Fast 18 Minuten lang heult sich das 22-jährige Girl auf Youtube aus. Schreckliches Unrecht wurde ihr angetan. Die auf Shopping- und Schminktipps spezialisierte Bloggerin oder Influencerin – mit rund 80 000 Abonnenten bei Instagram und 89 000 bei Youtube keine ganz grosse Nummer im Business – wollte doch nur mit ihrem Freund fünf Tage lang gratis im Dubliner Hotel «The White Moose Café» logieren und sich dafür wie gehabt mit Lob und Empfehlung revanchieren.

Doch der Hotelier lehnte erbost ab. Mehr noch, er veröffentlichte die Anfrage auf Facebook und antwortete mit dem Hinweis, dass er seine Mitarbeitenden schliesslich bezahlen müsse. Dabei nannte er die Influencerin zwar nicht beim Namen, doch dieser wurde rasch publik. Das Girl rächte sich mit dem Aufruf, das Hotel schlecht zu bewerten, der Hotelier konterte mit einem generellen Blogger-Verbot für sein Haus. Natürlich folgte sogleich Shitstorm auf Shitstorm, die Empörungswellen trafen beide Seiten. Das alles ereignete sich letzte Woche. Das heisst bei Berücksichtigung der heutigen medialen Halbwertszeiten: Die Sache ist nächste Woche vergessen.

Doch das Thema bleibt aktuell, gerade für die Hotellerie. Was mir Hoteliers erzählen, wenn die Rede auf Blogger kommt, ist oft haarsträubend. Influencer ist bei Jugendlichen der neue Traumberuf, so wie es in grauer Vorzeit die Stewardess und später das Model waren. Es ist ja auch eine tolle Vorstellung, mit einer stattlichen Anzahl Followern im Rücken möglichst kostenlos durch die Welt oder die Shoppingcenter zu tingeln. Die Gegenleistung – gefällige Bilder, Begeisterung pur – ist arbeitstechnisch zumutbar.

Konzerne nutzen diese Träume für die Produkte- oder Imagewerbung aus. Doch sie interessieren sich nur für talentierte Influencer mit Zukunft und den «richtigen» Followern. Die meisten jungen Influencer leben gleichsam in einer doppelten Scheinwelt, überschätzen sich und können ganz schön anmassend und erpresserisch auftreten.

Das wiederum bringt Hoteliers in Bedrängnis, die nichts so sehr fürchten wie schlechte Berichte oder Bewertungen in den sozialen Medien. Es ist eine übertriebene Furcht. Man muss sich von Bloggern, mit denen man nicht explizit zusammenarbeiten will, nicht alles gefallen lassen. Sie können Schaden anrichten, aber dieser hinterlässt keine dauerhaften Spuren. Und es gleicht sich vieles im Nu wieder aus. Denn ein Shitstorm, heute fast schon eine meteorologische Normalität wie eine Kaltfront, löst immer auch eine Gegenströmung aus.

Das zeigt die Geschichte aus Dublin exemplarisch. Der Hotelier hätte die Anfrage der Influencerin besser nicht ins Netz gestellt. Das war nicht die feine Art. Aber sein entschlossenes Nein und vor allem seine Argumentation stiessen auf breite Zustimmung. Um die Bettenbelegung im Dubliner «The White Moose Café» mache ich mir jedenfalls keine Sorgen.