Die Schweiz verfügt über gut ausgebaute und zuverlässige öffentliche Verkehrsmittel (ÖV).Dennoch benutzen etwa 60 Prozent aller Ferienreisenden im Inland Privatfahrzeuge. Mit ein Grund dafür ist das Reisegepäck. Rund die Hälfte der Gäste, die mit dem Auto in die Ferien fahren, empfinden es als mühsam, Koffer und Taschen im ÖV mitzuführen. Das ergeben Untersuchungen des Instituts für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen. 

An- und Abreise sindmassive CO₂-Faktoren
Die Laudinella-Hotelgruppe hat die ungefähren Emissionen ermittelt, die ein Hotelbetrieb verursacht. Der Betrieb der zwei Laudinella-Hotels in St. Moritz generierte 2019 Emissionen von knapp 2000 Tonnen CO₂-Äquivalent; rund 25 Kilogramm pro Logiernacht. Berücksichtigt man zusätzlich die An- und Abreise der Gäste, ergibt sich aber ein ganz anderes Bild. Myriam Schlatter, Laudinella-COO und Verbandsleitungsmitglied von HotellerieSuisse: «Die Anreise der Gäste führt zu ungleich viel grösseren Emissionen, vor allem, wenn sie mit dem Flugzeug in die Schweiz reisen. Die CO₂-Emissionen steigen pro Logiernacht um das 35-Fache an, wenn wir die An- und Abreise vollständig anrechnen.» Die Gästemobilität sei dann so dominant, dass dort unbedingt Verbesserungen angestrebt werden müssten, schliesst Schlatter.

Komfort und Nachhaltigkeit
Ein gut funktionierender und preisgünstiger Gepäckservice hat laut Hans Peter Küng, Leiter Produktmanagement Reisegepäck für die ÖV-Branche, mehrere positive Effekte: Er ermöglicht Gästen eine komfortable und entspannte Reise im ÖV, die Emissionen werden signifikant reduziert, und den Hoteliers gibt er ein Marketinginstrument, welches ihr Bekenntnis zur Nachhaltigkeit unterstreicht.

Das «Gepäck-Special», lanciert von der ÖV-Dachorganisation Alliance Swiss Pass, Schweiz Tourismus, HotellerieSuisse, SBB und regionalen sowie lokalen Transportunternehmen, bietet einen Gepäcktransport von der Wohnung bis ins Hotel oder in die Ferienwohnung und zurück. Ein Kurier holt das Gepäck zu Hause beim Gast ab. Es wird per Liefer- wagen zum nächsten Bahnhof mit Gepäckservice transportiert und von dort an den Ferienort, wenn immer möglich mit dem Zug. Neben der Vermarktung dieser bequemen Anreise besteht die Leistung des Hoteliers im Transport auf der «letzten Meile», also vom Bahnhof ins Hotel und zurück.

Bei Bahnreiseangeboten der Grand Train Tour of Switzerland funktioniere dieser Gepäckservice hervorragend, sagt Fabian Bryner vom Switzerland Travel Centre (STC). «Die SBB haben für diese Rundreise mit uns einen fairen Preis von 140 Franken für fünf Gepäcktransfers von Hotel zu Hotel festgesetzt. Den Gepäcktransport kann man direkt auf der Buchungsstrecke kaufen.»

Der logistische und organisatorische Aufwand für das «Gepäck-Special» mit individuellem Abhol- und Zielort gestaltet sich komplexer als eine organisierte Bahnreise auf einer vorgegebenen Reiseroute.

Kommunikationwird neu lanciert
Das «Gepäck-Special» wurde bereits im Winter 2018/2019 von den SBB zusammen mit Schweiz Tourismus und der Tourismusbranche lanciert. Während der Testphase war der Service gratis. Seit Dezember 2021 wird er von der Alliance Swiss Pass angeboten. Diverse Umstände wie die Covid-Pandemie und die Einführung eines – wenn auch günstigen – Preises ab 44 Franken für bis zu vier Gepäckstücke liessen die Nachfrage etwas abebben.

Momentan machen rund 1200 Schweizer Beherbergungsbetriebe beim «Gepäck-Special» mit. Scuol im Engadin hat als Destination Verträge mit den Anbietern unterzeichnet und bietet den Dienst flächendeckend an. Jetzt wolle man eine neue Kommunikationsoffensive starten, sagt Hans-Peter Küng. Hoteliers sollten die Anreise mit dem ÖV und den Gepäckservice bei ihren Gästen aktiv bewerben. Als Beispiel nennt Küng die Hinweise zur Anreise auf vielen Hotelwebsites: Oft werden zwar die nächsten Flughäfen, Autovermieter und die Anfahrt im privaten Fahrzeug angegeben, jedoch nicht die ÖV-Verbindungen. «Im Idealfall findet sich auf der Website des Hotels sowohl der Hinweis auf die Anreise mit dem ÖV samt Fahrplan als auch ein direkter Link zur Buchung des Gepäcktransports.» Der Online-Fahrplan kann mit wenigen Handgriffen auf der Hotelwebsite installiert werden; eine Anleitung dazu findet sich bei HotellerieSuisse (siehe Box).

Hotelière Myriam Schlatter findet die ÖV-Angebote auf der Hotelwebsite sinnvoll: «Wenn ein Gast nach einem Transfer vom Flughafen Zürich nach St. Moritz fragt, geben wir die Bahnverbindungen an. Die Anschlüsse in Zürich-Flughafen sind ideal, die Tickets einfach zu kaufen und die Preise vernünftig.» Wenn man bedenkt, dass eine Taxifahrt von Zürich ins Engadin rund 800 Franken kostet, ist die Bahn tatsächlich eine ebenso umweltfreundliche wie preiswerte Alternative.

Dieser Fachartikel ist in Zusammenarbeit mit den SBB entstanden.

Mit wenigen Klicks zum «Gepäck-Special»
Beherbergungsbetriebe, die beim «Gepäck-Special» mitmachen wollen, können auf sbb.ch/gepaeck-special-partner ein Formular herunterladen. Der Gast platziert den Auftrag zum Gepäcktransport auf sbb.ch/gepaeck-shop. Am übernächsten Tag werden Koffer und Reisetaschen abgeholt. Zwei Tage später steht das Gepäck an der Ferienadresse bereit. Der Transport von bis zu vier Gepäckstücken kostet 44 Franken. Destinationen, Hotels und Betreibern von Ferienwohnungen stehen Texte, Bilder und URLs für Websites und Broschüren zur Verfügung. Eine Anleitung zur Installation des ÖV- Fahrplans auf der Hotelwebsite finden Gastgeber auf:

hotelleriesuisse.ch

Christian Räss