Wenn es um technische und betriebliche Innovationen geht, dann hat die Hotel- und Tourismusbranche oft die Nase vorn. Und da die Branche in der Schweiz von überschaubarer Grösse ist, bietet es sich nachgerade an, sich regelmässig untereinander auszutauschen und sich daneben von innovativen digitalen Lösungen junger Startups aus ganz Europa inspirieren zu lassen.

Just mit dieser Absicht wurde 2018 das Hospitality Technology Forum (HTF) ins Leben gerufen. In seiner zweiten Auflage am vergangenen 26. Juni weiteten die Organisatoren – der Branchenverband ­HotellerieSuisse und dessen Fachzeitung «hotel revue» – vor gut 250 Teilnehmenden die Perspektive. Sie luden mit Reto Ringger, Gründer und CEO der Globalance Bank, einen Branchenfremden zur Spiegelung des eigenen Kerngeschäftes als Keynote-Speaker ein.

Diese Aussensicht erwies sich als höchst spannend. Etwa, wenn Ringger am Beispiel «autonome Fahrzeuge» die nicht aufhaltbare Digitalisierung greifbar machte und deren Konsequenzen für zahlreiche Lebensbereiche und Industrien aufzeigte – neben der Mobilität etwa im Gesundheitswesen, im Versicherungs- und im Immobilienmarkt. Der ­Banker vergass richtigerweise nicht, ob all den berechtigten Hoffnungen in die unternehmerischen Chancen digitaler Automation auch auf die Risiken der vierten industriellen Revolution hinzuweisen. Ringger appellierte im Lichte der aktuellen Klimadebatte sowohl an die Branchenvertreter wie auch an deren Kunden, sich auf ihre Verantwortung bezüglich der Nachhaltigkeit neuer Lösungen zu besinnen, um das fragile ökologische Gleichgewicht auf unserem Planeten nicht zu gefährden.

In weiteren Referaten ging es im Kern darum aufzuzeigen, wie die Gästebetreuung dank technischer Innovation und schlankeren logistischen Prozessen effizienter gelingen kann und welche digitalen Lösungen Hotels und andere touristische Leistungsträger sinnvoll einsetzen könnten, um sich neue Einnahmequellen bei gleichzeitiger Kostenoptimierung zu sichern.

Auch wenn die präsentierten Ideen spannend waren, kollidierten sie doch bisweilen mit den profanen Vorstellungen des Schreibenden, der auch häufig Hotelgast ist. Seine Wunschliste ist äusserst analog und unspektakulär. Sie liegt entlang der Relax-Achse bei Stichworten wie «inspirierend und praktisch gestaltetes Zimmer, authentische Küche, entspannendes Wellnessangebot und gute Begegnungen».

Die Einschätzung mag auch die Ausprägung eines Generationenkonfliktes sein: hier der Schreibende als Feriengast mit seinen unorthodox-altmodischen Werten, dort der auf Innovationen getrimmte junge Hotelgast mit verstärktem Interesse an i-Aktivitäten und Social-Media-tauglichen Angeboten.

Notabene ist der Schreibende nicht fortschrittsfeindlich und weiss sehr wohl, dass im Bereich Logistik und Marketing bei der Gestaltung von operativen Prozessen in Hotels oder auch bei der Suche nach Top-Personal die Digitalisierung nicht mehr wegzudenken ist.

Das gilt auch für die Mietwagenbranche, wie Ingrid Johnson, Director Revenue Management Europcar EMEA, darlegte. So können Kunden heute ihre Mietwagenbuchung über das Internet verwalten und selbst das Autofahren mit digitalen «Touchpoints» verschmelzen. Im Sinne des Mottos «click and go» sollen laut Johnson Kunden bei Europcar künftig ihre Mietwagen sogar digital öffnen können. Für den Autovermieter selbst habe die Digitalisierung ebenfalls zu einfacheren Prozessen geführt. So kann der globale Flottenbestand jederzeit virtuell kontrolliert und verwaltet werden.

Aufschlussreiche Einblicke in die Datenflut, die Google nicht nur für sich selbst nutzt, sondern Unternehmen auch kostenlos zur Verfügung stellt, gab Tom Hanan, CEO der grössten Schweizer Suchmaschinenagentur Webrepublic. Er animierte die Hoteliers und Touristiker, ihre eigenen Websites qualitativ hochwertiger zu gestalten. Damit sei eine markant höhere Listung auf Google möglich, und man schaffe es, den scheinbar überlegenen globalen Buchungsportalen wie Booking.com oder Hotels.com den Wettbewerb um Online-Reservationen nicht kampflos zu überlassen.

Als roter Faden durch die Veranstaltung zogen sich drei «Battlegrounds» von zwölf Startups, die ihre digitalen Zukunftslösungen für die Hotellerie in fünfminütigen Präsentationen darlegten. Dabei wurde evident, dass Themen wie «personalisiertes Reisen», «digitale Begleitung der Kunden von der Buchung bis zur Heimreise» oder «vollautomatisierte Waren- und Prozessbewirtschaftung » zu den Haupttrends der Branche gehören.

Die Geschäftsideen beurteilten die Teilnehmer, die dabei auch auf die Voten eines Jury-Trios, bestehend aus Sigi Gübeli (Hôtelière «Platzhirsch» Zürich), Michael Thomann (Thomann Hospitality Management) und Simon Lehmann (AJL-Consulting), zurückgreifen konnten. Gewonnen wurde der kleine Wettbewerb von den Firmen Dialogshift (Chat-Lösung mit Kunden), Trip Boutique (personalisierte Reise), Bidroom (Suchmaschine für Bestpreise) und OTA Insight (Tool zur Optimierung des Revenue-Managements). Die Begründung der Jury dazu: Diese Startups schaffen einen messbaren Mehrwert für die Hotels wie auch für deren Kunden.


Der Bericht von Walter Hagenbüchle erschien zuerst in der NZZ-Beilage «executive» am Samstag, den 6. Juli.