Eingebettet in eine liebliche Hügellandschaft und mit den nahen Bergen ist Gstaad der ideale Ort für den ersten Schweizer Wandergipfel. Am 22. und 23. August haben sich hier rund 100 Interessierte aus der Wander- und Tourismusbranche zum Austausch getroffen.

Der Anlass startet ohne Wanderschuhe, jedoch mit Kaffee und Gipfeli im edlen Gstaader «Palace». Moderator Nik Hartmann, der einst mit Hund quer durchs Land unterwegs war, führt mit viel Spontaneität durch den Anlass. Schnell geht es in medias res: Michael Roschi, Geschäftsführer von Schweizer Wanderwege, zeigt auf, wie sehr das Wandern an Attraktivität gewonnen hat.

Besonders bei den 15- bis 26-Jährigen habe es einen starken Aufschwung gegeben. Und Wanderferien sind beliebter denn je: Satte 13 Prozent der Bevölkerung verbringen ihren Urlaub in den Bergen. Das 65 000 Kilometer lange Wegnetz – das Netz ist nur 6000 Kilometer kürzer als das Schweizer Stassennetz – soll aber nicht weiter ausgebaut, sondern verschönert werden: «Wir wollen weniger Asphalt und mehr Wege an Gewässern», sagt Roschi.

Attraktive Routen, schlechte Werbung
So beliebt das Wandern ist, so mangelhaft oder falsch werde es beworben, meint der Marketing- und Tourismusexperte Jürg Schmid von Schmid, Pelli & Partner. In den Köpfen von Touristikern herrschten oft falsche Bilder. Tatsache ist: Ökotouristinnen und -touristen sind älter und geben mehr Geld aus als gemeinhin angenommen.

Die Destinationen gingen aber nicht gut genug – oder überhaupt nicht – auf ungeübte Wandernde ein. «Bei Ausländern führt unser Wegnetz zu totaler Überforderung», sagt Schmid.

«Bei ausländischen Gästen führt unser Wegnetz zu totaler Überforderung.»

Jürg Schmid, Marketingfachmann Schmid, Pelli & Partner

Denn es gibt in der schönen Schweiz schlicht zu viele Möglichkeiten. Auch auf junge Wanderlustige gingen die Regionen mit ihrer Werbung zu wenig ein, sie sei meist langweilig und altbacken, findet Peter Brönnimann, Creative Director mit eigener Agentur. Er zeigt erfrischende Beispiele, wie man es urban, jung und cool anpacken könnte.

An den beiden Tagen werden zudem Themen wie die Koexistenz von Bikenden und Wandernden, das Winterwandern, der Klimawandel und die Infrastruktur diskutiert. Es werden auch konkrete Projekte aus den Regionen besprochen: Die Gästelenkung im punktuell überfüllten Appenzellerland, die Mitfinanzierung der Infrastruktur durch Spenden im Aletschgebiet oder die Entwicklung der Destination Gstaad Saanenland zum Fondueland.

Nicht ohne meine Wanderschuhe
Zu einem wahren Wandergipfel gehört natürlich das Wandern selbst. Aus den Sesseln des edlen 5-Sterne-Hauses gehts am späten Nachmittag mit Bergschuhen und Faserpelz per luftige Sesselbahn aufs Horneggli rauf. Nach einer kurzen Wanderung trifft man sich am Lagerfeuer, wo der ehemalige SBB-Chef Benedikt Weibel unter anderem von seiner Tätigkeit als Bergführer und über seine Liebe zu den Alpen erzählt: «Die Berge sind immer die Konstante in meinem Leben gewesen.»

Mit Pascal Bourquin tritt auch ein ungewöhnlicher Referent auf: Der humorvolle Westschweizer hat vor neun Jahren angefangen, sämtliche Schweizer Wanderwege abzuwandern. Pro Woche läuft er 44 Kilometer. Mittlerweile hat er ein Drittel geschafft, 21 Jahre Wandern hat er noch vor sich.

Die Tagung wird mit Wanderworkshops rund um den lauschigen Lauenensee abgeschlossen. Die Organisatorin Theresa van den Bergh von Gstaad Saanenland Tourismus ist sehr zufrieden: «Die Stimmung war familiär und der Anlass sehr inspirierend», sagt sie. Ihr fiel auf, dass sich Referenten und Gäste lebhaft und mit viel Witz ausgetauscht haben. Es war ein gelungener Wandergipfel mit interessantem Inhalt und bereichernden Einblicken. Der nächste ist schon geplant: in zwei Jahren, wieder in Gstaad.