Die Sagibeiz in Murg liegt direkt am Walensee. Im Sommer lassen sich die Fenster zum See hin aufschieben. Der Blick der Gäste fällt an einem schönen Sommertag über eine Art Park und Schiffssteg auf den See und das Churfirsten-Massiv im Hintergrund. Daniel Grünenfelder sitzt an einem der nachmittags ansonsten noch leeren Holztische vor einem Mineralwasser mit Kohlensäure. Und auch aus ihm sprudelt es, wenn er auf Wunsch des Journalisten ein wenig über seine Kandidatur für den Nationalrat erzählen soll.

«Hospitality-Branche braucht eigene Vertreter»
Die Hospitality-Branche brauche ihre eigenen Vertreter im Parlament, sagt der 49-Jährige. «Im Vergleich zu den Bauern sind wir praktisch nicht vertreten. Bislang sind wir Bittsteller in der Wandelhalle.» Grünenfelder ist Mitglied im Vorstand von HotellerieSuisse Ostschweiz und seit diesem Frühling Vorsitzender der Geschäftsleitung und Beteiligter der Sagibeiz, zu welcher auch ein Lofthotel und diverse Themenzimmer, so etwa eine Tiny-House-Seilbahngondel, gehören. Ausserdem hält er Anteile an der Marina Walensee im Nachbardorf Unterterzen.

Der Mitte-Politiker ist zudem St. Galler Kantonsrat. «Als Fraktion ist es wesentlich leichter, Themen zu besprechen, Allianzen zu bilden und mit Anfragen und Vorstössen Themen direkt einzubringen.» Im Nationalrat will Grünenfelder dazu beitragen, die Rahmenbedingungen zu verbessern: Arbeitszeiten flexibilisieren, Drittstaatenbewilligungen vereinfachen.

Die Hospitality leiste einen sehr grossen Beitrag an die Wertschöpfung, Lebensmittel würden zu einem grossen Teil regional eingekauft. «Die Rolle von Hotel- und Gastrobetrieben für die Region wird oft unterschätzt.» Dass Grünenfelder versteht, wie Hospitality-Betriebe erfolgreich sein können, hat er bereits vor Jahren bewiesen. Für das Grand Resort Bad Ragaz führte er die Therme aus der Verlust- in die Gewinnzone: Aus einem Minus in der Höhe von jährlich über einer Million wurde ein Reingewinn von 1,2 Millionen Franken.

Mut, Ideen auf den Boden zu bringen
Wie dies gelang, ist aus Grünenfelders Sicht rasch erzählt. «Es ist selten der Chef, der die Gäste tagtäglich an der Front glücklicher macht», sagt Grünenfelder lapidar. «Es braucht gute Leute, wir sind ein People-Business.» Wenn auf jedem Posten die richtige Person sei, wenn das Mindset der Mitarbeitenden, die Hygiene und die Prozesse stimmten – dann laufe es plötzlich wie von selbst. Dabei braucht es laut Grünenfelder aber auch die Veränderung. Ideen für Innovationen haben und den Mut, sie auf den Boden zu bringen – mit dem Risiko, dass etwas eben auch mal nicht so gut funktioniert. Nicht nur reden, sondern auch machen. Dies sieht Grünenfelder denn auch als seine Stärken. [RELATED]

Etwas wirklich Neues auszuprobieren, berge schliesslich die Chance, mit einer Innovation erfolgreich zu sein. Beispiel Mineralheilbad St. Margrethen: Aus der unscheinbaren Idee, «etwas mit Mineralien» zu machen, wie Grünenfelder sagt, wurde eine eigentliche Erfolgsstory. Salz aus Japan, dem Himalaja, vom Toten Meer – damit inszeniert das Mineralheilbad St. Margrethen seither eine Erlebniswelt für alle Sinne. Und erfindet sich mit neuen Geschichten rund um Mineralien aus aller Welt von Zeit zu Zeit ein wenig neu.

«Vielleicht kommt es mir zugute, dass die ganze Welt aus den Fugen gerät, nichts mehr auf Gewähr über längere Zeit bleibt», sagt Grünenfelder. Denn stets sei er in dynamischen Umgebungen gut klargekommen.

Vom Bahnbetriebsdisponenten zum Nationalratskandidaten
Grünenfelder begann zunächst eine Lehre als Bahnbetriebsdisponent bei den SBB. «Ich wusste nicht, was machen», sagt er rückblickend. Die Vielseitigkeit des Berufs sei ihm allerdings entgegengekommen: Weichen stellen, Billette verkaufen, Aufgaben im Güterkehr. «Das war extrem breit. Es gab mir den Raum und die Freiheit, die ich gern habe.»

Ablösungen an verschiedenen Bahnbaustellen führten ihn durch die halbe Deutschschweiz. Und im Grossunternehmen SBB habe er die Möglichkeit gehabt, in neue Projekte hineinzukommen, die ihn gereizt hätten – was in einem kleineren Betrieb und mit höherer Spezialisierung wohl schwieriger gewesen wäre. Mit 24 bot sich ihm die Gelegenheit, den Schliessungsprozess eines Industriewerks in Chur zu leiten. «Wir haben bis auf 3 Personen für alle 104 Mitarbeitenden eine Lösung gefunden», sagt Grünenfelder.

Kurz darauf wurde er von den SBB für vergleichbare Aufgaben nach Bern geholt. Ein Engagement als stellvertretender Betriebschef der Zürcher Verkehrsbetriebe sowie als Personalchef bei der Rhätischen Bahn folgten. Später holte ihn das Grand Resort Bad Ragaz zunächst als Personalchef ins Unternehmen, ehe er dort schliesslich im Doppelmandat als CEO auch die Tamina-Therme sanierte.

Vater: Lehrer und Bauer
Ermutigungen, seinen eigenen Weg zu gehen, erhielt Grünenfelder bereits im Elternhaus. So etwa durch den Vater, der als Lehrer und Bauer zwei Berufe eher ungewöhnlich kombinierte. «Es gab in der Küche eine Schiefertafel, auf welcher mein Vater Aufträge auf dem Hof für uns Kinder festhielt. Insofern war es bei uns etwas schulisch organisiert. Seine Passion, sein Herz war stets bei der Familie, den Tieren und dem Hof.» Und in Grünenfelders Kindheit gab es Raum, um Dinge auszuprobieren. «Wenn wir Kinder Unfug trieben, haben die Eltern nicht gross geschimpft.»

Grünenfelders Mutter stammt aus dem Puschlav, wo sich die Familie oft aufhielt. «Vielleicht hat sie etwas Schmugglerblut in den Adern», sagt Grünenfelder und lacht. Damals sei das Tal noch nicht so touristisch gewesen. «Dort ist seither viel Positives passiert. Poschiavo ist ein gutes Beispiel dafür, was es bringt, wenn man Räume entwickelt.»

Inzwischen ist Grünenfelder selbst vierfacher Vater. Sein jüngstes Kind ist das erste Kind aus zweiter Ehe und kam vor wenigen Wochen zur Welt. Seine weiteren Kinder sind zwischen 16 und 23 Jahre alt. «Ich bin mit bald 50 nochmals Vater geworden. In diesem Alter schätzt man es nochmals anders, Kinder haben zu können», sagt er. Als Eltern stehe man in der Verantwortung, die Welt so zu hinterlassen, dass die Kinder stolz sein könnten und nicht den Vorwurf erhöben, man habe die Welt mit Füssen getreten.

Es gelte, die Prioritäten bei der Familie zu setzen. Golf könne er auch noch spielen, wenn er alt sei. Wenn sich beruflich auch vieles ums Wasser und insbesondere um den Walensee dreht – Grünenfelder ist Geschäftsführer der Schiffsbetrieb Walensee AG –, in der Freizeit zieht es Grünenfelder gern in die Berge, zum Wandern oder Skifahren. Zudem engagiert er sich durch die Mitarbeit in einer Alpkorporation für die Gemeinschaft, was auch einmal bedeute, «wenig kopflastig und «für Gottes Lohn» eine Alpweide zu roden, die Landschaft zu pflegen und so mit der Scholle in Kontakt zu sein: «Das hilft, nicht abzuheben.»

Ganze Region profitiert
Mit seinem Draht zu Vertretern der Landwirtschaft könnte Grünenfelder künftig auch auf politisch-nationaler Ebene erfolgreich sein. Denn nicht in Konkurrenz zu den Anliegen der Bauern, sondern mit ihnen und ihrer Stärke im Parlament will er in Bern Politik machen. «Vom Tourismus profitiert die ganze Region, so auch die Lieferanten», bekräftigt Grünenfelder gegen Ende des Gesprächs. Er will insbesondere das Potenzial des bislang touristisch unterschätzten Kantons St. Gallen nutzen. «Zukunft braucht Herkunft», das habe schon sein Vater gesagt, so Grünenfelder. Und irgendwie schafft er es damit, seine Erdverbundenheit genauso plausibel darzustellen wie seine Fähigkeit, die Dinge von Grund auf neu zu denken.


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