Dass der Bundesrat die Massnahmen gegen die Pandemie verstärkt, stand bereits am Dienstag ausser Frage. Wegen der sich zuspitzenden Lage in den Spitälern handelt er nun rasch. Ab Montag und erst einmal bis am 24. Januar 2022 gilt ein strikteres Corona-Regime, um die Zahl schwer Erkrankter möglichst zu minimieren.

Die Zertifikatspflicht wird aus diesem Grund auf alle Innenräume ausgeweitet. Ausgenommen davon ist der private Rahmen. Für Treffen im Familien- und Freundeskreis mit mehr als zehn Personen empfiehlt der Bundesrat ein Zertifikat, sieht aber keine Pflicht und auch keine Bussen vor.

Betriebe können 2G-Regel einführen – Sitzpflicht entfällt
Eine Zertifikatspflicht gilt neu auch für Veranstaltungen im Freien ab 300 Personen. Aktuell liegt die Schwelle bei tausend Personen. Betriebe und Veranstalter können den Zutritt zudem auf Geimpfte und Genesene beschränken. Bei dieser freiwilligen 2G-Regel entfallen Masken- und Sitzpflicht. Der Bundesrat entspricht damit einem Wunsch der Discotheken- und Clubbetreibenden.

Um die 2G-Regel kontrollieren zu können, muss die Prüf-App für die Covid-Zertifikate laut dem Bundesrat erweitert werden. Diese Anpassung wird erst per 13. Dezember 2021 zur Verfügung stehen. Bis dahin müssen die Betreiber der Einrichtungen oder die Veranstalter manuell prüfen, ob die entsprechende Person geimpft oder genesenen ist.

Wo die Zertifikatspflicht gilt und auch Getestete Zutritt haben, gilt neu auch eine Maskenpflicht. Ausnahmen sieht der Bundesrat nur im Familien- und Freundeskreis, für Chorproben, gewisse Sportarten sowie am Restauranttisch vor. Teilweise müssen dafür wieder Kontaktdaten erfasst werden.

Keine Homeoffice-Pflicht und keine Reihentests
Ab Montag gilt zudem eine «dringliche» Homeoffice-Empfehlung. Wer doch im Büro und dort nicht alleine arbeitet, muss eine Maske tragen. Auf eine Homeoffice-Pflicht für alle oder nur für Ungeimpfte verzichtete der Bundesrat aber nach überwiegend kritischen Rückmeldungen in der Vernehmlassung.

Ebenfalls fallen gelassen hat der Bundesrat seinen am Dienstag präsentierten Vorschlag, die Kantone zu flächendeckenden Reihentests an Schulen zu verpflichten. 17 von 26 Kantonen hätten diese Massnahme abgelehnt, schrieb die Regierung. Sie sei aber weiterhin von der Wirksamkeit repetitiver Tests überzeugt.[RELATED]

Kantone gewillt weiterzugehen
Auf Linie blieb die Regierung dagegen bei der kürzeren Gültigkeit von Corona-Schnelltests. Diese sind neu nur noch 24 statt 48 Stunden lang gültig. PCR-Tests sind nach wie vor 72 Stunden gültig.

Weil die impfwilligen Personen ab zwölf Jahren in der Schweiz geimpft sind, werden schliesslich die verbleibenden Kapazitätsbeschränkungen aufgehoben, etwa für religiöse Zusammenkünfte, im Bildungsbereich und für Veranstaltungen draussen. Die Kantone können weiterhin Kapazitätsbeschränkungen vorsehen.

Generell sei eine grosse Mehrheit der Kantone bereit, weitergehende Massnahmen zu ergreifen, falls die Massnahmen auf Bundesebene nicht ausreichen sollten, schrieb der Bundesrat. Er beurteilt die Situation derzeit als «sehr kritisch».

Erneuter Impfappell
Neben dem steigenden Druck auf den Intensivstationen bereite das Auftreten der Omikron-Variante Sorgen - auch wenn noch unklar sei, wie gut die Impfung vor schweren Verläufen mit dieser Variante schütze und wie gefährlich diese sei.

Insgesamt bleibe die Impfung inklusive Auffrischung das beste Mittel, wiederholte der Bundesrat erneut. Bei Geimpften und Genesenen sei der Verlauf der Infektion in der Regel milde.

Ausnahmen für Grenzgänzerinnen und Grenzgänger
Einreisende aus Grenzregionen sind von der neuen Testpflicht ausgenommen. Das sagte Michael Gerber, Leitung Abteilung Recht beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Freitag vor den Medien in Bern.

Grenzgängerinnen und Grenzgänger machten einen wesentlichen Teil der Einreisenden aus. (sda/npa)


Massnahmen im Inland per Samstag, 4. Dezember im Überblick

  • Die Zertifikatspflicht wird auf alle öffentlich zugänglichen Veranstaltungen in Innenräumen und auf alle sportlichen und kulturellen Aktivitäten von Laien in Innenräumen ausgeweitet.

  • Bei Veranstaltungen im Freien gilt die Zertifikatspflicht bereits ab 300 statt ab tausend Personen.

  • Bei privaten Treffen gilt ab elf Personen die «dringliche Empfehlung», das Zertifikat einzusetzen.

  • Die Maskenpflicht wird ausgeweitet. Neu gilt sie drinnen überall dort, wo auch die Zertifikatspflicht gilt. Ausgenommen sind private Treffen.

  • Wo Maskentragen nicht möglich ist, gelten Ersatzmassnahmen: Im Restaurant und in Clubs wird eine Sitzpflicht beim Essen und Trinken erlassen, bei Sport- und Kulturaktivitäten wie etwa Hallentrainings oder Chorproben müssen Kontaktdaten erhoben werden.

  • Explizit sieht der Bundesrat die Anwendung der 2G-Regel vor: Alle öffentlichen Einrichtungen, für welche die Zertifikatspflicht gilt, dürfen den Zugang auf Geimpfte und Genesene beschränken. Im Gegenzug darf auf die Maskenpflicht verzichtet werden.

  • Analog kann die 2G-Regel auch bei allen Veranstaltungen drinnen oder im Freien angewandt werden.

  • Am Arbeitsplatz gilt eine dringliche Homeoffice-Empfehlung. Zudem müssen alle Mitarbeitenden in Innenräumen eine Maske tragen, in denen sich mehrere Personen aufhalten

  • Die Gültigkeitsdauer der Testzertifikate wird verkürzt: ein Antigen-Schnelltest noch 24 statt 48 Stunden. Ein PCR-Test ist nach wie vor 72 Stunden gültig.

  • Die Kapazitätsbeschränkungen für Innenräume werden mangels gesetzlicher Grundlage aufgehoben.

  • Verzichtet hat der Bundesrat nach Kritik aus den Kantonen auf eine Testpflicht an Schulen. Ursprünglich wollte er, dass alle obligatorischen Schulen und die Schulen der Sekundarstufe II repetitive Tests anbieten müssen.

Einreisebestimmungen

  • Ab Samstag werden sämtliche Länder von der Quarantäneliste gestrichen.

  • Alle Personen, auch Geimpfte und Genesene, müssen vor der Einreise einen PCR-Test machen lassen.

  • Alle Personen müssen sich zwischen dem vierten und siebten Tag nach der Einreise einem PCR- oder Antigen-Test unterziehen.

  • Einreisende müssen die Testkosten selbst tragen.

  • Ungeimpfte Personen dürfen aus Risikoländern oder -regionen ausserhalb des Schengen-Raums zu privaten Zwecken nur noch in Härtefällen einreisen. Betroffen sind namentlich Besuche oder touristische Reisen.

  • Einreisende aus Grenzregionen sind von der neuen Testpflicht ausgenommen.