Von Bernd Röder, dpa

Die Airports in München, Nürnberg, Düsseldorf, Köln/Bonn und Dortmund bieten seit Samstag erstmals kostenfreie Untersuchungen an. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) prüft «auch eine rechtliche Verpflichtung» für solche Tests.

Wegen steigender Corona-Fallzahlen in einigen Regionen Spaniens hat Grossbritannien seine Einreiseregeln wieder verschärft: Tausende Briten müssen nach ihrem Sommerurlaub in Spanien in eine zweiwöchige Quarantäne. Das trifft auch die Reisebranche noch einmal hart.

Bislang gab es Corona-Tests auf Flughäfen schon in Frankfurt, München und Köln/Bonn, die Reisenden mussten aber selbst dafür bezahlen. Berlin will in der kommenden Woche mit kostenlosen Tests beginnen, auch andere Flughäfen wollen bald nachziehen.

Spahn und die Gesundheitsminister der Bundesländer hatten am Freitag beschlossen, dass sich alle Reisenden aus Risikogebieten nach ihrer Rückkehr in Deutschland künftig kostenlos auf das Virus testen lassen können. Wer keinen negativen Befund hat, muss wie bisher für zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Auch Reisende aus Nicht-Risikoländern, darunter fast die gesamte EU, können sich freiwillig innerhalb von 72 Stunden testen lassen – dann nicht am Flughafen, sondern etwa in Arztpraxen oder Gesundheitsämtern.

Grossbritannien will mit der schnellen Einführung der Quarantänepflicht für die Rückkehrer eine zweite Infektionswelle und neue Ausgangsbeschränkungen verhindern. Das sagte der britische Aussenminister Dominic Raab am Sonntag dem Nachrichtensender Sky News.

«Wir haben die Entscheidung so schnell getroffen wie wir konnten», fügte er hinzu. Man habe damit auf einen «grossen Anstieg an Covid-19-Fällen» auf dem spanischen Festland reagiert. Spanien gehört zu den Ländern, in denen die Briten am liebsten Ferien machen. Für die unter der Corona-Krise stark leidenden Fluggesellschaften ist die Pflicht zur Selbstisolation ein heftiger Schlag. Sie fürchten nun neue Einbrüche bei den Fluggastzahlen und damit noch mehr Verluste.

Die deutsche Reisebranche fordert in der Corona-Krise klare Perspektiven für Reisen in Länder ausserhalb Europas. «Es ist nicht nachvollziehbar, warum pauschal vor Reisen in 160 Länder ausserhalb von Europa gewarnt wird», sagte der Präsident des Reiseverbandes DRV, Norbert Fiebig, der Deutschen Presse-Agentur. Als Beispiel verwies er auf Tunesien. Das nordafrikanische Land stehe nicht auf der Liste der Risikogebiete des Robert Koch-Instituts, die Einreise aus Deutschland sei ohne Einschränkung möglich ebenso wie die Einreise für Tunesier in die EU. «Da stellt sich die Frage, warum die bestehende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes nicht aufgehoben wird.»

Für das Reiseland Türkei, für das noch immer eine Reisewarnung der deutschen Regierung gilt, schlug Tui-Vorstandschef Fritz Joussen einen Kompromiss vor. Die türkischen Urlaubsgebiete am Mittelmeer sollten von dieser Warnung freigestellt werden, sagte Joussen der «Rheinischen Post» (Samstag). «Wir plädieren für einen pragmatischen Ansatz: Weil die Touristenregionen an der türkischen Riviera am Mittelmeer einen sehr hohen Sicherheits- und Qualitätsstandard haben, sollte Deutschland für diese Ziele die Reisewarnung in einem Pilotprojekt aufheben», führte der Manager aus.

Spahn sagte am Samstag im Deutschlandfunk, er setzte zunächst auf die Eigenverantwortung der Reisenden, auf verstärkte Informationskampagnen und mehr Testmöglichkeiten. «Wir prüfen auch, ob es rechtlich möglich ist, das ist ja ein Eingriff in die Freiheit, jemanden zum Test zu verpflichten», fügte er hinzu. Die Gerichte schauten sehr genau, dass jeder rechtliche Eingriff verhältnismässig sei.

Kritik kam aus der FDP-Fraktion im Bundestag. Ob ein verpflichtender Test überhaupt rechtlich möglich ist, hätte Spahn «schon vor Monaten klären müssen», meinte die gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus. «Jetzt sind wir mitten in der Urlaubszeit und es gibt immer noch kein koordiniertes Gesamtkonzept zum Umgang mit Reiserückkehrern. So geht wertvolle Zeit im Kampf gegen das Corona-Virus verloren.»

Spahn sagte zur Test-Strategie: «Wir werden es möglich machen, dass jeder Reiserückkehrer sich testen lassen kann.» Zur zuletzt in Deutschland wieder gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen bemerkte der Minister, das habe «vor allem zu tun eben mit Reiseaktivitäten, Reiserückkehrern aus bestimmten Regionen – zum Teil dem Westbalkan, der Türkei». «Was wir im Moment haben, sind viele kleinere Ausbrüche», sagte Spahn.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt die Strategie der Gesundheitsminister. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der «Passauer Neuen Presse» (Samstag), der finanzielle Aufwand werde erheblich sein. «Trotzdem ist er gerechtfertigt.» Eine zweite Corona-Welle hätte ungleich grösser Folgen, meinte Landsberg. «Auch in Reisezentren der Bahn sollten solche kostenfreien Tests zur Verfügung gestellt werden.» (sda/dpa)