Zur weitherum beliebten 1.-August-Feier der Stadt Olten gehört seit jeher ein grosses Feuerwerk als farbenprächtiger Höhepunkt dazu. In diesem Jahr jedoch nicht. Mit Blick auf den «dringend erforderlichen Klimaschutz» hat der Oltner Stadtrat unlängst beschlossen, ab sofort auf das Abbrennen des traditionellen Feuerwerks zu verzichten. Stefan Ulrich, Geschäftsführer von Region Olten Tourismus, findet den Entscheid nicht nur aus politischer, sondern auch aus touristischer Sicht richtig: «Der sich ­beschleunigende Klimawandel verlangt dringend nach griffigen und weitreichenden Massnahmen.» Ein Feuerwerksverzicht entspreche dem heutigen Zeitgeist und biete Olten die Gelegenheit, in einem positiven Sinn Imagewerbung zu machen. Ulrich ist denn auch überzeugt, dass der Oltner Entscheid Beachtung, Anerkennung und Nachahmung finden wird. Gewisse Gäste würden wegen des fehlenden Feuerwerks vielleicht nicht mehr nach Olten reisen, für andere sei aber gerade das der Grund, zu kommen. «Gut möglich, dass die positiven Effekte des Verzichts im Bezug auf die Wertschöpfung am Schluss überwiegen werden.»

Biel und Luzern: das lokale Gewerbe profitiert
Funkeln und Knallen wird es dafür wie gewohnt über dem Bielersee, wenn am 31. Juli das Bielerseefest mit dem bezeichnenden Namen «Big Bang» stattfindet. «Fest und Feuerwerk gehören zu den grössten in der Schweiz», sagt Oliver von Allmen, Direktor von Tourismus Biel Seeland und Präsident des Bielerseefests. «Je nach Wetter erwarten wir bis zu 70'000 Besucher.» Da viele der eingebundenen Standbetreiber aus der Region und der Stadt Biel kämen, würde durch das Bielerseefest eine entsprechend hohe Wertschöpfung für das lokale Gewerbe generiert. Trotzdem wurden auch die Macher des Bielerseefests schon mit politischen Vorstössen konfrontiert. «Dabei ging es jedoch weniger um Klimaschutzgründe als um die Lärmbelastung», sagt von Allmen. «Als Kompromiss haben wir im letzten Jahr die lauten Böller reduziert.» Und überhaupt, eines dürfe bei der ganzen Diskussion nicht vergessen werden: «Der ganze Zauber dauert 30 Minuten, danach ist für 364 Tage und dreiundzwanzigeinhalb Stunden wieder Ruhe.»

In Luzern wird seit zwölf Jahren jeweils an Neujahr das Feuerwerk Neujahrszauber mit musikalischer Begleitung durchgeführt. «Ein Feuerwerk ist jahrtausendalte Handwerkskunst mit viel Tradition und für Gäste noch immer ein einzigartiges Erlebnis und Motivation, eine Stadt zu einer bestimmten Zeit zu besuchen», sagt Marcel Perren, Direktor von Luzern Tourismus. «Zusammen mit anderen Events dient das Feuerwerk unserer Strategie, das Angebot im Dezember und Januar in Luzern noch attraktiver zu gestalten. So können ausserhalb der Hochsaison höhere Auslastungen erzielt und die Logiernächte besser über das Jahr verteilt werden.» Es gäbe sicherlich innovative Alternativen zu einem Feuerwerk, Drohnenshows etwa. Wobei auch Drohnen per se polarisieren würden. «Im Gegensatz dazu berücksichtigt das Feuerwerk in Luzern bei der Umsetzung mit der Firma Bugano aus Neudorf die regionale Wirtschaft und ist so hinsichtlich der Wertschöpfung nachhaltiger», findet Perren.

Klimadiskussion schwappt über die Grenze
Seit rund 70 Jahren gibt es bereits das Seenachtsfest in Kreuzlingen. «Der Anlass fand im Lauf der Zeit in unterschiedlichen Versionen und mit verschiedenen Konzepten statt», erzählt Nicole Esslinger, Geschäftsführerin von Kreuzlingen Tourismus. «Eines hat sich jedoch nie geändert: Das Feuerwerk steht im Mittelpunkt des Anlasses – und das Feuerwerk ist es auch, was die vielen Besucher fasziniert und anzieht.»

Dieses Frühjahr hat Kreuzlingens deutsche Nachbarstadt Konstanz den Klimanotstand ausgerufen und angekündigt, das Konstanzer Seenachtsfest in der bestehenden Form letztmalig durchzuführen. Zwar werden die Seenachtsfeste in Kreuzlingen und Konstanz getrennt gefeiert, das Feuerwerk wird jedoch gemeinsam durchgeführt. Welche Auswirkungen der Konstanzer Entscheid für Kreuzlingen hat, weiss Esslinger nicht. Eine Abschaffung des Events würde sie aus touristischer Sicht jedoch bedauern: «50'000 Besucher in Kreuzlingen zu haben, ist ein grosses Ding für uns. Die Unterkünfte in der Gegend sind in der Regel bereits Wochen im Voraus belegt. Wir würden nur ungern auf diese sehr erfolgreiche Veranstaltung verzichten.»

Trotzdem ist für Esslinger klar, dass sich der Tourismus der aktuellen Klimaschutzdiskussion nicht entziehen kann: «Auch vor einem Grossanlass mit Feuerwerk macht diese Diskussion nicht halt. Und das ist auch richtig so.» Persönlich fände sie es gut, Dinge zu hinterfragen und Neues zu probieren, besonders im Hinblick auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Entsprechend optimistisch blickt sie in die Zukunft: «Den Mutigen gehört die Welt!»

Mut bewies man in Arosa bereits vor einem Jahr, als beschlossen wurde, das traditionelle 1.-­August-Feuerwerk nicht mehr durchzuführen. «In den alpinen Regionen würde ich überall voll und ganz auf Feuerwerk verzichten. Es passt einfach nicht in die Berge», sagt Kurdirektor Pascal Jenny. «Stilles Feuerwerk in Form von Höhenfeuern auf den Gipfeln oder Lichterflossen auf dem See wollen wir in Arosa aber auch weiterhin unbedingt möglich machen.» Nach dem Entscheid verzeichnete man in Arosa überdurchschnittlich viele Bu­chungen von Gästen mit Haustieren. Und dieses Jahr zieht auch die private Wirtschaft mit: In Arosa wird kaum noch lautes Feuerwerk verkauft. «Arosa ist durch das Bärenland und die Vision, Tierschutz und Tourismus zu verbinden, bei Tierfreunden zu einem Begriff geworden», sagt Jenny. «Durch unseren Feuerwerksverzicht können wir bei dieser Zielgruppe weiter punkten und neue Gäste für einen Besuch begeistern.»

Anders als in Arosa wurden in Davos in diesem Jahr bis jetzt sechs Bewilligungen für Grossfeuerwerke erteilt. «Auch An­bieter von Ferien und Freizeit müssen sich heute Nachhaltigkeitsthemen stellen», ist sich Reto Branschi, Direktor der Destination Davos Klosters, bewusst. «Da kann ich Fragen rund um Feuerwerke durchaus nachvollziehen.» Wichtiger als Klimaaspekte wie die Feinstaubbelastung sind ihm jedoch Fragen rund um das Tierwohl. «Haustiere leiden enorm unter dem Lärm und den grellen Lichteffekten von Feuerwerken», sagt Branschi. «Als Bündner liegt mir auch das Wild am Herzen. Wildtiere geraten durch Feuerwerke in Panik. Gerade in den harten Wintermonaten kann ein Silvesterfeuerwerk für die Tiere tödliche Folgen haben.» Deshalb würden in Davos laufend auch Alternativen geprüft. Licht- und Videoprojektionen etwa. Gebäude, Schneeflächen und ganze Berge könnten nachts zur Leinwand werden, ergänzt mit Musik ergäbe das wunderbare Spektakel. «Unsere Gäste wollen unterhalten werden», weiss Branschi. «Wenn man die Feuerwerke streichen will, muss man den Leuten erklären, weshalb. Und ein attraktives Ersatzangebot sollte auf jeden Fall Teil der Überlegungen sein.» (Diego Stocker)