Der Flughafen Zürich darf sein Angebot in der Nacht vorerst nicht ausbauen. Grund dafür ist der Fluglärm. Es ist das erste Mal, dass der Bund Massnahmen gegen Fluglärm in der Nacht anordnet. Am Flughafen Zürich landen gemäss Plan zwischen 21 Uhr bis kurz vor Mitternacht jeweils 56 Flugzeuge. Abheben dürften zwischen 22.20 und 22.45 Uhr noch 11 Maschinen. Das ist allerdings Theorie. In der Praxis kommt es zu Verspätungen, was mehr Flugbewegungen und mehr Lärm mit sich bringt.

Darunter leiden Anwohner in Gebieten der Kantone Zürich, Aargau und Schaffhausen. Darum hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt Bazl nun entschieden, dass der Flughafen Zürich seine Kapazitäten nicht zusätzlich ausbauen darf. Er muss sich an die bisher definierten Zeitfenster für Starts und Landungen (Slots) halten. Das heisst auch, dass die neuen Schnellabrollwege ab Piste 28, die demnächst in Betrieb genommen werden, ausschliesslich zur pünktlichen Abwicklung der Landungen ab 21 Uhr genutzt werden dürfen.

In einer ersten Stellungnahme bedauert der Flughafen den Entscheid. Zwar sei es positiv, dass es sich um eine Plafonierung und nicht um eine Reduktion handelt, sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Doch mit der Plafonierung würden auch die Entwicklungsmöglichkeiten des Flughafens beschnitten. Gerade für interkontinentale Flüge und deren Anschlüsse ans europäische Netz möchte der Flughafen flexibler sein.

Systematischen Verspätungen
Für die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürichs allerdings ist der Entscheid positiv. «Grundsätzlich begrüsse ich den Entscheid. Es besteht ein breiter Konsens, dass die Nachtruhe eingehalten werden muss», sagte Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Verspätungen seien systematisch gewesen.

Kritisch äussern sich hingegen die Zürcher Handelskammer sowie der Verein Pro Flughafen. Beide sehen die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts in Gefahr. Dem Flughafen würden Fesseln angelegt, die seine Weiterentwicklung behindern. Aus Sicht der Zürcher Volkswirtschaftsdirektion büsst der Flughafen Zürich aber an nichts ein: Trotz der Begrenzung der Slots am Abend könne der Flughafen seine Funktion als Hub aufrecht erhalten. «Eine Reduktion der Verspätungen und ein verlässlicher Betrieb des Flughafens ist im Sinne aller Parteien», sagte Walker Späh.

Offene Türen
Ein Ausbau des Flugbetriebs ist mit dem Entscheid übrigens nicht vom Tisch. Das Bazl selbst will die zulässigen Lärmbelastungen in der Nacht nochmals prüfen und allenfalls neu festlegen. Zu diesem Zweck verlangt das Bazl vom Flughafen neue Fluglärmberechnungen.

Für die Organisation Fluglärm Süd, die sich für die Städte und Anwohner im Süden des Flughafens einsetzt, ist das heikel. Zwar bewege sich mit dem Entscheid des Bazl endlich etwas in der Nachtfluglärmfrage. Doch die angekündigte Prüfung könnte eine schlechte Nachricht sein, wenn sie nur im Sinn des Flughafenbetreiber ausfalle, schreibt die Organisation. Die IG Nord begrüsst den Umstand, dass das Bazl «endlich Massnahmen» anordne. Doch gehen ihr diese zu wenig weit: «Die Plafonierung der Lärmbelastung auf dem heutigen, untragbaren Zustand ist für die Bevölkerung kein Gewinn.» (sda/og)