Im Visier hat Bern nicht die Konsumenten, die Müll achtlos wegwerfen (Littering) oder auch korrekt in Kübeln entsorgen. Vielmehr sollen all diejenigen zur Kasse gebeten werden, die den Abfall überhaupt erst in Umlauf bringen. Die Stadtberner Regierung zählt dazu Take-Away-Betriebe, Kioske und Lebensmittelgeschäfte, aber auch etwa die Herausgeber von Gratiszeitungen. Sie alle sollen eine umsatzabhängige Gebühr entrichten, wie es am Montag an einer Medienkonferenz hiess.

«Sauberkeitsrappen» ist dabei nicht ganz der passende Begriff: Einem kleineren Lebensmittelladen oder einem Take-Away-Stand droht rasch eine Jahresgebühr in vierstelliger Höhe. Allerdings können die Läden den Betrag selber beeinflussen: Wenn sie zum Beispiel ihr Essen nur noch in Mehrweggeschirr verkaufen, kriegen sie einen Gebührenerlass.

Rabatte möglich
Rabatte gibt es auch etwa für eigene Reinigungsdienste, Personalschulungen und für den Verzicht auf Zigarettenverkauf, denn die Entsorgung der Stummeln ist besonders teuer. Einen Malus plant die Stadt für all jene, die nach 20 Uhr noch Alkohol über die Gasse verkaufen.

Ebenfalls von der neuen Abgabe betroffen sind Bars, Nachtlokale, Sportveranstaltungen mit über 1000 Zuschauern sowie grössere Anlässe im öffentlichen Raum, etwa auf dem Bundesplatz – also all jene Veranstalter, die ebenfalls dazu beitragen, dass Abfall entsteht. Von der Gebühr befreit sind dagegen etwa Kleinstbetriebe und die Organisatoren von Demonstrationen.

Millionenkosten
Die Entsorgung von Abfall im öffentlichen Raum kostet die Stadt Bern jährlich rund elf Millionen Franken. Seit Jahren stört sich die rot-grün dominierte Stadtregierung daran, dass die gesamten Kosten vom Steuerzahler bezahlt werden. 2007 beschloss Bern deshalb, zur Deckung von Littering-Kosten eine Grundgebühr bei allen Gebäudebesitzern zu erheben. Das sei so nicht statthaft, entschied das Bundesgericht 2012.

Die Städte dürften Verursacherbetriebe durchaus zur Kasse bitten, befanden die Lausanner Richter. Die Gebühr müsse aber so ausgestaltet sein, dass ein Anreiz entstehe, Abfall zu reduzieren oder sogar zu vermeiden.

Referendum möglich
Gemeinderätin Ursula Wyss (SP) ist überzeugt, dass Bern die Vorgaben mit der nun präsentierten Revision des Abfallreglements bestmöglich umsetze. Dass der Sauberkeitsrappen politisch trotzdem einen schweren Stand haben dürfte, ist ihr bewusst. Kritik aus der Wirtschaft gab es schon 2014 bei der Präsentation des Grobkonzepts.

Das Reglement ist seit Montag in der Vernehmlassung. Das letzte Wort könnte dereinst das Volk haben – falls das Referendum ergriffen wird. Die Einführung des «Sauberkeitsrappens» ist frühestens 2021 möglich. Die Stadt erhofft sich dadurch Einnahmen von jährlich 3,4 Millionen Franken. (sda)