Raphael Wyniger, Sie haben die Präsidentschaft des Basler Hoteliervereins mitten in der Corona-Krise angetreten. Ein besonders herausfordernder Zeitpunkt.

Es ist eher andersrum: Dass ich Präsident geworden bin, ist der Corona-Krise geschuldet. Ich wurde für das Amt bereits letzten September angefragt – damals habe ich abgesagt. Aber nun war für mich klar: Wenn nicht jetzt, wann sonst. Ich weiss auch eine starke Geschäftsleitung und aktive Vorstandsmitglieder hinter mir.

[IMG 2] Wie sieht Ihre To-do-Liste in Sachen Corona aus?

Aktuell gleisen wir ein Massnahmenpaket auf, um vom Kanton mehr Unterstützung für unsere Branche zu erhalten. Darüber hinaus versuchen wir zu erreichen, dass die kantonale Unterstützung bei der Übernahme der Löhne der Lernenden bis Ende Jahr verlängert wird. Wir suchen die Unterstützung des Kantons in jenen Bereichen, die nicht national koordiniert werden.

In Basel wurde bislang je ein Drittel der Logiernächte mit Business, Messe plus Kongress sowie Leisure erzielt. Welche Bereiche bereiten Ihnen besonders Sorge?

Ich würde eher von bisher 50 Prozent Business und je 25 Prozent Messe plus Kongress und Leisure sprechen. Das Businessgeschäft wird sich, wenn auch sehr langsam, wieder erholen, wir haben in Basel eine starke Industrie. Aber es wird nie mehr das Niveau erreichen wie vor Corona.

Die MCH Group konnte sich nun einen starken Finanzpartner sichern. Sind Sie erleichtert?

Ich anerkenne, dass man in der aktuellen Lage einen Finanzpartner an Land ziehen konnte. Erleichtert bin ich aber in dem Sinne nicht. Das ändert nichts daran, dass das Messegeschäft sich verändern wird. Die Uhrenmesse wird in der bekannten Form nicht mehr zurückkommen.

Raphael Wyniger ist Inhaber der Gruppe Wyniger in Basel, zu der drei Hotels (u. a. Teufelhof), acht Restaurants, eine Brauerei u. a. zählen. Wyniger ist seit Ende Juni Präsident des Basler Hoteliervereins.
wyniger.com

Um die Baselworld stand es schon vor der Corona-Krise nicht gut. Wie schätzen Sie die Lage bei den anderen Ausstellungen ein?

Grundsätzlich glaube ich nach wie vor an ein Messegeschäft in Basel. Die Swissbau beispielsweise wird – so denke ich – in bekanntem Rahmen stattfinden. Je nach Branche wird der Digitalisierungsgrad im Messesegment sehr unterschiedlich ausfallen.

Basel hat mit dem Congress Center Basel das grösste Kongresszentrum der Schweiz. Viele Hoteliers wünschen sich nun mehr Kongresse.

Das ist in der Tat ein sehr interessanter Markt. Wir stehen aktuell im Austausch mit allen relevanten Stakeholdern, um das Potenzial besser auszuschöpfen. Es ist unser Ziel, das Kongressgeschäft weiter auszubauen. Bei Kongressen entsteht wie beim Messegeschäft zusammen mit dem laufenden Businessgeschäft in kurzer Zeit ein hohes Logiernächtevolumen. Das erlaubt ein Yielding auf einem höheren Niveau für alle anderen Gäste. Die gute Infrastruktur und die Erreichbarkeit prädestinieren Basel als Kongressstadt.

Viele Schweizer Städte sind in letzter Zeit zu Leisure-Destinationen geworden. Basel nicht. Hat man den Trend verschlafen?

Natürlich wäre es jetzt gut gewesen, hätte man das Leisure- Geschäft stärker ausgebaut. Immerhin ist es in den letzten Jahren in Basel überproportional gewachsen. Dass eine Krise gleich 75 Prozent unseres Geschäfts so substanziell trifft, das konnte man nicht vorhersehen.

Die Basler Hotels hatten schon vor Corona mit tiefen Zimmerpreisen und tiefer Auslastung zu kämpfen.

Das ist so. Unser Hotelangebot ist gewachsen, es ist ein Nachfragemarkt. Dies sowie weitere Standortfaktoren haben die Preise unter Druck gebracht. Preislich hatten wir auch vor Corona Luft nach oben. Eine Einschätzung, wie es hierbei weitergeht, wäre aktuell unseriös.

Die MCH Group, Basel, ist Veranstalterin bedeutender Messen wie der Art Basel oder der Baselworld. Aufgrund Corona wird sich das Messegeschäft stark verändern. Für 2020 rechnet die MCH Group mit 50 % des Umsatzes. Mit der neuen Grossaktionärin Lupa Systems ist die finanzielle Zukunft erst mal gesichert.
mch-group.com

Gudrun SChlenczek