HotellerieSuisse Basel und Region suchte 2020 einen neuen Präsidenten. Der Evaluationsprozess lief bereits, als die Pandemie ausbrach. Raphael Wyniger wollte einen Beitrag leisten, die Krise zu überstehen, und stellte sich als Präsident zur Verfügung.

Raphael Wyniger, Sie waren bloss drei Jahre lang Präsident von Hotellerie­Suisse Basel und Region. Weshalb haben Sie das Amt abgegeben?
Meine Wahl in den Verwaltungsrat der Messe Schweiz MCH Group im Frühjahr bietet Potenzial für Interessenkonflikte. Deshalb bin ich aus dem Vorstand von HotellerieSuisse Basel und Region zurückgetreten. [RELATED]

Nun können Sie die strategische Ausrichtung der Messen Schweiz mitbeeinflussen. Ein wichtiger Markt für Basel, der ein wenig schwächelt.
Wir haben nach wie vor ein relevantes Messe- und Kongressgeschäft. Beide Geschäfte, insbesondere auch das Kongressgeschäft, sind zukunftsfähig. Das Kongressgeschäft erholte sich nach der Pandemie bereits gut. Mit der Art Basel ging kürzlich auch eine sehr erfolgreiche Messe über die Bühne. Wie es sich ganz grundsätzlich weiterentwickelt, wird sich zeigen. Fakt ist, dass wir die Uhren- und Schmuckmesse 2019 letztmals durchgeführt haben, was in vielen Köpfen hängen bleibt. Andere Formate wie beispielsweise die Igeho sind nach wie vor auf der Agenda.

Wie sieht die Zukunft der Messen aus?
Das Messegeschäft findet europaweit nach wie vor erfolgreich statt. Das Segment hat durchaus Zukunft.

Wie kann Basel mehr Messen anziehen?
Das ist eine schwierige Frage. Wir haben eine grosse und leistungsfähige Infrastruktur mitten in der Stadt, die leicht zugänglich im Zentrum von Europa liegt. Gute Voraussetzungen, um weiterhin erfolgreich tätig zu sein.

Die Hotellerie in Basel ist erneuert und hat grosse Kapazitäten. Wie hat sie sich von der Pandemie erholt?
Wir verzeichnen eine hohe Gästezufriedenheit, doch die Auslastungszahlen sind noch nicht auf Vor-Corona-Niveau. Und auch der Durchschnittspreis ist noch zu tief.  Die Auslastung liegt mit 60 Prozent unter dem Wert der Vergangenheit mit 65 Prozent. Unser Ziel und Anspruch müssen 65 bis 70 Prozent sein.

Weshalb ist die Auslastung so tief?
Der Rückgang ist hauptsächlich im Corporate-Geschäft anzusiedeln. Dort sind wir noch nicht auf den Vor-Pandemie-Zahlen. Aber es gibt auch mehr Hotelzimmer auf dem Markt.

Mit welchem Zielsegment können die Betten bis 70 Prozent belegt werden?
Das Corporate-Geschäft ist schwierig zu stimulieren, das ist von anderen Parametern abhängig. Wir müssen den sinkenden Corporate-Tourismus mit Aktivitäten im Kongress- und Leisure-Tourismus kompensieren. Bei den Leisure-Gästen hat die Stadt Basel bereits zugelegt. Der Kanton sprach nun noch zusätzliche Gelder. Damit können wir den Leisure-Tourismus ankurbeln. Für den Kongress- und Messetourismus ist das Basel Convention Center zusammen mit der MCH Group zuständig. Wir haben in diesem und im kommenden Jahr einen vollen Kongresskalender. Das ist der Weg zum Ziel.

Der Kanton sprach zusätz­liche Gelder. Damit können wir den Leisure-­Tourismus ankurbeln.

Sportbegeistert und preisgekrönt
Im Jahr 2009 übernahm Raphael Wyniger den «Teufelhof Basel», ein Gast- und Kulturhaus in Familienbesitz. Der SHL-Alumni gründete die Wyniger-Gruppe. Heute beschäftigt der 48-Jährige über 500 Angestellte. Der Palmarès des dreifachen Familienvaters umfasst den Titel «Hotelier des Jahres 2015» von Hotelierdesjahres.ch sowie den Unternehmerpreis «Prix Bâlence 2019» des Gewerbeverbandes Basel-Stadt.

Er ist Mitglied des Verwaltungsrats der MCH Group und des KKL Luzern. Er geht als Corona-Präsident in die Geschichte ein, denn er präsidierte HotellerieSuisse Basel und Region von 2020 bis 2023. Wyniger ist ambitionierter Läufer. Pro Jahr absolviert er mehrere Marathons.   

Es gibt neue Hotels in der Stadt Basel. Welche Konzepte überzeugen?
Das Mövenpick-Hotel Basel und das Boutique-Hotel Märthof sind zwei sehr wertige Konzepte an bester Lage. Sie haben einen Akzent gesetzt.

Durch die Amtsdauer von 2020 bis 2023 kann man Sie als Corona-Präsident bezeichnen. Ihre Bilanz?
Wenn etwas so Substanzielles passiert, sind Kanton und Bund in der Verantwortung. Wir haben rasch und forsch gemeinsam mit dem Wirteverband Basel-Stadt politisch reagiert. Wir haben unter anderem erreicht, dass die Löhne der Auszubildenden während knapp zweier Jahre vom Kanton übernommen wurden. Das war für die Ausbildungs­betriebe sehr wertvoll.

Das Parlament verabschiedete diesen Frühling aufgrund Ihrer Initiative die Ausdehnung des SGH-Förderperimeters auf die urbanen Gebiete.
Als es uns gelang, zusammen mit HotellerieSuisse dieses Anliegen durch den National- und den Ständerat zu bringen, war das ein grosser Erfolg. Es hat mich sehr gefreut, dass wir die Tourismusförderung gegen den Willen des Bundesrates auf den Städte- und Geschäftstourismus ausdehnen konnten.

Hat Sie das schon lange beschäftigt?
Als ich vor 13 Jahren den «Teufelhof» übernommen habe, nahm ich bereits einen Anlauf. Ich wollte diese Ungerechtigkeit aus dem Weg schaffen, bin damals aber gescheitert. Als die urbanen Gebiete während der Corona-Krise mehr betroffen waren als die Bergregionen, habe ich mein altes Vorhaben noch einmal angepackt, habe HotellerieSuisse kontaktiert und mit dem Verband das Nötige in die Wege geleitet.

Wie hat die Corona-Pandemie die Basler Hotellerie verändert?
Es bildete sich eine Schicksalsgemeinschaft, die Branche stand zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Diese Form der Zusammenarbeit hat in der Vergangenheit nicht stattgefunden.

Wie sieht Ihre Vision für die Basler Hotellerie in zehn Jahren aus?
Wir werden ein wertiges Angebot haben und noch viel stärker auf den Leisure-Tourismus ausgerichtet sein. Die Auslastung wird relevant sein.

Wohin damit: Bei Leisure-Gästen hat die Stadt Basel zugelegt»Der ehemalige Präsident von HotellerieSuisse Basel und Region, Raphael Wyniger, sieht grosses Potenzial bei Leisure-Gästen. Eine Aufgabe für Nachfolger Franz-Xaver Leonhardt.«Der Kanton sprach zusätz­liche Gelder. Damit können wir den Leisure-­Tourismus ankurbeln.»

Geschäfts- und Leisure-Hotels
HotellerieSuisse Basel und Region vertritt rund siebzig Gastbetriebe in der Nordwestschweiz, in Südbaden und im Elsass. Besonders stark ist der Verband im Corporate-, Messe- und Kongressgeschäft. Ein Wandel hin zum Leisure-Tourismus ist im Gange.

58 Mitgliederhotels mit 4405 Gästezimmern und 1,3 Millionen Logiernächten pro Jahr