Seit «The Dolder Grand» in 152 Metern Tiefe 70 Erdsonden einbauen liess, heizt das Luxushotel klimafreundlich: Dank der Geothermie-Anlage bezieht es die Energie fürs Heizen aus dem Untergrund – und nicht aus fossilen Brennstoffen. Ein Umbau von 2004 bis 2008 vergrösserte die Nutzfläche des Hauses massiv – das damals eingebaute nachhaltige Heizsystem verringert dabei aber auch den Bedarf an fossiler Energie beträchtlich.

Laut Joachim Schweier, Kommunikationsmanager des «Dolder Grand», investiert das Unternehmen zudem seither jährlich mehrere Zehntausend Franken in die energetische Optimierung der Anlagen – von der Umstellung auf LED bis zur Verbesserung der Regenerierfähigkeit des Erdsondensystems. Laut Schweier können so jährlich über 1500 Megawattstunden Energie gespart werden.

Gäste können mit der Meat Tax ihren Teil beitragen
Schweizer Hotels investieren viel, damit ihr Betrieb langfristig immer klimafreundlicher wird. Im Verein Responsible Hotels of Switzerland haben sich mehrere Hotels zusammengeschlossen, unter anderem um Know-how in Sachen Nachhaltigkeit auszutauschen.

Nebst dem «Dolder Grand» gehört auch das Cervo Mountain Resort in Zermatt dazu. Fast 95 Prozent des Bedarfs an thermischer Energie, das heisst für Heizung und Warmwasser, deckt das Haus nach eigenen Angaben mit Erdwärme. Dank nachhaltigem Energiekonzept schonen Wärmerückgewinnung und ein umfassendes Wassermanagementsystem die Ressourcen. Mit der neuen Wärmepumpe spart das Hotel im Vergleich zu früheren Jahren jährlich 16 000 Liter Erdöl ein. Auch was den Stromverbrauch betrifft, sind damit keine CO₂-Emissionen verbunden: Die 1 159 620 Kilowattstunden vom EW Zermatt stammen aus einem CO₂-freien Mix.

Das Cervo Mountain Resort bindet aber auch die Gäste in die Verantwortung mit ein. Zum einen können Gäste ihren Aufenthalt bezüglich CO₂-Emissionen kompensieren.

«Die Meat Tax fliesst in eigene und internationale Projekte.»
Corinne Kissler, Social Media & PR ManagerCervo Mountain Resort

Auch externe Gäste des Restaurants können sich engagieren. «Da vegetarische Speisen rund 50 Prozent weniger CO₂ verursachen als Fleischgerichte, dachten wir, das wäre ein guter Ort, um anzusetzen», sagt Corinne Kissler, Social Media & PR Manager im Cervo Mountain Resort. Nach Rücksprache mit My Climate habe man auf jedes angebotene Gericht mit Fleischkomponenten einen kleinen Betrag zur CO₂-Kompensation addiert – die sogenannte Meat Tax. «Dieser Betrag wird von uns verdoppelt und fliesst in eigene und internationale Projekte, die nachhaltige Entwicklung fördern.»

Kaum ein Betrieb kommt ohne CO₂-Ausstoss aus
Das Valsana Hotel in Arosa ist – wie die ganze Tschuggen Hotel Group, zu der das Haus gehört – laut eigener Website klimaneutral. Massgeblich zur neutralen Bilanz trägt ein innovatives Wärmemanagement bei: Die gesamte Leistung der Heizanlage wird durch eigene Abwärme und Erdsonden gewonnen. Die Abwärme aus dem Abwasser, der gewerblichen Kühlung und dem Serverraum führt in einen grossen sogenannten Latentwärmespeicher mit rund 830 Kubikmetern Wasser.

Ob sich ein Betrieb als «klimaneutral» bezeichnen kann, ist letztlich eine Frage davon, in welchem Mass das Unternehmen Kompensationszahlungen leisten will (siehe Kasten). Denn: Den CO₂-Ausstoss komplett zu vermeiden, ist schwierig. Und die Technologie, um der Atmosphäre CO₂ zu entziehen, steckt noch in den Anfängen.

So gibt es beispielsweise im «The Dolder Grand» weiterhin eine Reihe von Quellen für CO₂-Emissionen: Die Fahrzeugflotte verbraucht Benzin und Diesel. Grills und Wärmepilze im Eventbereich funktionieren mit Propan-, die Aufbereitung von Warmwasser mit Erdgas.

Der Löwenanteil der verbleibenden Emissionen des «Dolder Grand», 85 Prozent, ist laut Schweier allerdings in Produkten versteckt. 2021 stiess das Hotel insgesamt 2843 Tonnen CO₂ aus. Gemäss dem Rechner von My Climate ist das so viel, wie wenn 888 Menschen von Zürich nach Tokio und wieder zurück fliegen. Diese Menge kompensiert das Hotel nach eigenen Angaben praktisch komplett durch Klimaprojekte. Der Hotelbetrieb strebe die Klimaneutralität an.

Alte Hotels schwieriger zu optimieren
René Baggenstos von der Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) berät Unternehmen bei der Energiesanierung. Auf dem Weg zur Klimaneutralität sieht er für Hotels eine Reihe von Herausforderungen. So sei es aufgrund der Beschaffenheit des Untergrunds nicht überall möglich, ein Erdsondensystem zu installieren. «Das ist auch eine Bewilligungsfrage», sagt Baggenstos. Je nach Standort leide zudem die Effizienz: Auf einem Berg machten es die geringen Aussentemperaturen schwierig, mit einer Wärmepumpe energetisch rentabel zu heizen. Eine weitere Herausforderung sei der Denkmalschutz. Bei klassischen, alten Hotels mit ihren riesigen Fensterfronten und Radiatoren sei eine energetische Optimierung nicht leicht, zumal denkmalpflegerische Vorschriften nur bedingt Veränderungen zuliessen. Als riesige Herausforderung betrachtet Baggenstos die Verfügbarkeit von Strom, insbesondere von sauberem Strom: Der Bedarf werde stark zunehmen. Das Förderprogramm Hotelwatt von Stromproduzenten und dem Bundesamt für Energie unterstützt Hotels beim Stromsparen. Wer in effizientere Geräte investiert, erhält Fördermittel.

Nur Scope 1 und 2 müssen kompensiert werden
Geht es um Klimaneutralität, werden Emissionen in drei Kategorien eingeteilt:

Scope 1: Direkte Emissionen: Darunter fallen die direkten Emissionen eines Unternehmens. Der Gasherd in der Küche, der benzinbetriebene Laubbläser des Gärtners, der Shuttlebus mit Verbrennungsmotor – all das führt zu CO₂-Emissionen im Hotelbetrieb.

Scope 2: Emissionen aus Energie: Unter Scope 2 fallen indirekte Emissionen, die bei der Erzeugung von gekauftem Strom, Dampf, Wärme oder bei der Kühlung entstehen. Hier fallen beispielsweise Emissionen an, wenn nicht klimaneutrale Fernwärme bezogen wird oder das Hotel beim Strom ein Standardprodukt kauft.

Scope 3: Indirekte Emissionen: Das sind Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die nicht im direkten Einflussbereich des Unternehmens stehen. Per Flugzeug importiertes Fleisch aus Übersee oder im Diesellastwagen gelieferte Wäsche sind beispielsweise mit CO₂-Emissionen verbunden. ua

«Klimaneutral» versus «netto null»
In der Schweiz gibt es keine rechtlich verbindliche Definition von Klimaneutralität. Bei der Frage, welche Emissionen in die Berechnung einbezogen werden, gilt laut Peter De Haan vom Beratungsunternehmen EBP üblicherweise die Definition des GHG-Protokolls (Greenhouse Gas Protocol). Dieses besagt, dass nur direkte Emissionen und solche aus der Energiegewinnung (Scope 1 und 2, siehe Kasten rechts) kompensiert werden müssen. Auf freiwilliger Basis können Emissionen in die Rechnung einfliessen, die unter anderem in Produkten stecken (Scope 3). Klar ist dabei, dass ein klimaneutrales Unternehmen, ein klimaneutraler Kanton oder auch Staat nach diversen Einsparmassnahmen einen verbleibenden Rest an nicht vermeidbaren CO₂-Emissionen ausgleicht beziehungsweise «neutralisiert», indem dieselbe Menge anderswo eingespart wird. Das kann über das Emissionshandelssystem geschehen oder durch ein Zertifikat auf dem sogenannt freiwilligen Markt.

Im Gegensatz dazu bedeutet «netto null», dass der verbleibende, unvermeidbare Rest an CO₂-Emissionen andernorts effektiv der Atmosphäre entzogen wird. Erste Firmen wie Climeworks betreiben Pilotanlagen, die CO₂ aus der Luft einfangen und dieses dauerhaft im Gestein binden. Sie erzeugen Zertifikate und bieten diese zum Kauf an. Bei «netto null» müssen zudem Emissionen aus allen drei Kategorien (Scope 1–3) in die Berechnung einbezogen werden.

Ueli Abt