Die Hotelklassifikation bietet Gästen einen objektiven Qualitätsmassstab, damit sie nicht die Katze im Sack kaufen müssen. Ab Check-in ist es mit 
der Objektivität jedoch vorbei, ab dann zählt nur noch der subjektive Eindruck. Und dieser wird anschliessend oft für jeden lesbar im World Wide Web mitgeteilt. Der «TrustScore» des Bewertungs­aggregators TrustYou bündelt die Ratings diverser Portale und lieferte drei Wissenschaftlerinnen der Forschungsstelle Tourismus (CRED-T) an der Universität Bern ein praktisches Mass für die Gästezufriedenheit. Die Forscherinnen wollten wissen, ob die subjektive Gästezufriedenheit mit den offiziellen Klassifikationskriterien übereinstimmt. Tatsächlich konnten sie einen leicht positiven Zusammenhang zwischen der Sternekategorie eines Hotels und seinen Online-Bewertungsnoten feststellen. Tendenziell schneiden höher klassierte Hotels also besser ab als niedriger klassierte. Die Forscherinnen werten das als Indiz dafür, dass der Qualitätsunterschied zwischen den Kategorien für Gäste insgesamt sichtbar und relevant ist, obwohl auch die Erwartungen mit der Anzahl Sterne steigen. Unter dem Strich dominiere der positive Qualitätseffekt von zusätzlichen Sternen den negativen Erwartungseffekt, der durch eine höhere Klassifikation ausgelöst werde.

Doch nun kommt das Aber: Berücksichtigt man neben den Sternen auch die unterschiedliche Kriterienerfüllung pro Klassifikationsbereich, dreht sich der positive Effekt eines zusätzlichen Sterns ins Negative. Bei vergleichbarer objektiver Qualität schneiden demnach höher klassierte Hotels aufgrund höherer Gästeerwartungen tendenziell schlechter ab. Positiv auf die «TrustScores» scheinen sich dagegen freiwillig erreichte Zusatzpunkte auszuwirken. Dies sei ein Hinweis darauf, dass die Klassifikationskriterien tatsächlich von Gästen geschätzte Qualitätsaspekte abdecken. Kaum bessere Gästebewertungen erhalten dafür Superior Hotels. Vor allem im mittleren Segment schneiden diese bei den Gästen nicht systematisch besser ab als Hotels ohne das Prädikat Superior.

Nicht alle in der Klassifikation abgedeckten Qualitätskriterien sind für die Gäste also gleich wichtig. Besonderen Wert legen sie auf die Erfüllung ihrer grundlegenden Bedürfnisse (siehe unten). Auch hier, so die Forscherinnen, decken sich die Kriterien der Experten weitgehend mit den subjektiven Gästeempfindungen. In den Augen der Gäste weniger wichtig sind zusätzliche Dienstleistungen im Bereich Housekeeping (z. B. Wäscheservice) oder Réception (z. B. Öffnungszeiten).

Ein umfassendes Room-Service-Angebot scheint keinen systematischen Einfluss auf die Gästezufriedenheit zu haben. Pikant dabei: 3-Sterne-Hotels schaffen durch ein entsprechendes Angebot eher noch Unzufriedenheit. Die Zielgruppe dieses Segments schätze den Room Service nicht oder halte ihn für unnötig oder sogar störend «schick», schlussfolgern die Autorinnen.


Die Tipps der Uni Bern für eine höhere Gästezufriedenheit
Negativer Sterne-Effekt: Je mehr Sterne, desto höher die Erwartungen der Gäste. Hotels sollten daher lieber einen Stern weniger tragen, als in eine höhere Sternekategorie aufzusteigen, wenn sie dort nur die minimalen Anforderungen erfüllen.

Wo es sich lohnt zu investieren: Gäste schätzen eine hohe Qualität bei den Kernservice­bereichen (Zimmer- und Badezimmereinrichtung sowie -ausstattung, Schlafkomfort, F&B-
Bereich). Das gilt mehrheitlich auch für erweiterte Leistungen wie Parking und Transferdienste sowie Elektronik/Konnektivität. Wichtig sind auch Qualitätsmanagement und Online-Auftritt. Freizeit- und Unterhaltungsangebote machen dort Sinn, wo sie auf die Wünsche der Zielgruppe abgestimmt sind.

4-Sterne-Hotels: Beim Schlafkomfort und der Badezimmerqualität besteht noch Potenzial nach oben, um sich im Wettbewerb zu profilieren.

Unteres und mittleres Segment: Gerade hier können Hotels mit hoher Zimmerqualität punkten. Investitionen in untypische Luxusleistungen lohnen sich dagegen nicht und können sogar kontraproduktiv sein.

Dieser Beitrag erschien am 12. Juli 2018 in der htr hotel revue.