Pop-up-Restaurants gehören zumindest in der Stadt Zürich zum festen Bestandteil der lokalen Gastronomieszene. Einer, der das Business ganz genau kennt, ist Patrick Schindler, Gastronomieberater und Mitgründer des Zürcher Thai-Food-Pop-ups Soi Thai. 2014 war es das erste seiner Art – und besteht heute noch. Doch aller Anfang ist schwer, das bestätigte Schindler an der Podiumsdiskussion «Pop-up-Kult – Hype oder geniale Businessidee» in Zusammenarbeit mit Gastrosuisse.

Experimentieren als Motivation
«In den ersten zwei Jahren ‹Soi Thai› gab es die schlimmsten Erlebnisse, die man als Gastronom haben kann. Es gab Tage, die nie geendet haben. Wir haben Essen rausgeschickt, die Augen geschlossen und hatten Angst, dass der Teller umgehend zurückkommt.» Doch das ist Vergangenheit. Heute steht das «Soi Thai» mit jährlich bis zu 10'000 Gästen auf wirtschaftlich starken Beinen. Ob man davon leben könne, wollte Moderator Maximilian Baumann wissen. «Das ist möglich. Es war aber nie unser Anspruch», so Schindler. Denn: Eigentlich sei die Motivation immer gewesen, etwas Neues auszuprobieren, ohne danach einen Klotz am Bein zu haben, wenn es einem nicht gefalle.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt Koch Micha Merz, Inhaber und Geschäftsführer der Supplement GmbH. Er verzichtet bei einigen seiner Projekte bewusst auf ein fixes Lokal und kocht stattdessen für mehrere Wochen in bestehenden Betrieben, die bereits über eine Restaurantbewilligung verfügen. «Im Grunde bewirtschafte ich das Restaurant und brauche dadurch keine Bewilligung», sagte er.

Mit diesem Konzept eröffnete er alleine in diesem Jahr bisher in acht Restaurants ein Pop-up. Er machte aber auch klar, wie viel Arbeit dahintersteckt und dass man diesen Aufwand keineswegs unterschätzen sollte. «Einige Kollegen denken, ich hätte es locker, weil ich kein Restaurant habe, in dem ich fünf Tage in der Woche antanzen muss. Aber viele in der Gastronomie wissen, dass man als Selbstständiger eher mehr als weniger Arbeit hat.»

Die Kunden kommen erst mit der Zeit. Bei mir hat es ab dem ersten Pop-up immer rendiert. Darüber kann ich mich mega glücklich schätzen, denn selbstverständlich ist es definitiv nicht.
Micha Merz

Jahrelange Vorbereitungszeit
Ebenfalls viel Aufwand und Arbeit steht an, bis ein Projekt realisiert wird. Das kann gut mehrere Jahre dauern, wie Dominic Kummer, Project Manager der Berner Marzili Lounge GmbH, sagte. Als Beispiel nannte er das von ihm und seinem Team umgesetzte «Peter Flamingo» auf der Grossen Schanze in Bern. «Der Kanton ist Eigentümer, weil das Areal der Universität gehört, die SBB sind Mieter, weil es auf dem Bahnhof steht, die Stadt ist für die Bewirtschaftung zuständig, die Universität gibt wegen des laufenden Betriebs die Regeln vor, und dann gibt es auch noch Nachbarn.» Jede Menge involvierte Stellen also, die allesamt zufriedengestellt werden müssen. Immerhin: In Bern dürfen Pop-up-Betriebe 90 Tage am Stück geöffnet sein. In Zürich sind es nur sechs Wochen.

Aber auch die Seite der klassischen Gastronomie wurde beleuchtet. Christian Gujan, Head of Glou Glou, Restaurant und Weinbar in Luzern, bezeichnete die Pop-up-Restaurants und die ganze Szene nicht etwa als Störfaktor, sondern als Inspirationsquelle. «Ich gehe mittlerweile auch sehr gerne in Pop-ups. Es ist faszinierend und inspirierend, was da in kürzester Zeit auf die Beine gestellt wird.»

In Luzern sei die Szene bisher noch überschaubar. Aber erste Kooperationen zeigten Wirkung. «Wir von der klassischen Seite sollten ein bisschen mehr wie die Pop-ups funktionieren und offen sein für Neues. Wir müssen auch mal etwas wagen und nicht immer nur die gleiche Schiene fahren», so Gujan.

Gewillt sein, hart zu arbeiten
Und welche Tipps haben die Profis für alle, die sich überlegen, ein Pop-up-Restaurant zu lancieren? «Wenn jemand bereit ist, 24/7 zu arbeiten, denn das braucht es am Anfang, kann das Projekt ein Erfolg werden. Deshalb: einfach dranbleiben», sagte Dominic Kummer.

Ebenfalls sehr wichtig sei es, die Kosten unter Kontrolle zu haben, ergänzte Micha Merz. Konkret heisst das: So viel wie möglich selber machen – dazu gehören zum Beispiel auch die Buchhaltung oder das Marketing. «Bevor man beginnt, sollte man sich intensiv mit den Zahlen beschäftigen und herausfinden, was man erreichen will. Komplett ins Blaue etwas zu probieren, könnte schwierig sein.»

Patrick Schindler riet dazu, die «Hausaufgaben» zu machen. «Wir wussten, das Risiko war sehr gross. Aber wir waren damals überzeugt, dass unsere Idee funktioniert. Auf gut Glück irgendwo in Zürich etwas zu eröffnen, endet meistens damit, dass man frustriert aufhört.» Wer es schafft, kann derweil auf mehreren Ebenen profitieren. So sagte Patrick Schindler, es sei für ihn nach den jahrelangen Erfahrungen mit Pop-ups einfacher, fixe Betriebe zu eröffnen, da die Abläufe ähnlich seien.

Markus Fässler