Herr Stoffel, was ist Ihnen als Wintersportler wichtig?
Für mich sind die Atmosphäre und die Natur sehr wichtig. Erholung und Bewegung in den Schweizer Bergen haben für mich einen sehr hohen Stellenwert. Ich mag anspruchsvolle und abwechslungsreiche Skipisten. Neben bestens präparierten Pisten sind freundlicher Service und ein gutes kulinarisches Angebot wichtig.

All das darf etwas kosten.
Der Durchschnittspreis pro Tageseintritt beträgt in der Schweiz 35 Franken. Dieser Preis blieb in den letzten zehn Jahren mehr oder weniger stabil. Laut Marktanalyse von Manova findet die Mehrheit der Gäste, dass Skifahren oder Snowboarden das wert ist, was es kostet. Diese Meinung vertrete ich auch.

Die Schweizer Bergbahnunternehmen lassen sich durch die grossen Schlagzeilen nicht aus der Ruhe bringen.

Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz

Mit welchem Gefühl blicken Sie auf die kommende Wintersaison?
Durchaus optimistisch. Wir erhalten gute Rückmeldungen der Bergbahnen, die früh in den Winter gestartet sind, und auch der Vorverkauf läuft gut. Erfreulich ist zudem, dass Schweiz Tourismus in den Bergdestinationen in der kommenden Wintersaison bei allen Gästen 1,5 Prozent mehr Übernachtungen als im letzten Winter erwartet.

Kann die Branche Ende Winter wiederum als Gewinnerin dastehen?
Die Bergbahnen haben in den letzten Jahren eine hohe Resilienz entwickelt. Wir sind sehr gut geführt und mittlerweile auch überzeugt, dass wir aktuelle und zukünftige Herausforderungen bewältigen werden. Die Branche hat eine Kultur entwickelt, wo grosse und schwierige Themen gemeinsam angegangen werden. Letzten Winter haben auch externe Faktoren wie das Wetter und die wirtschaftliche Lage stark geholfen. Es wird nicht einfach werden, das Resultat zu schlagen. [RELATED]

Auch die Seilbahn-Lobby in Bundesbern scheint zu funktionieren.
Wir stehen in sehr engem Austausch mit den politischen Behörden in Bern. Wir pflegen dabei einen konstruktiven, lösungsorientierten Ansatz mit einer klaren Position, was die Bergbahnbranche betrifft. Wir konnten zeigen, dass wir Antworten liefern können und hart verhandelte Beschlüsse von der Bergbahnbranche umgesetzt werden. So konnten wir in den letzten Jahren sehr viel Vertrauen gewinnen und werden ernst genommen.

Was raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen bei der Kommunikation mit der Bevölkerung?
Transparenz und Ehrlichkeit zahlen sich aus. Die Gäste wünschen ein hervorragendes Produkt mit hohem Erlebniseffekt. Dazu sind Investitionen notwendig, die sich auch wieder auf den Preis auswirken. Stimmt das Erlebnis, so ist der Preis eher sekundär.

Diesen Winter locken wieder Ferien im Süden. Gleichzeitig stehen in den Bergen Preiserhöhungen an. Eine giftige Mischung für die Bergbahnen?
Es gilt klarzustellen, dass die Preise im Ausland stärker gestiegen sind als in der Schweiz. Die Bergbahnen haben ihre Preise nur sehr moderat erhöht. Die Schweizer sind ein Volk von Skifahrern. Letztes Jahr haben wir 17 Millionen Schweizer Skier Days verzeichnet. Auch die ausländischen Gäste sind zurückgekehrt – sogar stärker als zuvor.

Werden sie aber trotz unattraktivem Wechselkurs und Inflation wiederkommen?
Ja, denn die Inflation in der Schweiz ist viel tiefer als in anderen Ländern, was wiederum den unattraktiven Wechselkurs kompensiert.

Es ist wichtig, dass das Energiethema faktenbasiert diskutiert wird.

Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz

Inflation, Strommangellage und Klimawandel dominieren die Schlagzeilen. Wann wird es zu viel?
Die Schweizer Bergbahnunternehmen lassen sich durch die grossen Schlagzeilen nicht aus der Ruhe bringen. Sie haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sie nicht nur flexibel auf Veränderungen von Rahmenbedingungen reagieren können, sondern auch innovativ sind. Wir haben viel mehr Chancen als Krisen. 34 Prozent der Schweizer betreiben gemäss einer Studie des Baspo Skisport. Unter den 10- bis 14-Jährigen ist Skifahren die beliebteste Sportart, Tendenz steigend.

Inwiefern sind die Bergbahnen auf alle Eventualitäten im Winter vorbereitet?
Die Strompreise und eine allfällige Strommangellage hatten wir schon früh auf dem Radar. Mittels eines gratis von Seilbahnen Schweiz zur Verfügung gestelltem Simulationstools konnten unsere Mitglieder messen, welche freiwillige Massnahme wie viel Strom einspart. Die Schweizer Seilbahnunternehmen sind somit auf eine allfällige Mangellage vorbereitet und könnten schnell reagieren. Es ist wichtig, dass das Energiethema faktenbasiert diskutiert wird. Nur das schafft Resultate.

Wie lauten die energietechnischen Fakten der Bergbahnbranche?
Die Bergbahnen machen mit 210 GWh nur 0,34 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs aus. Rein mit der Schliessung der Bergbahnen löst man die Energiekrise also nicht. Die Bergbahnen leisten jedoch ihren Beitrag zum Energiesparen und folgen den Vorgaben des Bundesrates gemäss Verordnung.

Welche Rolle spielt die Beschneiung?
Ohne technische Beschneiung ist es heute nicht mehr möglich, ein marktfähiges Produkt anzubieten. Für die Beschneiung benötigen wir 0,1 Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Schweiz, etwa 60 GWh. Wir brauchen auch Wasser, verbrauchen dieses aber nicht. Es bleibt vor Ort und wird in den Kreislauf zurückgeführt. Eine Botschaft, die sehr wichtig ist.

Wie bereitet sich die Schweizer Seilbahnbranche auf die Zukunft vor?
Unsere Strategie 2022–2025 umfasst sieben Schwerpunkte, darunter Datenmanagement, Nachhaltigkeit und Kommunikation. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit hat der Verband einiges vor: Wir entwickeln ein Nachhaltigkeitsprogramm mit den Schwerpunktthemen Energie und Wassermanagement. Wir wollen einerseits möglichst schnell die Datenlage verbessern, aber auch anhand von umsetzbaren Beispielen unsere Mitglieder dazu befähigen, sich im Terrain Wassermanagement und Energie zu entwickeln, damit sie ihre Produktivität verbessern und noch ökonomischer und ökologischer handeln.

Nora Devenish