Es weihnachtet schwer in den Schweizer Städten. Nachdem die Weihnachtsmärkte im vergangenen Jahr grösstenteils ausgefallen sind, finden sie aktuell wieder zahlreich statt. Wie viele es sind, ist nicht genau bekannt. Die Suchanfrage auf Myswitzerland.com ergibt 164 Treffer. Aufgrund der Pandemie gelten diverse Schutzmassnahmen, schweizweit einheitliche Regeln gibt es keine. Je nach Kanton und Lage sind die Marktperimeter eingezäunt und nur mit Zertifikat betretbar, oder aber mit oder ohne Maske frei zugänglich.

Chur: Der Christkindlimarkt ist «wie ein Klassentreffen»
Beispielsweise am Churer Christkindlimarkt. Dieser findet dieses Jahr zum neunten Mal an der Bahnhofstrasse statt. Neben Gewürzen, Lichtern, Kleidung und allerlei Geschenkartikeln locken Glühwein, Punsch und andere Leckereien. Die rund 30 Stände stehen weniger dicht als sonst. Eigentlich hätten es 40 sein sollen. Gemeinsam mit Stadtpolizei und Gesundheitsbehörde habe man eine Maskenpflicht für die Händler beschlossen, «woraufhin einige von ihnen leider einen Rückzieher gemacht haben», sagt Marie Eckert. Sie bildet gemeinsam mit ihren beiden Geschäftspartnern Peter Howald und Peter Hutter die IG Christkindlimarkt Chur, die den Markt Jahr für Jahr ausrichtet.

Für die Besucherinnen und Besucher gilt eine Empfehlung fürs Maskentragen. Abschrecken lassen sie sich davon nicht. «Der Markt ist Treffpunkt für die Locals, für das Feierabendbier mit den Kollegen», sagt Eckert. Am Wochenende kämen auch zahlreiche Gäste von weiter her, aus dem Tessin, Welsch- und Unterland, wie ihr verschiedene Hotels bestätigt hätten. Für sie ist klar: «Die Leute brauchen die festliche Stimmung in der Vorweihnachtszeit.»

Wie läuft das Geschäft bis jetzt? «Die Kosten sind langsam drin, ich schlafe schon besser», antwortet sie lachend. Das Wichtigste sei jedoch, dass der Markt dieses Jahr überhaupt wieder stattfinde. «Wir sind sehr dankbar, dass alles mehr oder weniger normal laufen kann.» Sie und ihre beiden Kollegen hätten sich «wie die kleinen Kinder» gefreut, pflege man doch seit vielen Jahren ein enges Verhältnis zu den Händlern. Der Markt sei «wie ein Klassentreffen», sagt Eckert.

Zufrieden ist Marie Eckert auch mit der Zusammenarbeit mit den Behörden. Nachdem die Gastrostände vor einem Jahr nach einer Woche unverrichteter Dinge hätten schliessen müssen, sei man jetzt in engem Kontakt mit Stadt und Stadtpolizei. «Es ist ein Dialog, kein Diktat», betont sie. Da eine Abtrennung des gesamten Marktareals aufgrund der zentralen Lage nicht möglich ist, müssen die Betreiber der Gastronomiestände in den Stosszeiten, also ab 16 Uhr sowie an den Wochenenden, in abgezäunten Bereichen ein Zertifikat (3G) verlangen. Sind sie dazu nicht bereit, dürfen sie lediglich Take-away anbieten.

Bern: Gäste schwänzen ihre Reservation im Fondue-Chalet
Augenschein auf dem Berner Sternenmarkt, gelegen auf der Kleinen Schanze nahe dem Hauptbahnhof. Das Gelände wird von einem durch Lichtergirlanden erhellten Holzpalisadenzaun eingefasst. Vor den Eingängen bilden sich teils lange Schlangen für die Zertifikatskontrolle. Markus Arnold, Sternekoch und Co-Organisator des Berner Sternenmarkts, ist guter Dinge. «Die Stimmung ist sehr gut, die Gäste schätzen das Angebot.» Aber es habe schon etwas weniger Leute als in normalen Jahren. Zu spüren bekomme das insbesondere die Gastronomie, beispielsweise das Fondue-Chalet. Dort gebe es deutlich mehr Annullationen als sonst. Kürzlich sei eine 40er-Gruppe einfach so nicht erschienen, so etwas habe er bisher noch nicht erlebt. Doch auch kleinere Tische blieben öfters leer.

Zur finanziellen Lage möchte sich Arnold nicht äussern. Geld stehe für ihn und seinen Geschäftspartner, den Gastronomen Tom Weingart, allerdings gar nicht im Zentrum, wie er betont. «Wir wollen ein Zeichen setzen und den Menschen in dieser schwierigen Zeit einen Lichtblick bieten.» Und nach dem Komplettausfall im ersten Corona-Winter sei die diesjährige Durchführung nicht zuletzt auch für sie beide psychologisch wichtig.

Basel: Sogar die «Amis» besuchen den Weihnachtsmarkt
Vorsichtig optimistisch ist auch Manuel Staub, Leiter Messen und Märkte im Präsidialdepartement des Kantons Basel-Stadt. Er ist zuständig für die Organisation der grösseren Events, darunter die Basler Herbstmesse sowie der Weihnachtsmarkt Basel. Genau wie in der Bundeshauptstadt fand in Basel vor einem Jahr kein Weihnachtsmarkt statt und gilt auch aktuell auf dem ganzen Gelände die 3G-Regel mit Zertifikatspflicht. Die Menschen stehen für die Kontrolle bis zu einer Viertelstunde an, was sie laut Staub geduldig in Kauf nehmen. Der Markt sei für die Menschen in Zeiten steigender Fallzahlen eine willkommene Einkaufsalternative an der frischen Luft. Aber auch die verkaufsoffenen Sonntage brächten Frequenz.[DOSSIER]

Vor Corona konnte der Weihnachtsmarkt innert vier Wochen 900 000 Menschen anlocken. Wie viele es diesmal sein werden, weiss Staub nicht, aber «ein Spitzenjahr gibt es nicht». Verglichen mit 2019 stehen rund ein Fünftel weniger Stände. Über 100 sind es trotzdem. «Ein Drittel davon Verpflegung, der Rest Warenhändler», sagt Manuel Staub. Die Gäste kommen aus der Schweiz sowie dem angrenzenden Frankreich und Deutschland. Man höre aber auch viel Spanisch und Englisch, darunter viele Amerikaner, die mit Flusskreuzfahrtschiffen anlandeten. Auch Basel Tourismus vermarktet den Weihnachtsmarkt in seinem «Weihnachts-Special» inklusive einer Übernachtung.

Was die kommenden Tage und Wochen angeht, gibt sich Staub einigermassen gelassen. «Eine gewisse Anspannung ist da hinsichtlich neuer Massnahmen», gibt er zu. Allerdings gehe es dabei wohl vor allem um die Innenbereiche. Das gibt Grund zur Hoffnung für die Marktfahrer: Für sie seien Weihnachtsmarkt und Herbstmesse «matchentscheidend», so Staub.

patrick timmann