Kreuzfahrten auf dem Rhein sind im Markt USA sehr beliebt. Davon profitiert auch die Städtedestination Bern, obwohl sie einiges entfernt vom Fluss liegt. Denn viele US-Gäste wollen ihre River-Cruise-Ferien mit einem Aufenthalt in der Schweiz verlängern – und wählen dafür die Hauptstadt. Ein Grund dafür: Von hier aus könnten sie gut Kurzausflüge in die «richtige Schweiz» machen, so Manuela Angst, CEO bei Bern Welcome. Beliebt sind Besuche der Schaukäserei in Affoltern im Emmental, wo die US-Gäste beim Käsen gerne selber mit anpacken. Solche «Hands on»-Erfahrungen werden geschätzt. Die Nähe zur Natur und zum Berner Oberland hält Angst bei diesem Markt für einen zweiten wichtigen Faktor. Bern sei ein idealer Standort, um «Urban Nature» zu erleben.

Die kurzen Wege in der Altstadt kommen den US-Gästen sehr gelegen.
Manuela Angst, CEO Bern Welcome   

In der Stadt selbst wollten die US-Gäste vor allem die Altstadt sehen. Mehrheitlich seien es ältere Personen über 50 Jahre, die nicht mehr so gerne liefen, sagt Angst. «Die kurzen Wege in Bern kommen ihnen sehr gelegen.» Bei den Städteführungen werden Locals bevorzugt. Diese müssen viele Fragen beantworten, da die US-Gäste gebildet und vielseitig interessiert sind. Sie finden es gut, wenn sie nicht nur Stadtgeschichten und Anekdoten präsentiert bekommen, sondern auch Fakten zum politischen System der Schweiz. Vor allem die direkte Demokratie interessiert sie sehr.

Genauso das Thema Albert Einstein. Es gibt Themenrundgänge wie «Einstein in Bern», das Einstein-­Museum, das Einstein-Haus und die Bronzefiguren auf vier Sitzbänken. Hier machen die Gäste oft ein Selfie mit dem berühmten Physiker, der ab 1933 in den USA lebte. Beliebt sind auch die sechs Kilometer Arkaden in Bern – darunter lässt sich wettergeschützt shoppen. Im Hotel mögen es US-Gäste kühl. «Ihnen sind klimatisierte Zimmer und Räume wichtig. Und viele bestellen ihre Getränke mit Eiswürfeln drin.»

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Sauberkeit und eine moderne Infrastruktur
«US-Gäste sind naturverbundene Personen, die vor allem aktive Erholung in den Bergen suchen», sagt Matthias Supersaxo, Direktor von Saastal Tourismus. Beliebte Aktivitäten in Saas-Fee und im Saastal sind die Gorge Alpine, Gletschertouren, Wildbeobachtungen, ein Besuch im Drehrestaurant Allalin, Klettern und Bergsteigen sowie Wandern.

Buchbare Produkte wie «Mein erster Viertausender», die Besteigung des 4027 Meter hohen Allalinhorns, kommen bei dem Markt besonders gut an. «US-Gäste suchen vermehrt nach solchen besonderen Erlebnissen. Sie dienen ihnen als Buchungsargument und Inspiration.» Das Produkt sollte online auf einer englischsprachigen Website buchbar sein, rät Supersaxo. Zudem sollte der Guide Englisch sprechen. Pauschalangebote mit Übernachtungen und Skipass seien bei US-Gästen weniger relevant.

Das Hotel ist die im Saastal am häufigsten gewählte Unterkunftsart. US-Gäste bevorzugen Hotels der 4- und 5-Sterne-Superior-Kategorie. Traditionelle Restaurants mit typischen lokalen Gerichten werden gut nachgefragt. Wichtig sind Sauberkeit und eine moderne Infrastruktur. US-Gäste reisen oft mit dem ÖV an, beobachtet Supersaxo. Die guten Verbindungen ins Saastal – rund drei Stunden von Basel, Genf und Zürich – seien daher ein grosses Plus. Genauso die Saastal-Card mit der Gratisbenützung des Postautos im Saastal. Bei der Altersstruktur sei es so, dass vor allem junges Publikum ins Saastal reise. Hochalpine Erlebnisse und Herausforderungen stünden da im Vordergrund.

US-Gäste sind naturverbundene Personen, die vor allem aktive Erholung in den Bergen suchen.
Matthias Supersaxo, Direktor von Saastal Tourismus

Der Anteil der Familien sei eher gering, dennoch sollte es auch ein gutes Familienangebot geben, rät Supersaxo – ob Seilpark, Murmeltier­fütterung, Rodelbobbahn, Familienwanderungen, Eisgrotte oder Bike-Skills-Park. Ein Trend sind gastronomische Angebote, die immer beliebter werden. Dieses Jahr startete Saas-Fee mit einem neuen Kulinarik-Trail. «Wir sind gespannt, wie die US-amerikanischen Gäste darauf reagieren.»

St. Gallen-Bodensee Tourismus vermarktet im US-Markt einerseits die Stadt St. Gallen mit dem Unesco-Weltkulturerbe Stiftsbezirk als Kulturmetropole und andererseits die Erlebnisregion. Diese verkörpert laut Andreas Kunz, Leiter Marketing & Kommunikation, alle typisch schweizerischen Höhepunkte auf engstem Raum: Städte, voralpine Berge, Seen, Flüsse, kulinarische Spezialitäten und deren Produktionsstätten.

Das Chocolarium in Flawil zählt zu den beliebtesten Attraktionen – in 20 Minuten sind die US-Gäste dank guter Verkehrsanbindungen dort. Ein «einzigartiges Reisemotiv» sieht Kunz im St. Galler Stiftsbezirk mit der ältesten Schweizer Bibliothek, deren Historie bis ins Jahr 612 reicht. «1400 Jahre sind gerade für Reisende aus den USA ein sehr langer Zeitraum.»

Die Gäste in die lokale Kultur eintauchen lassen
Auch das Image spielt laut Kunz eine wichtige Rolle: St. Gallen-Bodensee gelte in den USA als «hidden pearl» der Schweiz, weil die Destination weniger bekannt und weniger überlaufen sei als andere Tourismusregionen. Sinnvoll bei dem Markt sei es, die Direktanbindung mit dem Zug an den Flughafen Zürich hervorzuheben. Und dass St. Gallen-Bodensee eine sehr saubere und sichere Destination sei. Beim gastronomischen Angebot gelte es, auf die vielfältige, traditionelle Schweizer Küche hinzuweisen. In den «Erststockbeizli» St. Gallens liessen sich lokale Spezialitäten in einer traditionellen Umgebung besonders gut geniessen, so Kunz.


2,13 Nächte blieben die Gäste aus Nordamerika 2019 durchschnittlich im Hotel.

Berge nannten 7,9 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise. 6,8 Prozent nanntenFamilienfreundlichkeit und 5,1 Prozent Natur.

280 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.

52,9 Prozent der Gäste aus Nordamerika übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Und die Familienfreundlichkeit? Alle Familienmitglieder sollten die Attraktionen aus ihrer Perspektive wahrnehmen können. Aus diesem Grund gibt es spezielle Familienangebote: Rätselspass oder Schaukäsereiführung mit Kindern. Kunz sieht auch neue Trends bei dem Markt. Statt sich nur auf die Sehenswürdigkeiten zu konzentrieren, bevorzugen viele Touristen aus den USA immer stärker erlebnisorientierte Reisen, bei denen sie aktiv in die lokale Kultur eintauchen und einzigartige Erfahrungen machen können.

Der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung wird wichtiger. Hier kommt es aus Sicht von Kunz darauf an, dass die Einheimischen offen und in englischer Sprache auf die US-Amerikaner zugehen. Die Tourismusorganisation fördert die Sensibilisierung der einheimischen Bevölkerung für den Tourismus. «Wir möchten zeigen, dass sie letztlich von der touristischen Wertschöpfung profitiert – und dass es deswegen auch gut ist, wenn sich die US-Gäste als wichtige Gästegruppe wohlfühlen. Mit Schweizern auf Englisch kommunizieren zu können, trägt dazu bei.»

Und Kanada? Die finanziellen Mittel, um diesen Markt gesondert zu bearbeiten, fehlen. Jedoch sei das Reisemotiv bei Gästen aus Toronto auch meist dasselbe wie bei jenen aus Chicago, so Kunz. Landesgrenzen spielten also keine Rolle. Vielmehr sollten Destinationen zwischen Ost- und Westküste oder zwischen ländlichen und städtischen Gebieten unterscheiden. Gäste von der West­küste kennten höhere Gebirgszüge von zu Hause.

Sie interessierten sich daher auch stärker für Bergsport als Ostküsten-Gäste. Bei Gästen aus grösseren amerikanischen Städten sei es so, dass sie immer öfter Ruhe, Entschleunigung, Digital Detox und Erholung in der Natur suchten. Mit diesen Bedürfnissen seien sie in der Destination St. Gallen-Bodensee sehr gut aufgehoben.