Die Tessiner Regierung nehme das Coronavirus sehr ernst. Dennoch gelte es, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen, mahnte Raffaele De Rosa, Vorsteher des Departements für Gesundheit und Sicherheit.

Eine aus 20 Spezialisten bestehende Koordinationsgruppe verfolge die Situation aufmerksam, erklärte Regierungspräsident Christian Vitta. Er rief die Bevölkerung dazu auf, Vertrauen in die Experten zu haben. «Wir sind im Kanton Tessin bereit, falls ein erster Fall von Coronavirus bestätigt werden sollte.»

Neue Ausgangslage
Seit Freitag stehe fest, dass das Virus in Italien angekommen ist – und zwar bei Patienten, deren Verbindung zu China nicht mehr eruierbar sei, erklärte Kantonsarzt Giorgio Merlani. Dies habe die Ausgangslage verändert. Jetzt gehe es im Kanton Tessin darum, sich auf erste bestätigte Fälle vorzubereiten. Es gebe bereits Verdachtsfälle. Wie viele das seien und wo sich die Patienten befänden, wollte Merlani nicht sagen. Ziel sei es nun, die betreffenden Personen möglichst rasch zu testen. «Falls sich ein Fall bestätigt, werden wir das nicht verheimlichen», versprach der Kantonsarzt.

Ab Dienstag sei es möglich, die nötigen Tests im Tessin selber auszuwerten. Bisher mussten Testergebnisse in ein Labor nach Genf gebracht werden. Neu könnten Tests innert knapp zwei Stunden ausgewertet werden, erklärte Merlani. Das sei wichtig, um bei Verdachtsfällen Zeit gewinnen zu können.

Mehr Betten und verkürzte Besuchszeiten
Ebenfalls ab Dienstag würden in den Spitälern des Kantons Massnahmen umgesetzt: So halte man mehr Betten bereit für den Fall, dass die Zahl der Verdachtsfälle ansteigen sollte. Zudem würden limitierte Besuchszeiten eingeführt um einer allfälligen Ausbreitung des Coronavirus vorzubeugen. Falls die Zahl der Verdachts- oder Krankheitsfälle effektiv ansteigen sollte, wolle man zusätzlich mit dem Zivildienst zusammenarbeiten.

Die Koordinationsgruppe stehe in konstantem Austausch mit den Behörden in Bern sowie den italienischen Ämtern. Sie habe sich aber bewusst gegen die Schliessung von Schulen oder die Absage von Fasnachtsanlässen ausgesprochen. «Das macht im Moment keinen Sinn», erklärte Kantonsarzt Merlani. De Rosa appellierte abschliessend an die Eigenverantwortung der Bürger. Bei Grippesymptomen solle man nicht die Notaufnahme aufsuchen, sondern die nationale Hotline anrufen.

Berset trifft Gesundheitsminister in Rom zu Coronavirus-Gespräch
Bundesrat Alain Berset trifft sich heute Dienstag in Rom mit den Gesundheitsministern Italiens, Frankreichs, Deutschlands, Österreichs und Sloweniens. Thema wird die Koordinierung im Kampf gegen das Coronavirus sein. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) bestätigte am Montag eine entsprechende Meldung der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Italien ist das vom Virus am stärksten betroffene europäische Land – bis Montag starben vor allem in der Lombardei sechs Menschen, darüber hinaus wurden 230 Infektionsfälle bekannt.

Die Schweizer Behörden trafen unterdessen weitere Vorkehrungen gegen das Coronavirus. Die Schweiz sei «in erhöhter Bereitschaft», sagte Gesundheitsminister Berset am Montagnachmittag vor den Bundeshausmedien. In Italien, unweit der Schweizer Grenze, nähmen die Coronavirus-Fälle seit dem Wochenende rasch zu. Damit erhöhe sich das Risiko für die Schweiz.

Für restriktive Massnahmen wie das Abriegeln von ganzen Städten oder die Schliessung von Grenzen besteht laut den Schweizer Behörden derzeit aber kein Anlass. Solche Massnahmen gegen eine Epidemie würden erst dann getroffen, wenn es eine solche in der Schweiz gebe. Das sei bislang nicht der Fall. Noch immer sei hierzulande niemand positiv auf das neuartige Coronavirus Sars-CoV 2 getestet worden. (sda apa)