Den französischen Jura kann man sich auch als gallisches Dorf innerhalb des römischen Reiches vorstellen: kleinräumig, unmodisch, zentrumsfern. Vieles ist hier ein bisschen anders, und diese Andersartigkeit wird gepflegt, mitunter zelebriert. Da gibts etwa den Käse Morbier, durchzogen von einem Aschestreifen, den Comté, auf Augenhöhe mit dem Waadtländer Etivaz, da wachsen in den Wäldern Morcheln in Vielzahl, sie werden serviert mit Poularden und begossen mit einer Sauce eingeköchelt aus reichlich Butter, Rahm und Vin Jaune. Ja, der gelbe Wein, er ist eine Ikone, gekeltert aus den Trauben der alteingesessenen Savagnin-Rebe, jahrelang holzfassgereift, abgefüllt in 62-cl-Flaschen, in Clavelins, für welche die EU eine Ausnahmeregelung gestattet – bref, ein Wein, der alle Konventionen sprengt.

Er muss mindestens sechs Jahre lang in Fässern reifen, die nicht nachgefüllt werden, sodass der Schwund zwischen 20 und 40 Prozent beträgt. Auf der Oberfläche bildet sich in dieser Zeit ein Hefeflor, dessen Einfluss – ähnlich wie beim Sherry – einem Vin Jaune, aber auch den weniger lang ausgebauten Non-ouillé-Weissweinen einen besonderen, nussigen Geschmack verleiht. Wird ein Wein mit «ouillé» bezeichnet, bedeutet dies, dass er nicht oxidativ ausgebaut wurde, also so, wie Weisswein in aller Regel gekeltert wird; im französischen Jura indes ist dies die Ausnahme. Dies gilt für Savagnin wie auch für Chardonnay, die meistangebaute Sorte. Vier Fünftel aller französischen Juraweine sind denn auch weiss.

Der gelbe Wein ist eine Ikone, gekeltert aus Trauben der alteingesessenen Savagnin-Rebe.

Noch ein Wort zum Savagnin: Im deutschsprachigen Raum nennt man ihn Traminer, im Oberwallis Heida und im Unterwallis Païen. Rotweine also machen nur einen kleinen Teil der Produktion aus. Sie werden aus Pinot noir und aus autochthonen Sorten wie der hellfarbigen Poulsard und der dunkelfarbigen Trousseau gekeltert, sortenrein oder auch als Cuvées. Und wer noch weiter in die Geheimnisse des gallischen Dorfes eintaucht, der wird auch den Schaumwein Crémant entdecken, den Süsswein Vin de Paille und den Macvin du Jura, bei dem die Gärung durch die Zugabe von Marc gestoppt wird.


Kostproben

Seit dem Mittelalter ist Château d’Arlay im Besitz der Familie de Laguiche. Zeitlosigkeit zeichnet ihre Gewächse aus, akzentuiert in den beiden Savagnins. Die Abfüllung Naturé – ein Synonym für Savagnin – wird im Gegensatz zum Vin Jaune nicht unter dem Hefeflor ausgebaut. Den 2020er zeichnen Mineralität und saftige Säure aus und das Parfüm des Vin Jaune, eines Elixiers geprägt von Nussigkeit und Salzigkeit. Bauds Roter aus Trauben der autochthonen Poulsard-Rebe setzt einen federleichten Farbtupfer.


[IMG 2]Saftiger Savagnin

Le Naturé de Château d’Arlay 2020. Château d’Arlay, Arlay.

75 cl – 24.90 Franken, Favre-Tempia, Satigny


[IMG 3] Nussiger Vin Jaune

Vin Jaune 2015. Château d’Arlay, Arlay

62 cl – 58.50 Franken, Favre-Tempia, Satigny


[IMG 4] Beeriger Poulsard

Poulsard En Rougemont 2019. Domaine Baud, Le Vernois.

75 cl – 18.50 Franken, Terravigna, Utzenstorf