Gastbeitrag von Peter Gloor, Leiter Finanzierung und stellvertretender Direktor bei der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit SGH.

Ist die Schweiz das moderne Gallien in Europa und damit resistent auf die äusseren Einflüsse? Was haben die aktuellen weltpolitischen und –wirtschaftlichen Faktoren für Auswirkungen auf den Schweizer Franken, unsere Zinsen und damit auch auf das Reiseverhalten unserer Gäste?

Als Binnenland sind wir stark sowohl vom Import wie auch Export abhängig; und damit auch auf die exogenen Einflüsse der EU, aber auch der USA, China und der weiteren Industrieländer. Diese haben einen direkten Einfluss auf unsere Währung und die Zinsen. Und hier setzt die Rolle der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ein. Deren Aufgabe als unabhängige Zentralbank ist die Geld- und Währungspolitik des Landes. Diese ist in der Verfassung und im Gesetz niedergeschrieben und sie muss als vorrangiges Ziel die Preisstabilität im Gesamtinteresse des Landes gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung tragen und damit die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft setzen.

Nach der Finanzkrise im 2008 hat die SNB im September 2011 den Mindestkurs zum Euro eingeführt. Der 15. Januar 2015 ist ein Tag, an den sich viele genau erinnern. Dass die SNB an diesem Donnerstag verkündete, sie werde die Wechselkursuntergrenze von Fr. 1.20 zum Euro nicht mehr verteidigen und durch Negativzinsen und Devisenmarktinterventionen ersetzen, hatten die meisten nicht erwartet, und der Schock sass entsprechend tief. Der Tourismus als standortgebundene Exportwirtschaft bekam die Auswirkungen des starken Schweizer Frankens sehr direkt im Gästeverhalten und dem entsprechenden Einbruch der Nachfrage zu spüren.

Zur Umsetzung ihrer Geldpolitik legt die Nationalbank den SNB-Leitzins fest. Dabei strebt sie an, dass die kurzfristigen Geldmarktzinssätze in Franken nahe am SNB-Leitzins liegen. Um die geldpolitischen Rahmenbedingungen zu beeinflussen, ist die Nationalbank bei Bedarf auch am Devisenmarkt aktiv. Der SNB-Leitzins ist nun seit dem erwähnten Januar 2015 im Minus, aktuell bei -0,75 Prozent. Der Euro hatte sich nach dem absoluten Tief von 0.84 im Januar 2015 wieder bis auf knapp 1.20 im April 2018 erholt. In den letzten Monaten des laufenden Jahres waren die politischen, aber auch weltwirtschaftlichen Ereignisse (Brexit, neue Wahlen in der EU sowie der Handelsstreit zwischen den USA und China) verantwortlich für die erneute Erstarkung des Schweizer Frankens.

Die Weltwirtschaft sendet weiterhin uneinheitliche Signale aus. Zwar belebte sich das BIP-Wachstum im ersten Quartal, und sämtliche grossen Volkswirtschaften verzeichneten ein überdurchschnittliches Wachstum. Gleichwohl neigte die Produktion in der verarbeitenden Industrie vielerorts nach wie vor zur Schwäche. In ihrem Basisszenario für die Weltwirtschaft geht die SNB davon aus, dass sich das Wachstum in den kommenden Quartalen im Rahmen des Potenzials entwickeln wird. Stützend wirken in den Industrieländern die expansive Geldpolitik und in einigen Ländern auch die Fiskalpolitik. Der Inflationsdruck dürfte voraussichtlich moderat bleiben. Die Risiken gegenüber diesem Basisszenario sind nach wie vor abwärtsgerichtet. Allerdings sind sie ausgeprägter als an der letzten Lagebeurteilung. Im Vordergrund stehen dabei politische Unsicherheiten sowie die handelspolitischen Spannungen, welche zu erneuten Turbulenzen an den Finanzmärkten führen und die Stimmung der Wirtschaftsakteure weiter eintrüben könnten.

Auch in der Schweiz belebte sich die Wirtschaftsdynamik zu Beginn des Jahres. Das BIP nahm im ersten Quartal gemäss erster Schätzung um 2,3 Prozent zu. Der Arbeitsmarkt entwickelte sich ebenfalls positiv. Insgesamt waren die Produktionskapazitäten der Schweizer Wirtschaft gut ausgelastet. Die Konjunkturindikatoren deuten auf eine weiterhin günstige Dynamik hin. Vor diesem Hintergrund rechnet die SNB für 2019 unverändert mit einem Wirtschaftswachstum von rund 1,5 Prozent. Die Risiken für dieses Szenario bleiben, ähnlich wie beim Szenario für die Weltwirtschaft, nach unten gerichtet. Insbesondere würde sich eine unerwartet starke Abschwächung der internationalen Wirtschaft rasch auf die Schweiz übertragen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte im September 2019 die Senkung des Einlagesatzes auf -0,5 Prozent beschliessen, zudem könnten die per Ende 2018 eingestellten Anleihekäufe wiederaufgenommen werden. Die Analysten gehen davon aus, dass der EZB-Kurs auch unter der ab November 2019 im Amt stehenden Französin, Christine Lagarde, beibehalten wird. Damit dürfte der Euro folglich unter Druck bleiben und die SNB in den Fokus rücken. Die Veränderungen der SNB-Sichtguthaben per Ende Juli 2019 deuten darauf hin, dass die Nationalbank bereits aktiv am Devisenmarkt eingegriffen hat und mit diesen Interventionen den Euro stärken will. Das weitere Mittel wäre eine weitere Verschärfung der Negativzinsen, wobei hier die Hürden sowohl politisch wie auch wirtschaftlich hoch sein dürften.

Die Herausforderungen für den Tourismus im ­Allgemeinen und die Beherbergung im speziellen werden damit in den nächsten Monaten gleich bleiben. Es gilt somit weiterhin, attraktive Angebote 
für die Gäste zu schaffen und die Kosten über die Verbesserung der Produktivität und Prozesse schlank zu halten. Ein positiver Aspekt des starken Schweizer Frankens sind die historisch tiefen Hypothe­karzinsen. Diese dürften auf die nahe Zukunft hin weiter tief bleiben und könnten damit für eine ­langfristige Verschuldung zu tiefen Zinsen stimulierend wirken.

Diese Ausführungen zeigen, dass wir in der Schweiz wohl ein kleines Gallien haben, aber die Ausseneinflüsse einen direkten Impact auf unsere Währung und Zinsen haben. Die SNB hat wenige Instrumente zur Steuerung dieser für unsere Wirtschaft so wichtigen Faktoren. Eines davon ist der SNB-Leitzins und das andere die Interventionen am Devisenmarkt.

Weitere wirtschaftsunterstützende Massnahmen sind im Bereich der öffentlichen Hand auf kommunaler, kantonaler und eidgenössischer Ebene über die Fiskal- oder Budgetpolitik möglich.

Für die SGH bedeutet diese nun schon fünf Jahre anhaltende Negativzinsphase, dass der Fördereffekt bei den ausbezahlten Darlehen vor allem in einer Risikoübernahme liegt. Die Darlehen der SGH sind nachrangig und erleichtern damit die vorrangige Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken.

Generell zeigt sich über die Geschichte, dass jede Investition über Generationen und Konjunkturzyklen wirkt. Interessant ist dabei die Entwicklung des Darlehensbestandes über den letzten Konjunktur­zyklus seit 1999. Das Darlehensvolumen ging in der Hochkonjunkturphase bis 2007 zurück, in der Finanzkrise und erst recht nach der ersten Euroschwäche 2011 stieg es markant. Die SGH hat damit auch eine Art Feuerwehrfunktion, indem es sie in schwierigen Zeiten eher braucht. In guten Zeiten wie diesen übernehmen umgekehrt Geschäftsbanken gerne Finanzierungen.

Neben der Rolle als subsidiärer Finanzierer nimmt die SGH im Beratungsgeschäft und im Wissenstransfer auch wichtige Funktionen für die Branche und auch die Politik und die Finanzierungspartner ein.

Peter Gloor, Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit SGH