Die Vereinbarung soll bis Ende Jahr vorliegen, wie die städtische Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün (TVS) am Mittwoch mitteilte. In der Vereinbarung sollen «klare und messbare Ziele» zur Vermeidung von Abfall formuliert werden und es soll «ein wirksames Controlling-System» geben.

Der verpflichtende Teil der Charta soll auf die Berner Innenstadt beschränkt sein. Die Vereinbarung soll aber auch weiteren Akteuren offenstehen. Sollte die Charta nicht zustande kommen oder sich nicht bewähren, würde die Stadt Bern die Arbeiten für die Einführung des Sauberkeitsrappens wieder vorantreiben.

Neue Gebühr
Mit dem Sauberkeitsrappen wollte die Stadt Bern eine neue Gebühr einführen. Mir ihr sollten Unternehmen zur Kasse gebeten werden, die dazu beitragen, dass Abfall im öffentlichen Raum anfällt. Dazu gehören etwa Take-away-Betriebe, Kioske oder Herausgeber von Gratiszeitungen. Wer dank individueller Massnahmen weniger Abfall verursachte, sollte von einer Gebührenreduktion profitieren. Davon erhoffte sich die Stadt Bern eine Lenkungswirkung. Die direkt Betroffenen reagierten aber in der Vernehmlassung zum Sauberkeitsrappen-Reglement harsch auf die geplante Gebühr.

Die IG Detailhandel Schweiz schrieb beispielsweise in ihrer Stellungnahme von Mitte Mai, der Sauberkeitsrappen werde zu keiner Abfallverminderung führen. Es sei «ein reines Finanzierungsvehikel». Umweltorganisationen und links-grüne Parteien begrüssten hingegen das Reglement. Der Sauberkeitsrappen hätte nach Angaben der Stadt Bern von Februar dieses Jahres jährliche Einnahmen von 3,4 Mio. Franken eingebracht. Die Entsorgung von Abfall im öffentlichen Raum kostet die Stadt Bern jährlich rund elf Millionen Franken.

Bundesgericht intervenierte
Seit Jahren stört sich die rot-grün dominierte Berner Stadtregierung daran, dass die gesamten Kosten für die Entsorgung von Abfall im öffentlichen Raum vom Steuerzahler bezahlt werden. Ein erster Versuch der Stadt Bern, zur Deckung der Kosten die Grundbesitzer zur Kasse zu bitten, scheiterte 2012 am Bundesgericht.

Die Städte dürften Verursacherbetriebe zur Kasse bitten, befanden die Lausanner Richter. Die Gebühr müsse aber so ausgestaltet sein, dass ein Anreiz bestehe, Abfall zu reduzieren oder sogar zu vermeiden. Die Berner TVS-Vorsteherin Ursula Wyss sagte am Mittwoch vor den Medien in Bern, sie sei überzeugt, dass das neue Reglement vor Bundesgericht standgehalten hätte. Wenn eine Behördenvorlage auf starke Ablehnung stosse, sei es aber angezeigt, Alternativen zu suchen. Sie freue sich auf die Ausarbeitung der Sauberkeitscharta, die schweizweit beispiellos sei.

Gewerbe zufrieden
Der Direktor der Berner Innenstadtorganisation Berncity, Sven Gubler, sagte, das Gewerbe habe bereits etliche Massnahmen selber getroffen. «Wir freuen uns über die Bereitschaft der Stadt Bern, gemeinsam eine auf Freiwilligkeit basierende Branchenlösung zu erarbeiten», sagt er weiter. Mit der Sauberkeitscharta werde die Stadt Bern schneller zu Massnahmen kommen als mit dem Sauberkeitsrappen, so Gubler.

Auf die Frage, welche Massnahmen denn die Betriebe bereits ergriffen hätten, demonstrierte der Inhaber der Bäckerei Reinhard AG, Alexander Reinhard, einen Mehrweg-Kaffeebecher. Auch eine Tasche zum Mitnehmen von Esswaren zeigte Reinhard. Wer die Tasche präsentiert, muss zehn Rappen weniger zahlen. Gubler sagte, in vielen weiteren Betrieben seien Massnahmen wie etwa plastikfreies Einwegbesteck ein Thema.

FDP für Bussen statt Gebühr
Die FDP/JF-Fraktion nahm den Entscheid der Stadtberner TVS-Direktion am Mittwoch laut einer Mitteilung «mit Genugtuung» zur Kenntnis. Die Stadtberner FDP hatte Anfang Jahr mit dem Referendum gegen die Vorlage gedroht.

Für die Kosten des achtlosen Wegwerfens von Abfall, des sogenannten Litterings, muss für die FDP der direkte Verursacher aufkommen, also der oder die Konsumentin. «Dies bedingt, dass für Littering konsequent Bussen verteilt werden», so die FDP/JF-Fraktion. (sda)