Insgesamt haben rund 1'501'500 Personen die Waffenvorlage angenommen, 854'500 Personen haben dagegen gestimmt. In sämtlichen Kantonen mit Ausnahme des Kantons Tessin resultierte ein Ja. Die Tessiner Stimmenden lehnten die Vorlage mit 54,5 Prozent ab. Mit Luca Filippini hatte ein Tessiner das gegnerische Komitee angeführt.

Ein knappes Ja gab es in den Kantonen Schwyz mit 51,6, Obwalden mit 51,7 und Appenzell Innerrhoden mit 52,9 Prozent. Am deutlichsten stimmte der Kanton Basel-Stadt mit 75 Prozent für die Revision des Waffengesetzes, gefolgt von den Kantonen Genf mit 72,8, Neuenburg mit 72,6, Waadt mit 71,6 und Zürich mit 70,6 Prozent.

Die Schweizer Tourismusbranche setzte sich im Vorfeld zur Abstimmung für ein Ja ein, denn bei einem Ja hätte der Ausschluss aus dem Schengen-Abkommen gedroht. Ohne Schengen-Mitgliedschaft könnte die Schweiz nicht mehr Teil des europäischen Visaverbunds sein, der für die Tourismusbranche zahlreiche Vorteile bietet. Zudem hätten schmerzliche Einbussen bei der Reisefreiheit gedroht. 

Widerstand der Schützen
Die klare Zustimmung war erwartet worden. In der letzten SRG-Umfrage hatten sich 65 Prozent für die Vorlage ausgesprochen. Den Gegnerinnen und Gegnern gelang in der Schlussphase kein Coup. Eine «Anti-Stimmung» gegen die Regierung sei nicht aufgekommen, sagte Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern.

Die Änderungen des Waffenrechts vehement bekämpft haben die Schützen. Sie versuchten, die Abstimmung zum Votum über ein «EU-Diktat» zu machen. Damit scheinen sie aber auch in EU-kritischen Kreisen nur bedingt gepunktet zu haben, trotz Unterstützung der SVP. Diese muss im Wahljahr eine Niederlage in ihrem Kernthema hinnehmen, den Beziehungen zur EU. Zu den Siegerinnen gehört Justizministerin Karin Keller-Sutter, die ihren ersten Abstimmungserfolg verbuchen kann.

Bewilligung nötig
Mit dem Ja wird in der Schweiz die neue EU-Waffenrichtlinie umsetzt. Davon betroffen sind vor allem Käufer halbautomatischer Waffen mit grossem Magazin. Solche Waffen – beispielsweise Sturmgewehre – gelten neu als verbotene Waffen.

Im Schiessport können sie weiterhin verwendet werden, doch braucht es für den Kauf eine Ausnahmebewilligung statt wie heute einen Waffenerwerbsschein. Für die Bewilligung muss der Erwerbsgrund angegeben werden, zum Beispiel «Sportliches Schiessen».

Waffen melden
Wer eine solche Waffe erwerben will, muss zudem nach fünf und nach zehn Jahren nachweisen, dass er damit regelmässig schiesst oder Mitglied eines Schützenvereins ist. Wer bereits eine solche Waffe besitzt, muss sie innerhalb von drei Jahren dem kantonalen Waffenbüro melden, sofern sie noch nicht registriert ist.

Waffenhändler müssen sämtliche Transaktionen mit Waffen innerhalb von 20 Tagen elektronisch melden, und Waffenhersteller müssen alle wesentlichen Waffenbestandteile markieren. Das soll es der Polizei erleichtern, die Herkunft einer Waffe zu klären. Sammler und Museen müssen ein Verzeichnis führen.

Mehr Informationsaustausch
Ferner wird der polizeiliche Informationsaustausch zwischen den Schengen-Staaten verbessert. Im Informationssystem wird künftig ersichtlich sein, wem in einem anderen Land aus Sicherheitsgründen eine Waffe verweigert wurde.

Nichts ändert sich dagegen für Soldaten, welche die Ordonnanzwaffe bei Dienstende direkt übernehmen wollen oder bereits übernommen haben. Auch für Jägerinnen und Jäger bleibt alles beim Alten.

Spielraum ausgeschöpft
Ursprünglich standen weitergehende Bestimmungen zur Diskussion. Die Schweiz erreichte aber zusammen mit anderen Staaten, dass diese nicht in die EU-Waffenrichtlinie aufgenommen wurden. Auch bei der Umsetzung schöpfte der Bundesrat den Spielraum aus. Den Schützen geht das Gesetz dennoch zu weit. Sie sehen die Schweizer Schiesstradition und den Waffenbesitz gefährdet - und damit die Freiheit.

Die Gegner stören sich nicht nur an den beschlossenen, sondern auch an möglichen künftigen Verschärfungen. Die EU-Waffenrichtlinie soll alle fünf Jahre überprüft werden. Weitere Verschärfungen sind also möglich. In der Schweiz könnte gegen deren Übernahme allerdings erneut das Referendum ergriffen werden.

Unter dem Eindruck von Terror
Die Arbeiten zu den aktuellen Verschärfungen hatten in der EU schon vor Jahren begonnen. Entschieden hat die EU aber unter dem Eindruck der Terroranschläge in Paris und Brüssel. Bei diesen wurden halbautomatische Waffen eingesetzt, mit welchen in kurzer Zeit viele Schüsse abgegeben werden können.

Aus Sicht der Gegner sind die neuen Regeln gegen Terrorismus nutzlos. Der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann äusserte im Abstimmungskampf die Vermutung, die Terrorismusbekämpfung sei nur ein Vorwand, um private Haushalte zu entwaffnen.

«I love Schengen»
Die Befürworter – alle grossen Parteien mit Ausnahme der SVP – sehen in den Änderungen durchaus einen Nutzen im Kampf gegen Waffenmissbrauch. Ihr zentrales Argument war allerdings die Schengen- und Dublin-Mitgliedschaft der Schweiz: Bei einem Nein hätte diese automatisch geendet – es sei denn, die EU-Kommission und sämtliche EU-Staaten wären der Schweiz innert 90 Tagen entgegenkommen.

Die Befürworter warnten vor verheerenden Folgen. Ohne Schengen hätte die Polizei keinen Zugang mehr zu den europäischen Fahndungsdatenbanken und wäre blind, argumentierten sie. Betroffen wären auch der Tourismus und das Asylsystem – und dies wegen geringfügiger Verschärfungen. Die Operation Libero warb mit dem Slogan «I love Schengen» für ein Ja.

Die Gegner stellten sowohl den Nutzen von Schengen als auch die Gefahr eines Ausschlusses der Schweiz in Frage, vermochten damit aber nicht zu überzeugen. Das Stimmvolk hatte die Teilnahme der Schweiz am Verbund von Schengen/Dublin 2005 mit 55 Prozent angenommen. Am Sonntag hat es diesen Entscheid nun bekräftigt. (htr sda)