Nach dem währungsbedingten Einbruch 2012 hat sich die Schweizer Tourismusbranche im vergangenen Jahr weiter erholt. Die Zahl der Übernachtungen stieg gegenüber 2013 um 0,9 Prozent auf insgesamt 35,9 Millionen.

«Ein solides Ergebnis», wie es Daniela Bär von Schweiz Tourismus am Montag in Zürich an einer gemeinsamen Medienkonferenz von Schweiz Tourismus, Schweizer Tourismus-Verband (STV), hotelleriesuisse und dem Bundesamt für Statistik (BFS) nannte.

Die Aussichten jedoch sind getrübt. «Die Aufwertung des Frankens hat massive Auswirkungen»", sagte Schweiz Tourismus Direktor Jürg Schmid. Wie schon bei der letzten Frankenaufwertung werde voraussichtlich auch diesmal vor allem der alpine und ländliche Tourismus leiden.

Einbruch von bis zu 10 Prozent
Diesem prognostiziert Schweiz Tourismus mittelfristig einen Einbruch von bis zu10 Prozent, sollte der Euro-Wechselkurs bei 1,05 Franken bleiben. Nachteilig für Hotels und Bergbahnen in Graubünden, dem Wallis und dem Berner Oberland sei einerseits, dass sie nicht vom deutlich stabileren Geschäftstourismus profitierten, sagte Schmid. In den Städten werden zwei Drittel der Übernachtungen von Geschäftsleuten gebucht.

Vor allem aber hängen die touristischen Bergregionen laut Schmid viel stärker von europäischen Gästen ab, die preissensibler reagieren als zum Beispiel Touristen aus Asien. Schweiz Tourismus prognostiziert in diesen Märkten für die Bergregionen einen Einbruch der Übernachtungszahlen um 17 Prozent in den nächsten zwei Jahren. «Dies wird die Branche prägen», sagte Schmid.

Ferienhotellerie in den Bergen gefährdet
Denn mittel- bis langfristig seien erhebliche Teile der Ferienhotellerie in den Bergen gefährdet – mit entsprechenden Folgen für den Detailhandel und die Bergbahnen. Zudem sei zu befürchten, dass erstmals auch vorbildlich geführte Betriebe betroffen seien. «Der Strukturwandel beschleunigt sich», sagte Schmid.

Um die negativen Folgen dieses forcierten Strukturwandels abzufedern, schlägt Schweiz Tourismus Massnahmen auf drei Ebenen vor. Erstens müssten die touristischen Unternehmen jetzt alles daran setzen, ihre Kosten zu senken. Eine Möglichkeit hier sei zum Beispiel, dass sich Hotels zu Einkaufs- und Vermarktungskooperationen zusammenschliessen.

Aber auch die Politik müsse zweitens ihren Beitrag leisten. Gefordert seien einerseits Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Unter anderem wünscht sich der Schweizer Tourismus-Verband (STV) Massnahmen gegen die Hochpreisinsel Schweiz, und dass der Sondersatz der Mehrwertsteuer für den Tourismus von 3,8 Prozent im Gesetz verankert wird sowie eine «weiche» Umsetzung der Zuwanderungsinitiative.

Ebenso soll mehr Geld aus der Bundeskasse in den Tourismus fliessen. Unter anderem soll die Marketingorganisation Schweiz Tourismus mehr Mittel erhalten.Der STV fordert von 2016 bis 2019 anstatt 220,5 Mio. Franken wie vom Bundesrat vorgeschlagen 270 Mio. Franken.

Bundesrat Schneider-Ammann als Werbeträger
Als dritte Massnahme präsentierte Schmid, wie Schweiz Tourismus selbst kurzfristig den veränderten Rahmenbedingungen begegnen will. Mit einer 3,9 Mio.Franken teuren Werbekampagne soll vor allem der Heimmarkt bearbeitet werden. Bei Schweizerinnen und Schweizer soll die Entdeckerlust für das eigene Land geweckte werden, sagte Schmid.

Im Rahmen der Kampagne soll auch Bundesrat Johann Schneider-Ammann einen Auftritt haben. Seine Aufgabe wird es sein, über sein Schweiz-Erlebnis zu schwärmen, heisst es in der Mitteilung.

Verstärken will Schweiz Tourismus jedoch auch die Werbung in weniger preissensiblen Märkten in Europa. Das sind vor allem die nordischen Länder.Angesprochen werden sollen aber auch gut verdienende Touristen in den baltischen Staaten, im Balkan und in der Türkei.

Im sehr wichtigen deutschen Markt dagegen schichtet Schweiz Tourismus die Mittel um. Die reinen Image-Inserate und die TV-Spots sind bereits vor zwei Wochen gestoppt worden, bestätigt Schweiz Tourismus eine Meldung von «20 Minuten». Die frei werdenden Mittel werden jetzt für Beilagen in Magazinen genutzt. Das Ziel: Den Nachbarn zu zeigen, dass die Schweiz gar nicht so teuer ist.

Gezielte Sofortmassnahmen
Gezielte Sofortmassnahmen fordern auch die Hoteliers. Nachdem die Nationalbank im Januar 2015 den Euro-Mindestkurs aufgehoben hat und der Schweizer Hotellerie damit im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz über Nacht ein Kostennachteil von rund 20 Prozent erwachsen ist, braucht die Branche aber zusätzliche Massnahmen, die sofort greifen.

Der Unternehmerverband hotelleriesuisse verlangt deshalb ein Sofortprogramm zur Förderung des inländischen Tourismus, die Gewährung von Zinserleichterungen und die Aufschiebung der Amortisation um fünf Jahre durch die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) sowie eine sofortige Aufstockung der Mittel 2015 im Rahmen des Innotour-Förderprogramms.Seit Jahren kämpft die Schweizer Hotellerie mit einem im Vergleich zum nahen Ausland hohen Kostensockel.

Mit dem Entscheid der Schweizerischen Nationalbank, den Euro-Mindestkurs aufzuheben, ragt dieser noch höher heraus. «Es braucht nun konkrete Massnahmen betreffend Parallelimporten, Cassis-de-Dijon-Prinzip und Kartellgesetz, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotellerie zu fördern», sagte Züllig am Montag an der Medienkonferenz von ST. «Die Politik steht in der Pflicht, für faire politische Rahmenbedingungen zu sorgen». hotelleriesuisse werde sich weiterhin stark im politischen Prozess engagieren. (sda/htr/npa)