Vor etwa zwei Jahren zeigte ein Gast dem Hotelier eines 3-Sterne-Ferienhotels im Berner Oberland einen Ausschlag, über den er sich beklagte. Der Hotelier vermutete sofort, dass es Bettwanzen sein könnten, obwohl seine Matratzen mit Folien geschützt sind. Der Hotelier bot ein Spürhundeteam auf, das in der Tat einen Bettwanzenbefall feststellte. Glücklicherweise ergab die stichprobenartige Suche, dass nur ein einziges Zimmer davon betroffen war. Damit kam das Hotel mit einem blauen Auge davon. Denn die Behandlung dieses einen Zimmers war nicht so aufwendig und kostspielig, wie wenn mehrere Zimmer befallen gewesen wären. Zu jener Zeit beherbergte das Hotel einige Gruppen aus dem asiatischen Raum. Der Hotelier vermutet, dass die Bettwanzen auf ebendiesem Weg in sein Hotel gekommen sind: via Gepäck von international reisenden Gästen.

Bettwanzenverdacht: Was tun?
Vermutet man Bettwanzen, weil ein Gast sich beschwert oder das Housekeeping verdächtige Kotspuren findet, gilt laut dem Verband Schweizerischer Schädlingsbekämpfer folgendes Vorgehen:
1Zimmer schliessen, ohne zu reinigen: Den Gast ausquartieren, das Zimmer nicht reinigen, damit die Duftspuren für den Spür-hund bestehen bleiben. Schmutzige Wäsche im Zimmer lassen. Türen schliessen und den Rahmen abkleben, damit die Bettwanzen sich nicht im Hotel ausbreiten.
2. Befall mit Spürhunden bestätigen: Kammerjäger oder Spürhundeteam aufbieten, um den Verdacht auf Bettwanzen zu bestätigen. Bettwanzenbisse ähneln denen von Krätzmilben und Flöhen, sie werden oft verwechselt. Bettwanzenkot ähnelt zudem Fliegenkot. Erst nach dem definitiven Befund des Bettwanzenbefalls eine Offerte beim Kammerjäger einholen, vergleichen und einen Kammerjäger auswählen, der eine Erfolgsgarantie abgibt.
3. Bettwanzen bekämpfen: Es gibt viele verschiedene Behandlungsformen. Im Hotelzimmer eignet sich die Wärmebehandlung oftmals am besten. Das Zimmer wird während dreier Tage auf über 60 Grad Celsius aufgeheizt. Nach der Grundreinigung ist das Zimmer wieder buchbar.

So und ähnlich geht es fast jedem zweiten Schweizer Hotel innerhalb einer Generation. Und obwohl der Bettwanzenbefall so verbreitet ist, bleibt er in der Branche ein Tabu. Die Gründe dafür sind einfach: Bettwanzen können zu schlechten Bewertungen auf Buchungsplattformen und zu Imageverlust führen, weil betroffene Gäste das Hotel für die Plage verantwortlich machen.

Nach dem Einschleppen breiten sich die Wanzen zuerst im betroffenen Zimmer aus, können aber durch den Transport von Gegenständen auch in andere Hotelzimmer gelangen; fliegen können sie nicht. «Es kann jedes Hotel treffen, und es ist keine Schande», sagt Alain Aufranc vom Verband Schweizer Schädlingsbekämpfer.

Ein Befall ist nicht so leicht festzustellen, denn Bettwanzen sind nur fünf Millimeter klein. Sie verstecken sich unter Türschwellen, in Ritzen, Spalten, Steckdosen und vor allem Bettkopfteilen sowie zwischen Lattenrost und Matratze, an einem Ort, der warm und eng ist und der sich in der Nähe des Wirtes, des Menschen, befindet. Bettwanzen sind nachtaktiv und werden deshalb selten gesichtet. Sichtbar sind einzig ihre Hinterlassenschaften in Form von Kot und Flecken auf der Haut, verursacht durch Bisse. Nicht alle Menschen reagieren darauf, weshalb ein Befall lange unbemerkt bleiben kann.

Den Kot findet man oft an schwierig einsehbaren Orten, beispielsweise in einer Ecke des Lattenrostes. Der Kot gleicht demjenigen von Fliegen. Er unterscheidet sich nur, wenn man mit dem Finger darüberfährt. Er verschmiert leicht, und da sich Bettwanzen von Blut ernähren, hinterlässt dies eine Blutspur.

Keine Panik bei einem vermuteten Bettwanzenbefall
Wenn der Hotelier einen Bettwanzenbefall vermutet, muss er nicht gleich in Panik geraten. Alain Aufranc empfiehlt, erst einmal den Gast auszuquartieren, das betroffene Zimmer zu schliessen und danach den Kammerjäger des Vertrauens anzurufen.

Bettwanzen geben einen für den Hund gut erkennbaren Geruch ab. Caro HöferSuchhunde-Center

Zuerst muss festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um Bettwanzen oder um einen anderen Schädling handelt. Die sicherere Methode hierfür ist der Einsatz von Spürhunden. «Bettwanzen geben einen für den Hund gut erkennbaren Geruch ab», sagt Caro Höfer vom Such-hunde-Center in Kirchdorf. Wenn sich die Bettwanzen verstecken, strömt der Geruch konzentriert hervor. Hunde können sogar einzelne Insekten, und dies sogar im Gepäck, aufspüren.

Sicherste Methode ist das Erhitzen des Zimmers
Um Bettwanzen zu vernichten, gibt es verschiedene Methoden. Die herkömmlichste ist die chemische Behandlung. Aber Spezialist Alain Aufranc rät davon ab. Erstens sind Bettwanzen inzwischen gegen gewisse Produkte resistent, und zweitens braucht der chemische Einsatz mehrere Durchgänge, bis alle Bettwanzen und Eier vernichtet sind. Das kann bis zu sieben Monate dauern. Aufranc empfiehlt deshalb eine thermische Behandlung. Zuerst müssen Fluchtmöglichkeiten wie Steckdosen von Spezialisten abgedichtet werden. Danach wird das ganze Zimmer für drei Tage auf über 48 Grad Celsius erwärmt. Bei diesen Temperaturen sterben die Schädlinge. Danach folgen die Grundreinigung und eine Nachkontrolle, und schon ist das Zimmer wieder buchbar.

Die Kosten für den Schädlingsbekämpfer belaufen sich auf 1200 bis 5000 Franken pro Zimmer. Weil die Spanne so breit ist, rät Alain Aufranc dringend, eine Offerte einzuholen. Er vermutet nämlich, dass gewisse Anbieter die Not der Hoteliers ausnützen. Bei der Prüfung solle man auch das Erfolgsversprechen berücksichtigen. Nur Anbieter, die einen Erfolg garantierten, seien seriös.

Prävention durch informierte Mitarbeitende

Bettwanzenweibchen können im Laufe ihres Lebens bis zu 500 Eier legen. Sie ernähren sich vom Blut von Lebewesen mit Wirbeln, also auch von Menschen. Um optimal gedeihen zu können, genügen ihnen eine Mahlzeit pro Woche und optimale Temperaturen. Weil Bettwanzen ein ganzes Jahr ohne Nahrung überleben können, macht das die Bekämpfung so schwierig. Ein einfaches Aushungern, indem man die Hoteltüre für ein paar Wochen versiegelt, ist nicht zielführend.

Es stellt sich aber die Frage, wie Bettwanzen früh erkannt werden können, damit sie wenig Schaden anrichten und sich nicht zu stark ausbreiten. Der Verband Schweizer Schädlingsbekämpfer stellt Schulungsmaterial für das Feststellen von Bettwanzenkot für Housekeeping-Mitarbeitende online zur Verfügung.

Eine gängige, aber aus Sicht von Alexandra Burkart von Happy Professional schlechte Prävention vor Bettwanzenbefall ist das Plastifizieren der Matratzen. «In plastifizierten Betten schlafen Gäste schlecht und fühlen sich somit nicht wohl.» Daneben helfe es nur bedingt gegen die Ungeziefer, denn sie machen sich wie erwähnt auch auf Bettgestellen und in Holzschlitzen breit.

Eine weitere Möglichkeit sind Bettwanzenfallen. Platziert werden die Fallen unter Betten, zwischen Matratzen oder auf dem Boden. Ebenfalls infrage kommt laut Schädlingsexperte Aufranc Kieselgur, das je nach Produkt auf die Laufwege und Aufenthaltsorte der Bettwanzen gesprüht oder geklebt wird. Bei Kontakt mit dem Produkt wird die verdunstungshemmende Schutzschicht der Schädlinge geschwächt. Sie verlieren dadurch viel Flüssigkeit. Die Schädlinge sterben innerhalb kurzer Zeit. Das Produkt ist natürlich und für Menschen und Haustiere unproblematisch sowie geruchlos.

Spürhunde als Prävention bleiben eine Momentaufnahme
Es gibt Institutionen, die ihren Betrieb halbjährlich von Spürhunden absuchen lassen, um einer Bettwanzeninvasion vorzubeugen. Pro Hotelzimmer kostet das rund 50 Franken plus Reisespesen. Ob sich der Aufwand der periodischen Kontrolle lohnt, daran scheiden sich die Geister. Caro Höfer betont, dass eine Kontrolle immer eine Momentaufnahme ist: «Einmal haben wir in einem Hotel die Zimmer abgesucht und jedes war sauber. Aber die Hunde haben in einem Koffer auf einem Gang einen Bettwanzenfund signalisiert.»

Ist das Hotel heute bettwanzenfrei, kann es schon am nächsten Tag befallen sein. Denn die Hotellerie ist ein Reisebusiness, und die Bettwanzen reisen mit dem Gepäck gerne mit. Also heisst es für das Housekeeping, immer aufmerksam zu bleiben und Kotspuren und Meldungen der Gäste zu beachten.


Transparente Information

Die Kommunikationsfirma Primus Communications GmbH hat viele Hotelmandate. Sie empfiehlt bei einem Befall folgendes Vorgehen:
Eine zuständige Ansprechperson bestimmen und Informationen über den Bettwanzenbefall sammeln: Wie gross ist das Ausmass? Wie will man den Befall bekämpfen? Wie die Gäste entschädigen?
Mitarbeitende und Gäste proaktiv über einen Bettwanzenbefall informieren.
Anwesende Mitarbeitende persönlich und die anderen per Mail informieren.
Erklären, dass Bettwanzen harmlos sind, dass die Bisse kleine rote Flecken hinterlassen, die jucken. Dagegen helfen verschiedene Mittel.
Mangelnde Hygiene ist nicht die Ursache. Oft fängt man sich die Bettwanzen auf Reisen ein und die Verbreitung geschieht über den Transport von Gegenständen wie Gepäck.
Erklären, dass ein Schädlingsbekämpfungsprofi zum Einsatz kommen wird.
Für die Mitarbeitenden eine Liste mit möglichen Fragen und den dazugehörigen Antworten erstellen, damit sie auf Fragen der Gäste gleich antworten und reagieren.
Auf betroffene und nicht betroffene Gäste proaktiv zugehen. Ihnen die Situation erklären und möglichen Schadenersatz aufzeigen.
Die Medien und die sozialen Medien beobachten und gegebenenfalls reagieren.