Die Einschätzungen über Sinn oder Unsinn von weitergehenden Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gleichen schweizweit und über die verschiedenen Branchen hinweg erneut einem Flickenteppich. Etwa in Hinblick auf die Sitzpflicht in Restaurants und Clubs. Gutgeheissen wird diese in der Ostschweiz. Im Kanton Baselland stösst sie auf Ablehnung, im Aargau hingegen bereits ab Samstag eingeführt. Eine Kapazitätsbeschränkung lehnen sowohl der Aargau als auch Baselland ab.

Der Branchenverband GastroSuisse sieht bei erneuten kapazitätseinschränkenden Massnahmen die Existenz der Betriebe bedroht, wie Präsident Casimir Platzer mitteilte. Und für die Nachtkulturunternehmen käme eine Maskentragpflicht mit gleichzeitig sitzendem Konsumieren de facto einer wirtschaftlichen Schliessung des Nachtlebens gleich, hiess es bei der Bar- und Club-Kommission.

Viele Kantone gegen Zertifikatspflicht bei privaten Treffen
Unter anderem die Aargauer, die Tessiner, die Solothurner, die Freiburger, die Glarner, die Berner und die Baselbieter Regierungen wehren sich in ihren Antworten auf die bundesrätlichen Vorschläge gegen die Zertifikatspflicht bei privaten Treffen ab elf Personen.

Diese wäre schlecht zu kontrollieren, begründete dies der Tessiner Regierungspräsident Manuele Bertoli. Und es bestehe die Gefahr, dass es beim Testen vor den Feiertagen zu Engpässen komme, warnt der Aargau.

Ebenfalls nicht einverstanden sind die Kantone Bern, Wallis, Freiburg und Tessin mit der Verpflichtung der obligatorischen Schulen zu repetitiven Tests. Die Ostschweizer Kantone lehnen eine solche gar «kategorisch» ab, weil sie zu einer Überlastung der Logistik und der Labors führen würde. Und für den Kanton Aargau ist ein Obligatorium «nicht umsetzbar». Einzig der Kanton Solothurn steht den obligatorischen repetitiven Testungen an Schulen und der Beschränkung der Gültigkeitsdauer von Testzertifikaten positiv gegenüber.

Einzig Maskenpflicht kommt gut an
Bei den Massnahmen am Arbeitsplatz halten die Ostschweizer Kantone und die Regierungen der Kantone Aargau, Bern, Solothurn, Wallis, Freiburg und Tessin die allgemeine Maskenpflicht in Innenräumen für am sinnvollsten. Die Ostschweizer sind auch für eine Weiterführung der Homeoffice-Empfehlung, jedoch – gleich wie die Baselbieter, die Glarner oder die Aargauer – gegen eine entsprechende Pflicht.

Zustimmung findet in der Ostschweiz hingegen eine Ausdehnung der Maskenpflicht auf Innenbereiche, Veranstaltungen oder für öffentlich zugängliche Betriebe und Einrichtungen. Der Kanton Glarus hält nicht einmal diese Massnahme für nötig, ausser bei grösseren Veranstaltungen.

Bereits entschieden hat der Kanton Aargau: Er weitet die Maskentragepflicht auf das gesamte öffentliche Leben aus sowie für die Schulen ab der 5. Primarschulklasse und Kinderbetreuungseinrichtungen.

Arbeitgeber gegen Homeoffice
Die Arbeitgeber ihrerseits stören sich an jeglichen zusätzlichen Massnahmen am Arbeitsplatz. Der Gewerbeverband lehnt sowohl eine Maskenpflicht für alle Mitarbeitenden in Innenräumen wie auch eine Ausweitung der Zertifikatspflicht ab.

Für den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV), der sich schon bisher kritisch gegenüber Corona-Massnahmen gezeigt hatte, reichen die bestehenden Massnahmen aus, «solange die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens nicht akut ist». Eine Homeoffice-Pflicht wäre demnach «unverhältnismässig», einzig eine generelle Maskenpflicht in Innenräumen könnte geprüft werden. [RELATED]

Auch dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse gehen die vorgeschlagenen Massnahmen zu weit. Die Arbeitgebenden nähmen bereits heute ihre Verantwortung wahr und bräuchten keine weiteren Vorschriften.

Kostenübernahme verlangt
Nur der Kaufmännische Verband Schweiz unterstützt die Wiedereinführung einer vorübergehenden Homeoffice-Pflicht, wie der Verband mitteilte. Zudem müssten der Gesundheitsschutz, die Verfügbarkeit und die Kostenübernahme von Ausrüstung und Verbrauchsmaterial für die Arbeit im Homeoffice klar geregelt sein.

Dahingehend äussert sich auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Werde Homeoffice verordnet, so müssten die geschuldeten Kosten sowie der Gesundheitsschutz, insbesondere im Bereich Ergonomie, durch den Arbeitgeber getragen werden. (sda/pt)