Das Schweizer Stimmvolk hatte die Zweitwohnungsinitiative von Franz Weber und seiner Organisation Helvetia Nostra am 11. März 2012 angenommen. Der neu in die Bundesverfassung eingefügte Artikel 75b legt fest, dass der Anteil von Zweitwohnungen einer Gemeinde höchstens 20 Prozent betragen darf.

Schon 2012 anwendbar ?
Das Bundesgericht entscheidet am Mittwoch in öffentlichen Beratungen über erste Grundsatzfragen, die sich im Zusammenhang mit der neuen Regelung stehen. Alle vier Fälle betreffen Bewilligungen, die der Kanton Graubünden 2012 für den Bau von Zweitwohnungen erteilt hatte und die von Privatpersonen oder Helvetia Nostra angefochten wurden.

Am Morgen wird die I. Öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts unter dem Vorsitz von Kammerpräsident Jean Fonjallaz die Frage beantworten müssen, ob die Regelung zu den Zweitwohnungen bereits ab dem Datum der Abstimmung oder erst ab dem 1. Januar 2013 gilt, als die entsprechende Verordnung in Kraft getreten ist.

Flut von Baugesuchen
Die Frage ist von grosser Bedeutung. Im vergangenen Jahr war vorab in den Kantonen Wallis und Graubünden eine ausserordentliche Flut von mehr als zweitausend Baugesuchen für Zweitwohnungen zu verzeichnen, die in der Hoffnung eingereicht wurden, noch nicht von der neuen Bestimmung erfasst zu werden.

Nahezu sämtliche Bewilligungen, die in den Kantonen seither erteilt wurden, hat Helvetia Nostra angefochten. Rund 250 Verfahren sind aktuell vor Bundesgericht hängig. Dieses wird am Mittwochnachmittag entscheiden, ob die Organisation überhaupt beschwerdeberechtigt ist.

Bundes- oder Kantonsaufgabe ?
Entscheidend ist dabei die Frage, ob es sich bei der Anwendung des neuen Verfassungsartikels um eine Aufgabe des Bundes, oder um eine der Kantone handelt. Nur im ersten Fall dürfte Helvetia Nostra das Recht zustehen, erteilte Baubewilligungen anzufechten.

Im vergangenen Dezember hatte das Bundesgericht in einer Zwischenverfügung entschieden, dass die Beschwerden von Helvetia Nostra die aufschiebende Wirkung erhalten. Die angefochtenen Bauvorhaben wurden damit zumindest vorerst blockiert.

Das Gericht war zum Schluss gekommen, dass das Interesse an der Klärung des Rechtswegs sowie am Schutz von Natur und Landschaft den privaten Interessen an sofortigem Baubeginn vorgehen müsse. (npa/sda)