Rosmarie Quadranti, Sie engagieren sich in verschiedenen Funktionen für bildungspolitische Anliegen. Der Fachkräftemangel ist eine stetige Herausforderung für das Gastgewerbe. Wo sollte Ihrer Ansicht nach angesetzt werden?

Die Herausforderungen sind gross. Es wird vieles gut gemacht, etwa «please disturb». Ich meine, dass es eine grosse Flexibilität braucht zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Es braucht aber auch Mut zu Neuem. Wie in anderen Branchen auch muss der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr Bedeutung beigemessen werden und die Arbeitszeiten – auch temporär – auf diese Bedürfnisse angepasst werden. Ich denke auch, dass man noch mehr machen könnte, um Wiedereinsteigerinnen nach einer Familienpause neu in die Branche zu bringen. So den Mitarbeitenden ins Zentrum stellen und die Weiterbildung fördern und unterstützen. Ebenso meine ich, dass es genügend Ausbildungsplätze geben muss. Unserem dualen Bildungssystem muss Sorge getragen werden.

Weshalb ist die Besserstellung der Höheren Fachschulen im Rahmen der BFI-Botschaft wichtig?

Die Höheren Fachschulen sind ein wichtiges Element, um die Menschen in der Branche zu halten und ihnen gute Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Es braucht eine gute Qualität und eine Anerkennung auf der eidgenössischen Ebene. Der Schutz der Bezeichnung «Höhere Fachschule», die Möglichkeit einer ergänzenden Anerkennung als Institution sowie eidgenössische Diplome und Titel sollen die Schulen darin unterstützen, sich national und international besser zu positionieren. Sie sind in der Öffentlichkeit noch nicht optimal positioniert. Der Wert der Ausbildung muss verständlicher gemacht werden. Es wurde eine Motion eingereicht, die von Stände- und Nationalrat wie auch vom Bundesrat mitgetragen werden. Die Umsetzung hat in zwei Jahren zu erfolgen, also bis 2020.

Das Gastgewerbe kämpft mit hohen Kosten und der Hochpreisinsel Schweiz. Gleichzeitig stellt der gesellschaftliche Wandel neue Anforderungen, die sich in politischen Forderungen manifestieren. Welche politischen Lösungen schlagen Sie vor, um langfristig die Balance zwischen Aufwänden und Ertrag in gesundem Mass halten zu können?

Auch das Gastgewerbe wird den neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten Rechnung tragen müssen. Der Vaterschaftsurlaub beispielsweise hat auch zwei Seiten: Einerseits die finanzielle Seite, anderseits könnte es durchaus sein, dass er dazu beiträgt, dass Eltern länger oder eben ständig in der Branche bleiben. Man muss weiterhin – wie es bisher oft getan wurde – mit Qualität, Innovation und Wandelfähigkeit auf die neuen Herausforderungen reagieren.

Wie beurteilen Sie den Zustand der Schweizer Beherbergungsbranche und wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?

Grundsätzlich denke ich, dass die Beherbergungsbranche sich den Anforderungen der Zukunft stellen kann und wird. Die Herausforderungen könnten sein, dass die Bedürfnisse einer immer grösser werdenden Gruppe der Seniorinnen und Senioren Anpassungen nach sich ziehen werden. Ebenso wird das Thema Nachhaltigkeit immer grösseres Gewicht bei den Gästen erhalten.

Welche Wünsche oder Empfehlungen haben Sie an die Schweizer Tourismusbranche insgesamt?

Ich wünsche mir, dass die Flexibilität und Innovationskraft erhalten bleiben, und manchmal wünsche ich mir eine sichtbarere Zusammenarbeit innerhalb der Regionen, etwa von Hotellerie und Bahnen.

Am 20. Oktober finden eidgenössische Wahlen statt. Welche Verschiebungen prognostizieren Sie und welche Erwartungen haben Sie an das künftige Parlament?

Nun, dank den Klimademonstrationen wird es wohl eine Verschiebung nach Mitte-Links geben. Im Gegensatz zur zu Ende gehenden Legislatur wünsche ich mir ein verstärkteres Zusammenstehen über die Parteigrenzen hinweg und die Rückkehr zur wirklichen Kompromissfähigkeit. (sb)