Wenn es in den letzten Wochen um die touristischen Auswirkungen des Coronavirus in der Schweiz ging, standen vor allem Destinationen wie Luzern, Zürich oder Interlaken im Fokus, da dort normalerweise am meisten chinesische Gäste hinreisen. Nun hat sich die Situation aber massgeblich verändert: Immer mehr Erkrankungen werden in der Schweiz nachgewiesen, und die touristischen Auswirkungen sind somit nicht mehr nur punktuell, sondern flächendeckend spürbar.

Eine Destination, die ziemlich abrupt vor veränderte Tatsachen gestellt wurde, ist Basel-Stadt: Die Fasnacht wurde aufgrund des bundesrätlichen Beschlusses zum Verbot von Grossveranstaltungen kurzfristig abgesagt. Kurz darauf folgte die nächste Hiobsbotschaft: Auch die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld wird nicht wie geplant Anfang Mai stattfinden, sondern wurde auf Januar 2021 verschoben. Die nächsten Monate, welche ursprünglich für den Tourismus in Basel vielversprechend aussahen, stehen jetzt plötzlich auf der Kippe.

Keine Fasnacht ist schlimm, keine Baselworld schlimmer
Daniel Egloff, Direktor von Basel Tourismus, hatte im Februar nur einen leichten Gästerückgang zu verzeichnen. Doch seit Anfang März sei die Lage in Basel dramatisch und die Aussicht auf die nächsten Monate miserabel: «Die kurzfristige Absage der Basler Fasnacht sorgte vor allem bei der Gastronomie für grosse Einbussen, da schon alle Einkäufe getätigt waren und jetzt die erwarteten Erträge ausgeblieben sind», so Daniel Egloff. Auch die Basler Hotellerie wurde von der Absage überrumpelt: «Wir haben normalerweise viele Stammgäste über die Fasnachtszeit, die Situation war dementsprechend sehr herausfordernd», sagt Raphael Wyniger vom Vorstand der Basler Hoteliers. Viele hätten zwar abgesagt, aber er habe auch eine beispielhafte Solidarität von vielen Gästen erlebt.

Für das Gastgewerbe noch stärker ins Gewicht fallen als die Fasnacht dürfte die Verschiebung der Uhren- und Schmuckmesse Baselworld, welche auf Ende Januar 2021 vertagt wurde. Die Messe, welche vom 30. April bis am 5. Mai hätte dauern sollen, sorgt jeweils für volle Betten in Basel, obwohl die Aussteller- und Besucherzahlen in den letzten Jahren rückgängig waren. Zudem profitierte nebst den Messeausstellern und den Beherbergungsbetrieben auch die lokale Gastronomie massiv von dem internationalen Messe-Event. Der direkte und indirekte Umsatz der Baselworld liegt laut Basel Tourismus bei über einer Milliarde Schweizer Franken.

Ebenfalls sehr einschneidend für die Hotellerie ist laut Daniel Egloff der Rückgang des sogenannten Corporate-Geschäfts, also Übernachtungen und Meetings, welche durch Firmenkunden wie UBS, Novartis oder Roche generiert werden. Solche Buchungen seien derzeit für die nächsten Monate stark rückläufig, und es habe auch schon etliche Stornierungen gegeben. Dazu kommen zahlreiche weitere internationale Kongresse, welche nun gefährdet sind. Laut Egloff wurden im März bereits zwei weitere Veranstaltungen abgesagt, eine mit 750 Personen und eine mit 250 Personen. Für die kommenden Monate rechnet der Basler Tourismusdirektor mit einem Logiernächterückgang von bis zu 30 Prozent.

Viele Gastrobetriebe mit Liquiditätsschwierigkeiten
Auch bei den Basler Gastronomen ist die Lage ernst: «Wir rechnen in den nächsten Wochen und Monaten mit empfindlichen Einbussen», sagt Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt. Die Umsatzeinbussen der Gastronomen allein durch die Fasnachtsabsage liegen laut Ebneter bei rund 10 Millionen Franken. In den beiden Monaten März und April werden die Basler Gastronomen durchschnittlich 25 bis 30 Prozent weniger Einnahmen erzielen, schätzt Maurus Ebneter. Die verschärfte Situation könnte bis zu zwei Drittel der Gastbetriebe in Liquiditätsschwierigkeiten bringen, so seine Vermutung. «Die Mehrwertsteuer im ersten Semester werden viele Gastronomen schlicht nicht abliefern können», so Ebneter.

«Die Touristiker können nur Schadensbegrenzung betreiben», sagt Daniel Egloff im Hinblick auf die momentane Situation. Dazu gehören laut dem Tourismusdirektor das Senken von betrieblichen Kosten oder Gegeninformationskampagnen, um das Image der Destination aufrechtzuerhalten.

Um drohenden Schaden einzugrenzen, fordern die Branchenvertreter Hilfe und rasches Handeln von der kantonalen und der nationalen Politik. In Basel – aber auch national – werden derzeit seitens der Branche verschiedene Massnahmenempfehlungen erarbeitet, basierend auf verschiedenen möglichen Szenarien. Parallel dazu wird das Gespräch mit der Politik gesucht, um zu eruieren, wo Ansätze zur Unterstützung und Entlastungsmöglichkeiten bestehen.

Die Aufmerksamkeit wird nun in Basel auf die nächste Grossveranstaltung gelegt: die Kunstmesse Art Basel, welche vom 18. bis am 21. Juni stattfinden soll. Ob diese stattfindet, ist derzeit noch unklar.

«Eine Absage wäre ähnlich gravierend wie die der Baselworld», so Daniel Egloff. Da die Art Basel in den letzten Jahren zugelegt habe und die Baselworld etwas abgegeben habe, seien diese Messen mittlerweile etwa gleich wichtig für Basel. Die Hoffnung liegt jetzt auf den Sommermonaten – nicht nur in Basel, sondern in der ganzen Schweiz.


Schweiz Tourismus zur aktuellen Lage
Was das aktuelle Veranstaltungsverbot des Bundesrats bis vorläufig am 15. März für den Tourismus auf nationaler Ebene für Auswirkungen hat, ist derzeit schwierig zu quantifizieren. «Die Absage grosser Veranstaltungen wie etwa des Engadiner Skimarathons oder der Basler Fasnacht hat sicherlich erhebliche Auswirkungen für die lokale Gastronomie und Hotellerie. Wie gross diese aber sein werden – und wie das im gesamtschweizerischen Kontext aussieht –, können wir nicht abschätzen», teilt die Marketingorganisation Schweiz Tourismus (ST) auf Anfrage mit. Auf nationaler Ebene werden keine Zahlen zu solchen regionalen Veranstaltungen erhoben. Es existiert daher auch keine Übersicht über Veranstaltungen in der Schweiz, da diese Absagen nirgends erfasst werden. Bewilligungen (und Absagen) von Veranstaltungen liegen in der Kompetenz der Kantone und Gemeinden.

«Im Moment herrscht eine derart grosse Unsicherheit bezüglich der weiteren Massnahmen und Entwicklung, dass jeder Versuch einer daraus abgeleiteten Prognose unvollständig und unseriös wäre. Aus diesem Grund sind neue Szenarien zwar in Arbeit, aber bedürfen noch deutlich mehr Hintergrundinformationen zur Verifizierung», sagt Markus Berger, Pressesprecher von Schweiz Tourismus.

Nebst den nationalen Veranstaltungen wurde auch die grösste Tourismusmesse der Welt, die ITB Berlin, abgesagt. Sie hätte vom 4. bis am 8. März stattfinden sollen. Mit dem Wegfall fehlt dem Schweizer Tourismus das wichtigste Schaufenster des Jahres, was laut ST ebenfalls für Einbussen sorgen wird. Sämtliche Stände waren in Berlin bereits aufgebaut und müssen nun wieder in die Schweiz zurücktransportiert werden.

Olivier geissbühler