten Züge in der Schweiz erst ab einer Aussentemperatur von unter 5° Celsius beheizt werden. image : Wikimedia/SBB Historic
image : Wikimedia/SBB Historic

Bibbernde Zugreisende
Im Mai des Jahres 1902 sah sich ein Zugreisender veranlasst, sich bei den Bundesbahnen zu beschweren. Er habe auf seiner Reise von Baden nach Basel bitterlich gefroren. Die Antwort der Bahngesellschaft wurde damals in der Schweizer Hotel-Revue, wie die Zeitung 1902 hiess, zitiert: «Unter Bezugnahme auf Ihren Eintrag in das Beschwerdebuch des Bahnhofes Basel vom 19. Mai pto., betreffend Nichtbeheizung des Zuges 96 [...] beehren wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass gemäss bundesrätlicher Verordnung vom 30. Januar 1891 die Personenwagen der Eisenbahnen dann zu beheizen sind, wenn die äussere Temperatur unter 5° Celsius sinkt. Am 19. Mai betrug aber die äussere Temperatur abends 6 Uhr noch 10° Celsius.» Na, bitte schön: Damals wussten die SBB bestens, wie sich Energie sparen lässt.

Butter aus der Parfümerie
Dass Butter aromatisiert wird, ist auch heute an sich nichts Aussergewöhnliches. Was wäre zum Beispiel das Entrecote ohne hausgemachte Kräuterbutter? Doch was 1902 bei den «oberen Zehntausend in London» angesagt war, scheint aus heutiger Sicht doch eher von fragwürdigem Geschmack zu zeugen. Blumig parfümierte Butter auf dem Frühstückstisch war damals der letzte Schrei. «Die Milchwirtschaften, in denen dieses Produkt hergestellt wird, duften wie ein Blumenladen oder das Laboratorium eines Kosmetikers», schrieb die Hotel-Revue, die von dieser «Modetorheit» nicht unbedingt angetan war. Trotzdem liess sie es sich nicht nehmen, das Rezept für Rosenbutter zum Nachmachen zu veröffentlichen: «Die Butter [...] wird in dünnen Muslin eingeschlagen und in einen mit Rosenblättern gefüllten irdenen Topf gelegt. Die Blätter müssen die Butter vollständig bedecken. Hierauf setzt man das Gefäss in den Eiskasten, lässt es dort zehn Stunden stehen.» Fertig ist die dufte Sache.

Kraftprotze am Putzen
Um die Jahrhundertwende hielt ein Apparat im Hotel Einzug, der das Housekeeping revolutionierte: der «transportable Entstaubungsapparat», wie die Zeitung das Gerät nannte. Damit liessen sich Teppiche und Böden gleichermassen reinigen wie Möbel und Vorhänge. Der Staub werde durch Luftdruck aufgesogen und in Blechgefässe gefasst, von wo aus er bequem abgeführt werden könne, hiess es. «Der Apparat ist in Verbindung mit einem Elektromotor gebracht, der an die elektrische Hausleitung angeschlossen werden kann [...] und geeignete, bewegliche Spiralschläuche ermöglichen das Vordringen in den hintersten Winkel.» Diese «treffliche Konstruktion» hatte allerdings einen kleinen Haken, oder besser: einen gewichtigen Haken. Der transportable Apparat wog satte 100 Kilo. Wer arbeitete damals im Housekeeping? Arnold Schwarzenegger?

[DOSSIER]

130 Jahre htr hotel revue

Pyromanische Angestellte, tyrannische Hoteliers und destruktive Nobelgäste

Manches, was im Jahr 1892 Alltag war, erscheint aus heutiger Sicht bizarr. Und manches sorgte schon damals für Kopfschütteln. Drei skurrile Anekdoten aus der htr hotel revue von damals.
Mischa Stünzi
Der Grossbrand in Grindelwald von 1892 sorgte für die Frage: Sollen Hoteliers das Hab und Gut ihrer Angestellten versichern?
Der Grossbrand in Grindelwald von 1892 sorgte für die Frage: Sollen Hoteliers das Hab und Gut ihrer Angestellten versichern? image : Wikimedia/Fritz Gysi
image : Wikimedia/Fritz Gysi

Selbstlose oder doch pyromanische Angestellte
Nach einem verheerenden Grossbrand in Grindelwald, dem auch mehrere Hotels zum Opfer fielen, setzte sich der Schweizer Hotel-Verein für eine Versicherung von Hab und Gut der Hotelangestellten ein. Schliesslich sei es die moralische Pflicht jedes Angestellten, sich zuerst um die Gäste und danach um das «Besitzthum seines Brodherrn» zu kümmern. Das eigene Hab und Gut müsse er deshalb von vornherein verloren geben. Gleichzeitig gab der Verein aber auch zu bedenken, dass eine Brandschutzversicherung für die Angestellten auch «der Keim zu Versuchungen werden könne, die dem Versicherungsmotiv zuwider liefen» – sprich: Die Angestellten hätten neu einen Anreiz, das Hotel abzufackeln.

Noble Gäste mit destruktivem Hobby
Heute sind Tags aus der Graffiti-Szene bekannt. Die schnell gesprayten Erkennungszeichen zieren so manche urbane Hauswand. Die Urheber jener Tags, zu deren Opfer um 1892 die Schweizer Luxushotellerie wurde, waren aber nicht etwa jugendliche Schmierfinken/Künstler (je nach Blickwinkel), sondern noble Herr- und Frauschaften. Eine grosse Zahl fremder Gäste frönte dem Unfug, ihre Initialen oder Namen mit Diamantringen in Fensterscheiben und Spiegel zu kratzen, «um entweder die Aechtheit des Steines zu prüfen oder einen langweiligen Augenblick thätig auszunützen», berichtete die Hotel-Revue, wie die htr hotel revue damals hiess. Bei einer gewöhnlichen Fensterscheibe halte sich der Schaden noch im Rahmen, dafür sei er umso grösser, wenn der Spiegelschrank als Schreibtafel herhalten müsse.

Tyrannische Hoteliers, misshandelte Gäste
Die Hotel-Revue zitierte 1892 aus einer englischen Gazette: Der Schweizer Hotelier sei der «hervorragendste oder bemerkenswertheste Gegenstand in der Schweiz. Seit manchem Jahre hat er seine Ueberlegenheit zur Schau getragen.» Dem Lob folgte in «The Hotel» harsche Kritik: «Zahlreich sind die bekannt gewordenen Fälle von seinem tyrannischen und despotischen Wesen und nicht selten hört man von englischen Reisenden klagen, wie sie angegriffen und misshandelt worden seien.» Er selbst, so der englische Autor, sei auf der Rigi Zeuge geworden, wie Gäste «schwere Angriffe von Seiten des Hoteliers und seiner Kellner zu erdulden hatten». Gewiss sei der Redaktor für diese Zeilen von norwegischen Hotels bezahlt worden, der damals grössten Konkurrenz der Schweizer, vermutete die Hotel-Revue.

[RELATED]

Gastkommentar

Die htr hotel revue, ein Mehrwert für die Branche als Ganzes

Seit 130 Jahren mit Leib und Seele im Dienst der Tourismusbranche. Ein Gastkommentar zum Jubiläum von HotellerieSuisse-Direktor Claude Meier.
Claude Meier
Claude Meier

Erfolgreiche Branchen leben von Austausch, Wissensvermittlung und Inspiration. Die htr hotel revue fördert diese Eigenschaften seit nunmehr 130 Jahren. Im Zuge ihrer reichhaltigen Geschichte hat sie sich zum Leitmedium für die gesamte Schweizer Tourismusbranche entwickelt. Dabei bringen die Redaktorinnen und Redaktoren nicht nur die Trends von morgen zur Sprache. Vertiefte Einblicke, spannende Hintergründe und eine praxisorientierte Berichterstattung gehören ebenfalls zur htr-DNA.

In den flüchtigen, schnelllebigen Zeiten, in welchen wir uns im Zuge der digitalen Transformation befinden, gewinnen verlässliche Informationsplattformen laufend an Wert. Als Verband ist es für uns demzufolge ein Qualitätsmerkmal und eine Kernaufgabe zugleich, ein multimediales Wissens- und Informationsmedium bereitzustellen. Dies erlaubt zielgerichtete Botschaften seitens Verband, seitens Organisationen und Persönlichkeiten aus der Branche sowie seitens zahlreicher Partner. Gleichzeitig setzt die Redaktion mit ihren journalistischen Kompetenzen unabhängig Themen und schafft klare Meinungen. All dies sind zentrale Elemente für einen konstruktiven Dialog in einer zukunftsorientierten Branche.

Als Direktor von HotellerieSuisse erfüllt es mich mit Stolz, dass wir auch nach 130 Jahren noch immer unerschütterlich davon überzeugt sind, dass die Herausgabe eines Fachmediums einen entscheidenden Mehrwert für unsere Mitglieder, aber auch für die Branche als Ganzes darstellt.

Die htr hotel revue stellt ein unerlässliches Werkzeug dar – nicht nur für Fachkräfte, Entscheidungsträger, Meinungsmacher und Zulieferer in der Schweizer Tourismusbranche, sondern auch für HotellerieSuisse.

[DOSSIER]

130 Jahre htr hotel revue

Brauchen Angestellte wirklich einen Ruhetag?

Seit 130 Jahren berichtet die htr hotel revue über Tourismusthemen. Was hat die Branche früher bewegt? Ein Blick zurück ins Jahr 1892.
Mischa Stünzi
Köchinnen in einem unbekannten Betrieb um 1915.
Köchinnen in einem unbekannten Betrieb um 1915. image : zvg/Evelyne Lüthi-Graf (Hotelarchiv Schweiz)
image : zvg/Evelyne Lüthi-Graf (Hotelarchiv Schweiz)

Die 4-Tage-Woche ist derzeit in der Branche ein ganz heisses Thema. Sie soll zur besseren Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben beitragen und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Auch im Jahr 1892 diskutierte die Hotellerie intensiv über die Arbeitstage der Angestellten. Vier Tage arbeiten, drei Tage frei – davon konnten die Arbeitskräfte damals allerdings nur träumen.

Es gebe unter Hotelangestellten «eine gewisse Strömung», welche die Einführung eines wöchentlich wiederkehrenden Ruhetags verlange, heisst es in der zweiten Ausgabe der Hotel-Revue, wie sich die htr hotel revue damals noch nannte. Die Basler Sektion des Genfervereins, einer internationalen Kellner-Vereinigung, hatte beschlossen: «Dem Ansuchen, Schritte zu thun, um auf gesetzlichem Wege die gerechte Forderung des Kellnerstandes auf einen Ruhetag durchzusetzen, soll entsprochen werden.»

16 bis 18 Stunden am Tage sind etwas viel
Heutzutage sind es nicht unbedingt die Angestellten, die auf eine 4-Tage-Woche pochen, sondern die Arbeitgeber, die diesbezüglich vorwärtsmachen. Sie sehen die Vorteile wie bessere Positionierung auf dem Arbeitsmarkt, weniger Fluktuation und ausgeruhtere und motiviertere Angestellte. 1892 dagegen konnten die Hoteliers der Idee eines Ruhetags nicht viel abgewinnen. In der Hotel-Revue schien man sich gar über das Hauptargument der Angestellten lustig zu machen, ein Ruhetag diene der physischen Ruhe und «Befriedigung des Seelenlebens»:

Vom idealischen Standpunkte aus betrachtet, sind diese Bestrebungen sehr lobenswerth, sowie jedoch Zweifel erlaubt sind in Bezug auf den Besuch des Gottesdienstes, wenn die freie Zeit an Sonntagen gestattet worden könnte, ebensogut darf in Frage gezogen werden, ob ein Ruhetag per Woche wirklich der geistigen und körperlichen Erholung gewidmet werde. Läge hiefür eine Garantie vor, so wollten wir es mit Freuden übernehmen, diesen Vorsätzen das Wort zu reden, leider aber müssen wir eingestehen, dass uns die Verantwortlichkeit für die eventuellen Folgen als zu gross erscheint, eingedenk des Bibelspruches: «Der Geist ist willig aber das Fleisch ist schwach.»

Hotel-Revue vom 19. März 1892

Auch dem Argument, ein Ruhetag pro Woche könne mithelfen, das Vereinsleben wiederzubeleben, konnte das Blatt wenig abgewinnen: Ein Verein müsse sich ja nicht wöchentlich treffen; stattdessen sei eine Vereinszusammenkunft pro Monat genug. Zudem würden – solange keine ausserordentlichen Traktanden vorlägen – ein paar Stunden für eine Vereinssitzung ausreichen, so die Autoren in der Hotel-Revue. Überhaupt werde «jeder vernünftige Angestellte» einsehen, dass während der Hauptsaison so oder so «von freien Tagen nicht wohl die Rede sein kann».

Es ist aber nicht so, dass sich der Schweizer Hotel-Verein grundsätzlich gegen die Debatte über eine Reduktion der Arbeitszeiten gesträubt hätte. Offenbar war den Arbeitgebern durchaus bewusst, dass Arbeitstage, die regelmässig 16 bis 18 Stunden dauerten, etwas gar lang waren. Nur sollte die Debatte nicht auf dem gesetzlichen Weg, sondern auf dem «friedlichen» Weg passieren, wie es die Hotel-Revue nannte.

Man drohte den Angestellten unverblümt
Die Redaktion war sich aber auch nicht zu schade, den Angestellten offen zu drohen – etwa mit der Einführung von Arbeit auf Abruf:

Ferner darf man bei dieser tiefeingreifenden Frage wohl einen Blick über die Gegenwart hinauswerfen und sich fragen, oh nicht durch allzu strammes Spannen des Bogens einem Uebelstand in die jetzigen Verhältnisse Eingang verschafft werde, der Gott sei Dank in der Schweiz noch nicht besteht, nämlich dem Systeme, einem Theil der Angestellten nur in der Stunde des Tages zu rufen, in welcher man für ihn Beschäftigung hat, sei es zur Mittags- oder Abendzeit.

Hotel-Revue vom 9. April 1892

Und in Richtung Union Helvetia, der heutigen Hotel & Gastro Union, giftelte die Zeitung, wenn die Berufsorganisation weiterhin auf eine gesetzliche Regelung der Ruhetage poche, werde sie eines schönen Morgens feststellen, dass der erfolgversprechende, «friedliche» Weg versperrt sei. Wer zu viel wolle, gehe für gewöhnlich leer aus. Der letzte Beitrag 1892 zum Thema schloss mit den Worten: «Wir möchten ihr [der Union Helvetia] desshalb den gutgemeinten Rath ertheilen, sich in der betreffenden Frage so lange Ruhe zu gönnen, bis die Ruhetagskommission des Hoteliervereins gesprochen hat.»

[DOSSIER]