Die Alpsaison könnte in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen werden. Die Schweiz hat am Donnerstag eine entsprechende Kandidatur bei der Unesco eingereicht.

Bei der Alpsaison handle es sich um eine «beispielhafte und lebendige Tradition der Berggebiete», schrieb das Bundesamt für Kultur (BAK) am Donnerstag in einer Mitteilung. Und sie habe eine lange Geschichte: Es sei belegt, dass Bäuerinnen und Bauern ihr Vieh bereits seit dem Mittelalter zum Sömmern auf hochgelegene Weiden treibe. Seither habe die Alpsaison Bestand, und sie werde laufend den lokalen klimatischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen angepasst.

Immaterielles Kulturerbe bezeichnet lebendige, über Generationen weitergegebene Traditionen und Praktiken, die einer Gemeinschaft ein Gefühl der Identität und der Kontinuität vermitteln. Dies sind beispielsweise Musik, Tanz, Brauchtum, Feste oder traditionelle Handwerkstechniken. Im Jahr 2020 wurde etwa das Uhrmacherhandwerk eingetragen, zuvor waren der Schweizer Alpinismus und die Prozessionen in Mendrisio (TI) aufgenommen worden.

Die Alpsaison sei aber mehr als der Alpaufzug und -Abzug. Dazu gehörten etwa auch die hochwertigen Lebensmittel, für die die Schweiz bekannt sei und die während der Alpsaison produziert würden. Hinzu kämen das Wissen über Weidewirtschaft und das Käsen, die Handwerkstechniken bei der Geräteherstellung und das «reiche traditionelle Liedgut». Die Alpsaison vereine also ein ganzes Repertoire an Bräuchen, Fertigkeiten und Ritualen, das sie zu einem «äusserst lebendigen Kulturerbe» mache.

Zukunft der Tradition sichern
Aus diesem Grund soll die Tradition der Alpsaison in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden. Hilfreich scheint dies auch für die Zukunft dieser gelebten Tradition zu sein. Denn viele Fragen seien offen, insbesondere über den Wissenstransfer und die Anpassung der Alpung an den Klimawandel, schreibt das BAK.

Beim Erstellen des Bewerbungsdossiers hätten bereits konkrete Massnahmen abgeleitet werden können, die sicherstellen sollen, dass das Kulturerbe an künftige Generationen weitergegeben werde. Bis Ende 2023 könnte die Unesco einen Entscheid fällen.

Walliser Suonengeteilschaften in Projekt
Gleichzeitig beteiligt sich die Schweiz gemäss Mitteilung mit sechs anderen Ländern an der multinationalen Kandidatur «Traditionelle Bewässerung in Europa», wie das BAK schreibt. In der Schweiz sind die Wässermatten des Oberaargaus in den Kantonen Bern und Luzern sowie die Suonengeteilschaften im Wallis in das Projekt eingebunden.

[IMG 2]Die traditionelle Bewässerung setzt auf die auf strategische Nutzung der Schwerkraft und manuell angelegte Konstruktionen wie Kanäle und Gräben, um Wasser in die Wiesen, Reben oder Gärten zu leiten. Für das Wässern bestehen spezifische Regelwerke und gemeinschaftliche Organisationsformen, wie die Stiftung Landschaftsschutz in einer Mitteilung zur Kandidatur erläutert.

Die Stiftung hat an der Vorbereitung der Kandidatur mitgearbeitet. Ziel sei es, das mit der Bewässerung verbundene Wissen, die kulturelle Bedeutung und sozialen Praktiken auch international sichtbar zu machen. Zudem sollen die traditionellen Modelle der Bewässerung und der Wasserwirtschaft aufgewertet werden –  insbesondere die Bewirtschaftung in Geteilschaften. Dabei handelt es sich um historische Genossenschaften, die Gemeingut lokal und partizipativ verwalten.

An der Kandidatur beteiligen sich neben der Schweiz Belgien, Deutschland, Italien, Luxemburg und die Niederlande unter der Federführung von Österreich. (sda/npa)