Hans Stöckli, Sie engagieren sich als Politiker für den Tourismus. Welche Meinung hat das Parlament von der Schweizer Tourismusbranche?

Der Tourismus ist wirtschaftlich betrachtet keine eigene Branche, sondern ein Querschnittssektor mit zahlreichen Politikbereichen wie Gastgewerbe, Detailhandel, Bergbahnen, Verkehr, Gesundheitswesen und Kultur. Deshalb ist es auch anspruchsvoller, sich für den Tourismus einzusetzen. Unsere parlamentarische Gruppe Tourismus zählt mit über 
60 Mitgliedern des National- und Ständerates zu den grössten in Bern, und wir arbeiten tagtäglich daran, das Verständnis für die touristischen Anliegen zu verbessern.

Vor kurzem hat die SP-Bundeshausfraktion ein Positionspapier Tourismus veröffentlicht. Welches sind die wesentlichen Punkte und Forderungen?

Die SP anerkennt die Wichtigkeit und Bedeutung des Tourismus für die Schweiz, namentlich im alpinen Raum, und sie setzt sich ein für eine umwelt- und sozial verträgliche touristische Entwicklung mit verbindlichen Gesamtarbeitsverträgen, fairen Anstellungsbedingungen, attraktiven Lehrstellen und guten Wohnbedingungen für Mitarbeitende. Die SP ist klar der Meinung, dass die touristischen Infrastrukturen wie Bergbahnen und Skilifte zum Service public gehören und demnach durch die öffentliche Hand kontrolliert werden müssten. Sie unterstützt 
die Anstrengungen zur Förderung des Schneesports und setzt sich dafür ein, dass die bestehenden Anlagen unter gleichzeitiger Verbesserung der Energieeffizienz erneuert und keine neuen Bergbahnen in heute noch unerschlossenen Geländekammern entstehen.

Sie fordern ein Impulsprogramm zur Sanierung von Beherbergungsbetrieben im alpinen Raum. Was sind die Gründe und wie soll dies ausgestaltet sein?

Vielen Betrieben vor allem im alpinen Raum fehlt für dringend notwendige Investitionen das Eigenkapital. Darunter leiden auch die sehr wichtigen Massnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Deshalb fordere ich die Schaffung einer zeitlich befristeten Spezialfinanzierung für die Sanierung von Beherbergungsbetrieben im alpinen Raum. Beiträge sollen nur geleistet werden, sofern realistische Businesspläne vorgelegt werden.

Die Tourismusbranche fordert im Rahmen der Standortförderung 2020–2023 mehr Mittel für das Landesmarketing. Unterstützen Sie die Forderung?

Absolut, und aus Überzeugung. Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken und alles daran setzen, dass die Schweiz auch wieder für die Menschen aus Europa touristisch attraktiver wird. Das ist nachhaltiges Marketing, weil viele Gäste aus unserem Kontinent nicht mit dem Flugzeug anreisen müssen und bei guter Zufriedenheit wiederholt ihre Ferien bei uns verbringen werden.

Ebenfalls wird das Parlament die Höhe der Mittel für das Förderprogramm Innotour festlegen. Hier möchte der Bundesrat weniger Mittel für innovative Projekte als in den letzten vier Jahren sprechen. Wie stehen Sie dazu?

Der Bundesrat verhält sich hier widersprüchlich. Einerseits definiert er in seiner neuen Tourismus­strategie die Innovation als vierten Pfeiler und spricht sich für die Innovationsförderung aus. Andererseits kürzt er die finanziellen Mittel dazu. Das müssen wir korrigieren. (sb/htr)