Der Bundesrat überarbeitete seine Langfristperspektive von 2012 und legte sie am Mittwoch unter dem Titel «Bahn 2050» neu auf. Standen bisher die Beseitigung von Engpässen und ein verdichteter Takt im Fokus der Strategie, sind es neu die kurzen und mittleren Distanzen.

Im Zentrum sind nun regionale Zentren und Ballungsräume. Die Stossrichtung sei klar, sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga am Mittwoch in Bern vor den Medien. «Wir wollen dort ausbauen, wo das Potenzial am grössten ist und wo die Bahn täglich von Tausenden benutzt wird. So setzen wir die vorhandenen Mittel am besten ein.»

Schweizweit wolle der Bundesrat das S-Bahn-Netz stärken. Ebenso sollten Verkehrsdrehscheiben mit Umsteigemöglichkeiten auf andere Verkehrsmittel entstehen. In Bahnhöfen in Vorstädten sollen vermehrt auch Interregio- oder auch Regionalexpress-Züge halten.

Punktuelle Fahrzeitverkürzungen
Denn bei Verbindungen zwischen regionalen Zentren respektive regionalen Zentren und Agglomerationen sieht die Landesregierung Potenzial für den Bahnverkehr. Im Fernverkehr will der Bundesrat in erster Linie dort ansetzen, wo der Zug heute gegenüber dem Auto im Nachteil ist.

Ein Beispiel für eine derartige punktuelle Verbesserung sei die Fernverkehrsverbindung zwischen Bern respektive Freiburg und Lausanne, sagte Sommaruga auf eine Journalistenfrage.[RELATED]

Im Güterverkehr denkt der Bundesrat an neue intermodale Umschlagplattformen und City-Logistik-Anlagen, um den Zugang zur Bahn zu verbessern. Von den Neuerungen verspricht er sich einen Beitrag an die Erreichung der Klimaziele. Bis 2050 soll die Schweiz unter dem Strich keine Treibhausgase mehr ausstossen.

Vollausbau am Lötschberg
Zugleich passte der Bundesrat am Mittwoch schon beschlossene Ausbauschritte an. Zum Beispiel will er den Lötschberg-Basistunnel durchgehend zweispurig ausbauen statt wie bisher geplant teilweise und dieses Vorhaben in den Ausbauschritt 2035 aufnehmen. Dies soll dem Tunnel mehr Kapazität geben und den Betrieb stabilisieren.

Das Bahnunternehmen BLS und das mehrere Kantone umfassende Lötschberg-Komitee machen sich seit Jahren für einen Vollausbau des Basistunnels stark. Sie argumentieren, ein komplett zweispuriger Tunnel erhöhe die Kapazität dieser wichtigen Achse. Zudem bliebe der Tunnel bei einem Vollausbau während der ganzen Bauzeit befahrbar.

Der Ausbau am Lötschberg und noch weitere Projekte werden mehr kosten als zunächst budgetiert. Genannt werden der Brüttenertunnel zwischen Zürich und Winterthur, der Zimmerberg-Basistunnel auf der Strecke Zürich - Zug, der Bahnhof Stadelhofen in Zürich sowie der Knoten Genf.

Für Mehrkosten, die nicht bei anderen Projekten kompensiert werden können, beantragt der Bundesrat deshalb zusätzliche 720 Millionen Franken. Im Rahmen des Bahninfrastrukturfonds (BIF) seien diese Mehrausgaben gedeckt, schrieb er. Auch der Betrieb und der Substanzerhalt blieben langfristig finanziert.

Eine Folge der Ausbauten seien mehr Baustellen, so der Bundesrat. Damit diese Baustellen zumutbar blieben, würden manche Arbeiten mit Verzögerung ausgeführt. Die Folge davon ist, dass in einigen Fällen Verbesserungen drei bis fünf Jahre später kommen als geplant, also statt 2035 erst gegen 2040.

«Operation am offenen Herzen»
Es werde unter laufendem Betrieb gearbeitet, begründete Sommaruga die Verzögerung und sprach von einer «Operation am offenen Herzen». Rund 300 Projekte seien mit den Ausbauschritten 2025 und 2035 beschlossen worden und würden nun umgesetzt. Platz für neue, zusätzliche Projekte gebe im Hauptnetz der SBB erst wieder ab 2033.

Peter Füglistaller, Direktor des Bundesamtes für Verkehr, zog einen Vergleich zu der seinerzeitigen «Bahn 2000». Damals seien 5,4 Milliarden Franken verbaut worden. In den letzten Jahren hingegen habe das Parlament Bahn-Ausbauprojekte im Umfang von 25 Milliarden Franken bewilligt.

Die Vorschläge des Bundesrates gehen nun bis 14. Oktober in die Vernehmlassung. Die Botschaft ans Parlament für einen weiteren Bahn-Ausbauschritt ist für 2026 vorgesehen. Der Entscheid für den übernächsten, grösseren Ausbauschritt ist für 2030 vorgesehen. (sda/npa)