Die kleine Kammer nahm am Montag einen neuen Anlauf für eine AHV-Reform, deren Ziel es ist, das Sozialwerk zu stabilisieren. Es ist seit 1997 der mittlerweile dritte Anlauf, das Frauenrentenalter von 64 auf 65 Jahre zu erhöhen. Die Änderungen des AHV-Gesetzes hiess der Rat mit 31 zu 13 Stimmen gut. Nein sagten SP und Grüne.

Eine rot-grüne Minderheit um Marina Carobbio Guscetti (SP/TI) wehrte sich vergeblich gegen das höhere Frauenrentenalter, mit Rücksicht auf Frauen mit tiefen Einkommen und entsprechend geringen oder keinen Guthaben in der zweiten Säule. Die Chancen älterer Frauen, Arbeit zu finden, seien schlechter denn je.

Gemäss Modellrechnungen des Bundesrats von 2019 entlastet das höhere Frauenrentenalter die AHV im Jahr 2031 um 1,4 Milliarden Franken. Die Gegner des höheren Rentenalters kritisierten, dass die Frauen mit längerer Arbeit 10 Milliarden Franken an die Stabilisierung der AHV beitragen würden.

Sechs Minderheiten zum Ausgleich
Frauen, die nach dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen als erste pensioniert werden, erhalten einen Ausgleich auf ihre Rente. Dem Rat lagen insgesamt acht Anträge für die Gestaltung dieses Ausgleichs vor. Es waren der Antrag des Bundesrats, jener der Kommissionsmehrheit und nicht weniger als sechs Minderheitsanträge.

In der Kommission gebe es keinen Konsens dazu, stellte Sozialminister Alain Berset fest. Er empfahl dem Rat den Antrag des Bundesrats. Der Rat wählte dann aber weder diesen Weg noch jenen der Mehrheit, sondern einen Antrag aus der Mitte-Fraktion.

Diese schlägt ein sogenanntes Trapezmodell vor und will insgesamt neun Frauen-Jahrgänge berücksichtigen. Träte die Revision 2022 in Kraft, wären es die zwischen 1959 und 1967 geborenen Frauen.

Da das Rentenalter für Frauen in vier Schritten über vier Jahre um ein Jahr erhöht wird, erhalten die ersten vier dieser neun Jahrgänge, die nach neuer Regelung in Rente gehen, einen kleinen Zuschlag auf die Rente.

Dieser wächst für spätere Jahrgänge an und wird für Frauen, deren Pensionierung noch etwas später erfolgt, wieder kleiner. Das Modell kostet nach Angaben der SGK-S im Jahr der stärksten Belastung rund
430 Millionen Franken. Beim Antrag des Bundesrates wären es rund 700 Millionen Franken gewesen.

Keine Erhöhung für Ehepaare
Auch vom Antrag der SGK-S-Mehrheit, den Plafond für Ehepaare bei der AHV-Rente von 150 auf 155 Prozent der Maximalrente zu erhöhen, wollte der Ständerat nichts mehr wissen. Eine von der FDP angeführte Minderheit setzte sich mit 18 zu 13 Stimmen und bei 13 Enthaltungen von der Linken durch.

400'000 Paare mit 150 Prozent der Rente seien betroffen, sagte Erich Ettlin namens der Mehrheit. «Die häufigste Form des Zusammenlebens in diesem Land wird diskriminiert», begründete Pirmin Bischof (Die Mitte/SO) den Antrag. Die Aufstockung hätte rund 650 Millionen Franken gekostet.

Strikter als der Bundesrat ist der Ständerat sodann beim Vorbezug der AHV-Rente. Er will diesen neu erst ab 63 Jahren statt wie heute ab 62 Jahren ermöglichen, wie er mit 23 zu 19 Stimmen entschied. Eine rot-grüne Minderheit hätte es mit dem Bundesrat halten und bei 62 Jahren bleiben wollen, unterlag aber.

Könne die AHV-Rente erst ab 63 Jahren vorbezogen werden, würden die Frauen bestraft, sagte Carobbio Guscetti. Die Möglichkeit der Vorpensionierung ab 62 Jahren sei Basis des gesamten Projekts gewesen, doppelte Paul Rechsteiner (SP/SG) nach.

Weniger Aufschlag auf Mehrwertsteuer
Entsprechend zum im Vergleich zum Bundesrat weniger umfangreichen Ausgleich für die Frauen-Übergangsgenerationen blieb der Ständerat auch bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer hinter dem Antrag des Bundesrats. Dafür ist eine Verfassungsänderung nötig.

Den Normalsatz will der Ständerat um 0,3 Prozentpunkte auf 8,0 Prozent erhöhen. Für den reduzierten Satz und den Sondersatz für die Hotellerie sieht der Ständerat Erhöhungen um je 0,1 Prozentpunkte vor. Der Bundesrat hingegen beantragt beim Normalsatz eine Aufstockung um 0,7 Prozentpunkte sowie 0,2 Prozentpunkte für den reduzierten Satz und 0,3 Prozentpunkte für den Hotelleriesatz.

Vorlagen verknüpfen
Die beiden Teile der Vorlage – die Revision des AHV-Gesetzes und die Verfassungsänderung für die Erhöhung der Mehrwertsteuer – will der Ständerat miteinander verknüpfen. Erich Ettlin sagte namens der obsiegenden Mehrheit, es solle keine Leistung geben, wenn die Finanzierung nicht gesichert sei.

Die unterlegene Minderheit lehnte dies ab, um der Revision nicht neue Steine in den Weg zu legen, wie Hans Stöckli (SP/BE) sagte. Der Bundesrat habe wegen des Scheiterns der letzten Vorlage auf die Verknüpfung verzichtet, sagte auch Berset.

Die SGK-S beauftragt den Bundesrat ausdrücklich, bis Ende 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV vorzulegen. Der Bundesrat engagiere sich ohnehin in dieser Hinsicht, sagte Berset zum Auftrag. Zunächst müsse die vorliegende Reform gelingen. (sda/npa)