Tobias Burkhalter ist Präsident Gastro Stadt Bern und Umgebung.

Es herrscht Freude und auch ein bisschen Sicherheit, dass es sich beim Licht am Ende des Tunnels nicht mehr um Gegenverkehr handelt. Sollten also die Zahlen stabil bleiben, freuen wir uns, am 29. Mai endlich wieder Gäste bei uns begrüssen zu können. Natürlich an Auflagen gekoppelt – aber trotzdem.

Eine dieser Auflagen sollten wir aber unbedingt noch ein bisschen genauer anschauen: Sämtliche Gäste werden sich beim Restaurantbesuch registrieren müssen. Diese Massnahme soll das ContactTracing unterstützen und die Nachverfolgung bei allfälligen Ansteckungen effzienter und schneller machen. Eine absolut wichtige und nachvollziehbare Massnahme, eigentlich.

Nun hat aber der Bund bereits zu Beginn der Pandemie bewiesen, dass er nicht in der Lage ist, selber ein funktionierendes, effizientes Tool zu implementieren, also wurden die Kantone damit beauftragt, und es zeigte sich rasch, dass der Kantönligeist (Föderalismus lässt grüssen) alles andere als hilfreich war/ist. Eine Vielzahl privater Anbieter boten nun unzählige Tools und Apps an, teils sehr gute Lösungen, teils unbrauchbare Programme. All diese Gründe führten schliesslich dazu, dass das Contact-Tracing etwas in den Hintergrund rutschte und nicht mehr sehr relevant zu sein schien. Bis jetzt! Ein Weiterreichen der Verantwortung an eine Branche, die sehr ungeduldig auf eine Wiedereröffnung wartet, scheint sehr naheliegend und zielführend zu sein.

Dass dies aber auch ein Mehraufwand und allenfalls mit Anschaffungen und Kosten verbunden ist, scheint nicht im Bewusstsein der entsprechenden Behörden zu sein. Trotzdem, damit Sie mich richtig verstehen: Contact-Tracing ist wichtig und richtig, aber es muss einwandfrei funktionieren. Nicht verstanden vonseiten Behörde ist auch die Tatsache, dass ein grosser Teil der Restaurantbesucherinnen nach wie vor eine ablehnende Haltung zum Angeben der persönlichen Daten hat und es viel Überredungsarbeit und Aufklärung braucht; warum gab es diesbezüglich nie eine Aufklärungskampagne?

Besonders anstossend ist nun das Vorgehen des Kantons Bern. Ihm (der Gesundheitsdirektion) reicht es nicht, dass wir die Daten für ihn aufnehmen, nein, er will sie täglich fein aufbereitet in digitaler Form geliefert! Wie das zu geschehen hat, schickt er in Form einer Schnittstellenanleitung für IT-Spezialisten gleich mit (in Englisch und in Expertensprache!). Aus welchem Grund verdonnert uns der Gesundheitsdirektor dazu? Laut Gesundheitsdirektion konnten bei Coronafällen die verantwortlichen Personen nicht oder nicht zeitnah kontaktiert werden, und die Daten wurden nicht oder unvollständig geliefert. Beispiele konnten keine genannt werden (auch nicht anonymisiert). Bei einer Mitgliederumfrage wollten wir wissen, wer bereits einen Vorfall hatte und aufgefordert wurde, die Daten zu liefern? Ergebnis: niemand! Drei Betriebe gaben aber an, nach einem Vorfall von einem Gast kontaktiert worden zu sein und dies umgehend gemeldet zu haben. Es geschah nichts!

Dass es Gäste gibt, die kein Smartphone haben, die kein Internet auf dem Handy haben (wollen), die skeptisch sind, ihre Daten elektronisch abzugeben, wird genauso ausgeblendet wie die Tatsache, dass es tatsächlich noch Regionen mit schlechtem Empfang gibt.

Ein weiterer heikler Punkt ist: Wo sind die Daten gespeichert? Gemäss Kanton auf einem Server in der Schweiz …!? Sind die Daten sicher? Wie lange wird es dauern, bis die Daten geleakt werden? Wie lange geht es, bis die ersten Begehrlichkeiten für diese Daten kommen (Staatsanwaltschaft etc.)?

Ein Contact-Tracer verdient in Bern 40 Franken pro Stunde; Firmen sind angehalten, Massentests zu machen; der Bund übernimmt hierfür die Kosten. Und wir? Dies zeigt uns leider wieder einmal, wie viel Wertschätzung unserer Branche entgegengebracht wird.