Die Wildheuflächen im Urner Isenthal sind von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) zur Landschaft des Jahres 2016 ernannt worden. Sie seien als Nutzungsform weltweit in Berggebieten vermutlich nur in den Alpen anzutreffen. Die Arbeit ist nicht ungefährlich.

Die diesjährige Auszeichnung betreffe eine heute fast halsbrecherisch anmutende, selten gewordene Nutzungsform der Berglandwirtschaft, teilte die SL am Mittwoch mit. Die althergebrachte Gewinnung von «Notheu» und Winterfutter sei längst zu einem Kulturgut und zu einer wichtigen Pflegemassnahme artenreicher Trockenwiesen geworden.

Das Wildheuen mit Sense und in Nagelschuhen sowie das Lagern des Heus in hoch aufragenden Heustöcken ist eine Kunst, die auf alter Erfahrung beruht. Trotz Einsatz modernster Hilfsmittel wie Helikopter oder Bergmäher ist das Wildheuen eine anstrengende Handarbeit. Für den Transport wird das Heu zu grossen Bündeln verpackt, die auf dem Rücken getragen werden können.

Bei den Arbeitsgebieten handelt es sich um gemähte Wiesen im Sömmerungsgebiet. Sie werden als «Wildi» oder «Wildheuplanggen» bezeichnet. Sie befinden sich auf steilen, abgelegenen Flächen über 1500 Metern Höhe. Im 17. Jahrhundert stieg in vielen exportorientierten Talschaften aufgrund der grossen Nachfrage nach Heu der Druck, auch auf den abgelegensten und steilsten Wiesen Heu zu gewinnen.

30 Bauern in Isenthal
Die mit 10'000 Franken dotierte Auszeichnung der SL geht an rund 30 Wildheuer aus dem Isenthal. Diese würden stellvertretend für die übrigen Wildheuer in Uri und in der ganzen Schweiz ausgezeichnet, heisst es in der Mitteilung.

Die Wildheuer seien in vorbildlicher Weise mit Leidenschaft und Können tätig. Sie würden eine bedrohte Kulturlandschaft mit langer Geschichte und grossem Identifikationsgehalt erhalten.

Zur schweisstreibenden Arbeit in steilem Gelände schreibt der SL, es handle sich um «sportliches Wirtschaften in einer vertikal Kulturlandschaft». Dass die Arbeit gefährlich ist, zeigt just ein tödlicher Unfall vom Wochenende oberhalb von Flüelen im Kanton Uri.

Tödlicher Unfall am Sonntag
Am Sonntagmittag hatte ein erfahrener Wildheuer beim Einsammeln von Heu den Halt verloren. Der 62-Jährige stürzte etwa 300 Meter in die Tiefe. Der Bauer, der auch eine lokale Schwyzerörgeli-Grösse war, starb an seinen Verletzungen. Er war zuvor mit zwei weiteren Personen an den so genannten Wildheuerpfad aufgestiegen, um im Gebiet Franzen-Hochegg zu arbeiten.

In der Schweiz werden gemäss Bundesamt für Umwelt schätzungsweise noch 4'000 Hektaren Wildheu genutzt. Davon sind rund 1'000 Hektaren besonders artenreich. Uri fördert das Wildheuen seit 2008 mit kantonalen Subventionen.

Der Preis für die Landschaft des Jahres 2016 wird am 13. August an einem öffentlichen Festakt und einer Demonstration auf der Alp Gischenen überreicht. Am Tag zuvor ist eine Fachtagung im Dorf Isenthal geplant.

Seit 2011 wählt die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz jedes Jahr eine Landschaft des Jahres. Ziel ist es, die Werte der schweizerischen Landschaften zu kommunizieren, über deren Gefährdungen zu informieren und das lokale Engagement für die Landschaftspflege zu honorieren. (sda/mma)