Mit dieser «Liste der lebendigen Traditionen» erfüllt die Schweiz die Verpflichtung, die sie 2008 mit der Ratifizierung des Unesco-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes eingegangen ist. Das Übereinkommen will unter anderem globalen Angleichungstendenzen entgegenwirken.

In einem nächsten Schritt soll die Liste bekannt gemacht und die Wertschätzung der Bevölkerung für die aufgeführten Traditionen erhöht werden, wie am Montag an einer Medienkonferenz in Bern dargelegt wurde. Ergänzend zur Website veröffentlicht das BAK sieben thematische Karten, welche die geografische Verbreitung einzelner Traditionen aufzeigen.

Erleichtert wird die Propagierung dadurch, dass das Thema «Lebendige Traditionen» noch bis 2015 zu den beiden im Kulturförderungsgesetz festgelegten Subventionsschwerpunkten des BAK gehört. Das erlaubt unter anderem, die Beiträge für kulturelle Organisationen im Laienbereich zu verdreifachen.

Schmökern und Mitmachen
Für Schweizer Verhältnisse ist die 2010 eingeleitete Erstellung der «Liste der lebendigen Traditionen» erstaunlich schnell vonstatten gegangen. Dank der Mithilfe der kantonalen Kulturstellen wurden in nur einem halben Jahr 384 Vorschläge gesammelt. Diese wurden von einer Fachgruppe geprüft und eine abgespeckte Liste Ende 2011 von den kantonalen Kulturstellen verabschiedet.

Anschliessend wurde jede einzelne Tradition ausführlich in Bild und Text dokumentiert und mit weiterem Material – wie Videos und Tonaufnahmen – verlinkt. Entstanden ist eine reichhaltige Online-Fundgrube, die zum Schmökern einlädt und nach dem Willen des BAK und der Unesco auch zum Partizipieren ermuntert.

Die Bewahrung und Weitergabe der Traditionen schliessen aber Veränderung nicht aus, sagt David Vitali, Leiter der Sektion Kultur und Gesellschaft beim BAK. «Was unsere Väter schufen, war, da sie es schufen, neu. Bleiben wir später den Vätern treu, schaffen wir neu», zitierte er Mani Matter. Der 1972 verstorbene Berner Chansonnier hat im übrigen selber Aufnahme auf die Liste gefunden; sie birgt auch sonst etliche Überraschungen.

Wertschätzung und Wertschöpfung
Analog zum materiellen Weltkulturerbe wird die Schweiz auch ausgewählte Beispiele ihrer lebendigen Traditionen für die Unesco-Listen des immateriellen Kulturerbes nominieren. Eine Expertengruppe wird eine Liste erstellen, deren Einträge sukzessive zur Einschreibung vorgeschlagen werden.

Touristisch verwertet werden sollen die lebendigen Traditionen aber schon bevor sie auf die werbewirksame Unesco-Liste kommen. Die Hochschule Luzern hat dafür einen «Leitfaden zur Angebotsgestaltung und -vermarktung» erstellt.

Darin wird insbesondere für eine sensible, authentische Präsentation plädiert. «Gelebte Traditionen, unverfälschtes Brauchtum und authentische Freude: Das sind die Zutaten, die eine Reise in die Schweiz für unsere Gäste zu einem Erlebnis machen», heisst es darin beispielsweise. (npa/sda)