In den düstersten Farben malte Markus Schmid, Präsident des Walliser Hotelier-Vereins, an der Generalversammlungvom vergangenen Donnerstag den Zustand der heimischen Tourismusbranche. Von einem Strukturwandel, so sein Befund,könne man nicht mehr sprechen. Denn der Walliser Hotellerie sei nicht mehr zu helfen: «Der Untergang findet statt.» Schuld ist laut Schmid in erster Linie Nationalbankpräsident Thomas Jordan, er wurde vom obersten Walliser Hotelier nicht zum ersten Mal zum Rücktritt aufgefordert. Aber auch Schweiz-Tourismus-Direktor Jürg Schmid und hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig bekamen ihr Fett weg. Ersterer, weil er statt konsumfreudiger Gäste Billigtouristen ins Land hole; Zweiterer, weil er in der von ihm initiierten Diskussion um die Zukunft des alpinen Tourismus die strukturschwächsten Gebiete vernachlässige.

Nun geht es gewiss nicht darum, die gegenwärtig sehr schwierige Situation zu beschönigen. Aber es stellt sich mir schon die Frage, was ein derart pauschaler Rundumschlag bewirken soll. Markus Schmid erhielt für seine Philippika wohl Applaus, aber längst nicht von allen. Gerade junge Walliser Hoteliers zeigten sich beim Gespräch in der Kaffeepause alles andere als erfreut, als bedauernswerte Opfer einer im Untergang begriffenen Branche dargestellt zu werden. Als solche fühlen sie sich nämlich nicht. Es sind Unternehmer, die sich nicht darauf beschränken, auf die Rückkehr der wegen des starken Frankensausbleibenden Stammkundschaft zu hoffen, sondern bereit sind, sich auch auf Gäste aus den neuen Märkten einzustellen und sie willkommen zu heissen. Es sind Gastgeber, die mit der Aufforderung ihres Präsidenten, der Krise ein Gesicht zu geben, indem man mit den Hotelgästen über die desolate Lage diskutiere, nichts anfangen können. Zu Recht. Wer will sich in den Ferien mit den Sorgen der Ferienmacher herumschlagen.

Aber die Generalversammlung der Walliser Hoteliers im Val d'Hérens hatte noch einen zweiten Akt, und der war spannend. Da trat mit dem Theatermacher André Pignat ein vor Optimismus und Tatenkraft strotzender Animator auf, der zusammen mit seiner «Compagnie Interface» im Wallis für Aufbruchstimmung sorgen will. Sein jüngstes Projekt nennt sich «Green Valley» und hat zum Ziel, die im malerischen Val d'Hérens verstreuten touristischen Perlen zu einer Perlenschnur zu knüpfen, der die Gäste mit gratis zur Verfügung gestellten Elektromobilen folgen können. Zu den ersten Teilnehmenden an dem auf Gesundheit und Agrikultur basierenden Projekt zählt mit Louis Papadopulos ein Hotelier aus Nax.

Hat «Green Valley» eine Zukunft? Die Teilnehmer am anschliessenden Podiumsgespräch waren sich zumindest einig: Ein Projekt wie «Green Valley» ist eine Chance für ein strukturschwaches Tal wie das Val'Hérens. Es herrschte nun eine ganz andere Atmosphäre im Saal. Eben noch dem Untergang geweiht, gab die Walliser Tourismusbranche ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Nur bin ich mit den Reflexen von Journalisten gut vertraut. Was ich befürchtete, bestätigte sich tags darauf. «Green Valley» war dem «Walliser Boten» keine Zeile wert. Stattdessen titelte er auf Seite 1 «Stirbt die Walliser Hotellerie? » und auf Seite 3 «Heute findet der Untergang einer Branche statt». Wir sind wieder dort, wo wir nicht hingehören und nicht hingehören wollen: in der Jammeri-Ecke.