Während bis vor gut 25 Jahren die Schweizer Kuhpopulation noch mehrheitlich behornt war, hat sich das Bild mittlerweile komplett verändert. Auf den Milchpackungen haben zwar noch die meisten Kühe Hörner, in der Realität sind nur aber noch rund ein Viertel der Kühe behornt.Immer häufiger kommen die Tiere schon ohne Hörner auf die Welt.Insbesondere bei Mutterkuhrassen wächst die Zahl der Tiere, die genetisch hornlos sind.
Der Thurgauer Bauer Daniel Zellweger züchtet seine Tiere auf Hornlosigkeit: Die 24 Milchkühe in Zellwegers Stall in Weiningen TG haben keine Hörner, das Jungvieh ist ohne Hörner auf die Welt gekommen. Die Enthornung erleichtert die Haltung der Kühe in engen Laufställen und reduziert die Verletzungsgefahr.
Genetisch hornlose Kühe
Die Hornkuh-Prämie sei ihm egal, sagt er gegenüber dem «Thurgauer Bauer». Selbst wenn es dereinst Beiträge vom Staat geben sollte, werde er das Ziel einer genetisch hornlosen Herde weiterverfolgen.Zellweger ist überzeugt, dass den hornlosen Stieren die Zukunft gehört. Der erste genetisch hornlose Brown Swiss Zuchtstier stammt aus seinem Stall.
Da Hornlosigkeit dominant vererbt wird, ist dies für diese Rasse nicht mehr rückgängig zu machen.Das Angebot an genetisch hornlosen Stieren habe sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, sagt Reto Grünenfelder, Präsident von Braunvieh Schweiz, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Dass die Vorschriften für das Enthornen verschärft worden seien, mache das «natürliche Enthornen» attraktiver.
Bundesrat lehnt Initiative ab
Das Stimmvolk wird über die sogenannte Hornkuh-Initiative befinden können. Mit dem Volksbegehren «Für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere» sollen Bauern mehr Subventionen bekommen, wenn sie ihren Kühen die Hörner nicht ausbrennen oder amputieren.Die Volksinitiative fordert, dass der Bund «mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen» umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen fördert.
Insbesondere soll er dafür sorgen, dass Halter von Kühen, Zuchtstieren, Ziegen und Zuchtziegenböcken finanziell unterstützt werden, wenn die ausgewachsenen Tiere Hörner tragen.Der Bundesrat will keine neuen Direktzahlungen einführen und empfiehlt in der veröffentlichten Botschaft dem Parlament die Hornkuh-Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung abzulehnen.
Die Haltung von horntragenden Tieren sei ein unternehmerischer Entscheid der Landwirte. Bei Annahme der Initiative müssten andere Direktzahlungen gekürzt werden.Wegen der Laufstall- und Auslaufhaltung würden heute mehr Tiere enthornt als früher. Dies habe wesentlich zur Steigerung des Tierwohls beigetragen. Beiträge für behornte Tiere könnten dazu führen, dass wieder mehr Anbindeställe gebaut würden. Zudem gebe es keine Studie, die zeige, dass das Wohlergehen von Kühen oder Ziegen ohne Hörner unverhältnismässig beeinträchtigt sei.
Hornkühe erwünscht
Auch Grünenfelder ist gegen die staatliche Prämie. «Der höhere Aufwand für die Haltung der Tiere soll über den Markt abgegolten werden». Grünenfelder nennt das erfolgreiche Beispiel aus Urnäsch.Von den rund 580 Kühen, welche in der Ausserrhoder Gemeinde für den Käse Milch produzieren, sind nur noch 15 Kühe hornlos. Bis 2021 sollen auch die letzten Kühe in Urnäsch wieder Hörner tragen.
«Bio Suisse» begrüsst die Haltung behornter Kühe. Das Horn sei wichtig für das Sozialverhalten, die Rangordnung und die Körperpflege. Enthornt wird hauptsächlich, um Verletzungen von Tieren und Menschen zu vermeiden oder weil ein Laufstall für behornte Kühe aus finanziellen und räumlichen Gründen nicht auf jedem Betrieb umsetzbar ist. Hornkühe sind auf Knospe-Betrieben nicht Vorschrift, aber erwünscht.
Weniger Platzbedarf
In der Schweiz sind Enthornungen gemäss der Tierschutzverordnung nur unter Betäubung erlaubt. Tierhalterinnen und Tierhalter dürfen ihre Kälber bis zum Alter von maximal drei Wochen selber enthornen, wenn sie zuvor einen anerkannten Kurs besucht haben.In Laufställen wird mehr enthornt als in solchen mit Anbindehaltung, wie 2014 eine repräsentative Umfrage von KAG Freiland ergab. In Laufställen tragen mehr als 90 Prozent der Tiere keine Hörner.
Die Anzahl behornter Tiere nimmt mit zunehmender Betriebsgrösse stark ab.In Kleinbetrieben mit weniger als 20 Tieren ist knapp die Hälfte der Milchkühe «Hornträger». In Betrieben mit 50 oder mehr Vierbeinern beträgt der Anteil nur 4 Prozent. Ohne Hörner benötigt eine Kuh weniger Platz. Denn je grösser der Tierbestand, desto rationeller müssen die Abläufe auf dem Betrieb gestaltet werden.