Für den Sommer macht eine Studie von BAK Economics eine für den Tourismus erfreuliche Prognose: Trotz bremsender Effekte wächst die Nachfrage nach Ferien in der Schweiz deutlich.

Erschwerend wirke sich aus, dass die Fluglinien pandemiebedingt ihre Angebote hätten anpassen müssen. Da die reduzierten Personalbestände nicht beliebig schnell wieder hochgefahren werden könnten, bleibe das Angebot an Flügen knapp. Wachstumsimpulse aus den Fernmärkten würden aber auch durch hohe Treibstoff- und damit hohe Ticketpreise abgeschwächt. Bremsend wirke sich auch aus, dass China weiterhin eine Zero-Covid-Strategie verfolge und sich der Geschäftstourismus strukturell bedingt nur zögerlich erhole.

Gäste wollen endlich ihre verpassten Ferien nachholen
Trotzdem geht die kürzlich publizierte Studie von einer deutlich spürbaren Erholung aus. «Das Total der Übernachtungen dürfte sich gegenüber dem Sommer 2021 klar erhöhen», heisst es in der Studie. Der Wegfall der meisten Reisebeschränkungen und das damit einhergehende Bedürfnis der Gäste, die verpassten Ferien nachzuholen, würden gegenüber den bremsenden Effekten klar überwiegen.

Besonders die im Sommer 2021 noch grösstenteils weggebliebenen Gäste aus den Fernmärkten dürften laut Studie vermehrt wieder in die Schweiz kommen. Der grösste Wachstumsschub gehe dabei von den USA aus. Die Anzahl Logiernächte aus den Fernmärkten werde sich gegenüber dem Sommer 2021 mehr als verdreifachen.

Weitere positive Impulse dürften von den europäischen Gästen kommen. Aufgrund der besseren Reisebedingungen geht die Studie von 36 Prozent mehr Logiernächten gegenüber der Vorjahresperiode aus. Den Löwenanteil dieses Wachstums würden Gäste aus dem Vereinigten Königreich ausmachen. «Obwohl sich die Nachfrage aus Europa damit grösstenteils normalisiert, wird im Sommer 2022 gegenüber dem Sommer 2019 mit 95 Prozent der Logiernächtenachfrage das Vorkrisenniveau knapp nicht erreicht.» Laut Studie wird es die Schweizer Gäste diesmal vermehrt ins Ausland ziehen. Gegenüber dem hervorragenden Sommer 2021 erwarten die Ökonomen eine Reduktion um 16 Prozent. Trotzdem bleibe damit das Niveau der inländischen Logiernächte immer noch gut 10 Prozent über dem Vorkrisenniveau.

Städte: Während der Krise lieber in die Berge
Besonders stark von der Covid-19-Krise betroffen waren gemäss der Studie die städtischen Gebiete. 2020 wie auch 2021 seien dort die Logiernächtezahlen um fast die Hälfte eingebrochen – gegenüber 20 Prozent in alpinen Gemeinden. Die Städte hätten klassischerweise einen höheren Anteil an Gästen aus den europäischen Märkten und besonders den Fernmärkten. In der Krise gingen hier die Logiernächte besonders stark zurück.

BAK Economics rechnet damit, dass aufgrund struktureller Anpassungen rund 15 Prozent des Geschäftstourismus permanent wegfallen werden. Dabei würden die Logiernächtezahlen in urbanen Räumen das Vorkrisenniveau wohl erst 2024 erreichen, heisst es in der Studie.

Was verschiedene Tourismusziele in der Schweiz erwartet

Berner Oberland: Weniger Schweizer Gäste Für Sommer 2022 erwartet BAK Economics für die Tourismusregion Bern im Vergleich zum Sommer 2021 eine Erhöhung der Nachfrage um 9,2 Prozent. Die Tourismusregion habe mit 49 Prozent einen mittelhohen Anteil an Schweizer Gästen. Laut Prognose wird dieser Anteil im Sommer zurückgehen. «Dies schwächt das Wachstum ab», sagt Benjamin Studer von BAK Economics.

Positive Impulse erwarten die Ökonomen insbesondere von den Fernmärkten, insbesondere den USA und dem Nahen Osten und von Gästen aus dem Vereinigten Königreich. Bei der Region Bern würden unter dem Strich die positiven Aufholeffekte der ausländischen Gäste die negativen Impulse aus der rückläufigen Nachfrage der Schweizer Gäste überwiegen.

Da die Region auch aufgrund der Stadt Bern in den Krisenjahren stärker gelitten habe als die Regionen Graubünden oder Wallis, sieht Studer das Niveau der Logiernächte im Tourismusjahr 2022 immer noch knapp 15 Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus.

Graubünden: Zurück zur Normalität Für die Bündner Hotellerie erwarten die Ökonomen im kommenden Sommer ein Minus von 5,6 Prozent bei den Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr.

Laut Benjamin Studer von BAK Economics hat dieser Rückgang mit der erfreulichen Entwicklung im Vorjahr zu tun. Damals verbrachte eine Rekordzahl von Schweizer Gästen – rund 60 Prozent – während der Pandemie ihre Ferien in Graubünden. Insbesondere Gäste aus der Schweiz, aber auch solche aus Europa fühlten sich vermehrt von ruhigem, ländlichem Tourismus angesprochen – gegenüber einem Aufenthalt in einer Schweizer Stadt. Graubünden habe somit weniger gravierende Einbussen hinnehmen müssen. In den nächsten Monaten wird gemäss Studer mit dem allmählichen Wegfall von Einschränkungen «eine Annäherung an den Normalzustand» stattfinden. Bei immer noch klar überdurchschnittlicher Nachfrage resultierte in den nächsten Saisons ein leichter Rückgang der Logiernächte.

Wallis: Mehr Gäste aus UK und Deutschland Gemäss Prognose von BAK Economics wird sich die Nachfrage im Wallis im kommenden Sommer im Vergleich zum Vorjahr um 8,9 Prozent erhöhen. Laut Benjamin Studer hatte das Wallis vor der Krise mit 49 Prozent einen mittelhohen Anteil an Schweizer Gästen. Für Sommer 2022 erwartet er weniger Schweizer Gäste im Wallis. Positive Impulse sind hingegen insbesondere von den USA, von Gästen aus dem Vereinigten Königreich und Deutschland zu erwarten. «Beim Wallis überwiegen daher auch die positiven Aufholeffekte der ausländischen Gäste die negativen Impulse der Nachfrage der Schweizer Gäste», so Studer.

Das Wallis hat traditionell etwas mehr ausländische Gäste als Graubünden – litt daher in der Pandemie etwas stärker, aber weniger als die Region Bern. Aufgrund der Veränderung der Präferenzen der Gästen geht Studer davon aus, dass die Logiernächtezahlen im Tourismusjahr 2022 noch knapp 2 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegen werden.

Luzern, Basel, Zürich: Weiterhin weniger Gäste In den Städten Basel, Luzern und Zürich beträgt der Anteil an Schweizer Gästen traditionell je weniger als ein Drittel. Am meisten ausländische Gäste verzeichnet die Stadt Luzern mit knapp 60 Prozent. Ein bedeutender Fernmarkt ist China. Laut Luzern Tourismus entfallen 9 Prozent der Logiernächte auf chinesische Gäste, die wichtigste Gruppe aus dem Ausland seien Gäste aus den USA mit rund 19 Prozent. Gemäss Prognose von BAK Economics kehren die chinesischen Gäste aufgrund der Zero-Corona-Politik erst im Jahr 2023 zurück. Somit dürfte in Luzern die Erholung der Logiernächtezahlen am längsten dauern. Aber auch in Zürich und Basel sind hemmende Faktoren ersichtlich.

In Zürich ist es der sehr gewichtige und sich immer noch nur schleppend erholende Geschäftstourismus, der die Entwicklung bremst. In Basel war schon vor der Krise durch zunehmende Digitalisierung ein Strukturwandel im Messegewerbe zu beobachten – was weiterhin einer Erholung entgegenwirkt. Daraus resultieren für alle drei Städte noch immer weniger Logiernächte als vor der Krise. Luzern wird im Tourismusjahr 2022 knapp 35 Prozent, Zürich 26 Prozent und Basel gut 22 Prozent darunter liegen, so die Prognosen.